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Veröffentlicht am 19.12.2020

Emanzipation 1953 in Deutschland!

Neuleben
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Mit „Neuleben“ hat Katharina Fuchs an ihren wunderbaren Roman „Zwei Handvoll Leben“ angeschlossen – und ich muss gleich sagen, dass ihr das erneut sehr gut gelungen ist. Während im Vorgänger ihre beiden ...

Mit „Neuleben“ hat Katharina Fuchs an ihren wunderbaren Roman „Zwei Handvoll Leben“ angeschlossen – und ich muss gleich sagen, dass ihr das erneut sehr gut gelungen ist. Während im Vorgänger ihre beiden Großmütter Anna und Charlotte im Mittelpunkt standen, sind es nun ihre Mutter Gisela und ihre Tante Therese.

Der Roman umspannt die beiden Nachkriegsjahre 1953 und 1954 und spielt vorwiegend in Berlin. Es ist eine Zeit der Aufbruchsstimmung und des deutschen Wirtschaftswunders, zumindest im westlichen Teil Berlins und Westdeutschland, in die uns die Autorin entführt. Der Krieg ist vorbei, es geht wieder aufwärts. Aber das gesellschaftliche Leben ist noch immer von althergebrachten Lebensgrundsätzen geprägt, der Mann arbeitet, die Frau ist Hausfrau und versorgt die Kinder. In diesem Umfeld agieren nun Gisela und Therese und müssen sich mit vorherrschenden Konventionen auseinandersetzen, dagegen ankämpfen, sich arrangieren. Gisela ist eine gelernte Schneiderin und träumt davon, selbst Mode zu entwerfen, neue Kleider, moderne Blusen, Hosen und mehr. Doch der Traum scheint nur ein Traum zu bleiben. Es ist ein weiter und mühsamer Weg. Im Gegensatz zu heute benötige die Ehefrau damals noch die Zustimmung des Ehemanns, eine Arbeitsstelle anzutreten. Der im Grundgesetz verankerte Gleichheitsgrundsatz musste noch mit Leben erfüllt werden. Auch Therese hat es nicht leicht. Sie leidet noch immer sehr stark unter ihrem Gesicht, das „schief“ ist aufgrund einer nicht behandelten Mittelohrentzündung während ihrer Kindheit. Noch tiefgreifender sind jedoch die traumatischen Ereignisse aus dem Jahr 1944. Sie studiert Rechtswissenschaften und möchte unbedingt in die Justiz und Richterin werden. Doch in der Uni muss sie sich nicht nur gegenüber Kommilitonen wehren, sondern gerade auch die Demütigungen ihres Zivilrechtsprofessors erdulden und ertragen. Unvorstellbar damals, dass eine Frau Jura studiert. Es wird alles versucht, sie aus diesem Studium zu vertreiben.

Immer abwechselnd werden die Geschichten von Therese und Gisela forterzählt, ab und an werden einige Kapitel aber auch Felix, Giselas Mann, und Anna gewidmet. Felix und seine Freunde betreiben in dieser Zeit sehr gefährliche Schmugglergeschäfte, sie sind dabei oft auch in der DDR bzw. Ost-Berlin. Die Stasi beobachtet alle Geschäfte von Felix und so gerät er schnell in höchste Gefahr, als er von der Stasi und deren Hintermännern, zu denen auch Felix Bruder Klaus gehören, gejagt und gefangen genommen wird. Im Roman wird auch der Aufstand in der DDR im Juni 1953 kurz thematisiert, wobei ich mir an dieser Stelle etwas mehr von den Geschehnissen gewünscht hätte. Aber das tut dem Buch keinen Abbruch.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, es schließt sich nahtlos an den Vorgänger an. Katharina Fuchs schreibt sehr flüssig, angenehm, unaufgeregt und einfühlsam und an den erforderlichen Stellen wird es auch spannend. Ich kann das Buch jedem hier empfehlen, der sich für Familiengeschichten und die damalige Zeit interessiert.

Und so bekommt es von mir 4,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 14.12.2020

Spannende fiktive Story!

