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Veröffentlicht am 22.03.2022

Wenn Brandon Sanderson nicht der (Gott-)König der High Fantasy ist, wer dann?

Sturmklänge
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Vielen lieben Dank an den Heyne-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das ...

Vielen lieben Dank an den Heyne-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das Cover gefällt mir gut. Man erkennt sofort, dass es High Fantasy ist, und vor allem passt es zu den anderen Büchern des Autors, die in dem Verlag erschienen sind.
Nachdem man die Geschichte gelesen hat, kann man außerdem auch die Frau auf dem Cover und das Schwert zuordnen, beide spielen eine relevante Rolle.
Der Titel „Sturmklänge“ gefällt mir zwar ganz gut (er klingt hübsch), allerdings passt er meiner Meinung nach überhaupt nicht auf den Inhalt – eine Übersetzung des Originaltitels „Warbreaker“ oder vielleicht eine Verbindung zu den Farben, die im Buch viel Platz einnehmen, hätte ich da besser gefunden.


Meine Meinung:
E P I S C H.
Wäre es akzeptabel, eine Ein-Wort-Rezension abzugeben, wäre sie so ausgefallen. Viel mehr gibt es aber auch eigentlich nicht zu berichten, denn „Sturmklänge“ ist wirklich PERFEKT auf jeder Ebene, GENAU SO sollte High Fantasy sein.
Brandon Sanderson lebt einfach auf einem ganz anderen LEVEL, das wir Normalsterblichen nicht mal in unseren TRÄUMEN erreichen könnten; uns bleibt nur übrig, ihn für seine ÜBERWELTLICHEN Schöpfungen ANZUBETEN und den Boden, auf dem er wandelt, HEILIG zu sprechen.
Vielleicht war das von mir jetzt etwas pathetisch, aber Kinders: Ich habe das Buch vor 15 Minuten gerade erst beendet und bin immer noch etwas unzurechenbar. Ich weiß eigentlich gar nicht wirklich, was ich hier schreiben soll, denn alles, was ich zu dem Buch sagen könnte, wird ihm sowieso nicht gerecht, also müsst ihr jetzt halt mit ein bisschen Pathos hier und da leben.
Apropos fehlende Zurechenbarkeit: Seht es mir bitte nach, sollte die Rezension stellenweise entweder eher stichpunktartig oder völlig durcheinander wirken, das liegt einfach daran, dass ich meinen Kopf gerade nicht so richtig sortieren kann, weil mich das Buch einfach sprachlos macht. Deshalb kann ich nicht unbedingt durchgängig kohärent Sätze bilden, und außerdem ist es schon spät (schreibe diese Rezension um 21:10 Uhr, für mich ist das spät.).


Also fangen wir mal an mit dem ersten Punkt, der das Buch so EPISCH macht: die FIGUREN.
WOW. GROßE LIEBE.
Selten hat es ein Standalone geschafft, dass ich mich emotional so sehr an die Figuren gebunden habe, aber hier ist es innerhalb der ersten hundert Seiten geschehen, ich übertreibe nicht.
„Sturmklänge“ ist aus der Sicht von Siri, Vivenna, Lichtsang und Vascher geschrieben, und ich meine es VÖLLIG ERNST, wenn ich sage, dass ich alle vier in mein Herz geschlossen habe (und Susebron natürlich auch ♥). Keine Ahnung, wie ich euch das begreiflich machen soll, dass die Art, wie Sanderson die vier Protagonisten, wie auch viele der Nebencharaktere (zB. Denth, Tonk Fah, Llarimar und Nachtblut, um mal ein paar zu nennen), geschaffen hat, nicht nur dafür gesorgt hat, dass ich mich beim Lernen manchmal nicht konzentrieren konnte, weil ich darüber nachgedacht habe, was mit ihnen wohl als nächstes geschieht, sondern vor allem, dass jede einzelne Figur so unglaublich ECHT und GREIFBAR wirkt!!!
Natürlich sind mir manch Figuren sympathischer als andere, manche mochte ich sogar fast überhaupt nicht, aber das ändert nichts daran, dass ich jeder unfassbar gerne gefolgt bin, weil ich fasziniert davon war, wie lebensecht sie wirken. Das liegt insbesondere daran, dass sie alle durch Situationen müssen, die sie an die Grenzen dessen bringen, was sie von sich glauben, leisten zu können. Sie sind dadurch quasi gezwungen, sich weiterzuentwickeln, alte Vorurteile abzulegen und das zu hinterfragen, was sie ihr Leben lang als wahr wahrgenommen haben. Dadurch bekommen sie so viel Tiefe, dass man leicht vergisst, dass sie „nur“ Buchfiguren sind und gar nicht wirklich realisieren. Das bezieht sich im Übrigen nicht nur auf die jeweiligen Figuren für sich, sondern auch auf ihre Beziehungen untereinander und das Zwischenmenschliche.
Ach, und ich will nicht spoilern, deshalb so kryptisch, aber: Können wir bitte mal darüber reden, wie CUTE eine bestimmte Figur ist???????????????


