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Veröffentlicht am 28.06.2021

Eine ehrliche, feministische Umsetzung des Mythos um die Amazonen

Die Götter müssen sterben
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Aufmachung:
Das Cover sieht super aus! Man sieht eine Amazone und im Hintergrund den Mond – beides ein Hinweis auf Artemis, die im Buch natürlich eine wesentliche Rolle spielt. Mir gefällt es auch besonders ...

Aufmachung:
Das Cover sieht super aus! Man sieht eine Amazone und im Hintergrund den Mond – beides ein Hinweis auf Artemis, die im Buch natürlich eine wesentliche Rolle spielt. Mir gefällt es auch besonders gut, dass nicht auf dem ersten Blick erkennbar ist, dass es sich bei dem Cover um ein gemaltes Bild handelt.
Der Titel passt ebenso gut. Zum einen wird er im Text erwähnt, zum anderen bekommt er durch den Inhalt auch mehrere tiefere Bedeutungen. Solche Momente mag ich sehr gerne!

Meine Meinung:
Ich habe mich riesig auf „Die Götter müssen sterben“ gefreut, immerhin geht es um die Amazonen, den Trojanischen Krieg und im Allgemeinen um griechische Mythologie. Genau mein Fall!
Bereits jetzt kann ich auch schon sagen, dass mir die Umsetzung an sich super gefallen hat, auch wenn mich das Buch im Ganzen nicht hundertprozentig abholen konnte.

Zunächst einmal gefällt mir Nora Bendzkos Take auf die Amazonen sehr gut! Historisch und mythologisch weiß man nicht besonders viel über die Amazonen und Vieles ist sehr stark umstritten. Bendzko hat Teile des Bekannten und des Mythos genommen und hat ihre ganz eigene Version der Amazonen geschaffen, die überzeugen kann.
Besonders gut hat mir dabei gefallen, dass die Autorin nichts beschönigt. Die Amazonen sind Kriegerinnen, die vom Kriegsgott Ares abstammen – und dementsprechend brutal, blutig und gewalttätig hat sie sie auch dargestellt. Gleichzeitig sind die Frauen nicht weniger menschlich, weshalb man trotzdem noch sehr gut mit ihnen sympathisieren und mitfühlen kann.
Vor allem aber ist dieses Buch und die Darstellung der Amazonen ein Paradebeispiel für feministische Literatur in der Fantasy! Selbst wenn mich nicht alle Aspekte des Buches überzeugen konnten – dadurch hat „Die Götter müssen sterben“ es geschafft, mich zu inspirieren, zu berühren und zu motivieren und alleine deshalb verdient das Buch einen besonderen Platz in meinem Regal.

„Abfall? Bei den Göttinnen, das warst du nie. Das ist keine Frau dieser Welt, und wenn es tausend Männer sagen.“ (S. 290)

Die Namen der einzelnen Amazonen (und auch der anderen Figuren) sind dabei zwar etwas schwierig zu merken und teilweise auch sehr ähnlich. Trotzdem erhält jede Figur einen eigenen Unterton im Schreibstil, sodass es einem sehr leichtfällt, sie voneinander zu unterscheiden. Das ist definitiv auch ein Pluspunkt, denn gerade bei so vielen Figuren ist das nicht selbstverständlich!

Dennoch würde ich sagen, dass ich „Die Götter müssen sterben“ niemandem empfehlen würde, der nicht wenigstens Grundlegendes über die Ilias, den Trojanischen Krieg und griechische Mythologie weiß, denn vieles wird hier beim Leser vorausgesetzt und nicht weiter erläutert. Das soll keine Kritik sein, im Gegenteil. Es wäre in meinen Augen eher unpassend, wenn die Autorin hier unnötig weit ausgeholt hätte, zumal der Fokus hier ja ganz offensichtlich auf den Amazonen liegt und der Trojanische Krieg, auch wenn er ein wesentlicher Auslöser für den ganzen Plot ist, eher im Hintergrund eine Rolle spielt. Vorwissen würde ich hier trotzdem voraussetzen, auch, weil es einem sonst mitunter nicht so leichtfällt, die einzelnen Figuren auseinander zu halten.

Im Übrigen hat mir auch die Darstellung der einzelnen Götter sehr gut gefallen. Ähnlich wie die Amazonen sind sie blutrünstig, brutal und manisch dargestellt – wie unsterbliche Götter eben. Auch hier hat die Autorin also nichts beschönigt oder „verniedlicht“.
Diese Ehrlichkeit und Ungefiltertheit ist der größte Pluspunkt des Buches und macht seinem Genre der Dark Fantasy alle Ehre.

Das klingt bis jetzt also alles sehr positiv und so habe ich das Buch durchaus auch wahrgenommen. Warum konnte „Die Götter müssen sterben“ mich also nicht völlig überzeugen?
Das kann ich leider auch nicht so wirklich beantworten. Ganz wesentlich liegt es daran, dass das Buch teils doch sehr langatmig ist. Nicht selten hatte ich bspw. das Gefühl, an die 200 Seiten gelesen zu haben, während es in Wahrheit bloß um die 50 waren. Ab und zu musste ich mich sogar regelrecht dazu überreden, weiterzulesen. Aber weshalb genau ich das Gefühl hatte, dass das Buch so zäh ist, kann ich nicht wirklich festmachen. Möglicherweise, weil der Schreibstil nicht meins war, vielleicht hätte ich mir auch ein paar mehr rasante Stellen gewünscht? Ich weiß es nicht zu 100 %, ich kann nur sagen, dass mich das Buch nicht so sehr gefesselt hat, wie ich es mir gewünscht habe.
Das ist natürlich jetzt extrem subjektiv, das ist mir bewusst. Deshalb werde ich dem Buch auch nur einen Punkt abziehen. Es hat eben alles richtig gemacht, was es richtig zu machen gibt, und ich habe keine handfesten Kritikpunkte. Der Funke ist bloß nicht übergesprungen, was vielleicht auch daran liegt, dass es möglicherweise nicht der richtige Zeitpunkt für mich gewesen ist.