Vier Tage im Juni
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Vor kurzem habe ich den Politthriller Vier Tage im Juni von Jan-Christoph Nüse aus dem Gmeiner Verlag beendet. Das Cover hatte mich magisch angezogen. In einem Lincoln sitzt der damalige US-Präsident John ...

Vor kurzem habe ich den Politthriller Vier Tage im Juni von Jan-Christoph Nüse aus dem Gmeiner Verlag beendet. Das Cover hatte mich magisch angezogen. In einem Lincoln sitzt der damalige US-Präsident John F. Kennedy neben Willy Brandt und Konrad Adenauer. Sofort kam mir das Attentat auf ihn in den Sinn. Kennedy war im Juni 1963 zu einen anfangs gar nicht geplanten Staatsbesuch in Deutschland. Und ich denke, ein jeder von Euch hat schon mal den berühmten Satz von ihm gehört „Ick bin ein Berliner“. Tausende von Deutschen hatten ihm beim Staatsbesuch zugejubelt. Er symbolisierte Freiheit, Demokratie und das Versprechen, Deutschland und die westlichen Staaten in Zeiten des Kalten Krieges vor einem Angriff durch die Sowjetunion zu schützen. Doch Kennedy hatte Feinde, auch in Deutschland. Einige Politiker hielten ihn für schwach. Einige machten ihn verantwortlich, den Mauerbau nicht verhindert zu haben. Einige deutsche Politiker wollten Atomwaffen. Und es gab Kreise, die Kennedy töten wollten. Und so beginnt der erste Tag des Staatsbesuchs auch gleich mit einem Attentatsversuch.

Anfangs hatte ich leichte Schwierigkeiten, mich in diesen Politthriller einzulesen. Sehr hilfreich war jedoch schon zu Beginn das Personenregister und die kleine Chronologie über die historischen Ereignisse in dieser Zeit. Im Mittelpunkt stehen dabei natürlich Kennedy mit seinem Beraterstab , der Secret Service und auch die Mitglieder der Sicherungsgruppe Bonn (Chef Paul Dickopf, Thomas Malgo, Ermittlungen Staatsschutz, Alfons Deckert, Personenschutz, Karla Buchner, Chef-Sekretärin). Die Personen der Sicherungsgruppe sind sehr gut dargestellt. Sie wirken sehr authentisch. Es war sehr interessant zu lesen, welche Vorbereitungen für solch einen Staatsbesuch im Hintergrund ablaufen. Nach dem Attentatsversuch auf Kennedy gilt es den Fall aufzuklären. Erschwert wird das Ganze durch die unterschiedlichen Kompetenzen, denn schließlich hat auch der Secret Service ein Wörtchen mitzureden und dann gibt es auch noch im Hintergrund geheime Organisationen auf beiden Seiten, die es auf Kennedy abgesehen haben, u.a. auch Militärangehörige und ehemalige Nazis. Die Recherche nach bestimmten Personen erfolgt in den Archiven noch über Karteikarten. Fernschreiber kommen zum Einsatz. Eine Live-Konferenz erfolgt lediglich über normale Telefone. Fernsehbilder gibt es nur in schwarz-weiß. Man hört den Amtsschimmel in den Büros wiehern.

Die Geschichte ist sehr spannend erzählt. Seite um Seite wird es immer interessanter. Gekonnt vermischt der Autor dabei reale Geschehnisse mit fiktiven Elementen. Mich hat dieser Plot, was hätte geschehen können, wenn Kennedy in Deutschland ermordet worden wäre, wirklich gut unterhalten.

Ich kann das Buch jedem historisch Interessierten sehr empfehlen. Es bekommt von mir 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 01.12.2020

Eindrucksvoll!

Im Widerstand
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Dieses Sachbuch aus dem C.H. Beck Verlag beschäftigt sich auf insgesamt 560 Seiten mit dem Widerstand im nationalsozialistischen Deutschland. Aus dem Untertitel geht bereits hervor, dass mehr als nur die ...

Dieses Sachbuch aus dem C.H. Beck Verlag beschäftigt sich auf insgesamt 560 Seiten mit dem Widerstand im nationalsozialistischen Deutschland. Aus dem Untertitel geht bereits hervor, dass mehr als nur die „Weiße Rose“, Georg Elsner oder Graf von Stauffenberg sich gegen Hitler und seine Genossen stemmten, dass dieser Personenkreis aber auch zum Scheitern verurteilt war. Überaus akribisch recherchiert nimmt Benz verschiedene Personenkreise und Institutionen unter die Lupe, die Widerstand zur Verteidigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung geleistet haben.

