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Veröffentlicht am 25.09.2024

Zwei Schwestern und ein Bär lassen mich ratlos zurück

Cascadia
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Sam und Elena leben gemeinsam mit ihrer todkranken Mutter im Norden der USA auf einer kleinen Insel in ärmlichen Verhältnissen. Der Traum der beiden Schwestern ist es, nach dem Tod der Mutter das Haus ...

Sam und Elena leben gemeinsam mit ihrer todkranken Mutter im Norden der USA auf einer kleinen Insel in ärmlichen Verhältnissen. Der Traum der beiden Schwestern ist es, nach dem Tod der Mutter das Haus und Grundstück zu verkaufen und mit dem Geld ein neues Leben außerhalb der Insel anzufangen. Es wird eines Tages ein Bär gesichtet und als die beiden Schwestern ihn direkt vor ihrem Haus sehen, bekommen sie es zuerst mit der Angst zu tun. Der Bär kreuzt fortan nun immer wieder die Wege der Schwestern. Während Sam sich fürchtet und den Bären so schnell es geht loswerden möchte, ist Elena seltsam fasziniert von dem Tier, das einen unerklärlichen Reiz auf sie ausübt. Es gibt immer wieder Streitigkeiten zwischen den Schwestern, die am Ende eskalieren.

Ich habe mich sehr schwer getan, eine Rezension zu schreiben und das Buch im Gesamten zu bewerten. Das Cover ist toll gestaltet und wird mit dem rosa Himmel und den dunklen Bäumen einerseits stimmig und harmonisch, anderseits auch mystisch und geheimnisvoll.
Das Buch beinhaltet keine Kapitel und keine Zeitangaben, was es mir schwer gemacht hat, dem Ganzen zu folgen. Die Geschichte wird aus Sams Sicht geschrieben, jedoch nicht aus der Ich-Perspektive. Vielleicht hätte die abwechselnde Sicht von Sam und Elena oder anderen Personen geholfen, die Entwicklungen und Gefühle der einzelnen Personen besser einzuordnen.
Das Setting und die Atmosphäre werden sehr gut und eindrücklich beschrieben. Julia Phillips versteht es, eine einerseits heitere und harmonische Stimmung zu schaffen, die im Verlauf jedoch immer mehr verdrängt wird von Geheimnissen und Düsterheit.
Für mich ist es schwierig, das Buch einem Genre einzuordnen. Der Vergleich zum Märchen "Schneeweißchen und Rosenrot" liegt nah, da die Autorin auch einen kleinen Auszug aus diesem Märchen vorne in das Buch einbringt.

Es ist ein Buch, dass man nach dem Lesen erstmal zur Seite legen muss um noch darüber nachzudenken. Mich hat das Ende leider nicht abgeholt, generell ist die Handlung eher langatmig und der Schluss wirkte auf mich eher konstruiert. Vielleicht ist es aber auch genau das, was die Autorin beschreiben möchte: ein modernes Märchen, überspitzt dargestellt, seltsam anmutend und mit Elementen aus vielen Genres. Auch die klassischen Märchen bedienen Klischees und sind meist realitätsfern geschrieben. Je mehr ich über die Geschichte und die Charaktere in "Cascadia" nachdenke, desto eher kann ich der Geschichte etwas abgewinnen.

Alles in allem ist es es ein Buch, das etwas ganz Anderes ist, als das, was man normalerweise liest und das macht auch den Charme aus. Von mir eine Empfehlung an alle, die mal etwas Außergewöhnliches lesen möchten, das einem noch lange im Kopf bleibt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.09.2024

Seichter Auftakt einer Cosy Crime-Reihe mit Luft nach oben

Nuss und Schluss. Ein Hansel & Pretzel Krimi
4

Die deutsche Auswanderin Linn Sommer zieht nach einer gescheiterten Ehe ins beschauliche Örtchen Kitchener-Waterloo in Kanada. Doch der Schein der Idylle trügt: an ihrem ersten Arbeitstag in einer deutschen ...

Die deutsche Auswanderin Linn Sommer zieht nach einer gescheiterten Ehe ins beschauliche Örtchen Kitchener-Waterloo in Kanada. Doch der Schein der Idylle trügt: an ihrem ersten Arbeitstag in einer deutschen Bäckerei findet sie eine Leiche hinter dem Haus. Die unbeliebte Stadträtin Sydney Stark ist tot, neben ihr liegt eine Nussecke. Sofort geraten die Besitzer der Bäckerei Marianne und Rainer in Verdacht. Linns Ermittlungsinstinkt ist geweckt und sie ermittelt auf eigene Faust. Beim Ermitteln stößt sie außerdem auf zwei Männer, die ihr Interesse wecken.