Fazit:
„Die Götter müssen sterben“ ist eine große Empfehlung für alle Mythologie- oder Dark Fantasy-Fans, oder für Leute, die feministische oder queernormative Fantasy lesen wollen und kein Problem damit haben, wenn es etwas blutiger zugeht.
Nora Bendzko interpretiert den Mythos um die Amazonen neu und setzt ihn in überzeugender, greifbarer Weise um. Das Buch setzt Vorwissen über die griechische Mythologie, speziell über den trojanischen Krieg voraus, aber diejenigen, die gerne Bücher darüber lesen, werden hier ein paar interessante Lesestunden finden.
Ich habe keine objektive Kritik an „Die Götter müssen sterben“ zu äußern. Dennoch muss ich sagen, dass es mir zwischendurch leider zu zäh und zu anstrengend zu lesen war. Woran genau das gelegen hat, kann ich jedoch nicht sagen, es gibt keinen Anker im Buch, an dem ich dieses Gefühl festmachen könnte. Deshalb – weil das Buch also alles richtig gemacht hat, und es für mich möglicherweise nur der falsche Zeitpunkt war – werde ich dem Buch nur einen Punkt abziehen und empfehle es jedem, der sich für die Amazonen interessiert oder ein feministisches Buch lesen möchte.
4/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.06.2021

Mein Lieblingsbuch?! Oder auch: Warum Leigh Bardugo meine Queen ist.

Rule of Wolves
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Vielen lieben Dank an Knaur Fantasy für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das Cover ist natürlich wunderschön, wie ...

Vielen lieben Dank an Knaur Fantasy für das Rezensionsexemplar!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das Cover ist natürlich wunderschön, wie sollte es bei einem Buch aus dem Grishaverse auch anders sein. Nicht nur das hochwertige Design an sich mit dem glänzenden Cover und dem Farbschnitt, das hervorragend zu „King of Scars“ passt, sondern vor allem die kleinen Details auf dem Cover, wie der Baum, der Adler, der Drache, der Wolf und der Fuchs, die allesamt natürlich eine Bedeutung haben, machen das Buch zu einem Hingucker.
Auch der Titel passt unglaublich gut zum Inhalt (natürlich, was anderes kann man von Leigh Bardugo auch gar nicht erwarten) und ich bin sehr froh, dass der Verlag bei dieser Dilogie die Originaltitel behalten und nur deutsche Untertitel hinzugefügt hat.


Meine Meinung:
Da ich meine Rezension zu „Rule of Wolves“ auch eine Woche nach Beenden immer noch nicht wirklich angemessen in Notizen zusammenfassen konnte, habe ich Folgendes anhand der Stichpunkte (also Emojis), die ich mir beim Lesen aufgeschrieben habe, einfach mal runtergeschrieben.

Leigh Bardugo hat hiermit nämlich schlicht und einfach ein unglaubliches Meisterwerk geschaffen! Alleine der extreme Bookhangover, unter dem ich immer noch leide (xD), ist ja eigentlich schon Beweis genug dafür. Alle Grishafans werden hiermit einen auf jeder Linie gelungenen, dem Grishaverse würdigen Abschluss, finden, der aber gleichzeitig auch Hoffnung auf mehr macht!


Fangen wir an mit dem Schreibstil der Autorin, der auf dem ersten Blick eher unscheinbar, vielleicht sogar ein bisschen kompliziert oder gewöhnungsbedürftig ist.
Während die Grisha-Trilogie noch aus Alinas Sicht in der Ich-Perspektive geschrieben ist, sind alle anderen Bücher des Grishaverse – so auch „Rule of Wolves“ – aus den Perspektiven verschiedener Figuren geschrieben. Das gefällt mir vor allem deshalb so gut, weil das Grishaverse mit jedem Buch komplexer wird und man so den Überblick über die einzelnen Figuren und das Geschehen behält.
Dabei fällt positiv auf, dass Bardugo für jede Figur einen eigenen Unterton wählt – selbst wenn also die Namen nicht genannt würden, wüsste man leicht, aus wessen Sicht gerade erzählt wird.

Der Grund, aus dem die Autorin mittlerweile aber unbestreitbar zu meinen Lieblingsautor*innen zählt, ist jedoch ein ganz anderer: Die Frau ist ein absolutes Genie! Und zwar auf so subtile Weise, dass es mir erst im siebten Buch aufgefallen ist.
Was ich damit meine: Sie sagt SO VIELES zwischen den Zeilen, was sowohl für den Plot als auch für die Entwicklung der Figuren unheimlich von Bedeutung ist. Dadurch, dass dies allerdings höchstens nur angedeutet wird und man es sich selbst aus ein paar kleinen Wörtchen erschließen muss, erhält das, was sie damit sagt, so viel mehr Gewicht, als wenn sie sich in dieser Hinsicht deutlich ausgedrückt hätte. Das führt dann dazu, dass einem in vielen Fällen erst im Nachhinein (teilweise sogar noch Tage nach Beenden des Buches) auffällt, was sie mit wenigen Worten da angestellt hat.


Ich habe schon öfter gelesen, dass Viele Leighs Schreibstil wegen mangelnder Emotionalität zu den Figuren bemängeln, aber meiner Meinung nach wird durch dieses Talent der Autorin die Komplexität und Echtheit der Figuren nur umso deutlicher. Das hat in meinem Fall dann letztlich dazu geführt, dass ich fast schon eine ungesunde Beziehung zu den einzelnen Figuren aufgebaut habe. Ich muss mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass Nikolai, Zoya und Nina nicht echt sind!!! Und das macht mich traurig, ich wünschte, sie wären es. xD Kann man jemanden vermissen, den es gar nicht gibt?

Während ich den Zusammenhang zwischen Ninas Handlungsstrang in Fjerda und dem, was mit Nikolai und Zoya in Ravka passiert, in „King of Scars“ noch nicht so ganz gesehen habe, wird in „Rule of Wolves“ umso deutlicher, welch wichtige Rolle Nina im ganzen Geschehen hat – womit wir dann auch wieder bei dem Punkt wären, dass Leigh ein absolutes Genie ist.

