Vielfältig und manchmal ein bisschen schräg
Viral. BlutrauschMark Benecke ist mir bereits vor einigen Jahren auf der Leipziger Buchmesse aufgefallen. Ein sympathischer Mensch mit großem Wissen, der offen und freundlich auf die Menschen zu geht, die ihm begegnen. ...
Mark Benecke ist mir bereits vor einigen Jahren auf der Leipziger Buchmesse aufgefallen. Ein sympathischer Mensch mit großem Wissen, der offen und freundlich auf die Menschen zu geht, die ihm begegnen. Auch einen Vortrag über Blut habe ich von ihm bereits besucht und war erstaunt, was man zum Beispiel aus der Form und Beschaffenheit eines Bluttropfens alles für Informationen ziehen kann. So war es für mich nur eine Frage der Zeit, wann Mark Benecke selbst einen Krimi zu Papier bringt. Immerhin verfügt er als Kriminalbiologe und Wirbellosenkundler über enormes Fachwissen. Auch seine Tätigkeit als rechtsmedizinischer-kriminalistischer Gutachter bringen vielfältige Themen mit sich, die förmlich danach schreien verwendet zu werden.
Vermutlich ist es genau dieser wissenschaftliche Blickwinkel, der auch seinen Schreibstil prägt. Relativ sachlich und neutral, fast schnörkellos, startet dieses Buch. Ist dies ein männlicher Schreibstil oder eher ein Schreibstil eines Wissenschaftlers? Sicherlich gibt es einige Krimiautoren, die mit mehr „Drumherum“ arbeiten. Es wird sich hier nicht viel mit Beschreibungen aufgehalten, die nicht relevant sind für die Handlung. Anfänglich war ich irritiert davon, dass die Kommissarin einfach aufsteht, sich Bluse und Hose anzieht und sich auf in den Einsatz begibt. Da würden manche literarische Kollegen die Szene, allein was das Anziehen von Unterwäsche etc. angeht, etwas mehr ausschmücken.
Auch gab es anfänglich viele Namen, die man sich einprägen musste. Da auf diese Personen viel Wert gelegt wurde, war mir klar, dies bleibt kein Einzelband, hier wird eine Reihe mit einem Potpourri an Ermittlern aus allen Bereichen zusammengestellt. (Das wird auch im Nachwort bestätigt. Juhu!)
Doch wen haben wir da so versammelt: Hauptkommissarin Christine Peterson und ihre Kollegin Alina Brinkmeier. Die eine ein alter Hase, die andere ein Frischling mit Ambitionen hoch 3. Hinzukommen der Exbulle Bastian Becker, der mit Janina Funke als privater Ermittler der Polizei zur Verfügung steht. Er hat ein ordentliches Päckchen Vergangenheit mit sich herumzutragen und hält von Regeln schon mal gar nichts. Sein bester Freund aus Schulzeiten ist der Journalist Oliver Schneider, der ordentlich was zu tun bekommt. Denn der Schneewittchenmörder drapiert Frauenleichen blutleer in der Stadt.
Medien und auch die Öffentlichkeit machen Druck auf die Polizei und auch der Innenminister fordert zeitnahe Ergebnisse.
Der Aspekt der öffentlichen Wahrnehmung, Verschwörungstheorien und die verzerrten Kriminalitätswahrnehmung sorgen hier für besondere Stimmung. Man kann die Energie einer aufgebrachten Bevölkerung regelrecht spüren. Traurig, dass dieses Buch hier so nah an der Realität ist. Eine Stimmung, die ich bisher nur bei Andreas Winkelmann in „Die Karte“ vorgefunden habe.
Die Stimmung erinnert mich auch an „Crime Noir“ und ist vielfältig und manchmal ein bisschen schräg. Eingeweihte erkennen, dass in der Pathologie Rammstein gespielt wird („Stirb nicht vor mir“ – Ich hab das Lied gleich mal angemacht). Was Realvampirismus mit Schneewittchen zu tun hat, solltet ihr unbedingt selbst herausfinden. Ich vergebe wegen der leichten Einstiegsschwierigkeiten 4,5 von 5 Punkten, bin aber gespannt, wann und wie es mit diesen abwechslungsreichen Verbrecherjägern weiter geht.