Mich hat das Cover direkt angesprochen, es vermittelt einerseits gut die Idylle in der Kleinstadt, verrät aber auf den zweiten Blick auch anhand des blutigen Messers, dass es um einen Mord geht. Direkt zu Beginn gibt es eine Auflistung und kurze Beschreibung der einzelnen Charaktere im Buch als Übersicht, was ich sehr gut als Orientierung finde. Auch der Einstieg fällt einem als Leser leicht, man ist direkt in der Geschichte drin, als Linn die Leiche findet. Das Buch ist aus ihrer Sicht geschrieben. Man erfährt so viel über ihre Gefühlslage und Eindrücke, jedoch bleibt auch alles sehr subjektiv. Vielleicht hätte mir ein außenstehender Erzähler hier besser gefallen.
Linn ist einem sympathisch, sie ist oft tollpatschig und unbedarft, hilft aber auch, wo sie kann und ist bemüht, den wahren Mörder Sydneys zu finden. Oft hat mich aber auch ihre Art in Bezug auf Männer genervt. Sie ist Single und gerade frisch getrennt, deshalb setzt anscheinend ihr Verstand komplett aus, sobald sie ein männliches Wesen sieht, das ihr zusagt. Das war mir oft zu viel des Guten.
Das Setting und die Kleinstadt an sich werden gut beschrieben, auch über die Charaktere erfährt man Einiges. Aber z.B. ihre Mitbewohner waren mir zu gewollt unterschiedlich und deshalb wirkten sie oft unglaubwürdig und überzogen. Zudem gibt es aufgrund von Sydneys Unbeliebtheit mehr als viele Verdächtige, für mich ein paar zu viel, da sich für fast jeden ein Motiv und einige Indizien finden lassen.
Das Ende konnte mich leider nicht überzeugen, für mich mutete es zu unrealistisch an.
Positiv allerdings sind die Rezepte auf den letzten Seiten, die man Nachbacken kann, sehr passend zum Thema der Bäckerei.

Alles in allem ein Cosy Crime, der sich gut weg lesen lässt, ich hätte mir allerdings mehr Tiefe der Figuren gewünscht und einige Dinge waren für mich unrealistisch und überzogen dargestellt. Da es jedoch noch mehr Teile der "Hansel & Pretzel" Reihe geben wird, wird auf Einiges vielleicht in den Folgebänden näher eingegangen. Fans von locker-leichtem Cosy Crime werden bei dem Krimi sicher auf ihre Kosten kommen.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
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  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 02.09.2024

Eine Freundschaft zwischen zwei Außenseiterinnen

Alte Sorten
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Sally steht kurz vor dem Abitur und will eigentlich nur eines: in Ruhe gelassen werden. Die Regeln und Verbote ihrer Eltern und der Gesellschaft gehen ihr gegen den Strich, sie fühlt sich schnell bevormundet ...

Sally steht kurz vor dem Abitur und will eigentlich nur eines: in Ruhe gelassen werden. Die Regeln und Verbote ihrer Eltern und der Gesellschaft gehen ihr gegen den Strich, sie fühlt sich schnell bevormundet und in die Ecke gedrängt, gerade wegen ihres Aussehens. Sie ist gerade in einer Klinik für Essstörungen als sie abhaut. Dem gegenüber steht Liss, 50 Jahre alt, die auf einem Hof mitten auf dem Land allein wohnt. Sie führt doch ein einfaches Leben und bewirtschaftet den Hof fast komplett allein. Wie Sally fühlt auch sie sich von Menschen genervt und bevormundet, sodass sie lieber allein bleibt und den Kontakt zu Menschen meidet. So unterschiedlich die Frauen auf den ersten Blick auch sind, finden sie doch zusammen, als Sally auf ihrer Flucht auf Liss trifft und diese sie auf unbestimmte Zeit bei sich aufnimmt. Sally hilft ihr dafür auf dem Hof. Die beiden Frauen merken, dass es doch nicht verkehrt ist, Beziehungen zu anderen zu haben, aber sie wissen auch, dass sie nicht ewig zusammen wohnen können, denn Sally wird bereits gesucht.

Ich hatte zuvor noch nichts von Ewald Arenz gelesen. Da das Buch sehr gelobt wurde, waren meine Erwartungen sehr hoch und konnten nur teilweise erfüllt werden.
Es ist ein stiller Roman, der keine besonderen Höhepunkte hat und mehr vor sich hin plätschert. Auch die Handlung ist vorhersehbar. Ich denke aber, dass genau das viele Leser mögen.
Vor allem haben mir die vielen Naturbeschreibungen gefallen und die Atmosphäre, die der Autor hier erzeugt. Man findet sich immer in der jeweiligen Situation wieder, da alles gut und genau beschrieben wird. Man erfährt einiges über das Landleben und die Arbeit dort, z.B. die Kartoffelernte, das Brot backen oder wie man Schnaps brennt. An manchen Stellen waren mir die Tätigkeiten aber auch etwas zu detailliert, da ansonsten der Roman eher keine Spannung aufgebaut wird und auch die Handlung eher träge ist. Die Hintergründe der beiden Frauen, warum sie so geworden sind und lieber allein bleiben, werden erst im letzten Drittel angerissen. Für meinen Geschmack hätte man das noch weiter ausführen können. Die beiden Figuren wirkten die meiste Zeit unnahbar und undurchsichtig.