Zwar war Nina bereits in „Das Lied der Krähen“ eine meiner Lieblingsfiguren, aber in dieser Dilogie, vor allem hier in „Rule of Wolves“ konnte sie noch einmal richtig unter Beweis stellen, wieso sie so eine eindrucksvolle, starke, inspirierende Protagonistin ist. Ich weiß nicht, ob ich Nina sein möchte oder sie gerne als Freundin hätte!
Dabei ist sie nicht nur die ganze Zeit tough oder lustig, sondern hat auch viele ernste Momente, in denen deutlich wird, wie jung sie eigentlich ist und dass sie eben nicht nur eine Heldin ist, der alles gelingt. Vor allem im Vergleich zu „Das Lied der Krähen“ wird deutlich, welch beeindruckende Entwicklung sie durchgemacht hat. Sie hat innerhalb einiger Monate so viel erlebt, an dem sie gewachsen ist, und die Person, die sie am Ende von „Rule of Wolves“ ist, ist eine größere, stärkere Version ihrer selbst, aber eben immer noch die Nina Zenik, die wir in „Das Lied der Krähen“ kennenlernen. Sie ist ganz einfach echt und deshalb kann man sich umso besser in sie hineinversetzen.

Was ich über Zoya schreiben soll, weiß ich gar nicht so wirklich. Auch sie ist eine beeindruckende, komplexe Figur, über die ich nur staunen kann – aber auf ganz andere Weise als Nina!
Bereits im dritten Band der Grisha-Trilogie, „Lodernde Schwingen“, hat sie sich als eine meiner Lieblingsfiguren des Grishaverse herausgestellt, was ich zu Beginn niemals gedacht hätte. Genau das beschreibt sie, denke ich, sehr gut. In ihr steckt so viel mehr, als man zunächst vermutet. Sie hat viele verborgene Schichten, die Leigh erst nach und nach aufdeckt. Gleichzeitig schafft sie es auch bei Zoya, dass sie echt bleibt und man nicht, je mehr man über sie erfährt, irgendwann das Gefühl bekommt, eine völlig andere Figur vor sich zu haben. Zoya ist wie ein Puzzle, das sich mit der Zeit immer weiter zusammensetzt und dessen Gesamtbild einen am Ende nur noch mehr beeindruckt. Ich kann Nikolai zu 100% verstehen.

Auch über ihn könnte ich eigentlich nur ein einziges Wort verlieren: LIEBLINGSFIGUR! Seit seinem ersten Auftritt in „Eisige Wellen“ bis hin zum letzten Satz in „Rule of Wolves“ (und darüber hinaus) ist er meine absolute Lieblingsfigur nicht nur im gesamten Grishaverse sondern überhaupt. Wie kann eine fiktive Figur so viel Macht und Charme haben, dass sie nicht nur innerhalb der fiktiven Welt jeden um den Finger wickelt, sondern auch darüber hinaus von ausnahmslos jedem Leser (jedenfalls ist mir noch nie eine Ausnahme untergekommen) auf Anhieb als Liebling erklärt wird? Ich könnte diesen Teil meiner Rezension mit Herzchen-Emojis füllen, das würde alles sagen.
Ich liebe seinen Verstand, seine Schlagfertigkeit, sein Selbstbewusstsein, seinen Humor, seine Bereitschaft, alles für sein Land und seine Lieben zu geben,

SPOILER ab hier:

UND VOR ALLEM LIEBE ICH SEINE LIEBE ZU ZOYA!!!!
Ganz im Ernst.
Bereits in „King of Scars“ hat sich abgezeichnet, dass sich zwischen Zoya und Nikolai eventuell was entwickeln könnte, aber da hätte ich niemals gedacht, dass ich ein Ship so sehr fühlen würde, wie es in „Rule of Wolves“ dann der Fall war. Ich habe alle meine Lieblings-Zoyalai-Stellen mit lila Post-Its markiert und jetzt habe ich keine lila Post-Its mehr.
Leigh hat die Beziehung der beiden einfach perfekt geschrieben! Jeder kleinste Satz, jede winzigste Andeutung löst ein Kribbeln aus – vor allem wiederkehrende Bilder wie die blaue Schleife oder „Wildblumen“ werde ich jetzt für immer mit Zoyalai verbinden. Gerade diese kleinen Details machen das Ship meiner Meinung nach aus, natürlich neben der Chemie zwischen den beiden Figuren. Aber das, was mir am besten an Zoyalai gefällt? Beide sind einander ebenbürtig, beide respektieren und wertschätzen einander. Das friends to lovers-Trope perfekt umgesetzt! Und zwar mit ganz viel slow burn und mutual pining. So sehr, dass es regelrecht süchtig macht, und dass man auf der letzten Seite einfach nicht akzeptieren will, dass es das jetzt schon mit den beiden gewesen sein soll. LEIGH, WO SIND MEINE FLUFF-SZENEN??? WO IST DOMESTIC ZOYALAI??? WO IST DIE VERFLUCHTE HOCHZEIT!?!?!?!!??!?!?!!!!

Spoiler Ende.

Joa, so viel dazu. Ich denke aber, dass die Beziehungen der Figuren untereinander niemals so gut funktionieren würden, wenn die einzelnen Figuren für sich jeweils nicht so mehrdimensional ausgeschrieben wären.

Das wiederum zeigt sich darin, dass auch die scheinbar unwichtigen Nebenfiguren alle eine wesentliche Bedeutung sowohl im Plot als auch für die anderen Figuren haben. Kaum eine Figur im gesamten Grishaverse ist nur dazu da, um die Seiten auszufüllen, jede hat ihren Platz. Womit wir wieder einmal bei Bardugos Genie wären.

Auch das ist mir allerdings erst im Nachhinein aufgefallen, und zwar, als ich in einer ganz bestimmten Szene für eine Figur, die mir bisher nie so wichtig war wie andere, beim Lesen ohne Übertreibung Rotz und Wasser geheult habe, und die mir auch Wochen später einfach nicht aus dem Kopf gehen will.

AB HIER MASSIVER SPOILER, unbedingt nur lesen, wenn ihr bereits wisst, worum es geht!!!!