Zweiter Punkt: der Schreibstil.
Äh. Was kann ich hier schon groß schreiben? Hallo? Es ist Brandon Sanderson? Habt ihr schonmal was von ihm gelesen? Wenn ja, dann wisst ihr ja Bescheid. Wenn nein: Warum nicht?????????????????????????
Für euch Unwissenden da draußen: Er schreibt Weltklasse. Top Tier. Besser geht’s nicht.
Sanderson findet nicht nur für jede Figur einen eigenen Erzählstil, er findet auch für jede Situation den passenden Erzählton, der dafür sorgt, dass man völlig in der Handlung aufgeht und das Drumherum im echten Leben vergisst, sobald man die Buchseiten aufschlägt.
Dabei erklärt er quasi mit links die Welt, ihre Geschichte, Religion und ihr Magiesystem. Man fühlt sich sofort aufgehoben und zuhause, hat keinerlei Schwierigkeiten, sich in das doch sehr komplizierte System ein- und zurechtzufinden. Das Erwecken mithilfe des Hauches, die Zurückgekehrten, das Pantheon und der Gottkönig erscheinen einem so selbstverständlich, wie Nudeln mit Pesto (ihr versteht: Weil das jeder kochen kann? Sorry für den Vergleich, mir ist nichts Besseres eingefallen, möglicherweise bin ich hungrig).

Besonders kennzeichnend für Sandersons Schreibstil (soweit ich das beurteilen kann, habe auch erst vier Bücher von ihm gelesen haahahahh) ist der auf jede Situation angepasste Humor. Damit schafft er es, Situationen aufzulockern, Umstände zu kritisieren oder Dinge forezushadowen (das ist jetzt ein Wort), ohne den Eindruck zu erwecken, irgendetwas erzwingen zu wollen – der Witz kommt ganz natürlich und ist ein wesentlicher Grund dafür, weshalb man auch so einen 760-Seiten-Wälzer gut in einer Sitzung weglesen könnte. Das habe ich nicht gemacht, weil ich bei dem Buch Trennungsängste verspürt habe und das Ende vor allem auf den letzten 150 Seiten hinauszögern wollte, aber ich hätte es theoretisch machen können, weil es ist einfach gut ok?


Letzter Punkt: der Plot.
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Könnte ich jetzt so stehenlassen. Aber ich teile euch als Bonus jetzt trotzdem noch mit, dass mich nicht nur der Weltenbau, die Figuren und der Schreibstil umgehauen haben, sondern auch das, was im Buch inhaltlich passiert. Das ist ziemlich viel, was bei der Dicke nicht überraschend ist, und gerade zu Anfang hat man nicht wirklich einen Plan davon, wie alles zusammenhängen könnte, aber trotzdem hat man beim Lesen keinerlei Probleme, der Handlung zu folgen. Es ist fesselnd, man stellt eigene Theorien auf (und liegt damit falsch) und wird dann völlig kalt erwischt, wenn der nächste Plottwist kommt. Davon gibt es nämlich einige (nicht zu viele; gerade die richtige Menge an guten, überraschenden Plottwists), und sie haben mich jedes Mal überrascht Luft holen und das Buch zuklappen lassen. Ja! So sehr haben sie mich umgehauen!
Gegen Ende hatte ich nur noch Angst, wie gesagt, ich wollte einfach nicht, dass es endet. Also natürlich wollte ich wissen, wie das Buch ausgeht, aber ich wollte es auch einfach nicht??!?!?!!! Das Ende ist trotzdem gut, also ich bin glücklich.

Mehr habe ich nicht zu sagen, denke ich. Normalerweise garniere ich meine Rezensionen ja gerne mit Zitaten, aber ich habe das Buch so zugekleistet mit Post-Its (natürlich color-coded), da ist es ziemlich aussichtslos, mir selbst aufzutragen, meine liebsten rauszuschreiben. Lest das Buch einfach, dann kennt ihr die Zitate ja alle.
Wir haben jetzt übrigens 21:48 Uhr.


Fazit:
Tja, also, was soll ich sagen?
„Sturmklänge“ ist einfach GRANDIOS. EPISCH. ATEMBERAUBEND. VERBLÜFFEND. Ein MEISTERWERK.
Im Titel steht´s: Wenn Brandon Sanderson nicht der König (da habe ich im Titel einen kleinen Witz gemacht, den ihr versteht, wenn ihr das Buch gelesen habt, hehehe) der High Fantasy ist, wer ist es denn dann?
Das Buch zeigt, wie es geht. Die Figuren sind allesamt liebenswert, echt und greifbar, was vor allem am grandiosen Characterbuilding liegt. Das Magiesystem ist fantastisch, das Worldbuilding überweltlich (pun intended), der Plot haut einen vom Hocker.
Der Schreibstil des Autors sorgt schließlich dafür, dass man sich nicht lösen kann, und durch den Humor hat man dabei viel Spaß.
Volle Punktzahl reicht eigentlich nicht, also ∞/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 22.03.2022

Ein guter Plottwist, dem Rest fehlt es an Originalität

Stadt der Elfen - Berührt
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Vielen lieben Dank an den cbt-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das ...

Vielen lieben Dank an den cbt-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das Cover gefällt mir gut. Man sieht eine junge Frau, die wohl Alina darstellen soll, in einem roten Kleid, das unten in schwarze Spinnweben übergeht, und im Hintergrund den Elizabeth Tower mit der Westminster Bridge in London.
Das Bild gefällt mir nicht nur deshalb so gut, weil es mit dem farblichen Kontrast von Rot und Blau spielt und insgesamt sehr dynamisch wirkt, sondern vor allem, weil der Bezug zum Inhalt sehr stark ist. Bevor einem dies auffällt, nimmt man das Cover als typisches Cover eines Jugendfantasy-Romans wahr, aber sobald man den Bezug einmal hergestellt hat, ist es mehr als offensichtlich.
Der Titel „Stadt der Elfen“ gefällt mir schlicht deshalb schon, weil er die Übersetzung des Originaltitels „City of Fae“ ist, aber auch aus dem Grund, weil er sich ebenfalls (wie auch der Untertitel „Berührt“) im Inhalt wiederfindet.