Intellektuelle, die Arbeiterbewegung, Christen und die Kirche, die „Rote Kapelle“, jüdischer Widerstand oder Soldaten. Hier gibt Benz einen sehr genauen Überblick.
Für mich war vor allem interessant, warum nicht mehr Widerstand aus der Bevölkerung kam. Mir war klar, dass viele Menschen einfach nur Angst hatten, ihre Meinung zu sagen, wenn an jeder Straßenecke Braunhemden patrouillierten oder Nachbarn einen verpfiffen. Aber warum gab es nicht mehr Widerstand, wieso haben nicht mehr geschlossen und entschlossen gekämpft?

Ich habe hier erfahren, dass es weitaus mehr Widerstand gegeben hat als ich vermutete, welche Beweggründe einzelne Oppositionelle und Instuitionen und Gruppierungen hatten. Jeder Widerstand war anders. Ein gemeinsamer Widerstand hatte sich leider nicht gebildet. Dass die Kirche ein unrühmliches Beispiel abgibt, habe ich gewusst, aber nicht in dem Ausmaß. Hier widmet sich Benz diesem Thema in einem größeren Kapitel. Sehr eindrucksvoll auch die Darstellung über die Juden, die sich verstecken und aus dem Untergrund heraus Widerstand leisteten.

Ein insgesamt sehr überzeugendes Sachbuch über ein wichtiges Kapitel aus der deutschen Vergangenheit, für das ich für Freunde historischer Sachbücher eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen kann und 5 von 5 Sterne vergebe.

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Veröffentlicht am 19.11.2020

Spannende Reise!

Totgeglaubt
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"𝘞𝘦𝘯𝘯 𝘦𝘪𝘯𝘦𝘳 𝘦𝘪𝘯𝘦 𝘙𝘦𝘪𝘴𝘦 𝘵𝘶𝘵, 𝘴𝘰 𝘬𝘢𝘯𝘯 𝘦𝘳 𝘸𝘢𝘴 𝘦𝘳𝘻𝘢̈𝘩𝘭𝘦𝘯" - Dieses Zitat steht am Anfang des Gedichts „𝘜𝘳𝘪𝘢𝘯𝘴 𝘙𝘦𝘪𝘴𝘦 𝘶𝘮 𝘥𝘪𝘦 𝘞𝘦𝘭𝘵“ von Matthias Claudius aus dem Jahr 1786. Und das ist sehr passend für diese ...

"𝘞𝘦𝘯𝘯 𝘦𝘪𝘯𝘦𝘳 𝘦𝘪𝘯𝘦 𝘙𝘦𝘪𝘴𝘦 𝘵𝘶𝘵, 𝘴𝘰 𝘬𝘢𝘯𝘯 𝘦𝘳 𝘸𝘢𝘴 𝘦𝘳𝘻𝘢̈𝘩𝘭𝘦𝘯" - Dieses Zitat steht am Anfang des Gedichts „𝘜𝘳𝘪𝘢𝘯𝘴 𝘙𝘦𝘪𝘴𝘦 𝘶𝘮 𝘥𝘪𝘦 𝘞𝘦𝘭𝘵“ von Matthias Claudius aus dem Jahr 1786. Und das ist sehr passend für diese vom KJM Buchverlag herausgegebene Novelle „𝘛𝘰𝘵𝘨𝘦𝘨𝘭𝘢𝘶𝘣𝘵 - 𝘋𝘪𝘦 𝘮𝘰̈𝘳𝘥𝘦𝘳𝘪𝘴𝘤𝘩𝘦 𝘙𝘦𝘪𝘴𝘦 𝘥𝘦𝘳 𝘊𝘖𝘔𝘌𝘛 𝘢𝘶𝘴 𝘉𝘭𝘢𝘯𝘬𝘦𝘯𝘦𝘴𝘦 1862 - 1867" von 𝘙𝘰𝘯𝘢𝘭𝘥 𝘏𝘰𝘭𝘴𝘵.