Es geht natürlich um Davids Tod, den ich an sich schon niemals, NIEMALS kommen gesehen hätte, und bei dem ich auch niemals gedacht hätte, dass er mich so sehr mitnimmt.
Das liegt primär nicht mal nur an David selber, sondern vor allem an seiner Beziehung zu Genya und am Kontext, in dem das passiert ist: Seine eigene Hochzeit!!! Nachdem Genya noch so glücklich darüber war, dass er mit ihr getanzt hat!
Ehrlicherweise verstehe ich bis heute nicht, weshalb Leigh sich dazu entschieden hat (also schon, sonst hätte David den Raketenbau vermutlich nicht zugelassen), und ich werde ihr diesen Schritt auch NIEMALS in meinem Leben verzeihen. Niemals. Es tut so weh.

Spoiler Ende.

„Rule of Wolves“ ist also in jeder Hinsicht ein sehr emotionales Buch für mich.


Aber nicht nur bezüglich der Figuren hat Leigh Bardugo hier eine Meisterleistung hingelegt. „Rule of Wolves“ ist vor allem eine Fortsetzung (ich sage bewusst nicht Abschluss, because Verdrängungstaktik, ich weigere mich zu glauben, dass es das schon gewesen sein soll), die einem fiktiven Universum, das auch in Worldbuilding, Politik, Kultur und natürlich im Plot so komplex ist wie das Grishaverse, mehr als nur gerecht wird.

Im Krieg zwischen Ravka und Fjerda wird sehr stark deutlich, dass sich nicht nur die Protagonisten im Vergleich zu dem Zeitpunkt, als man ihnen zum ersten Mal begegnet ist, unglaublich weiterentwickelt haben, sondern auch die Welt an sich. Als Beispiel: Während des Bürgerkriegs in Ravka in der Grisha-Trilogie wurde primär noch mit Schwertern gekämpft und Pistolen waren eine neuere Erfindung. In „Rule of Wolves“ herrscht zwischen Ravka und Fjerda dagegen ein regelrechtes Wettrüsten und die beiden Länder bekämpfen sich mit Panzern und Raketen. Es wird deutlich, dass zwischen dem Anfang der Reihe und diesem Band ca. vier Jahre vergangen sind, in denen die Welt natürlich nicht stillgestanden ist. Nicht nur, dass dieser Aspekt wesentlich zur Komplexität sowie auch zur Realistik des Grishaverse beiträgt, vor allem hat mir auch die Parallele, die hier zum ersten Weltkrieg gezogen wird, und die moralischen Schwierigkeiten, die mit technischem Fortschritt einhergehen, sehr gut gefallen.
Wie auch schon bei den Figuren folgt die Entwicklung der gesamten Welt dabei logischen Konsequenzen, die sich aus allem bereits Geschehenen ergeben, wodurch die Verbindung zur Grisha-Trilogie und Krähen-Dilogie hergestellt wird.

Das wird noch unterstützt durch die vielen Hinweise auf vergangene Ereignisse oder bekannte Figuren, die sowohl dezent als Easter Eggs versteckt sind, als auch deutlich auf sie Bezug genommen wird.
Als Fan der Reihe kann man sich darüber natürlich sehr freuen, auch über die – ebenfalls sowohl nur angedeuteten als auch offensichtlicheren – Cameos geliebter Figuren aus den vergangenen Reihen.
In der Hinsicht verbindet „Rule of Wolves“ nicht nur alle Teile des Grishaverse miteinander, sondern ist gleichzeitig auch Fan Service, ohne an Authentizität zu verlieren. Wenn ich nicht so schlecht darin wäre, geliebte Figuren und Geschichten gehen zu lassen, würde ich „Rule of Wolves“ sogar als perfekten Abschluss des Grishaverse sehen.

Spoiler:
Aber nach dem letzten Satz ist die Wahrscheinlichkeit ja sehr groß, dass mindestens noch ein weiterer Krähen-Teil folgt.
Spoiler Ende.

Trotzdem bete ich zu Djel und allen Heiligen, dass sich Leigh Bardugo, solange ich lebe, niemals aus dem Grishaverse verabschieden wird.


Auch wenn ich noch ewig weiter über „Rule of Wolves“ schwärmen könnte, möchte ich diese nun jetzt doch schon sehr lange Rezension mit einem letzten Punkt abschließen:

Das Grishaverse im Allgemeinen, da allen voran natürlich die Krähen-Dilogie, aber auch die Nikolai-Dilogie, dabei vor allem „Rule of Wolves“ ist ein absolut wunderbares Positivbeispiel für Repräsentation. Zum einen natürlich, weil hier mit Ravka, Fjerda und Shu Han drei völlig verschiedene Länder mit unterschiedlichen politischen Systemen, Kulturen und Religionen aufeinandertreffen und sie alle gleich wesentliche Rollen in der Geschichte einnehmen, während keines für sich absolute Richtigkeit beanspruchen kann, oder im Vergleich zu den anderen verteufelt wird.

Zum anderen aber insbesondere, weil das Grishaverse queernormativ ist und bspw. mit Tamar Homosexualität und mit Nina Bi-/ Pansexualität SPOILER sowie mit Hanne Transsexualität Spoiler Ende wunderbar authentisch repräsentiert werden.
Auch dafür kann man Leigh nur lieben.


Da habe ich mich jetzt also auf über vier Seiten mal mehr, mal weniger objektiv über „Rule of Wolves“ ausgelassen, was ganz schön viel ist in Anbetracht dessen, dass ich eine Zeit lang mit dieser Rezension erheblich überfordert war (bin ich immer noch).
Mein Eindruck zu „Rule of Wolves“ ließe sich aber alternativ auch in folgenden sehr subjektiven zehn Punkten zusammenfassen:

1. WIESO IST NIKOLAI SO CUTE?!? Ein Simp ist er auch. Kann es ihm aber nicht verdenken.
2. Zoya = A Queen, I would bow to her.
3. Eine einzige, einfache blaue Schleife kann so viel mit einem anrichten. If you know, you know. Oder Wildblumen ♥
4. Warum sollte man glücklich sein wollen, wenn man Leigh Bardugo doch auch die Macht geben könnte, mit dem ersten Satz eines Kapitels das Herz in Stücke zu reißen? :D
5. Aber die Cameos altbekannter Figuren heilen das Herz wieder ein bisschen. (Nur ein bisschen. Ich habe dir nicht vergeben, Leigh!)
6. Leigh  Queen of friends to lovers, slow burn und mutual pining, a.k.a. MEIN HERZ!!!
7. Aber Leigh, wo ist der Rest? :)
8. Leigh  Queen of Parallelen und Metaphern
9. Leigh  Queen of Plottwists. 🤯
10. Zeigt mir ein anderes fiktives Universum, das sowohl hinsichtlich der Figuren als auch des Worldbuildings auch nur annähernd so komplex und durchdacht ist, wie das Grishaverse. I’ll wait.



