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Veröffentlicht am 13.03.2022

Toller Bildband zur Entstehung der Gedanken von Kontinenten

Die Erfindung der Kontinente
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Die Kontinente? Klar, hat man doch in der Schule gelernt - Europa, Amerika, Afrika, Asien, Australien. Easy, oder? Nein, doch nicht so ganz. Anderenorts spricht man von sechs oder sieben Kontinenten. Wie ...

Die Kontinente? Klar, hat man doch in der Schule gelernt - Europa, Amerika, Afrika, Asien, Australien. Easy, oder? Nein, doch nicht so ganz. Anderenorts spricht man von sechs oder sieben Kontinenten. Wie kommt’s?

Darauf gibt Christian Grataloup in dem wundervollen Bildband Die Erfindung der Kontinente – Eine Geschichte der Darstellung der Welt eine umfassende historische und kulturelle Antwort. Er stellt sich u.a. folgende Fragen:
Warum zeigt ein Kompass immer nach Norden? Wie viele Kontinente gibt es und weshalb sprechen wir von drei Ozeanen, obwohl es doch nur eine einzige Wassermasse gibt?

Wir alle kennen bereits aus der Schule die zahlreichen geografischen Karten über die Länder unserer Weltkugel. So sieht es heute aus. Doch wie hat das ganze eigentlich angefangen? Der Geograph und Historiker Christian Grataloup ist historisch an die Sache herangegangen. Die frühen ersten Darstellungen einer „Welt von oben“ haben frühchristliche Wurzeln. Noahs Söhne sind nach der Sintflut in drei Richtungen gegangen - Osten – Süden – Westen. Früh gab es eine Orientierung nach Osten hin, Karten waren noch Osten ausgerichtet, man hatte sich (O)rient-iert. Im Mittelalter und später beginnen die Entdeckungen anderer Länder und es veränderte sich dieses dreigeteilte Weltbild, genauere und detailliertere Weltkarten wurden gefertigt. Dabei bildete sich irgendwann der Gedanke von Kontinenten heraus, die unser heutiges Weltbild prägen. Anhand zahlreicher farbiger Bildmaterialien zeigt uns Grataloup die Entwicklung der Landkarten, von frühen Abbildungen einer dreigeteilten Welt, einer Welt in Menschenform bis hin zu den bekannten Mercatorkarten. Wegners Plattentektonik – die Kontinentalverschiebung - und weitere geologische Ansatzpunkte lassen Zweifel aufkommen, ob die heutige Einteilung der Kontinente auch der Wirklichkeit entspricht. Die Entwicklung zu diesem Thema scheint nicht abgeschlossen zu sein.

Dieser Bildband enthält zahlreiche farbige historische und aktuelle Weltkarten, Zeichnungen und Fotografien. Man erhält einen umfassenden Einblick zu diesem Thema.

Ein wirklich toller Bildband, dem ich fünf Sterne vergebe und den ich wärmstens empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 13.03.2022

Klasse Fortsetzung der Reihe um Margeaux Surfin!

Französische Verstrickungen
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Die Autorin Nicole de Vert hat mit Französische Verstrickungen bereits den vierten Frankreichkrimi vorgelegt.

Diesmal spielen Organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Mafia eine Rolle. Eingebettet wird ...

Die Autorin Nicole de Vert hat mit Französische Verstrickungen bereits den vierten Frankreichkrimi vorgelegt.

Diesmal spielen Organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Mafia eine Rolle. Eingebettet wird dies alles wieder in eine interessante Geschichte mit der Privatermittlerin und Mimikexpertin Margeaux Surfin und Frank Kaiser, der ihr Ex-Kollege aus Stuttgarter Zeiten ist. Frank untersucht bereits seit Jahren den nie aufgeklärten Mord an seiner Mutter in den 1980er Jahren. Er erzählt Margeaux vom Verschwinden eines Beweismittels. Frank und Margeaux beginnen zu ermitteln. Wieder mit an Bord sind der Hacker und Computernerd Matze König sowie der Franks’ Chef Werner Walter. Dieser bekommt Druck vom Staatsanwalt wegen der eigenmächtigen Ermittlungen Franks. Die Frage ist dabei, warum? Daneben hat Margeaux aber auch noch an einer anderen Baustelle zu tun. Sie soll einen verdeckten Ermittler, der seit Jahren im Sumpf der französischen Unterwelt ermittelt, unterstützen.