Wir begleiten hier den 14jährigen Viet van Appen wie er 1862 zusammen mit seinem Cousin Heinrich auf die Comet als Schiffsjunge kommt. Die Reise verläuft über England, Irland, Mittel- und Südamerika, ums Kap Horn herum und hinauf nach Chile und wieder zurück. Diese Reise dauert 5 Jahre. Er lernt allerhand unterschiedliche Charaktere an Bord kennen, von freundlichen und hilfsbereiten Matrosen, dem Steuermann und Kapitän bis hin zum menschenverachtenden Bootsmann Bantin, genannt Gorilla-Schorsch, der alle und jeden an Deck scheucht, schikaniert und auch vor Mord nicht zurückschreckt. Allerhand muss der junge Viet erleben und sich durchbeißen. Und das auch sehr geschickt. Wie in einer solchen Geschichte üblich, verläuft die Reise mal mehr oder weniger stürmisch. Der Autor beschreibt manch gefährliche Situation sehr anschaulich, so dass man die Wassermassen auf der Haut und den Salzgeruch in der Nase spüren kann. Das Schiff selbst wird mehr als einmal in Mitleidenschaft gezogen. Einmal geht mitten auf dem Meer das Ruder verloren, ein andermal bedrohen Holzwürmer den Schiffsrumpf. Wie die Seeleute damit umgingen, wird sehr beeindruckend geschildert. Wir erleben auch eine ziemlich unsichere Fahrt durch den Beagle-Kanal, um die Route ums Kap Horn zu vermeiden. Daneben ist Viet auf der Suche nach seinem verschollenen Onkel. Auch das wird interessant und spannend erzählt. Bisweilen beleuchtet der Autor auch den seinerzeitigen Konflikt mit Dänemark, das seine Ansprüche auf das Herzogtum Schleswig anmeldete und Soldaten schickte. Dieser jahrelange historische Konflikt wird in gut verträglichen Einzeldosen immer wieder mal eingestreut. Sehr interessant und das wusste ich bisher auch nicht ist, dass Blankenese offenbar eine sehr erfolgreiche Seefahrerzeit im vorletzten Jahrhundert hatte und gerade in Mittel- und Südamerika mit zahlreichen Schiffen aus Blankenese präsent war. Schließlich wird auch das arme und kärgliche Leben der Mutter von Viet in Blankenese geschildert, die jeden Tag ums neue für sich und ihre Kinder sorgen muss.

Die Sprache ist sehr nüchtern. Manchmal hatte ich beim Lesen das Gefühl, der Autor habe einfach teilweise aus den Logbüchern der Kapitäne abgeschrieben. Und tatsächlich schreibt der Autor in einer Nachbemerkung, dass er sich bei den Wetter- und Seefahrtsbeschreibungen an das Buch „150 Jahre Blankeneser Schifffahrt 1785 – 1935“ von Jürgen Meyer orientiert und einige Tagebucheintragungen wörtlich übernommen habe. Das macht die Novelle natürlich unheimlich authentisch, führt aber dazu, dass der Sprachfluss teilweise etwas „hölzern“ und zu „trocken“ wirkt. Das ist aber offenbar vom Autor auch so gewollt.

Für Freunde von Seefahrergeschichten natürlich eine Leseempfehlung.

Ich gebe der Novelle 3,5 von 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 11.11.2020

Spannender Agenten- und Politthriller!

Die Republik
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Maxim Voland – hinter diesem Pseudonym verbirgt sich ein international anerkannter deutscher Autor – hat hier einen spannenden Agenten- und Politthriller in einem fiktiven Deutschland abgeliefert. Zu Beginn ...