Fazit:
Ich habe noch nie so lange für eine Rezension gebraucht, weil ich das Gelesene schlicht nicht angemessen in Worte fassen konnte, und ich habe, glaube ich, auch noch nie so viel über ein Buch geschrieben. Wenn das mal nicht dafür spricht, wie sehr ich „Rule of Wolves“ liebe, dann weiß ich auch nicht.
Trotzdem kann ich immer noch nicht behaupten, dass ich dem Buch mit meiner Rezension auch nur ansatzweise gerecht geworden bin. Es ist einfach in jeder Hinsicht perfekt und kann sich absolut gerechtfertigt einen würdigen (vorläufigen!!!) Abschluss des Grishaverse nennen.

Die Entwicklung, die sowohl die Welt an sich als auch die einzelnen Figuren seit Beginn der Grisha-Trilogie bzw. der Krähen-Dilogie durchgemacht haben, ist unvergleichlich und zeugt davon, wie wahnsinnig durchdacht die gesamte Reihe und was für ein Genie Leigh Bardugo ist.
Letzteres zeigt sich auch in den winzigen, dezenten Andeutungen, die sie über die gesamte Handlung verteilt immer mal wieder macht, deren Gewicht einem aber erst im Nachhinein auffällt.

Sie schafft es, dass man sich mit wenigen Worten in die Welt und die Figuren verliebt und sie am liebsten nie mehr zurücklassen möchte. Beim Lesen von „Rule of Wolves“ habe ich vermutlich mein gesamtes Emotionsspektrum ausgeschöpft und auch eine Woche nach Beenden hat mich das Gelesene noch nicht losgelassen.
Das liegt an der eben erwähnten Genialität der Autorin, aber auch an allen unvorhersehbaren Plottwists und natürlich an den Figuren. Oh, die Figuren! Nikolai und Zoya gehört mein Herz und ich möchte bitte noch ganz viel über die beiden (und natürlich alle anderen) lesen.

„Herzensbuch“ wird „Rule of Wolves“ nicht gerecht, 5/5 Lesehasen erst recht nicht. Ich würde es wohl eher als „Lebenshighlight“ bezeichnen und nicht mal das reicht aus, denke ich.

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Veröffentlicht am 06.06.2021

Bildgewaltige, epische Fantasy mit einem poetischen Schreibstil, der seinesgleichen sucht!

Das Lied der Nacht
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Vielen lieben Dank an den penhaligon-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das ...

Vielen lieben Dank an den penhaligon-Verlag und das Penguin Random House-Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das Cover wird dem Inhalt absolut gerecht. Es ist wunderschön, malerisch und gleichzeitig düster und mysteriös – genau wie der Schreibstil der Autorin. Besonders gut gefällt mir, dass man, legt man die Cover der Trilogie nebeneinander, ein zusammenhängendes Bild ergibt. Alleine deshalb schon werde ich mir die Folgebände definitiv zulegen!
Auch der Titel gefällt mir sehr gut. Er ist für ein Fantasyroman passend gewählt und findet auch inhaltliche Relevanz.
Eine Besonderheit: „Das Lied der Nacht“ ist mit digitalen Sonderinhalten ausgestattet, die man sich beim Lesen oder hinterher begleitend anschauen kann. Das ist natürlich nicht zwingend, aber eine schöne Ergänzung zum Leseerlebnis! 😊

Meine Meinung:
Meine Güte, ich weiß gar nicht, wie ich zu diesem Buch eine Rezension schreiben soll. Das ist vielleicht auch der Grund, weshalb ich jetzt so lange dafür gebraucht habe, denn ich bin irgendwie nie mit meinem Geschreibsel zufrieden. Worte werden diesem Meisterwerk einfach nicht gerecht!

Die größte Stärke dieses Buches ist ohne Frage der poetische Schreibstil der Autorin. Das Buch heißt „Das Lied der Nacht“, und während dieses Lied in der Geschichte eine sehr große Rolle spielt, ist auch das Buch selbst schon ein großartiges Lied (im übertragenden Sinne).
Um wirklich nachvollziehen zu können, weshalb der Stil Bernards so besonders ist, muss man das Buch eigentlich selbst gelesen haben, denn ich denke nicht, dass man das einem Außenstehenden begreifbar machen kann, wie die Autorin auf beeindruckende Weise malerisch und bildgewaltig die Geschichte rund um den Wanderer, die Bardin und die anderen zeichnet.
Ihre Worte sind poetisch und magisch, ihre Stilmittel kraftvoll, expressiv und tiefgründig. Vergleichbares habe ich noch nie gelesen!

Diese Besonderheit war für mich direkt schon im ersten Kapitel greifbar. Auch wenn ich anfangs noch nicht wirklich wusste, wohin diese Reise für mich gehen würde, war ich wegen des Schreibstils schon von Anfang an gefesselt. Generell ist die Art, wie Bernard hier schreibt, vor allem zu Beginn zwar eher schwer verständlich und vielleicht nicht auf Anhieb nachvollziehbar. Das liegt eben daran, dass sie sich vieler Mittel bedient, denen man sonst in Romanen eher nicht so häufig begegnet; bspw. wechselt sie häufig schnell die Perspektiven. Das ist unter Umständen nichts für ungeübte Fantasyleser bzw. man muss sich darauf einlassen. Aber wenn man dies zulässt und sich von dem Erzähler leiten lässt, merkt man, wie man sich schnell in der Geschichte verliert und wie einen das Buch berühren kann wie kein Zweites.

