Ein Buch über den ganz normalen Wahnsinn der Einsamkeit
Die LeuchtturmwärterZum Jahreswechsel 1973 verschwinden von einem Leuchtturm vor der Küste Cornwalls alle drei Leuchtturmwärter spurlos. Das seltsame daran: der Turm ist von Innen fest verschlossen, sämtliche Uhren sind zum ...
Zum Jahreswechsel 1973 verschwinden von einem Leuchtturm vor der Küste Cornwalls alle drei Leuchtturmwärter spurlos. Das seltsame daran: der Turm ist von Innen fest verschlossen, sämtliche Uhren sind zum selben Zeitpunkt stehen geblieben und der Tisch ist für das Abendessen gedeckt. Die Nachforschungen verlaufen im Sande und schon bald werden sie eingestellt. Die Leuchtturmwärter sind halt einfach so verschwunden. 20 Jahre nach dem Unglück kennt noch immer keiner die genaue Wahrheit und als wieder jemand beginnt, in der alten Suppe zu rühren, werden alte Wunden aufgerissen.
Thematisch bietet der Roman einiges und hält auch was er verspricht. Die Gedanken der drei Frauen der verschwundenen Männer, die auch nach zwanzig Jahren noch auf Antworten hoffen, kontrahieren sich mit der scheinbaren Realität, die die drei Männer auf dem Leuchtturm erlebt haben. Und so rollt Emma Stonex die Ereignisse parallel auf zwei Zeitebenen, mit unterschiedlichen Wahrnehmungen auf, im Versuch, den Protagonisten und den Leser:innen eine Wahrheit zu bieten. Hier arbeitet die Autorin dann auch noch mit ihrem bildhaften, atmosphärischen Schreibstil, streut mystische, fast schon übernatürliche Elemente mit ein, die sich im Laufe der Geschichte immer weiter verdichten, und erzeugt so eine dunkle Atmosphäre von Tod, Verderben und Verrat, die dem ungezügeltem Meer als Handlungsschauplatz nur gerecht wird. Das wirklich geniale an der Geschichte ist dann aber, wie die Autorin die menschliche Psyche einbaut, zeigt, wie sich absolute Abgeschiedenheit auf diese auswirkt, und damit gleichzeitig den früheren Alltag und den Umgang mit Leuchtturmwärtern reflektiert und auch kritisiert. Abgesehen von der Authentizität der Protagonisten, wenn es auf deren Umgang mit stressigen und belastenden Lebensumständen kommt, überzeugen diese auch mit ihrer charakterlichen Vielfalt und ihrem Facettenreichtum. Den Leser:innen wird eine Bandbreite an verschiedenen Charakterzügen präsentiert, in denen man sich letztendlich auch noch beim Lesen häufiger wiederfindet, als einem lieb sein mag. So weit hat Emma Stonex ausgezeichnete Arbeit geleistet, die sie dann Gegen Ende ein wenig durch den Rost fallen hat lassen. Ich möchte damit jetzt nicht behaupten, dass das Ende besonders schlecht oder unpassend sei, sondern vielmehr, dass es vom Niveau der vorherigen Geschichte einfach nicht mehr gerecht wird.
Letztendlich schließt das Buch dennoch rund ab, auch wenn es gegen Ende abfällt und die Geschichte ist dennoch absolut fesselnd, lesenswert und hinterlässt einen bleibenden Eindruck.