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Veröffentlicht am 11.04.2019

Die Töchter Arenas

Eine eigene Zukunft
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Meiner Ansicht nach ist der Titel der deutschen Übersetzung - Eine eigene Zukunft – ein Fehlgriff. Nimmt man es wörtlich, so ist es nichtssagend, denn jeder Mensch hat seine eigene Zukunft. Nimmt man es ...

Meiner Ansicht nach ist der Titel der deutschen Übersetzung - Eine eigene Zukunft – ein Fehlgriff. Nimmt man es wörtlich, so ist es nichtssagend, denn jeder Mensch hat seine eigene Zukunft. Nimmt man es sinngemäß, so geht es in dem Text doch kaum um die eigene Zukunft der drei Töchter. Sie folgen mit ihrer Mutter eher unfreiwillig dem Vater nach New York. Dort fügen sie sich wieder mehr unfreiwillig seinen Plänen. Als der Capitan plötzlich stirbt, müssen die Frauen etwas tun. Doch was sie tun, entspringt gar nicht so sehr ihrer eigenen Initiative, abgesehen mal von der Idee mit dem Nachtclub. Sie werden getrieben von den Personen und Ereignissen ihrer Umwelt, und sie lassen sich eher treiben als dass sie sich durchsetzen und eigene Wege gehen. Sie kamen mir ängstlich und schüchtern vor und standen sich oft selbst im Weg. Vieles wirkt von außen auf sei ein, und sie machen sich nicht einmal die Mühe, die neue Sprache zu erlernen. Wer eigene Wege in einem fremden Land gehen möchte, sollte sich möglichst schnell mit der Landessprache vertraut machen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Victoria stürzt sich in eine Beziehung mit einem Mann, den sie nicht liebt. Mona steht zwischen zwei Männern und weiß nicht so recht, wie sie damit umgehen soll. Und Luz verfällt den Versprechungen eines windigen Kerls, der ihr so gar nicht gut tut. Die Mädchen wirken naiv in ihren Handlungen und keineswegs wie starke Frauen. Stark sind sie bestenfalls im Erdulden von Rückschlägen. Von der Mutter will ich hier gar nicht reden, die kommt noch aus einer anderen Welt und kann sich den geänderten Verhältnissen nicht anpassen. Die Töchter aber müssen sich anpassen. Das geschieht auch, aber das erfährt der Leser erst am Ende des Buches.
Maria Duenas hat einen wunderbaren Erzählstil. Sie beschreibt Personen und Situationen, manche Leser mögen es zu ausschweifend finden, aber es ist immer sehr lebendig, bildhaft und vorstellbar. Ja, man lernt Personen kennen, die kaum zu Geschichte gehören, und doch haben sie ja alle ihre eigene Geschichte. Ich fand es interessant, auch davon etwas zu erfahren.
Die Geschichte an sich hat mir gut gefallen. Man erfährt viel über die Sorgen und Nöte der Immigranten in New York zur damaligen Zeit. Es gibt viele Probleme, aber es gibt auch die Solidarität und das Mitgefühl der Nachbarn und Landsleute.
Den Titel des Buches hätte man aber besser aus dem Spanischen übernommen. „Las hijas del Capitan“ oder „Die Töchter Arenas“ wäre meiner Meinung nach treffender gewesen. Es ist ja die Geschichte der Töchter. Junge schüchterne und naive Mädchen, die durch ihre Erfahrungen mit Männern und mit den Ereignissen langsam aufwachen und sich am Ende dann doch noch zu starken Persönlichkeiten entwickeln.

Veröffentlicht am 01.04.2019

Die Geschichte von Edith und Yves

Madame Piaf und das Lied der Liebe
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„Es kommt nicht darauf an, dem Leben mehr Jahre zu geben, sondern den Jahren mehr Leben.“ Dieser Spruch fällt mir ein, wenn ich an das Leben von Edith Piaf denke. Sie hatte ohne Frage eine schwere Kindheit ...