„Und sie wollte ihnen diese Ballade vorsingen, da es doch einen Trost darin zu finden gab, wenn Bücher verbrannt wurden: Es war der Beweis dafür, wie gefährlich Lieder und Geschichten sein konnten. Gefährlich für jene, die mordeten, töteten und anderen die Stimme raubten.
Und diese Ballade war der Beweis dafür, dass Geschichten nie ganz ausgelöscht werden konnten, Lieder niemals endgültig verklangen.
Es brauchte nicht mehr als eine kleine Melodie. Nicht mehr als einen Tropfen Tinte. Nicht mehr als eine mutige Stimme.“ (S. 177)

Hinzu kommt die originelle Idee mit den Schatten, dem Lied, den Lichtern und der Bedeutung von Furcht und Hoffnung in „Das Lied der Nacht“, die wirklich schön ausgearbeitet ist. Man weiß anfangs natürlich noch nicht allzu viel von dieser Welt und ihren Regeln, aber man wird darin nach und nach eingeführt, sodass es einem sehr leichtfällt, sich darin zurechtzufinden und sogar eigene Theorien aufzustellen. Vor allem der Aspekt, dass alles in „Das Lied der Nacht“ eine eigene Sprache spricht – nicht nur die Menschen, sondern auch das Feuer, die Tiere, das Wasser, … - konnte mich überzeugen!
Es ist ein Leichtes, sich in dem Königreich Schur und dem Abenteuer der Protagonisten zu verlieren. Gleichzeitig kritisiert die Autorin subtil, aber deutlich auch Probleme unserer Gesellschaft.
Das hat mir sehr gut gefallen und das macht meiner Meinung nach hervorragende High Fantasy aus!

„„Und so wählte er die stärkste Waffe, die ihm zur Verfügung stand. Er wählte die Furcht.“
[…]
„Oh ja, es ist eine schreckliche Kunst, wenn auch keine sonderlich feine. Furcht zu verbreiten ist nicht schwer. Es gelingt uns in jeder uns bekannten Sprache, solange sie menschlich ist, und vielleicht sogar in den Sprachen der Tiere.““ (S. 138f.)

Ebenso sind die einzelnen Protagonisten auf ihre Weise alle etwas Besonderes. Einerseits sind sie sehr märchenhaft und fantastisch, fast schon stilisiert dargestellt: So haben wir bspw. den Wanderer, die Bardin und den Eisernen Baron. Andererseits sind sie alle genauso menschlich und mehrdimensional. Ein jeder von ihnen hat es immer wieder geschafft, mich zu überraschen, zum Lachen zu bringen, oder mitzufühlen.
Einzig der Wanderer mit seiner Eigenschaft, stets den Helden spielen zu wollen, ohne die anderen mit einzubeziehen, hat mich ein wenig genervt. Aber ich denke, genau diesen Eindruck sollte er beim Leser auch machen, vielleicht sollte er hier den „typischen Helden“ in Fantasygeschichten porträtieren oder sogar karikieren? Jedenfalls erkennen die anderen Protagonisten diesen Hang des Wanderers und lassen ihn auch nicht unkommentiert. Deshalb kann ich das hier auch nicht wirklich negativ ankreiden. 😉

„„Halt die Klappe, Weyd“, brummte Bahr im Nachbarbett.
„Ich sage doch gar nichts.“
„Höre trotzdem, wie du grübelst.““ (S. 163)

Die einzelnen Kapitel sind mit jeweils mindestens 40 Seiten extrem lang, aber das merkt man irgendwann gar nicht mehr. „Das Lied der Nacht“ hat eine unglaublich hohe Plotdichte und ist von Anfang bis Ende spannend. Es konnte mich mit vielen Twists überraschen und die Gefahren, die von allen Seiten drohen, haben es mir schwergemacht, mich vom Buch zu lösen. Unterstützt wird das – und hier muss ich einfach den Kreis zu oben schließen – von dem hervorragenden Schreibstil, der durch die vielen Perspektivensprünge das Erzähltempo enorm anzieht.

Fazit:
Insgesamt kann ich „Das Lied der Nacht“ also so zusammenfassen: Es ist eine absolut epische, lyrische, bildgewaltige, starke Fantasy, die von Anfang bis Ende mit diesem besonderen Schreibstil, den man eigentlich gar nicht in Worte fassen kann, berührt.
Hinzu kommen die facettenreichen Figuren, die hohe Plotdichte, die fantastische Idee, die dahintersteckt, und die subtile Gesellschaftskritik, die mir nichts anderes übriglassen, als das Buch ein Highlight zu nennen. Die digitalen Sonderinhalte runden das Leseerlebnis ab.
5/5 Lesehasen.

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  • Erzählstil
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  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.05.2021

Angenehme Berieselung

Maybe Not Tonight
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Vielen lieben Dank an Knaur Romance für das Rezensionsexemplar!
Meine ehrliche Meinung wird davon selbstverständlich nicht beeinflusst.

Aufmachung:
Die Covergestaltung finde ich wirklich schön. Man sieht ...

Vielen lieben Dank an Knaur Romance für das Rezensionsexemplar!
Meine ehrliche Meinung wird davon selbstverständlich nicht beeinflusst.

Aufmachung:
Die Covergestaltung finde ich wirklich schön. Man sieht die Silhouetten der zwei Protagonisten auf einem Hochhausdach sitzen und über die Stadt Vancouver blicken, was sehr gut zum Inhalt passt. Was ich aber fast noch besser finde: Der Titel auf dem Cover sowie auf dem Buchrücken glitzern! :D
Auf dem Buchrücken ist auch eine kleine Prideflag abgebildet, was ich sehr süß finde und auch zur Reihe passt. Den Titel finde ich zwar ebenfalls schön, aber so ganz den Bezug zum Inhalt habe ich noch nicht herstellen können. Vielleicht bin ich in der Hinsicht aber bisher auch nur ein wenig blind.
„Maybe Not Tonight“ ist übrigens der zweite Teil der „Love is Queer“-Reihe, aber man braucht kein Vorwissen aus dem ersten Band.

Meine Meinung:
„Maybe Not Tonight“ kann in erster Linie mit seinem Schreibstil überzeugen. Er ist leicht und angenehm zu lesen und lässt sich super nachvollziehen, also genau das Richtige für eine Wohlfühl-Romance.