Maxim Voland – hinter diesem Pseudonym verbirgt sich ein international anerkannter deutscher Autor – hat hier einen spannenden Agenten- und Politthriller in einem fiktiven Deutschland abgeliefert. Zu Beginn der Geschichte hatte ich jedoch so meine Schwierigkeiten, für ein paar Lesestunden zu akzeptieren, dass Frankfurt und Saarbrücken auf dem Gebiet einer real existierenden Deutschen Demokratischen Republik liegen sollen. Das Umswitchen im Kopf erfolgte dann aber nach gut 50 Seiten und ich konnte dem Geschehen sehr gut folgen. Die Zutaten dieses Thrillers sind gut ausgewählt, Giftgas aus dem zweiten Weltkrieg auf deutschem Boden, der Überwachungsstaat mit seinem übermächtigen und einschüchternden Stasi-Personal, ein Westdeutschland, das sich lediglich auf West-Berlin beschränkt, unzählige ausländische Geheimdienste und vier interessante Protagonisten. Fertig ist ein guter Thriller.

Da ist zum einen der Franzose Christopher Mueller, der seine Verwandten anlässlich einer Beerdigung in Deutschland besucht und im Laufe der Geschichte seine Vorurteile, die wir Besserwessis fast alle über die ehemalige DDR haben, langsam aber sicher über Bord wirft. Den Grenzübergang von Frankreich in die Republik beschreibt Voland sehr genau und bedrückend. Mir kamen Erinnerungen aus meiner Bundswehrzeit hoch als ich in der Nähe von Coburg seinerzeit Grenzsoldaten in ihren Wachtürmen stehen sah, die uns beobachteten und wohl abhörten. Gänsehautfeeling. Er mausert sich vom zurückhaltenden und gehorsamen Bürger zu einem durchaus nützlichen Mitstreiter in diesem Thriller. An seiner Seite ist seine Cousine Alicia, die mir trotz ihrer offen zur Schau gezeigten Rebellion gegen den aktuellen Staat und das System doch ein wenig zu blass blieb. Interessanter hingegen ist die kanadische MI6 Agentin Harper, eine sehr toughe und kämpferische Frau, die zielstrebig und willensstark ist und auch mal auf den eigenen Vorteil achtet. Und nicht zu vergessen, der desillusionierte Stasi-Oberst Kuhn, der die Republik verlassen will, dann aber doch in der Republik bleibt, weil er nach dem verschwundenen Giftgas sucht. Trotz seines Alters ein sehr kämpferischer, agiler, und intelligenter Mann, der mir sehr sympathisch war trotz seiner Vergangenheit.

Maxim Voland hat die „ehemalige DDR“ sehr schön auferstehen lassen und sie in dieser sozialistisch geführten und auch korrupten Republik sehr gekonnt hochmodern, toptechnisiert und mit allen Überwachungsschikanen weiterentwickelt. So könnte man sich dieses Deutschland auch ohne weiteres vorstellen, wenn die Weichen nach dem zweiten Weltkrieg anders gestellt worden wären. Das finde ich jedoch sehr beklemmend. Daneben beschreibt Voland auch eine bedrückende Atmosphäre von Misstrauen unter den ehemaligen Besatzungsmächten. Kalter Krieg wird wieder spürbar.
Der Thriller entwickelt sich stark zu einem Pageturner und wie in einem richtigen Spionagethriller üblich, gibt es auch zahlreiche Tote und Feuergefechte sowie eine sehr überraschende Wende am Schluss auf der Suche nach dem Giftgas. Der Plot wird dabei immer wieder aus unterschiedlichen Gesichtspunkten der Protagonisten erzählt, die Fäden und die Personen laufen am Ende geschickt zusammen. Alles sehr flüssig und spannend geschrieben.

Und wer ist Maxim Voland? Wer ein absoluter Kenner dieses Autors ist, hätte eventuell auf ihn stoßen können. Denn am Ende des Buchs erscheint ein Personenregister „Dramatis Personae“. Und diese Art der Personendarstellung in einem Buch verwendet der Autor sehr oft. Es handelt sich um den wunderbaren Markus Heitz! Chapeu!

Was mir ein wenig gefehlt hat, war eine Erklärung dazu, warum Oberst Kuhn unbedingt die Republik verlassen will, was geschehen ist, um zu so einem dramatischen Entschluss zu kommen. Und zudem habe ich über das ganze Buch hinweg gedacht, dass der Autor, was die Republik angeht, ein wenig an der Oberfläche gekratzt hat. Aber das war bei diesem dennoch spannenden Thriller wohl nicht gewollt.

Ich gebe dem Thriller 4 von 5 Sternen.

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