Meine Meinung:
„Stadt der Elfen“ ist wieder mal so ein Buch, bei dem ich nicht so richtig weiß, was ich dazu schreiben soll, da ich es nicht unbedingt schlecht fand, aber wirklich gut geschrieben ist es nicht und inhaltlich bleibt es ebenfalls nicht besonders positiv im Gedächtnis (wenn überhaupt).

Letzteres liegt hauptsächlich daran, dass es jeglichem Element in dieser Geschichte (bis auf einem, dazu später) an Originalität fehlt: die Protagonisten und auch sämtliche Nebenfiguren sind austauschbar, die Handlung spielt zwar in London, aber bis auf Beschreibungen alter U-Bahn-Tunnel findet hier keinerlei Worldbuilding statt, und das Grundgerüst der Geschichte findet sich ebenfalls so oder so ähnlich in vielen anderen Büchern aus dem Genre wieder.
Nun ist mir bewusst, dass noch kein Autor das Rad neu erfunden hat, und Wiederholungen innerhalb eines Genres irgendwann unvermeidbar sind (gerade, wenn etwas, wie hier die Fae aktuell gehyped wird). Aber wenn ein Buch ansonsten auch nicht weiter hervorsticht, fällt das eben negativ auf.
Das führt letztlich nur dazu, dass man die Figuren und die Handlung durchweg über eine unüberbrückbare Distanz beobachtet, wodurch die gesamte Geschichte nur wenig greifbar bleibt.

Einzig der Plottwist der Geschichte hat dafür gesorgt, dass ich im Mittelteil dann doch kurzzeitig überzeug von „Stadt der Elfen“ war. Dort wird nämlich etwas gelüftet, womit ich in der Gestalt überhaupt nicht gerechnet hätte, und was ich auch in anderen Büchern so bisher noch nicht gelesen habe. In diesem Punkt zeigt die Autorin dann also, dass sie Originalität eben doch kann, wenn sie will.
Ich kann, ohne zu spoilern, jetzt natürlich nicht viel weiter darauf eingehen, aber das Konzept dieser Enthüllung hat mich so fasziniert, dass ich kurzzeitig doch tatsächlich nicht aufhören konnte, zu lesen. Das legt sich dann aber leider auch wieder relativ schnell, weil die Autorin, abgesehen von dem einen Enthüllungsmoment, nicht weiter darauf eingeht, obwohl man diesen Teil der Geschichte durchaus weiter hätte ausbauen können. Das hätte dem Ganzen vermutlich gerade die Tiefe gegeben, die dem Buch fehlt, denn auch in anderen Aspekten bleibt „Stadt der Elfen“ ähnlich oberflächlich.

Normalerweise würde ich an dieser Stelle jetzt nämlich etwas zu den beiden Protagonisten Alina und Reign schreiben, aber da gibt es tatsächlich einfach nichts Erwähnenswertes. Beide sind ganz nett und irgendwie auch sympathisch, aber für irgendeinen Charakterzug, den man ihnen zuschreiben könnte, fehlen ihnen jegliche Ecken und Kanten. So ist Alina zum Beispiel mal ganz die hartnäckige Journalistin, nur um dann ein paar Seiten weniger das Offensichtliche nicht anzusprechen oder Wesentliches nicht zu hinterfragen, obwohl man das als Leser an diesen Stellen von ihr eigentlich erwartet.
Reign auf der anderen Seite soll wohl der Bad Boy mit dem weichen Kern sein, aber irgendwie ist er weder das eine noch das andere. Mal ist er ruppig, mal frech und schlagfertig, mal ganz lieb, aber nichts davon wirklich konsequent, so dass seine Figur logisch erscheinen würde. Beide sind da, beide handeln, und beide verlieben sich irgendwann ineinander (glaube ich), aber nichts davon hängt irgendwie miteinander zusammen geschweige denn entwickelt sich.
Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, man wollte hier eine Feyre und einen Rhys erschaffen, aber das ist nicht so ganz gelungen.


Die Inkonsistenz, die die Autorin beim Characterbuilding an den Tag legt, zeigt sich im Übrigen in der gesamten Handlung.
Vor allem anfangs stolpert man beim Lesen über viele Stellen, die im Kontext nur wenig Sinn ergeben oder wo augenscheinlich der Kontext völlig fehlt. Oft springt die Autorin in der Handlung auch umher, sodass man nur schlecht folgen kann.
Nach dem oben bereits erwähnten großen Plottwist macht das Ganze durchaus irgendwie Sinn, aber trotzdem ändert sich ab diesem Punkt der Schreibstil nicht, was man eigentlich hätte erwarten können, wenn die Zusammenhanglosigkeit ein Stilmittel gewesen wäre. So ist das für mich bloß ein Zeichen eines unausgereiften Schreibstils.
Insgesamt ist das Buch also nicht langweilig, sondern zeitweise sogar sehr interessant – wie gesagt, der Plottwist hat mich echt vom Hocker gehauen! –, aber dieser Aspekt führt leider dazu, dass das Buch eher unausgereift denn wie der nächste Stern am Fantasy-Himmel wirkt, trotz der Fae.


