Die richtige Mischung macht es:)
Alles, was ich in dir sehe (Alles-Trilogie, Band 1)Zur Info: Dies ist der erste, jedoch unabhängige, Band der „Alles“-Trilogie von Kyra Groh.
Schreibstil:
Schon nach ein paar Sätzen war ich total fasziniert von dem Schreibstil der Autorin. Kyra Groh schreibt ...
Zur Info: Dies ist der erste, jedoch unabhängige, Band der „Alles“-Trilogie von Kyra Groh.
Schreibstil:
Schon nach ein paar Sätzen war ich total fasziniert von dem Schreibstil der Autorin. Kyra Groh schreibt unheimlich locker und flockig und flott, aber nicht zu flott. Die Gedanken der Protagonistin werden dem Leser sehr keck vorgetragen und lockern damit immer wieder die Handlung auf. Dazu kommt eine ordentliche Portion Witz, der aber auch pausiert, wenn es an die ersten Situationen geht.
Gut fand ich zudem, dass die Gedanken der Protagonistin sehr instinktiv erschienen und uns Leser super mitgenommen haben. So waren dann doch einige Handlungen der Protagonistin besser verständlich.
Der Schreibstil war für mich auf jeden Fall ein Highlight dieses Buches. Er trägt einen sicher durch die Geschichte und wird auch bei euch die Seiten nur so vorbeifliegen lassen.
Zur Geschichte allgemein:
Der Einstieg in die Geschichte erfolgte relativ seicht. Zunächst liest man ein Kapitel, das im ersten Moment nicht ganz im Zusammenhang mit dem Rest der Geschichte zu stehen scheint. Es ist aber dennoch wichtig, denn als Einstieg legt es uns Annas Gefühlswelt, ihr Selbstwertgefühl und ihre Einstellung zum Leben dar. Die Thematik des Buches wird dadurch ebenfalls schnell deutlich: Schein ist nicht gleich Sein. Denn Anna für sich vom Leben gelernt, dass es über die Maßen wichtig ist, was andere von ihr denken. Das geht so weit, dass sie sich selbst verbiegt, um in das Bild zu passen, von dem sie denkt, sie müsse es erfüllen.
Deutlich wird das Extreme dieser Einstellung erst im Verlauf der Geschichte. Dazu später mehr.
Zunächst einmal erfolgt dann der Einstieg in die eigentliche Geschichte durch eine recht witzige Situation, die einen schon ein wenig erahnen lässt, was passieren könnte. Dadurch, dass die Geschichte sich jedoch Zeit lässt, habe ich diese Vorahnung noch ein paar Mal wieder verworfen, was ein ganz neues Spannungsgefühl entstehen ließ. Man wollte schon gerne, dass es endlich voran geht und dass etwas „Krasses“ passiert. Gleichzeitig habe ich mich mit der Geschichte aber auch nicht gelangweilt. Es blieb einfach Zeit, um Anna besser kennenzulernen, um zu verstehen, dass etwas Großes passieren muss, damit Anna aus ihrer Misere hinausfindet und auch, um die Welt, in der Anna lebt (sehr Social-Media nah) zu verstehen. Wenn man Anna verstehen will, dann funktioniert das durch das Geschriebene auch. Anders verhält es sich, wenn man nicht verstehen möchte oder es einem zu langsam geht. Dann nervt Anna schnell, denn sie zeiht schon einige echt krasse Dinge ab, die auf ihre Einstellung zurückgehen und nur verständlich werden, wenn man sich mit dieser beschäftigt.
Als Anna endlich ausbricht, könnte der Kontrast zwischen diesen beiden Welten nicht größer sein. Sie lernt unheimlich tolle Charaktere kennen, die mir sofort super sympathisch waren. Was sie von den Menschen in Annas Welt abhebt, ist nicht, dass sie die tollsten Menschen auf Erden sind, sondern, dass sie Anna zuhören und hören wollen. Man merkte sofort, wie diese neue Welt sie positiv bestärkte, während alles andere sie bisher herunter zog.