„Es kommt nicht darauf an, dem Leben mehr Jahre zu geben, sondern den Jahren mehr Leben.“ Dieser Spruch fällt mir ein, wenn ich an das Leben von Edith Piaf denke. Sie hatte ohne Frage eine schwere Kindheit und ein nur kurzes Leben, denn sie wurde nur 47 Jahre alt. Und doch war ihr Leben intensiv, voller Leidenschaft und Dramatik, wie man es sich als Betrachter kaum vorstellen kann. Das wird auch in diesem Roman deutlich, der nur einen kleinen Ausschnitt eines bewegten Lebens wiedergibt. Eben die Geschichte von Edith und Yves. Die bewegende Geschichte einer Liebe ohne Happy End. Vermutlich gab es einige solcher Geschichten im Leben von Edith Piaf, denn ihr werden zahlreiche Liebschaften nachgesagt. Und die ganz große Liebe war es wohl auch nicht, wie wir aus dem Nachwort der Autorin erfahren. Aber es war eine intensive Beziehung zwischen den beiden, Edith hat Yves Montand quasi ausgebildet, ihm eine Menge beigebracht. Sie hatte großen Anteil daran, dass aus ihm ein Star wurde. Ihre Leidenschaft aber galt in erster Linie immer der Musik, sie lebte die Musik. Und sie hat viele andere Stars beeinflusst, Aznavour, Chevalier, Moustaki – um nur einige zu nennen. Edith Piaf weilte nur kurz auf dieser Welt, aber ihre Lieder sind für die Ewigkeit.
Der Roman lässt den Leser eintauchen in die Welt der Edith Piaf, ein kurzes Stück auf ihrem Weg, der Beginn ihres großen Erfolgs. Die Liebesgeschichte von Edith und Yves ist schön zu lesen, es ist ein Roman und keine Biographie. Das Nachwort von Michelle Marly halte ich daher für wichtig und für gut.Meiner Ansicht nach hätte die Autorin die Story etwas spannender gestalten können, es war mit ein wenig zu seicht, selbst für eine Liebesgeschichte. Aber das ist natürlich nur ein subjektiver Eindruck. Insgesamt ein schönes Leseerlebnis, besonders für Freunde und Fans von Edith Piaf oder/und Yves Montand.

Veröffentlicht am 14.03.2019

Fiktion und Mahnung

Die Reinsten
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Eine gut durchdachte Vision von unserer Zukunft. Es geht um nichts weniger als um das Überleben der Menschheit. Auf den ersten hundert Seiten erfahren wir, wie das Leben im 22. Jahrhundert funktioniert. ...