Fazit:
Das Buch glänzt vor allem durch zwei Dinge: die Abwesenheit von Originalität und einem wirren, oft kontextlos erscheinenden Schreibstil.
Zwischendurch hat man das Gefühl, dass die Autorin die Kurve vielleicht doch noch kriegt, weil sie einen mit einem überraschenden Plottwist kurzzeitig von „Stadt der Elfen“ überzeugen kann. Kurz darauf findet die Autorin aber auch schon wieder zu ihrem anfänglichen, sprunghaften Stil zurück. Vor allem, dass Pippa DaCosta sich schlicht gar nicht um das World- oder Characterbuilding gekümmert hat, fand ich schade, denn der Plottwist zeigt, dass dieser Auftakt durchaus Potenzial gehabt hätte.
So werde ich den zweiten Band der Dilogie vermutlich nicht lesen, da ich bis jetzt einfach kein Interesse für die Handlung oder die Figuren aufbringen konnte. Der Plottwist – ich kann es nicht oft genug sagen – hat mich jedoch so sehr überzeugt, dass ich dem Buch letztlich doch 3/5 Lesehasen statt nur 2 gebe.

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Veröffentlicht am 18.03.2022

Spektakuläres Worldbuilding und der Grundstein einer vielversprechenden High-Fantasy-Reihe

Askeria: Die letzte Generation
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Vielen lieben Dank an die Autorin für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Also erstmal: das Buch ist verdammt schwer. ...

Vielen lieben Dank an die Autorin für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Also erstmal: das Buch ist verdammt schwer. xD
Das hat jetzt vielleicht nicht unbedingt was mit der Aufmachung zu tun, aber ich wollte es einmal gesagt haben haha.
Das Cover gefällt mir sehr. Man sieht im Zentrum einen Schmetterling aus einer Art Draht (?) vor einem alten Ziffernblatt, um den Titel herum und unten sind Zahnräder zu sehen. Die einzelnen Elemente harmonieren wunderbar miteinander und auch die farbliche Gestaltung passt gut dazu. Welche Bedeutung das Ganze hat, erfährt man erst relativ spät in der Handlung, und da auch nur ansatzweise, aber ziemlich früh merkt man schon, dass der Schmetterling ein wichtiges Leitmotiv in der Reihe sein wird.
Ähnliches gilt für den Titel. Ohne die Geschichte gelesen zu haben, weiß man nicht, was es mit „Askeria“ oder der „letzten Generation“ auf sich hat, aber ab einem gewissen Punkt beginnt es, Form anzunehmen.
Im Buch befindet sich eine detailreiche Karte, die man sich über einen QR-Code auch auf dem Handy in farbig ansehen kann.


Meine Meinung:
W o w.
Vorab: ich werde in dieser Rezension sehr viel schwärmen, aber ich weiß jetzt schon, dass meine Worte dem nicht ansatzweise gerecht werden, also schon mal so viel: Lest. Dieses. Buch.

Anfangs ist es vielleicht noch etwas kompliziert, das muss ich zugeben. Ich würde mich zwar schon als „geübte“ High-Fantasy-Leserin beschreiben, aber trotzdem merkt man schon auf den ersten paar Seiten, dass „Askeria“ auf eine andere Art komplex ist. Man muss beim Lesen gerade anfangs viel nachdenken, um mitkommen zu können, und auch im Laufe der Handlung wird das Buch nicht zu einem Buch für „nebenbei“ – aber: Gerade das macht so viel Spaß!

Vor allem zu Beginn nimmt sich die Autorin sehr viel Zeit fürs Worldbuilding, und ich kann nur sagen, dass sich das gelohnt hat. Ich habe selten ein Buch gesehen, in dem sich dem Weltenbau mit so viel Liebe zum Detail gewidmet wurde. Juliet May hat hier an wirklich alles gedacht: Ihre Figuren haben eine eigene Umgangssprache, der Planet eine völlig eigene Umlaufbahn in einem neuen Sonnensystem mit zwei Sonnen und mehreren Monden, jede Provinz in Mitaeria ist anders, aber alle gleich liebevoll beschrieben – ich könnte mit dieser Auflistung ewig so weitermachen!
Auch wenn ich auf den ersten ca. 200 Seiten nicht viel verstanden habe, war ich wegen dieses Worldbuildings trotzdem von der ersten Seite an gefesselt. Man merkt auf Anhieb, dass sich die Autorin über ihre Welt viele Gedanken gemacht hat und dass alles miteinander verknüpft ist und irgendwann irgendwo hinführen wird. Zwar muss man erstmal in diese neue Welt reinfinden, aber man ist schlicht deshalb gefesselt, weil man unbedingt mehr von ihr kennenlernen möchte. Es ist ein bisschen so, als hätte die Autorin mit „Askeria“ ein Tor zu einer anderen Welt geöffnet.
Es ist der Wahnsinn, anders kann ich es nicht sagen.

„Den Frieden wiederzufinden ist um ein so Vielfaches schwerer, als einen Krieg zu beginnen – einen Krieg, der auf Unterschiedlichkeiten basiert, in einer Welt, in der nur noch bewertet, verurteilt und Macht angestrebt wird.“ (S. 315)

In Bezug auf die Handlung braucht „Die letzte Generation“, wie gesagt, eine ganze Weile, bis etwas Fahrt aufkommt – in der ersten Hälfte widmet die Autorin sich schwerpunktmäßig dem Worldbuilding, während sie erst in der zweiten Hälfte den Plot vorantreibt –, aber das hat mich überhaupt nicht gestört, im Gegenteil. Dadurch, dass man so lange im Unklaren ist und man mit immer mehr Informationen konfrontiert wird, die man noch nicht so ganz einordnen kann, rätselt man selbst mit und stellt ständig eigene neue Theorien auf und verwirft alte wieder. Auch wenn also zunächst nicht so viel passiert, steigt dadurch natürlich die Spannung.
Im letzten Drittel wird dann Vieles zusammengeführt und aufgeklärt, es geht einem sprichwörtlich ein Licht auf, aber man muss feststellen, dass man mit den Theorien weit danebengelegen hat. Erst da wird einem bewusst, wie komplex „Askeria“ tatsächlich ist und wie weit die Autorin im Voraus geplant haben muss.