"Alte Sorten" ist ein netter Roman, der sprachlich und handwerklich gut gearbeitet ist, aber inhaltlich noch Luft nach oben hat. Wer gerne Geschichten über das Landleben und die Natur liest, ist mit dem Buch sicher gut bedient.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.08.2024

Zwischen Märchen und Horror - sehr ungewöhnlich

Der Fluch des Hasen
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Bora Chung lässt in insgesamt zehn Kurzgeschichten die Grenzen von Realität und Wahnsinn verschwimmen. Die Geschichten sind alle völlig unterschiedlich und unterschiedlich lang. Sie haben aber alle gemeinsam, ...

Bora Chung lässt in insgesamt zehn Kurzgeschichten die Grenzen von Realität und Wahnsinn verschwimmen. Die Geschichten sind alle völlig unterschiedlich und unterschiedlich lang. Sie haben aber alle gemeinsam, mehr als grotesk, mystisch und extrem zu sein.
Man möchte gar nicht so viel von den einzelnen Geschichten erzählen, weil man die Geschichten selbst lesen muss, es ist nicht einfach, die Geschichten, geschweige denn das ganze Buch einem Genre einzuordnen. Es ist ganz anders als andere Kurzgeschichtenbücher, die man normalerweise liest.
Der Schreibstil ist angenehm und einfach zu lesen. Mich hat jedoch nicht jede Geschichte überzeugt und abgeholt, gerade die erste schreckt einen ab wegen ihrer Horror-Elemente. Auch die Reihenfolge hätte ich deswegen vielleicht geändert.

Nichtsdestotrotz hat Bora Chung ein außergewöhnliches Werk geschaffen, das man gelesen haben sollte, wenn man Geschichten mag, in denen Menschen in Extremsituationen gezeigt werden und die Grenzen zwischen Realität und Wahnsinn verschwimmen.

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Moralisches Gedankenkarussell

Die Rassistin
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Nora Rischer ist Dozentin für Germanistik, Mitte vierzig und zu Beginn der Geschichte gerade zur Behandlung in einer Kinderwunschpraxis. Sie erhält eine E-Mail, in der ein Rassismus-Vorwurf an ihrer Universität ...

Nora Rischer ist Dozentin für Germanistik, Mitte vierzig und zu Beginn der Geschichte gerade zur Behandlung in einer Kinderwunschpraxis. Sie erhält eine E-Mail, in der ein Rassismus-Vorwurf an ihrer Universität im Raum steht. Sie fühlt sich sofort, auch wenn die Mail an alle Professoren gerichtet ist, angesprochen und erinnert sich an einen Vorfall mit ausländischen Studenten, den sie vor einiger Zeit in einer ihrer Vorlesung hatte. Sofort beginnt sich ihr Gedankenkarussell zu drehen und sie findet sich schnell in einem persönlichen Dilemma wieder.

Aufgrund des Covers hätte ich eine andere Geschichte erwartet. Auch der Klappentext hörte sich sehr interessant an, mich konnte die Geschichte jedoch nicht völlig abholen.
Das Besondere an dem Buch ist der Erzählstil: es wird ein Monolog im Kopf der Protagonistin wieder gegeben, in dem sie sowohl ihre Sicht der Dinge erörtert als auch andere fiktive Beobachter zu Wort kommen lässt. Immer wieder sind auch Aussagen ihres Umfelds eingebaut, beispielsweise ihrer Lebensgefährtin, ihrer Kollegen oder der Studierenden.
Es wird eine Fülle an Themen wie Rassismus, Alltagsdiskriminierung und Frauenfeindlichkeit behandelt, mir war es oft zu viel des Guten und hat mich verwirrt und überladen zurück gelassen. Die Handlung und auch die Gedanken der Protagonistin sind sprunghaft, oft erschien es mühsam, dem Ganzen zu folgen.
Aus der Geschichte trieft geradezu der schwarze Humor und die Ironie, dies wird sprachlich gekonnt umgesetzt und die tiefgründige Bedeutung ist immer gut herauszulesen.
Die Idee des Buches finde ich sehr gut, weil es etwas ganz Anderes als das ist, was man normalerweise im Romanbereich liest. Auch sprachlich kann ich dem Ganzen etwas abgewinnen, aber es ist auch nicht wirklich meins, weil es oft mühsam zu lesen war.

Trotz einiger Schwachstellen kann man das Buch gut lesen, man muss sich an den Schreibstil jedoch erst gewöhnen. Empfehlenswert ist es für alle, die mal etwas anderes lesen wollen mit viel schwarzem Humor und einem einzigartigen Schreibstil.

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