Eine gut durchdachte Vision von unserer Zukunft. Es geht um nichts weniger als um das Überleben der Menschheit. Auf den ersten hundert Seiten erfahren wir, wie das Leben im 22. Jahrhundert funktioniert. Die Klimaerwärmung hat große Teile der Erde unbewohnbar gemacht. In geschützten Gebieten leben ausgewählte Menschen unter Kuppeln, die das Leben erträglich machen. Die Reinsten sind eine geistige Elite, sie haben viele Privilegien und arbeiten überwiegend als Wissenschaftler. Die Angepassten fügen sich problemlos in die bestehende Ordnung ein. Die Degradierten sind meist Angepasste, die sich nicht mehr einfügen wollen, sie werden aus den privilegierten Zonen ausgestossen. Und die Kolonisten leben ausserhalb der geschützten Zonen und müssen sehen, wie sie zurecht kommen. Aber alles spielt sich unter der Kontrolle einer KI ab, die man Askit nennt. Über Gehirnimplantate steuert Askit die Ausbildung, die Kommunikation und sogar die Befindlichkeit der Menschen. Die Reinsten können direkt mit der KI kommunizieren, sie werden aber auch regelmäßigen Prüfungen unterzogen. Eve Legrand hat den höchsten Score der Reinsten, sie ist schon als Kind mit Askit verbunden gewesen. Nur sehr wenige Menschen stellen die Funktionsweise dieses Systems in Frage. Eve tut das ganz bestimmt nicht. Um so mehr überraschte es sie, dass sie eines Tages aus unerfindlichen Gründen aus der geschützten Zone fliehen muss.
Der Autor erklärt im ersten Viertel des Buches das System. Ganz bestimmt mit viel Sachverstand, doch für den Leser nicht immer ganz einfach nachzuvollziehen. Richtig spannend wird die Geschichte erst, als Eve aus Paradise flüchten muss. Da nimmt die Handlung Fahrt auf und bleibt spannend bis zur letzten Seite. Das Thema Klimawandel und Erderwärmung ist natürlich hochaktuell. Der Autor beschreibt hier sehr drastisch, was passieren könnte, wenn die Menschen nicht schnell wirksame Maßnahmen ergreifen. Und er beschreibt - nicht unrealistisch - die Unfähigkeit der verantwortlichen Politiker, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.
Diese Geschichte ist nicht nur ein Roman, sie ist auch eine Warnung vor den Folgen der Untätigkeit. Das finde ich sehr wichtig.
Leichte Abstriche muss ich machen bei einigen Dialogen. Da war für mich nicht sofort erkennbar, wer was gesagt hat. Vielleicht hätte man, wenn Eve mit Askit spricht, nur die Antworten von Askit kursiv setzen sollen und nicht den ganzen Dialog. Das wäre aus meiner Sicht klarer gewesen.
Auch eine ganze Reihe von Druckfehlern sind mir aufgefallen, das sollte eigentlich nicht so vorkommen.
Die Story an sich ist schlüssig, gut durchdacht und zu drei Vierteln ziemlich spannend. Vor allem aber ist sie nicht nur Fiktion, sondern auch Mahnung an uns Leser, dass wir alle etwas tun können, und dass wir jetzt etwas tun müssen. Denn wir alle sind verantwortlich für die Zukunft dieses Planeten. Das können wir nicht abschieben auf Algorithmen und künstliche Intelligenzen. Die können sehr hilfreich sein, aber wir dürfen uns niemals von ihnen beherrschen lassen.

Normalerweise würde ich für dieses Buch aufgrund der erwähnten Abstriche und einiger Längen im ersten Teil "nur" vier Sterne vergeben. Da ich das Thema aber für sehr wichtig halte und Thore Hansen die Problematik sehr gut dargestellt hat, vergebe ich fünf Sterne. Diese Geschichte sollte man wirklich lesen!

Veröffentlicht am 07.03.2019

Kann noch was werden

Das gefälschte Siegel
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Das gefälschte Siegel von Maja Ilisch, Band 1 der Neraval-Sage, Auftakt zu einer neuen Fantasy-Reihe. Neraval, das ist Land, Stadt und Burg - der Ausgangspunkt dieser Geschichte. Hier leben die vier Gefährten, ...