Gleichzeitig erschafft die Autorin für Anna kein „heile Welt-Szenario“, sondern flicht auch hier etwas ein, was die Welt realistisch macht: Tragik. Anna wird mit den Problemen des realen Lebens konfrontiert und beginnt nach und nach ihr Leben damit zu verbinden. Das ist ein wichtiger Schritt in ihrer Entwicklung, der sich positiv darauf auswirkt, was einmal ihre Zukunft werden soll und sich durch die komplette Geschichte zieht.
Herausfordernd ist hier der „Surferboy“, der eine deutliche Grenze zwischen realem Leben und Social Media zieht. Letzteres verstößt er komplett, wodurch es Anna bei ihm anfangs nicht leicht hat. Die beiden prallen wortwörtlich aneinander und leben lange Zeit nach dem Motto: „Was sich liebt, das neckt sich“. Das sorgt natürlich dafür, dass sich die Geschichte auch auf dieser Ebene zieht. Mir persönlich wurde es aber nie langweilig, weil immer wieder etwas passierte oder es zumindest witzige Situationen gab, die die Wartezeit überbrückten. Zudem entsteht natürlich eine gewisse Spannung zwischen den beiden. Man fragt sich ein wenig, ob der Surferboy, Fynn, seine Abneigung überwinden und Anna als sie selbst betrachten kann. Manchmal bekommt man Hoffnung, manchmal wird diese auch wieder zerschlagen. So bleibt es durchweg spannend, wann und wie die beiden sich vertragen werden (dass sie sich „vertragen“ sollte bei einem Liebesroman selbstverständlich sein).
Fynn bringt zudem weitere Tiefe in die Geschichte, denn auch er hat eine Vergangenheit und ein Trauma, dass er überwinden muss. Die Thematik ist dabei die gleiche, jedoch stand er schon immer auf der anderen Seite: Social-Media hat sich durch seine Scheinwelt negativ auf sein Leben ausgewirkt und jetzt hält er diese Scheinwelt von seinem Leben fern.
Auch bei Fynn zeigt sich hinsichtlich dieser Thematik eine gut nachvollziehbare Entwicklung. Dadurch, dass Anna und er beide mit dieser verbunden sind, entwickelt sich die Geschichte natürlich mit Aufs und Abs, die davon abhängig sind, ob die beiden ungefähr gleich schnell voranschreiten. So könnt ihr euch sicher denken, dass ein Wendepunkt der Geschichte damit zu tun hat, dass der eine weiter ist als der andere:)
Wenn ich jetzt noch mehr schreiben würde, würde ich viel zu viel erzählen (vielleicht habe ich das schon). Fest steht aber, dass die Bearbeitung der Thematik hier sehr logisch, nachvollziehbar und in einer guten zeitlichen Ausdehnung erfolgt. Man muss sich hier einfach bewusst machen, dass man nicht sofort DAS Feuerwerk erwarten kann.
Mich hat das in keinster Weise gestört, sondern ich fand die Geschichte gut, so wie sie war.
Das Ende war übrigens nochmal ein kleines Spannungshighlight, bei dem ordnungsgemäß alle Fäden zusammengeführt und aufgelöst wurden.
Fazit:
Eine rundum sehr schöne Geschichte, die etwas Zeit braucht, um zu wachsen, dies aber mit einem sehr schönen Schreibstil zu überwinden weiß. Die Thematik der Geschichte ist super aktuell und gut bearbeitet und bringt zudem viel Tiefe in die Story. Weiter kann die Geschichte mit Witz und Lockerheit, aber auch mit viel Ernsthaftigkeit und Tragik aufwarten. Für mich ein Rundumpaket, das definitiv nicht das letzte gewesen sein wird, dass ich von der Autorin lese.
5 von 5 Sterne von mir.