Erzählt wird die Geschichte hauptsächlich von Piara und Rigoras, aber es gibt auch einige Kapitel aus anderen Perspektiven, die man erst nach und nach zuordnen kann. Das steigert einerseits natürlich die Verworrenheit der Handlung, da man sich gerade anfangs nicht immer hundertprozentig sicher ist, ob alles zur selben Zeit spielt (irgendwann blickt man da aber durch :D), andererseits trägt auch das natürlich wesentlich dazu bei, dass man nicht anders kann als mitzurätseln.


Piara selbst ist eine wunderbare Protagonistin! Sie ist mit anfangs 14 (im Laufe der Handlung wird sie 15) noch sehr jung, aber man kann sich auch als Erwachsener sehr gut in sie hineinversetzen. Sie ist für ihr Alter sehr reif, trifft wohlüberlegte Entscheidungen und ist auch intellektuell sehr weit. Nichtsdestotrotz handelt sie ihrem Alter entsprechend auch mal impulsiv und ist manchmal etwas naiv. Das macht sie nur noch sympathischer und greifbarer!
Rigoras ist ein tolles Gegenstück zu ihr: Er ist zwar fünf Jahre älter als sie, verhält sich oft aber um einiges kindischer oder verspielter, was auf die unterschiedlichen Ausgangssituationen der beiden zurückzuführen ist. Durch seine zappelige, freche Art schafft auch er es aber, sich schnell ins Leserherz zu schleichen, und man begleitet die beiden auf ihrer Reise sehr gerne.

Besonders positiv sind mir im Übrigen die zwischenmenschlichen Beziehungen hier aufgefallen, insbesondere das Verhältnis von Piara und ihren Brüdern. Die Art, wie sie miteinander umgehen und aufeinander aufpassend ist wirklich herzerwärmend, gleichzeitig sorgen die harmlosen Zankereien der Drei untereinander dafür, dass man zwischendurch auch mal lachen kann.

Einzig hinter der Beziehung zwischen Piara und Rigoras kann ich nicht stehen. Ich habe durchweg gehofft, dass Piaras Schwärmerei für Rigoras eben nur das ist: eine Schwärmerei eines Kindes für einen Freund ihrer älteren Brüder – denn so sehe ich die Beziehung zwischen den beiden. Zwar haben Piara und Rigo durchaus unheimlich viel Chemie, sodass alle Szenen mit ihnen sehr viel Spaß machen und man traurig wird, wenn sich ihre Wege trennen müssen. Aber all das ginge in meinen Augen auch, wenn ihre Beziehung rein freundschaftlicher Natur wäre und nicht romantisch wird. Angesichts des großen Altersunterschiedes zwischen ihnen hätte ich das sogar viel besser gefunden: Mit ihren 14 bzw. 15 Jahren ist Piara eben noch ein Kind, während Rigoras mit fast 20 erwachsen ist – trotz aller geistiger Reife seitens Piara (und Unreife seitens Rigoras xD) bedeutet das für mich ein zu starkes Machtgefälle, dass ich nicht gutheißen kann.
Nach Rücksprache mit der Autorin kann ich gut nachvollziehen, weshalb sie sich dafür entschieden hat, aber mir ist dieser Punkt beim Lesen nicht nur dauerhaft stark negativ aufgefallen, er hat letztlich auch dafür gesorgt, dass ich in meiner Bewertung einen ganzen Punkt abziehen muss. Ohne diesen Aspekt hätte der Auftakt von „Askeria“ leicht ein Highlight werden können, so ist er mit diesem negativen Gefühl hinsichtlich Piaras und Rigos Beziehung belastet.


Fazit:
Das Worldbuilding ist unvergleichlich, die Liebe der Autorin zum Detail spürt man auf jeder Seite, und auch wenn man anfangs noch nicht viel versteht, ist „Askeria“ ab dem ersten Aufschlagen des Buches ein atemberaubendes Leseerlebnis.
Hinzu kommt, dass man unentwegt am Rätseln ist und eigene Theorien aufstellt, nur um dann bei der Auflösung festzustellen, dass man bei Weitem nicht so ein Genie wie Juliet May ist – die Komplexität ihrer Geschichte lässt sich bereits am Anfang erahnen, aber erst am Ende bekommt man eine wirkliche Idee davon, wie sehr sie alles durchdacht haben muss.
Einzig störend fand ich den Altersunterschied zwischen Piara und Rigo: Sie wird im Laufe der Handlung 15, er ist fast 20. Nach Rücksprache mit der Autorin kann ich nachvollziehen, weshalb sie sich für die fast 5 Jahre zwischen den beiden entschieden hat. Trotzdem kann ich nicht hundertprozentig hinter der Liebesbeziehung zwischen Piara und Rigo stehen, auch wenn durchaus sehr viel Chemie da ist, weil sie in meinen Augen eben trotz aller geistiger Reife noch ein Kind und er schon (so gut wie) erwachsen ist. Das ist letztlich der einzige Grund dafür, weshalb „Die letzte Generation“ einen Punkt weniger von mir bekommt und kein Highlight geworden ist.
Auf die Fortsetzung bin ich nämlich super gespannt und ich bin ausgesprochen froh, dass sie hier schon bereit liegt!
4/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 17.03.2022

Lieblingsband der Reihe

After Hours
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Vielen lieben Dank an den Lyx-Verlag für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Wie auch schon in meiner Rezension zum Vorgänger ...