„@zerohand2000: Klingt es seltsam, wenn ich sage, dass ich genau verstehe, was du meinst? In meiner Familie ist vor Jahren auch ein Vulkan ausgebrochen. Meine Eltern versuchen heute noch, die Asche zu beseitigen, während es niemanden interessiert, dass meine Hände auch Feuer gefangen haben. Aber ich könnte sie trotzdem nie von mir stoßen. Das solltest du auch nicht. Du beschützt sie dadurch nicht, sondern verlierst sie nur.“ (S. 244)

Die Protagonisten hingegen konnten mich nicht ganz so sehr begeistern, auch wenn das jetzt wieder negativer klingt, als es eigentlich gemeint ist. Es ist nämlich nicht so, dass sie mir irgendwie unsympathisch waren oder dass ich mich nicht in sie hineinversetzen konnte, das trifft beides nicht zu. Allerdings konnte ich trotzdem keine tiefere emotionale Bindung, wenn man das so nennen will, zu ihnen aufbauen. Dabei fiel mir das bei Luke, dem Hauptprotagonisten, sogar noch ein wenig schwerer als bei Jackson.

Das liegt vermutlich daran, dass sie beide – wie auch die Nebenfiguren, dazu gleich mehr – nichts an sich haben, was sie in irgendeiner Weise besonders oder erinnerungswürdig macht, im Gegenteil: Sie lassen sich gut in Schubladen stecken, sind also stark klischeebehaftet. Jackson nimmt da die Rolle des bisexuellen Jungen ein, der ein Aufreißer ist und mit jedem schläft. Luke ist der schwule Theaterjunge mit zwei besten Freundinnen und einem Troye Sivan-Poster an der Wand. Manche mögen das jetzt vielleicht sogar fast schon als bi-/ homophob auslegen, weil hier eben so stark mit Klischees gespielt wird, aber das habe ich persönlich nicht so wahrgenommen. Sie haben beide aber jedenfalls keine eigene Persönlichkeit, ich hätte mir da etwas mehr Individualität gewünscht.

Ähnliches gilt für die Nebenfiguren, die zwar allesamt unterhaltsam und sympathisch, vor allem Ava und Lou auch sehr süß sind, aber sich insgesamt jeweils nicht besonders hervorheben. Tatsächlich könnte ich mittlerweile, drei Tage nach Beenden des Buches, bei manchen Szenen nicht mehr zweifelsfrei sagen, ob sie mit Ava oder Lou stattgefunden haben. Auch die anderen Nebenfiguren, vor allem die aus Lukes Theaterkurs, kann man schwer auseinanderhalten.

Hinsichtlich des Inhalts wird ebenfalls sehr viel mit Klischees gespielt, vor allem werden auch alle möglichen Harry Potter- bzw. Drarry-Referenzen stark ausgereizt.
Natürlich kommt man im New Adult-Romance-Genre selten um Klischees herum, teilweise gehört es ja schon fast zum guten Ton, dass damit gespielt wird. Hier war es mir an manchen Stellen aber dann doch ein bisschen zu viel.

Daraus folgte dann nämlich auch, dass die gesamte Handlung sehr vorhersehbar war. Bereits nach wenigen Seiten zeichnen sich die meisten Konflikte sowie deren Lösungen schon ab, und auch das Ende des Buches ist sehr schnell erkennbar. Dadurch überraschen einen die „Plottwists“ natürlich gar nicht mehr und der Geschichte wird die Spannung genommen. Das wiederum hat dann zur Folge, dass das Buch einen nicht so in die Handlung ziehen kann und man ist nicht so „invested“ in die Geschichte.

Insgesamt heißt das aber trotzdem nicht, dass ich mit „Maybe Not Tonight“ gar keinen Spaß hatte, im Gegenteil. Trotz aller Klischees und Vorhersehbarkeit gibt es durchaus einige Stellen, die spannend waren oder die mich zum Lachen bringen konnten, wenn auch nicht mit der erhofften Intensität. Man wird also durchaus so gut unterhalten, dass man „Maybe Not Tonight“ bspw. gut abends zum Entspannen lesen oder nebenbei als Hörbuch hören kann. Man darf eben nur nicht zu viel erwarten.


Fazit:
Zusammenfassend bedeutet das für „Maybe Not Tonight“, dass es ganz solide New Adult-Romance ist, die zwar vor Klischees nur so strotzt, insbesondere hinsichtlich ihrer LGBTQ+-Figuren; da dann aber vielleicht sogar schon so stark, dass es je nach Ansicht als bi-/ homophob wahrgenommen werden könnte. Diesen Eindruck hatte ich allerdings nicht! Wollte das nur nochmal gesagt haben.
Dadurch werden aber jedenfalls nicht nur die Figuren etwas konturenlos, vor allem das Buch wird sehr vorhersehbar.
Nichtsdestotrotz kann „Maybe Not Tonight“ gut unterhalten und eignet sich mit dem leichten, schönen Schreibstil der Autorin gut, um sich zwischendurch von einer harmlosen Geschichte berieseln zu lassen.
3/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 26.05.2021

Hervorragende Umsetzung einer düsteren Märchenadaption

Narrenkrone
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Vielen lieben Dank an Knaur Fantasy für das Rezensionsexemplar!
Das ändert selbstverständlich nichts an meiner ehrlichen Meinung.

Aufmachung:
Wie auch schon beim Auftakt gefällt mir das Cover hier wirklich ...

Vielen lieben Dank an Knaur Fantasy für das Rezensionsexemplar!
Das ändert selbstverständlich nichts an meiner ehrlichen Meinung.

Aufmachung:
Wie auch schon beim Auftakt gefällt mir das Cover hier wirklich gut. Es hat starke Ähnlichkeit zum Cover von „Dornenthron“, aber unterscheidet sich in den Details wesentlich. Inhaltlich macht das sehr viel Sinn, aber um Spoiler zu vermeiden, werde ich darauf jetzt mal nicht weiter eingehen. 😉
Auch der Titel ist absolut passend gewählt. Den Eindruck hatte ich schon am Anfang des Buches, aber jetzt nach Beenden finde ich ihn einfach nur genial.