Das gefälschte Siegel von Maja Ilisch, Band 1 der Neraval-Sage, Auftakt zu einer neuen Fantasy-Reihe. Neraval, das ist Land, Stadt und Burg - der Ausgangspunkt dieser Geschichte. Hier leben die vier Gefährten, die sich zu einer gefährlichen Reise aufmachen, um festzustellen, ob ein böser Dämon noch in der Schriftrolle ist, in. die er vor rund tausend Jahren von einer Zauberin gebannt wurde. Die Gefährten sind Tymur, ein Prinz aus dem Hause Damarel, der jetzigen Herrscherfamilie, fünfter Sohn des Königs. Kevron, ein überängstllicher Fälscher, der ständig von Selbstzweifeln und von seiner Trunksucht geplagt wird. Enidin, eine überaus selbstverliebte und etwas arrogante Magierin. Und Lorcan, ein ehemaliger Steinernder Wächter, dessen Aufgabe es war, die gefährliche Schriftrolle zu bewachen.
Kevron stellt fest, dass das Siegel der Schriftrolle gefälscht wurde. Nun weiß niemand, ob der Dämon noch in der Rolle ist, oder ob er schon längst entkommen konnte. Um das festzustellen, benötigt man die Hilfe der Alfeyn-Zauberin Ililiane, sie hatte einst diese Rolle angefertigt und den Dämon gebannt. Da die Alfeyn unsterblich sind, hoffen die Gefährten, sie im Nebelreich zu finden. Auf dem Weg dorthin erleben sie einige Abenteuer.
Die Charaktere sind alles andere als Sympathieträger. Jeder hat mit seinen ganz eigenen Problemen zu kämpfen. Prinz Tymur kam mir von Anfang an sehr eigenartig vor, Kevron wirkt überängstlich und ist weder betrunken noch nüchtern zu ertragen, Enidin ist zu sehr von sich überzeugt, wirkt herablassend und unfreundlich und Lorcan ist besessen von seiner Loyalität zu Tymur, in den er verliebt ist. Das Geschehen wird in den Kapiteln abwechselnd aus den Sichtweisen von Kevron, Lorcan und Enidin beschrieben. Die jeweiligen Probleme der drei Personen werden meiner Ansicht nach etwas zu ausführlich dargestellt. Die Handlung verliert dadurch mitunter ein wenig an Spannung. Das Ende kam für mich nicht überraschend, ich hatte etwas in der Art vermutet. Auf jeden Fall möchte man danach schon wissen wie es weiter geht. Insgesamt ein mittelspannender Auftakt zu einer interessanten Geschichte, die sich noch entwickeln muss. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung.

Veröffentlicht am 01.03.2019

Spannend bis zur letzten Seite

1793
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Ein historischer Krimi der besonderen Art. Wir schreiben das Jahr 1793. Die grausam zugerichtete und verstümmelte Leiche eines jungen Mannes wird im Abwassertümpel vom Stockholm gefunden. Geborgen wird ...

Ein historischer Krimi der besonderen Art. Wir schreiben das Jahr 1793. Die grausam zugerichtete und verstümmelte Leiche eines jungen Mannes wird im Abwassertümpel vom Stockholm gefunden. Geborgen wird sie von Mickel Cardell, dem vom Krieg noch traumatisierten Stadthäscher. Cardell hat im Kriegsgeschehen seinen Arm verloren und muss seitdem mit einem Holzarm zurechtkommen.
Der Leiter der Polizeikammer beauftragt den Spezialermittler Cecil Winge mit der Untersuchung des Falles. Auch Cardell möchte wissen, was mit dem Toten geschehen ist, und so machen sich beide Männer an die Ermittlungsarbeit. Winge hat Tuberkulose im fortgeschrittenen Stadium, seine Tage sind gezählt. Doch er besitzt einen scharfen Verstand, was ihm bei den Nachforschungen zu diesem grausamen Verbrechen von Nutzen ist. Wer ist das junge Opfer? Und wird es einem Schwerkranken und einem oft betrunkenen Kriegsversehrten gelingen, diesen komplizierten Fall zu lösen? Diese Fragen stellen sich dem Leser zu Beginn eines ungewöhnlichen Romans. Der ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich, denn im Vordergrund stehen keinesfalls nur die beiden Ermittler. Man lernt mehrere Personen kennen, aus deren Sicht die Ereignisse zu unterschiedlichen Zeiten geschildert werden. Das ist faszinierend, denn nach und nach fügen sich die Handlungsstränge zu einem Gesamtbild zusammen. Die Schilderungen der Stadt zur damaligen Zeit sind sehr eingängig, man hat die Bilder vor Augen und die Gerüche in der Nase. Wie ich fand, eine großartige und sprachlich ausgefeilte Darstellung der Zustände im Jahr 1793. Auch die Charaktere sind sehr detailreich beschrieben, Der Spannungsbogen erreicht schnell eine große Höhe und bleibt bis zum Schuss erhalten. Ein gelungener Krimi, der mich bis zur letzten Seite gefesselt hat.