Vielen lieben Dank an den Lyx-Verlag für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Wie auch schon in meiner Rezension zum Vorgänger erwähnt, finde ich die Cover dieser Reihe besonders gelungen, weil sie zusammen die schwedische Skyline zeigen. Mit diesem Buch ist mir aber aufgefallen, dass auch die Buchrücken zusammen einen Farbverlauf bilden, was im Regal natürlich (sofern man kein Rainbowshelf hat) ein Hingucker ist!
Aber auch hier muss ich wieder die Titelwahl bemängeln. Während der deutsche Titel des zweiten Bandes „Office Affair“ noch irgendwie zum Inhalt passt, sehe ich bei diesem Teil überhaupt keinen Zwischen Titel und Inhalt. Zwar treffen sich die Protagonisten auch hin und wieder mal abends zum Drink oder machen Überstunden, aber für den Großteil der Handlung spielen die „After Hours“ eben keine Rolle.
Der Originaltitel „Satsa Allt“ bedeutet übersetzt „Aufs Ganze gehen“, was inhaltlich SO viel Sinn ergibt – anders als „After Hours“. Warum sich darauf dann nicht bezogen wird, entzieht sich meinem Verständnis. Wenn man denn unbedingt einen englischen Titel haben möchte, weil es vielleicht mehr Leserschaft anzieht, dann kann man doch einen wählen, der sich darauf bezieht, bspw. „All In“ oder so?
Ähnliches gilt im Übrigen für den Reihentitel, aber das habe ich in der anderen Rezension schon angesprochen.


Meine Meinung:
Auch wenn ich den Titel von allen dreien am schwächsten finde, gefällt mir dieser Band der Reihe inhaltlich am besten!
Ähnlich wie beim Vorgänger konnte mich zwar die Beziehung nicht hundertprozentig mitreißen und auch die Konflikte waren für mich im Prinzip alle vorhersehbar.
Die Autorin hat mit ihrer „Free Falling“-Trilogie das Romance-Rad nicht neu erfunden und es gibt sicherlich Romane, die in puncto Emotionalität viel mehr überzeugen können als diese Bücher.

Was die Bücher in meinen Augen allerdings lesenswert macht, ist das Setting. Einerseits ist, ganz allgemein, Stockholm als Hauptort der Handlung so malerisch und einladend beschrieben, dass man sofort Fernweh bekommt und am liebsten gleich den nächsten Flieger nach Schweden nehmen möchte. Tatsächlich hat mich vorher nie irgendetwas in die schwedische Hauptstadt gezogen (hauptsächlich, weil es mir dort einfach zu kalt ist), aber nachdem ich diese Bücher gelesen habe, ist Stockholm weit oben auf meiner Reise-Bucket-List gelandet.

Andererseits ist primär das Kanzleisetting das, was die Reihe von anderen Büchern hervorhebt. Aufgrund meines Studiums suche ich immer wieder nach Büchern, in denen die Protagonisten irgendetwas mit Jura zu tun haben (meistens sind es ja doch Medizin- oder Literaturstudenten…), einfach weil mich mein Fach begeistert und ich überzeugt davon bin, dass es auch anderen so geht! :D
Während Band 2 mich in dieser Hinsicht etwas enttäuscht hat, liefert „After Hours“ hier wieder voll ab. Der Fall, um den es hier geht (Parisa wird beschuldigt, die Investoren ihrer Firma betrogen zu haben), nimmt einen wesentlichen Teil der Handlung ein, es werden juristische Themen diskutiert und auch die Kanzlei und der Anwaltsberuf an sich sind wieder mehr im Vordergrund – all das aber, ohne gleichzeitig den Fokus zu verlieren oder allzu fachspezifisch zu werden. Die Autorin findet hier also die perfekte Balance zwischen Romantik und Juristerei, wobei man gleichzeitig auch merkt, dass sie selbst vom Fach ist und also Ahnung hat.

Darüber hinaus hat mir an „After Hours“ besonders gut gefallen, dass hier über Parisas Firma, die ein Testverfahren zur Erkennung von Endometriose entwickelt, ebendiese Krankheit angesprochen und ausgeführt wird. Die Protagonistin leidet selbst an Endometriose, sodass man sich auch als nichtbetroffene Leserin zumindest ungefähr vorstellen kann, wie es sein muss, mit dieser Krankheit zu leben. Ich würde von mir schon behaupten, dass ich ein bisschen über Endometriose weiß, aus Interesse und weil ich auch eine Frau bin. Trotzdem denke ich, dass ich durch „After Hours“ einen noch besseren Einblick bekommen und einiges erfahren habe, von dem ich noch nichts wusste. Gerade aus diesem Grund finde ich es wichtig, dass über solche Themen auch in Romance-Literatur geschrieben und sich fundiert damit auseinandergesetzt wird – was wie man deutlich merkt, die Autorin definitiv getan hat.