Meine Meinung:
Nach dem Cliffhanger von Band 1 war dieses Buch eines DER Bücher, auf die ich in diesem Jahr hingefiebert habe, und meine Erwartungen wurden mehr als nur erfüllt!

Was „Dornenthron“ bereits besonders ausgemacht hat und was sich in „Narrenkrone“ bestätigt, ist, dass es sich hierbei nicht bloß um ein weiteres Retelling altbekannter Märchen (insbesondere Dornröschen) handelt. Nicht nur, weil der Autor sich in dieser Dilogie gleich mehrerer Märchen bedient hat, sondern vor allem auch, weil er eine völlig neue Geschichte geschaffen hat, ohne den Bezug zu den Märchen zu verlieren. Man erkennt die einzelnen Aspekte der jeweiligen Ursprünge sofort wieder, aber gleichzeitig steht die Geschichte rund um das Königreich Lathien auf eigenen Beinen. Dabei gelingt es dem Autor hervorragend, eigene Ideen sowie die einzelnen Märchen untereinander zu verbinden, sodass sich alles super und sinnvoll zusammenfügt.

Obwohl mich „Dornenthron“ schon sehr begeistern konnte, habe ich in meiner Rezension einen halben Punkt abgezogen, weil der Einstieg – wenn auch notwendig – doch sehr lang war. Das lag daran, dass natürlich zunächst einmal in die Welt eingeführt werden musste. Das ist hier logischerweise nicht mehr notwendig.
„Narrenkrone“ knüpft direkt an das Ende von „Dornenthron“ an und es geht entsprechend spannend los. Zwar konnte ich mich vor Beginn kaum noch an den Inhalt von Band 1 erinnern (dass ich es gelesen habe, ist immerhin schon mehr als ein Jahr her), aber sobald ich einmal losgelegt habe, war es, als hätte ich nie mit dem Lesen aufgehört. Obwohl der Autor hier auf Wiederholungen dessen, was im Auftakt geschehen ist, verzichtet, habe ich mich beim Lesen ohne Probleme wieder an das Geschehene erinnert. Ich denke, das spricht für die Qualität des Plots. 😉

Dadurch kann „Narrenkrone“ also schon direkt spannend losgehen, und das einmal erreichte Spannungsniveau steigert sich mit fortlaufender Handlung stetig weiter. Actionreiche (Kampf-)Szenen wechseln sich mit eher ruhigeren, aber nicht minder spannenden Szenen, in denen Ränke geschmiedet werden und seitens des Autors viel Zukünftiges angedeutet wird, ab. Man stellt eigene Theorien auf, wo alles hinführen könnte, ob die Hecke schließlich fällt, oder ob und wenn ja, wem es gelingen wird, die Kaiserkrone zu beanspruchen.

Unterstützt wird das durch die verschiedenen Sichtweisen der Protagonisten, die alle ihr eigenes Motiv haben, die Hecke zu durchqueren. Man weiß nicht so recht, mit wem man jetzt mitfiebern will, da man sich in alle Figuren gut hineinversetzen kann und irgendwie jedem den Sieg gönnt.
Dass man so also keinen richtigen Favoriten hat, sorgt wesentlich dafür, dass man sich nicht so recht einen Reim darauf machen kann, wie der Autor die ganzen Konflikte zum Ende hin auflösen wird. Bis zum Schluss hat man also keine Ahnung davon, was passieren wird; „Narrenthron“ ist von vorne bis hinten unvorhersehbar und das zeugt meiner Meinung nach von einem unglaublich dichten, gut durchdachten Plot.
Am Ende läuft dann alles zusammen, und wenn man beim Lesen noch dachte, dass man die Zusammenhänge alle versteht, fällt einem erst nach Beenden auf, wie verstrickt alles in Wahrheit miteinander ist.

Wie bereits erwähnt, wird die Dilogie von mehreren Protagonisten getragen, die allesamt auf ihre Weise glaubwürdig und menschlich sind. Sie sind nicht ohne Fehler und zeigen – manche stärker als andere – dem Leser auch menschliche Abgründe auf, wie es für ein Märchen eben auch typisch ist.
Die interessanteste Figur ist in meinen Augen jedoch der Narr, und zwar deshalb, weil man bis zum Schluss nicht so wirklich herausfindet, was er plant. Zwar versteht man ihn im Laufe der Handlung immer besser, aber dennoch verhält er sich oft widersprüchlich und man kann ihn nicht so richtig durchschauen. Er ist eine unglaublich spannende Figur, die einen aber auch zum Lachen bringt oder nachdenklich stimmt.

Wie schon in „Dornenthron“ werden der hervorragende Plot und die vielschichtigen Charaktere von dem düsteren, märchenhaften Schreibstil Kochs gekrönt, der ab dem ersten Wort fesselt und Ycena sowie seine Bewohner erst richtig zum Leben erweckt.


Fazit:
„Narrenkrone“ ist also die Fortsetzung und der Abschluss einer düsteren, spannenden Dilogie, die wie ihr Vorgänger vor allem mit seinen Figuren, einem komplexen Worldbuilding sowie einem geheimnisvollen Schreibstil überzeugt, und bei der man erst nach dem Lesen merkt, wie viel wirklich dahintersteckt.
Anders als der Auftakt weist „Narrenkrone“ keine Längen auf und man fliegt nur so durch die Seiten. Insgesamt erhält man mit dieser Dilogie eine düstere Zusammenführung und Neufassung bekannter Märchen, die zusammen eine eigenständige, spannende Geschichte mit hoher Plotdichte bilden. Als Märchenfan findet man viele Anspielungen auf die unterschiedlichsten Märchen, über die man sich freuen kann, und auch allen anderen Fantasy-Fans kann ich die Dilogie nur wärmstens weiterempfehlen!
5/5 Lesehasen.


„„Ich wusste nicht, dass Frauen das können“, brummte Bullus.
„Was?“, fragte Anthia. „Leute aufhängen?“
Bullus nickte.
„Doch“, sagte sie. „Können sie.“
Hinter den Männern grinste eine alte Bäuerin mit eingefallenen Wangen.“ (S. 99)

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