Zu Beginn des Buchs werden alle wichtigen Personen nacheinander dargestellt und ihre Rollen auch in der Vergangenheit dargestellt, so dass auch diejenigen, die die ersten drei Bücher nicht gelesen haben, sehr schnell einen umfassenden Einblick in die bisherigen Ereignisse bekommen. Dennoch empfehle ich, die vorherigen Bücher zu lesen. Für mich war es wie ein nach Hause kommen, als ich die ersten Seiten gelesen habe. Die Kapitel sind alle recht kurz gehalten und so kommt man schnell weiter. Dazu trägt auch der schöne Schreibstil der Autorin bei. Man merkt gar nicht, wie weit man schon gekommen ist. Die vielen einzelnen Erzählstränge sind anfangs sehr miteinander verstrickt, doch diese lösen sich zum Schluss sehr gut auf. Immer wieder gibt es zeitliche Rückblenden in die 1970er und 1980er Jahre, in denen wir die Eltern von Frank kennen lernen sowie die berufliche Tätigkeit von Franks Mutter. Der Titel Französische Verstrickungen ist Programm. Das Geflecht der einzelnen Personen zueinander, in der Vergangenheit wie in der Gegenwart, die persönlichen Geheimnisse und Verfehlungen, in die sich die Personen verstricken und verirren, wird gut dargestellt.

Gewürzt wird die Geschichte immer wieder von köstlich zubereiteten Speisen, zu denen es im Anhang wie in den anderen Büchern auch, Rezepte zum Nachkochen gibt.

Ich kann mit vier von fünf Sternen diesen Krimi wie auch die Reihe selbst allen Krimifans und Gourmetfreunden sehr ans Herz empfehlen.

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Veröffentlicht am 20.02.2022

Interessanter Rückblick in die 1970er und 1980er Jahre!

Unser kostbares Leben
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𝗨𝗻𝘀𝗲𝗿 𝗸𝗼𝘀𝘁𝗯𝗮𝗿𝗲𝘀 𝗟𝗲𝗯𝗲𝗻
Katharina Fuchs erzählt in ihrem neuesten Roman ihre Geschichte, die in den 1970er und 80er-Jahren spielt.

Im Mittelpunkt stehen die gleichaltrigen Caro, Minka und Claire. Als 10jährige ...

𝗨𝗻𝘀𝗲𝗿 𝗸𝗼𝘀𝘁𝗯𝗮𝗿𝗲𝘀 𝗟𝗲𝗯𝗲𝗻
Katharina Fuchs erzählt in ihrem neuesten Roman ihre Geschichte, die in den 1970er und 80er-Jahren spielt.

Im Mittelpunkt stehen die gleichaltrigen Caro, Minka und Claire. Als 10jährige müssen Caro und Minka miterleben wie ihr Schulkamerad Guy im Schwimmbad verunglückt. Der Unfall wird von ihren Vätern und anderen vertuscht. Minkas Vater ist Bürgermeister der fiktiven Stadt Mainheim, Caros Vater Inhaber eine Schokoladenfabrik. Sie können sich einen Skandal nicht leisten und vertuschen die Ursache des Unglücks und schmieden einen über Jahre verheimlichten Pakt im Rahmen gegenseitiger Unterstützung. Über der Stadt hängt je nach Wetterlage entweder Schokoladenduft oder der Geruch von chemischen Produkten der Ruberus AG. Zur gleichen Zeit kommt Claire als Waise aus Vietnam an und wird in ein Kinderheim untergebracht, in dem sie Deutsch lernt und von der Heimleitung sowie von Dr. Karin Lavalette offenbar fürsorglich ärztlich versorgt wird.

