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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.09.2018

Pubertät in gehobenen Kreisen und ein Augenzwinkern mit dazu.

Wie ich fälschte, log und Gutes tat
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Der fast 16-jährige Benni, mit Eltern aus gehobenen Kreisen und zwei Einser-Schwestern, die in Boston studieren, ist selbst nicht so der schulische Überflieger. Aber was macht das schon, schließlich ist ...

Der fast 16-jährige Benni, mit Eltern aus gehobenen Kreisen und zwei Einser-Schwestern, die in Boston studieren, ist selbst nicht so der schulische Überflieger. Aber was macht das schon, schließlich ist er mitten in der Pubertät und vorwiegend damit beschäftigt, mit seinen Freunden Vince und Prechtl auszuprobieren, was geht. Bei Drogen, Alkohol und Sex liegt ihr Hauptinteresse und für die Kleinstadt-HighSociety, in der sie sich bewegen, wird ganz nach deren Vorbild, gefälscht und gelogen, wo immer es geht. Und so stehen auf dem Papier gute Noten und ordentlich 'Kleingeld' fällt auch noch dabei ab. Dazu kommen sportliche Meriten im Tennis und so ist doch alles paletti, denn der Schein wird gewahrt und darin sind die Erwachsenen um ihn herum sowieso Weltmeister. Benni ist kein schlechter Kerl, im Gegenteil, eigentlich erfüllt er nur Erwartungen und tut und macht, damit es für alle passt, bei seinen Eltern und deren 'Freunden', in ihrer oberflächlichen Schickimickiwelt.
Die Geschichte trieft geradezu vor Klischees, aber das macht absolut gar nichts. Denn das Augenzwinkern, mit dem wir Leser die Geschehnisse begleiten (sollen), liefert einen sehr unterhaltsamen Roman, zum Spaß haben und um sich vielleicht zu denken, die eigene Bodenhaftung ist gar nicht so schlecht.

Veröffentlicht am 25.09.2018

Die Realität der RAF-Zeit, ein beeindruckender Thriller.

Die letzte Terroristin
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Sandra unterstützt die RAF und hat beschlossen, sich aktiv an der Rebellion gegen die Symbole dieses zu stürzenden Staates zu beteiligen. Dazu zählt die Welt der Banken und auch die Treuhand, mit Hans ...

Sandra unterstützt die RAF und hat beschlossen, sich aktiv an der Rebellion gegen die Symbole dieses zu stürzenden Staates zu beteiligen. Dazu zählt die Welt der Banken und auch die Treuhand, mit Hans Georg Dahlmann an ihrer Spitze. Die RAF plant ihn zu liquidieren und Sandra ist dazu auserkoren, ihm nahe zu kommen. Es gelingt ihr, als Dahlmanns Assistentin eingestellt zu werden, denn sie ist eine Studienfreundin seiner Tochter. Das BKA hat nach der Ermordung des Bankers Doktor Ernst Wegener durch die RAF Kenntnis davon erhalten, das Dahlmann der nächste auf der Liste ist. Aber auf die Idee, das die Gefahr im nächsten Umfeld des Treuhandchefs zu suchen ist, drauf kommt niemand.
Ein absolut außergewöhnlicher Thriller, Fiktion verwebt mit den realen terroristischen Aktionen der RAF zu Beginn der 1990er Jahre. Diese Mischung schockiert, lässt einen kalte Schauer den Rücken hinunter laufen und wenn man diese Zeit miterlebt hat, ist plötzlich alles wieder da, hautnah. Die Angst und die Fassungslosigkeit, zu sehen, wie der Staat von der RAF fast schon in die Knie gezwungen wird, zumindest hatte man zeitweise dieses Empfinden, das alles macht dieser Roman wieder lebendig. Und für all jene, die diese Zeit noch nicht bewusst miterlebt haben, ist es jüngste Geschichte, erzählt, wie es kein Geschichtsbuch leisten kann.
Dieses Buch sollte man gelesen haben, auf jeden Fall.

Veröffentlicht am 24.09.2018

Ein verzweifelter Weggegangener und sein suchender Freund im Geiste.

Der Narr und seine Maschine
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Tabor Süden, der ehemalige Polizist von der Vermisstenstelle, der Privatdetektiv, der sich immer wieder von Neuem auf die Suche macht, dieser Süden steht am Bahnhof und will eigentlich gehen, irgendwohin, ...