„Erst küsste er sie vorsichtig auf die wunderbar zarten Lippen, schmeckte Zuckerwatte und das Salz von den Pommes frites. Dann schmeckte er etwas, was er nie zuvor geschmeckt hatte. Es war gleichzeitig süß, zart und absolut himmlisch. Der Geschmack von ihr.“ (S. 230)

Parisa selbst ist eine tolle Protagonistin, zu der ich gleich auf Anhieb Zugang gefunden habe. Sie ist stark und intelligent, scheut sich nicht davor, ihre Meinung zu sagen und für ihren Standpunkt einzutreten, ist gleichzeitig aber auch sehr besonnen und denkt nach, bevor sie handelt. Sie war mir durchweg sympathisch und ich konnte mich super in sie hineinversetzen.
Ähnliches gilt für Johannes, der mir von allen drei männlichen Protagonisten der Trilogie sogar am besten gefallen hat. Er ist zwar eher still und zurückhaltend, aber das heißt nicht, dass er nicht wie auch Parisa für das einsteht, was ihm wichtig ist. In seiner Vergangenheit hat er einiges erlebt, wie man nach und nach erfährt. Zwar kann man sich davon einiges bereits früh denken, aber es ist trotzdem spannend, wie mit fortlaufender Handlung seine Geheimnisse gelüftet werden.
Johannes und Parisa passen wunderbar zusammen und ihre Chemie ist greifbar, was unter anderem auch daran liegt, dass man in Form einer wunderbar in die Geschichte eingefügten Rückblende miterlebt, wie die beiden sich in ihrer Kindheit kennen- und lieben gelernt haben.


Fazit:
Inhaltlich hat Helene Holmström mit „After Hours“ das Romance-Rad nicht neu erfunden, Vieles ist sehr vorhersehbar und die Geschichte folgt einem Muster wie viele Bücher des Genres. Auch die Emotionen der Figuren konnte ich nicht immer zu 100 % nachempfinden, da haben mir einfach das gewisse Etwas und die nötige Nähe gefehlt.
Trotzdem führen diese beiden Aspekte letztlich nur zu einem Abzug eines halben Punktes, denn der Rest ist einfach stimmig. Parisa und Johannes sind zwei tolle Figuren, denen man gerne folgt, die Autorin spricht wichtige Themen auf fundierte Weise an und das juristische Thema der Geschichte liegt wieder stärker im Fokus, ohne dabei das Wesentliche aus den Augen zu verlieren.
Damit ist „After Hours“ mein Lieblingsband der Trilogie!
4,5/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 28.02.2022

Mitreißender historischer Roman mit eindrucksvoller Protagonistin

Das verschlossene Zimmer
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Vielen lieben Dank an Bastei Lübbe und die #bloggerjury für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Die Aufmachung des Buches ...

Vielen lieben Dank an Bastei Lübbe und die #bloggerjury für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Die Aufmachung des Buches ist sehr hochwertig! Ich mag den Schutzumschlag aus etwas festerem Papier und die hervorgehobenen Druckdetails darauf, die Innengestaltung ist ähnlich schlicht, aber trotzdem sehr ansehnlich. Das Beste: das Buch hat ein Lesebändchen!
Das Cover an sich gefällt mir auch gut. Man sieht die Hände einer jungen Frau, die sie hinter ihrem Rücken verschränkt hat und in denen sie einen Schlüssel hält. Der Schlüssel ist dabei im Fokus, und auch wenn ein richtiger Schlüssel in der Handlung keine Rolle spielt, geht es metaphorisch schon um einen solchen – Vergleichbares lässt sich auch auf den Inhalt „Das verschlossene Zimmer“ übertragen. Es gibt zwar ein Zimmer, das verschlossen ist, und in das Marie zu Beginn der Handlung einbricht, aber viel wichtiger ist die metaphorische Bedeutung, die dieses Zimmer in der Geschichte einnimmt, und derer man sich erst mit fortlaufender Handlung bewusst wird.
Insgesamt ist die Aufmachung sehr stimmig und ansprechend!


Meine Meinung:
„Das verschlossene Zimmer“ spielt im Frühling 1939 in Polen, man weiß also vorher, wie das Buch vermutlich enden wird: mit dem Einmarsch des Deutschen Reichs.
Die Grundstimmung ist also zunächst einmal sehr beklemmend, was sich im Laufe der Handlung nur noch steigert, und auch viele Probleme und Konflikte sind von vornherein angelegt. Aber das ist ja etwas, was jeder historische Roman an sich hat – die Besonderheit an diesem Buch: Man verliert beim Lesen den geschichtlichen Ausgang des Geschehens sehr leicht aus den Augen, weil man so gefangen ist in der Welt der Protagonisten und gar nicht mehr daran denkt, dass man ja eigentlich weiß, wie es ausgeht. Das ist meiner Meinung nach genau das, was einen guten historischen Roman auszeichnet!

Denn auch wenn mir eigentlich bewusst ist, dass Deutschland am Ende der Handlung in Polen einfallen wird, dass der Antisemitismus im Laufe des Jahres, in dem das Buch spielt, immer stärker zunimmt und auch einen Teil unserer Figuren treffen wird, dass Frauen zu der Zeit kaum etwas erlaubt wurde und sie nicht ernstgenommen wurden, hat es „Das verschlossene Zimmer“ geschafft, mich das beim Lesen alles vergessen zu lassen, wodurch ich von dem Geschehen nur noch mehr mitgenommen wurde. So paradox es klingt: Man kennt den Ausgang – und trotzdem hat man keinen Schimmer, wo einen das Buch hinführen wird.


Das liegt hauptsächlich an den beiden Protagonisten, die das Buch tragen, und die aufgrund der Art und Weise, auf die die Autorin ihnen Leben eingehaucht hat, dem Leser sehr vertraut werden.
Vor allem Marie ist mir sehr schnell ans Herz gewachsen. Sie ist vielleicht vor allem zu Beginn der Handlung eher naiv und blauäugig, aber die Entwicklung, die sie durchläuft, ist nicht nur beeindruckend, sondern zeigt, dass sie bereits von Anfang an eine sehr starke Person ist. Sie ist zwar naiv, aber nicht auf eine nervige, unglaubwürdige Art, sondern eben so, wie man als Siebzehnjährige ist. Sie wirkt echt und greifbar, man kann sich gut in sie hineinversetzen und ihre Handlungen nachvollziehen.