In dieser Zeit ticken die Uhren noch anders. Die drei Protagonisten erleben erstmals die unschönen Seiten des Lebens in ihrer Umgebung. Die Luft ist verpestet, die Flüsse mit ungeklärtem Abwasser chemisch belastet, es gibt zahlreiche Tierversuche, die von der Bevölkerung nicht wahrgenommen werden. Ein Umweltbewusstsein ist in Ansätzen greifbar, in der Politik sucht man danach jedoch vergeblich. Erste Demonstrationen gegen die Nutzung von Atomkraft kommen auf. Junge Menschen lehnen sich gegen die althergebrachten Vorstellungen der Vätergeneration auf. Neue Ideen werden verspöttelt. Katharina Fuchs spricht im Vorbeigehen viele Themen und Ereignisse an, an die ich mich selbst wieder erinnert habe: der Vietnamkrieg, Tierversuche, Umweltverschmutzung, Chemieunfälle, Proteste gegen Autobahnausbau, Waldrodung, Startbahn West, Neonazis, Wahlkämpfe zwischen SPD und der Union und auch die Entstehung der Partei Die Grünen. Im Mittelpunkt stehen jedoch zwei zentrale Themen: das wachsende Umweltbewusstsein in Bezug auf Mensch und Natur sowie wie die perfide Medikamentenvergabe an Heimkindern. Seinerzeit gab es keine klaren gesetzlichen Vorgaben dazu und so sagt Dr. Karin Lavette auf Seite 569: „Für Psychopharmaka gibt es kein besseres Studienobjekt als Heimkinder.“ Krass.

Wie immer ist der Schreibstil von Katharina Fuchs sehr vereinnahmend, gefühlvoll und authentisch. Man muss Caro, Minka und Claire einfach mögen. Viele geschichtliche Ereignisse werden kurz angesprochen. Die 1960er-Generation wird sich bestimmt sehr gut daran erinnern. Es ist ein Gefühl der Heimkehr beim Lesen dieses Romans, ja, die gute alte Zeit, die offenbar nicht immer gut war.
Dennoch hat das Buch meiner Meinung nach eine zu große Länge. Vieles wird sehr intensiv und ausführlich beschrieben. Dem Buch hätte es gut getan, wenn es mindestens 100 Seiten kürzer gewesen wäre. Es hat sich dadurch anfangs leider sehr in die Länge gezogen. Das letzte Viertel des Buchs ist hingegen unglaublich gut geschrieben. Hier nimmt die Geschichte um die Aufklärung der Geschehnisse in den Kinderheimen noch einmal richtig Fahrt auf und enthält noch einmal eine Überraschung in Bezug auf Claire, die studiert hatte und in der Forschung tätig ist. Schade, dass dieser Roman mich diesmal nicht so gepackt hatte wie die anderen drei hervorragenden Bücher zuvor.

Insgesamt wäre weniger etwas mehr gewesen. Ich kann das Buch allen empfehlen, die einen Einblick in die Zeit der 1970er und 1980er haben möchten.

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Veröffentlicht am 14.02.2022

Genialer Auftakt!

1793
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1793 von Niklas Natt och Dag ist mein erstes Buch in 2022 und bereits jetzt schon für mich ein Lesehighlight. In Stockholm im Jahr 1793 wird eine sehr stark verstümmelte Leiche gefunden.

Aber Vorsicht ...

1793 von Niklas Natt och Dag ist mein erstes Buch in 2022 und bereits jetzt schon für mich ein Lesehighlight. In Stockholm im Jahr 1793 wird eine sehr stark verstümmelte Leiche gefunden.

Aber Vorsicht – es ist kein Buch für zartbesaitete Personen. Das Stockholm der damaligen Zeit stinkt, es ist dreckig, die Menschen kämpfen ums pure Überleben. Ein Leben zählt nicht. Die Oberschicht kann (fast alles) machen, was es will. In Frankreich tobt die Revolution. Und Schweden hat ein politisches und finanzielles Fiasko im Krieg gegen Russland erlebt. Das ist das Szenario, in dem ein Mord aufgeklärt werden muss. Dabei nimmt der Autor kein Blatt vor den Mund, sondern beschreibt sehr authentisch die Szenen und benennt die Vorgänge beim Namen. Das mag nicht jedermanns Geschmack sein. Das ist jedoch der Kern dieses Buches und außergewöhnlich gut vermittelt. Der Autor beschönigt nichts.

Cecil Winge von der Stockholmer Polizei ist für schwere Verbrechen zuständig. Er leidet an Tuberkulose im Endstadium und hat nicht mehr viel Zeit, dieses scheußliche Verbrechen aufzuklären. Ihm zu Seite steht der Wächter Michael Carrell. Er ist Kriegsveteran, hat eine Armprothese und leidet nachts an den erlebten Kriegsgeschehnissen. Beide raffen sich im Laufe der Zeit gut zusammen und kommen dem Verbrechen so langsam auf die Spur. Doch sie stoßen auf große Hindernisse. Und die Zeit scheint Cecil Winge davon zu laufen.