Tabor Süden, der ehemalige Polizist von der Vermisstenstelle, der Privatdetektiv, der sich immer wieder von Neuem auf die Suche macht, dieser Süden steht am Bahnhof und will eigentlich gehen, irgendwohin, einfach davon. Doch seine Chefin hat ihn aufgestöbert und ihm von einem neuen Fall erzählt, seinem Fall, wenn er denn bereit ist, ihn anzunehmen und Tabor Süden sagt ja und bleibt. Ein früher recht bekannter Krimiautor, von dem Süden selbst einiges gelesen hat, ist aus dem Hotel, in dem er seit vielen Jahren lebt und dass zu seinem Zuhause geworden ist, weggegangen und nicht wieder aufgetaucht. Die Angestellten, allesamt mit der Zeit zu ihn verehrenden Freunden geworden, sind entsetzt und verzweifelt. Ihre Hoffnung, Tabor Süden, der Privatdetektiv, der jeden findet.
Das dünne Büchlein, mehr Novelle als Krimi, trägt eine Geschichte zwischen seinen Buchdeckeln, die Geschichte eines Vermissten und seines ihn Suchenden. Zwei Menschen, die sich in ihren Gedanken sehr nahe sind und die sich immer näher kommen, bis sie schließlich aufeinander treffen und ein kurzes pas de deux erleben. Und dann ist der Tanz zu Ende.
Das Buch ist außergewöhnlich, in seiner Erzählstruktur, seinen Charakteren, den tiefen Einblicken in deren Seelen, die der Autor uns Lesern bietet. Aber es lohnt sich, sich darauf einzulassen.und es ist eine Geschichte, die nachwirkt, in einem selbst.

Veröffentlicht am 18.09.2018

Die Kunst und eine Vater-Sohn-Beziehung, die es in sich hat.

Die Gesichter
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Bavinsky, ein absoluter Ausnahmekünstler ist nicht nur bei seiner Kunst zu keinen Kompromissen bereit. Er kennt auch in seinen Beziehungen inkl. mehrerer Ehen und bei seinen zahlreichen Kinder keine Rücksichtnahme, ...

Bavinsky, ein absoluter Ausnahmekünstler ist nicht nur bei seiner Kunst zu keinen Kompromissen bereit. Er kennt auch in seinen Beziehungen inkl. mehrerer Ehen und bei seinen zahlreichen Kinder keine Rücksichtnahme, echtes Familienleben ist nicht gewollt, es gibt kein Bemühen, ein guter Vater zu sein. In seiner Aura 'verglüht alles andere', keiner bekommt die Chance, aus dessen Schatten herauszutreten und in seinem Leben etwas eigenes Großes zu gestalten. Das bekommen sowohl seine Frau Natalie, die durchaus künstlerische Ambitionen hatte, wie auch sein Sohn Pinch mit aller Härte zu spüren. Gerade Pinch, der seinen Vater abgöttisch liebt und ihn bewundert, beginnt selbst schon sehr früh mit dem Malen, versteckt die Bilder aber vor seinem Künstlervater. Als er dann meint, 'gut genug zu sein', wagt er es, seine Gemälde seinem Vater zu zeigen. Doch dieser wischt seine Hoffnung auf Anerkennung und Ermutigung mit einem einzigen Satz weg. Am Boden zerstört, verlässt Pinch das väterliche Umfeld, sieht die Kunst für sich als gestorben an und bestreitet sein Leben fortan als Italienischlehrer, freudlos und in einer Art Blase, einfach so dahin lebend, ohne wirklich lebendig zu sein. Doch dann stirbt Bavinsky und Pinch empfindet Trauer, fühlt sich aber gleichzeitig irgendwie befreit. Nun hat er die Chance, seine Träume und Begabungen umzusetzen und doch noch jemand zu werden, sein eigenes echtes Leben zu leben. Und genau das geschieht dann auch, in einer Weise, wie man es vielleicht nicht gedacht hätte.
Mich hat diese Geschichte mit seinen Menschen von Anfang an gepackt, was vor allem der außergewöhnlichen Erzählkunst des Autors zu verdanken ist, dem es gelungen ist, aus dieser Konfliktthematik heraus, ein intensives emotional sehr berührendes Meisterwerk zu schaffen. Man sieht Bavinsky, diesen großen Künstler vor sich , seine Genialität in der Kunst und die gleichzeitige brachiale emotionale Gewalt und das vollständige Versagen seinem privaten Umfeld gegenüber. Und man ist so nahe dran, wenn der Sohn leidet und verzweifelt versucht, einen Weg zwischen der ersehnten Nähe zu seinem Vater und seinen eigenen Träumen zu finden und dabei scheitert.
Absolut beeindruckend, dieses Buch. Es würde ihm gebühren, viel Aufmerksamkeit in der Welt des Lesens zu bekommen. Ein Lesemuss für jeden, der, neben der Geschichte selbst, die Kunst der Wortbeschreibung zu schätzen weiß.