„‚Ich hoffe, dass ich so dumm bin wie Bohnenstroh, denn wenn ich das nicht bin, wenn ich so intelligent bin, wie ich glaube, dann könnte ich Menschen helfen – und Sie würden mir die Möglichkeit nehmen, das zu tun. Wie viele Menschen auf dieser Welt haben unnötig gelitten, obwohl eine Frau ihnen doch hätte helfen können? Wie viele sind bereits gestorben? Welchen Verlust haben wir der Menschheit zugefügt durch die Annahme, dass die nützlichsten Fähigkeiten der Frauen zwischen ihren Beinen liegen?‘“ (S. 382)

Dazu kommt, dass sie sehr intelligent ist und schnell merkt, wenn jemand sie hereinlegen möchte oder sie nicht ernst nimmt. Wie sie darauf reagiert und teilweise mit den Menschen spielt, bringt einen einerseits zum Lachen, andererseits ist es beeindruckend, wie stark sie angesichts des Sexismus und des fehlenden Respekts, mit dem ihr begegnet wird, bleibt und damit umgeht. Viele Männer versuchen, sie kleinzumachen, lachen oder ignorieren sie, doch Marie schafft es stets, die größere Person zu bleiben, und das fand ich toll.
Als Leserin wird man zuweilen wütend über die Art, wie mit Frauen umgegangen wird, wie sich der Antisemitismus und Ungerechtigkeiten verbreiten. Wie Marie damit umgeht, macht sie zu einer tollen Protagonistin, die man gerne begleitet.


Dominik ist dagegen ganz anders als Marie. Während sie offen und warmherzig ist, ihr Herz auf der Zunge trägt und jedem mit Freundlichkeit begegnet, bleibt Dominik lange sehr verschlossen. Er verbirgt offensichtlich ein sehr weitreichendes Geheimnis, das mit Maries Mutter zu tun hat, aber man kommt einfach nicht dahinter, worum es sich dabei handeln soll. Es sind einige Kapitel auch aus seiner Sicht geschrieben, was allerdings nicht dazu führt, dass man ihm auf die Schlichte kommt, im Gegenteil. Man stellt natürlich die ganze Zeit eigene Theorien auf, nur um dann zu erkennen, dass man auf dem Holzweg war – wenig später greift man diese Theorie, die man doch eigentlich verworfen hatte, dann jedoch wieder auf, weil Dominik etwas gesagt oder gedacht hat, was in diese Richtung deutet, aber dann passt es doch wieder alles nicht zusammen. Ihr seht: Dominik ist eine komplizierte Figur, die man bis zur Auflösung am Ende nicht durchblicken kann. Dann jedoch ergibt alles einen Sinn und man merkt, dass man vielleicht doch gar nicht so falsch gelegen hat mit den eigenen Vermutungen; das Gefühl, die Lösung zu kennen, hat man jedoch zu keinem Zeitpunkt, selbst, wenn sich hinterher herausstellt, dass es doch so gewesen ist.


Inhaltlich vermittelt die Autorin nicht unbedingt viel historisches „Wissen“, auch die politischen Geschehnisse zu der Zeit werden so gut wie gar nicht beleuchtet; im Fokus steht eben Maries Suche nach ihrer Mutter. Allerdings schafft es Givney, wie bereits angerissen, wunderbar, die Grundstimmung der Zeit auf subtile Weise einzufangen. Dadurch, dass man miterlebt, was sich die Bewohner Krakaus untereinander erzählen, wie sie vor allem mit ihren jüdischen Mitmenschen umgehen und wie sich dieser Umgang im Laufe des Buches verändert, bekommt man einen Eindruck davon, wie es gewesen sein muss, zu der Zeit zu leben.
„Das verschlossene Zimmer“ hat ruhigere und auch rasantere Szenen, aber jede davon vermittelt dem Leser einen Einblick in das Leben einer jungen Polin im Jahr 1939. Man ist während der gesamten knapp 550 Seiten im Krakau der späten 30er-Jahre gefangen und kann sich nur schwer lösen.


Fazit:
„Das verschlossene Zimmer“ ist mein erster historischer Roman seit einer ganzen Weile und mein erster seit noch längerer Zeit, der mich so sehr mitreißen konnte, vor allem emotional. Das Buch hat alles: eine der Zeit geschuldete eher bedrückende Grundstimmung, dennoch viel Humor und noch mehr Liebe, gleichzeitig lauter Ungerechtigkeiten in vielen Formen, die beim Lesen Wut und Entsetzen auslösen, aber unterm Strich vermittelt er vor allem Hoffnung. Das liegt insbesondere an der Protagonistin Marie, die nicht nur so sehr clever ist, sondern auch eine unheimlich hohe emotionale Intelligenz hat. Sie ist so naiv wie jedes siebzehnjährige Mädchen, aber dafür nicht weniger inspirierend und beeindruckend. Dass sie nach Marie Skłodowska (oder Marie Curie) benannt wurde, war sicherlich kein Zufall! 😉
Große Empfehlung für alle Fans historischer Romane und diejenigen Leser*innen unter euch, die sich gerne mal an ein historisches Buch wagen wollen!
5/5 Lesehasen.

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