Das Buch ist in vier unterschiedliche, diverse zeitliche Abschnitte eingeteilt. Während im ersten Teil die Protagonisten und Stockholm dargestellt werden, schließt sich im zweiten Teil eine gänzliche andere Geschichte an. Hier geht es um Kristofer Blix. Er beschreibt das Erlebte in Briefen an seine Schwester. Er landet in Stockholm, treibt sich herum, will Arzt werden und gerät dann in Situationen, die ausweglos zu sein scheinen. Im dritten Abschnitt wird das Schicksal von Anna Stina geschildert, die der angeblichen Hurerei beschuldigt und in eine Spinnerei geschickt wird. Das damals Schlimmste, was einer Frau geschehen kann. Dass hier teils reale Personen mit realen Geschehnissen vorkommen, erfährt man im Nachwort. Schließlich werden im vierten Abschnitt die Fäden zum großen Ganzen zusammengefügt.

Das Buch ist durchgehend spannend, sehr gut durchdacht und hält so manche Überraschungen bereit. Manchmal mag man gar nicht glauben, was der Autor da geschrieben hat, so unwirklich müssen die Zeiten im Vergleich zu heute gewesen sein. Und doch fasziniert es einen beim Lesen von zu Hause aus im sicheren gemütlichen Sessel.

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Veröffentlicht am 14.02.2022

Subtiler Horror!

Später
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Stephen King begeistert seit Jahren schon Millionen Leser auf der ganzen Welt. Mit dem Roman Später aus dem Heyne Verlag legt er einen relativ kurzen Roman von 300 Seiten vor, der mir gut gefallen hatte.

Im ...

Stephen King begeistert seit Jahren schon Millionen Leser auf der ganzen Welt. Mit dem Roman Später aus dem Heyne Verlag legt er einen relativ kurzen Roman von 300 Seiten vor, der mir gut gefallen hatte.

Im Mittelpunkt steht der Ich-Erzähler Jamie Conklin, der rückblickend die Geschichte seiner Jugend erzählt. Zu Beginn ist er 10 Jahre alt. Ein ganz normaler Junge wie andere seines Alters auch. Wohlbehütet wächst er bei seiner Mutter Tia auf, einer erfolgreichen Literaturagentin. Jamie hat jedoch etwas Besonderes – er kann Tote sehen und mit ihnen reden; und die Verstorbenen müssen auf seine Fragen immer wahrheitsgemäß antworten. Als plötzlich ein Autor stirbt, den Tia unter Vertrag hatte, nutzt Tit die Fähigkeiten Jamies, um das letzte noch nicht veröffentliche Buch des Autors zu schreiben. Als dann noch die Lebensgefährtin seiner Mutter, Liz, eine korrupte Polizeibeamtin, Jamie einspannt, einen Serienmörder, der Selbstmord begangen hatte, zu fassen, öffnet sich fast die Büchse der Pandora.

Der Horror in dieser Geschichte ist nicht knallig und laut, sondern sehr subtil, mit eher leisen Tönen und fein dargestellt. Jamie muss sich schwierigen Situationen stellen. Er ist jedoch nicht von ängstlicher Natur, sondern packt den Stier an den Hörnern. Manchmal hat man das Gefühl, Jamie ist älter und reifer als Kinder seines Alters. King hat diesem Jamie einen überaus sympathischen Charakter verschafft. Demgegenüber schildert King die Situation der Erwachsenen sehr drastisch. Tia verliert den finanziellen Boden, nutzt Jamie, um finanziell über Wasser zu bleiben, verliert durch die Beziehung mit Liz fast ebenfalls den Boden. Liz ist auch nicht die korrekte Polizistin. Sie besitzt Drogen, wird von den Kollegen geschnitten und überwacht und zerrt Jamie schließlich zu einem Schwerverbrecher, um ihre eigenen Ziel zu verwirklichen.

Das Buch liest sich fast von ganz allein. Der Text fliest an einen vorbei, leicht, aber detailreich mit kleinen Cliffhangern. Das Buch hat man so sehr schnell gelesen.

Das Ende ist jedoch schon furios. Für hartgesottene Fans ist es aber wohl zu seicht. Nichts destotrotz hat mir diese Geschichte gut gefallen und bekommt 4 von 5 Sternen.

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