Eine wunderbar gezeichnete Familiengeschichte und der Titel des Buches steht für einen Teil davon
Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues KleidDieses Buch ist ein kleines literarisches Juwel und das sieht man ihm erst einmal gar nicht an. Der Titel auf dem Cover steht für das Besondere und das ist wahr, für Eleganz und ein kleines bisschen Vornehmheit, ...
Dieses Buch ist ein kleines literarisches Juwel und das sieht man ihm erst einmal gar nicht an. Der Titel auf dem Cover steht für das Besondere und das ist wahr, für Eleganz und ein kleines bisschen Vornehmheit, auch das ist hier zu finden, aber was immer wir uns sonst so dabei gedacht haben, diese Geschichte ist ganz anders, nämlich eine mit großer Formulierkunst geschriebene Familiengeschichte, über mehrere Generationen hinweg. Und natürlich spielt der Nationalsozialismus, der 2. Weltkrieg und dann später die "Wiedergutmachung" eine entscheidende Rolle dabei, aber, und das ist die ganz große Kunst dieses Romans, dies alles gehört, fein eingebunden, einfach mit dazu zu einem größeren Ganzen.
Ein bisschen etwas sollte man vielleicht erzählen zu den beiden Hauptpersonen, die diese Geschichte tragen. Da ist einmal die 90-jährige Evelyn, die Tochter der Frau, mit der, für uns Leser, Anfang des 20. Jahrhunderts alles beginnt und sozusagen auf der anderen Seite, erst auf dem Weg hinein in ein Leben, findet sich Hannah. Sie promoviert gerade in Germanistik, ist aber ansonsten etwas perspektivlos in die Welt schauend unterwegs. Die Enkelin und die Großmutter und sonst ist niemand mehr da von der Familie. Durch Zufall erfährt Hannah, dass Evelyn von einer Kanzlei kontaktiert wurde, es scheint um Kunstwerke aus einem jüdischen Nachlass zu gehen. Aber ihre Großmutter will nichts davon wissen und auch sonst will sie Hannah nicht an der Geschichte ihres ereignisreichen Lebens teilhaben lassen, obwohl dies ja gewissermaßen auch Hannahs Geschichte ist. Irgendwie fühlt die junge Frau, dass sie sich nun selbst aufmachen muss, um ihre eigenen Wurzeln zu ergründen, dass dies geradezu existenziell ist, dafür, mit diesem Fundament unter ihren Füßen, endlich fähig zu sein, 'ihren Weg' zu gehen. Und das tut sie dann auch und dieser Weg ist lang und ziemlich steinig. Aber es lohnt sich, ihm zu folgen, für Hannah selbst und für uns Leser auch, denn diese Geschichte ist einfach 'richtig gut' und hat das Prädikat 'Literatur' mehr wie verdient.