Veröffentlicht am 16.09.2018

Eine zufällige Zweckfreundschaft, die zwei sehr ungleichen Frauen zu Hilfe kommt.

Zwei unter einem Schirm
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Zwei Frauen, zwei sehr unterschiedliche Leben. Da ist einmal Lotta. Mitte 20, beruflich nicht sehr glücklich, spielt sie jeden Donnerstag Lotto, hofft auf den großen Gewinn und schwärmt nebenbei insgeheim ...

Zwei Frauen, zwei sehr unterschiedliche Leben. Da ist einmal Lotta. Mitte 20, beruflich nicht sehr glücklich, spielt sie jeden Donnerstag Lotto, hofft auf den großen Gewinn und schwärmt nebenbei insgeheim für den Mann, der ihr die Lose verkauft. Und tatsächlich, ein Lottogewinn macht sie zur Millionärin und nun würde einem Leben, das sie wirklich erfüllt, eigentlich nichts mehr im Wege stehen. Doch die unsichere Frau wendet sich von ihren bisherigen Freunden ab, kündigt ihren Job und umgibt sich mit Menschen, die nur ihre Nähe suchen, weil sie ja nun reich ist. Langsam rinnt ihr das gewonnene Geld durch die Finger und endlich merkt sie, das sie von ihrer Umgebung nur ausgenutzt wird. Glück kann man sich nicht kaufen und das einzige, was bleibt, ist der Alkohol.
Und dann gibt es da Gülcan. Sie lebt in Istanbul, liebt ihren Job als Fremdenführerin und ist eigentlich sehr zufrieden mit ihrem Leben. Aber ihre Eltern drängen sie zu heiraten. Sie wird mehr oder weniger gezwungen, Cemil zu ehelichen und zu ihm nach Salzburg zu ziehen. Dort erwartet sie, entgegen Cemils Versprechungen, nur eine kleine Wohnung, in der sie nun mit ihrem Mann, dessen traditioneller Mutter und dem dementen Vater leben muss. Statt der erhofften Ausbildung muss Gülcan im Schnellimbiss ihres Mannes mitarbeiten und schon bald kommt es auch zu ehelicher Gewalt. Gülcan beschließt, dieses Leben zu verlassen, steigt in einen Zug,der nach Wien fährt und trifft dort auf Lotta, genau so verzweifelt wie sie selbst und auf der Suche.
Lange braucht die Handlung dieses Romans, bis die Frauen dann aufeinander treffen. Zuvor pendelt die Geschichte zwischen den schon sehr interessant und durchaus Empathie erzeugenden Leben der beiden Hauptpersonen, wobei gerade Gülcans Geschichte doch etwas ins Hintertreffen gerät.
Ich habe den Roman sehr gerne gelesen. Gerade die gegen die allgemeinen Klischees herausgearbeiteten Charaktere der beiden Frauen waren sehr gut und mit viel schriftstellerischen Können herausgearbeitet und auch die Zweckfreundschaft, die da aus der Not heraus entstanden ist, hat mich in ihrer Authentizität überzeugt. Ein kleiner Minuspunkt ist sicherlich, das die durch den Titel und die inhaltlichen Vorgaben erzielten Erwartungen der Leser, so nur sehr bedingt dem Inhalt der Geschichte entsprach. Warum dies so angelegt wurde, weiß ich nicht. Die tatsächliche Handlung muss sich keinesfalls verstecken.

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