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Veröffentlicht am 03.09.2023

Iny Lorentz mit kurzem Atem

Der Fluch der Rose
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Arnoldstein in Kärnten im 15. Jahrhundert: Während Maria als Ziehtochter der mächtigen Familie der Fugger in der dortigen Faktorei aufwächst, ohne zu wissen, wer ihre Eltern wirklich sind, wächst im nahegelegenen ...

Arnoldstein in Kärnten im 15. Jahrhundert: Während Maria als Ziehtochter der mächtigen Familie der Fugger in der dortigen Faktorei aufwächst, ohne zu wissen, wer ihre Eltern wirklich sind, wächst im nahegelegenen Kloster der junge Johannes heran, dessen Mutter es vor ihrem Tod noch mit letzter Kraft vor die Tore des Klosters geschafft hat. Zwischen den beiden entspringt auf den ersten Blick eine Liebe, die nicht sein darf. Hinzu kommt noch, dass Arnoldstein genau im Grenzgebiet zwischen dem expandierenden Veneziern und dem Reich des Habsburgers Maximilian liegt. Eine dunkle Bedrohung, eine verbotene Liebe und eine dunkle Gestalt mit verborgenem Wissen.

Wieder einmal ein Iny Lorentz-Roman, auch wenn ich mit der Zeit gemerkt habe, dass diese einfach nicht mehr meinen Lesegeschmack treffen. Dennoch hat mich das Buch gereizt, gerade weil ich in der Nähe des Haupthandlungsortes wohne. Schnell habe ich dann zu meinem Wohlgefallen bemerkt, dass dieser Roman nicht den üblichen Cringe-Content enthält, mit dem die Herzen der Leserschaft zum Triefen gebracht werden sollen. Wir bleiben diesmal verschont damit, dass jeder jeden heiratet, sich alles in astronomischer Art und Weise zum übermäßig märchenhaften Guten wendet. Man bekommt schon sein Happy End, zum Glück aber in verträglichem Ausmaß. Allerdings konnte mich das Buch dennoch nicht überzeugen. Neben den für Iny Lorentz typischen Stil - die Hauptcharaktere aus allen Büchern gleichen sich zunehmend - der sich leicht und locker weglesen lässt, kommt ansonsten nicht besonders viel Spannung auf. Normalerweise bin ich vom Autorenpaar mehr Spannung gewohnt, die üblichen Intrigen, Flucht- und Kampfszenen kommen leider nur in recht verminderter Form vor. Viel mehr lässt sich zu dem Buch dann auch nicht sagen. Die Protagonist:innen sind wie immer eindeutig in Gut und Böse und unbedeutend eingeteilt und man bekommt wieder einmal einen recht anschaulichen Überblick über die historischen Gefilde, in denen man sich bewegt.

Einfach nicht meins, war mir zu schwach, auch wenn ich anfangs Hoffnung auf einen Banger hatte.

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Veröffentlicht am 20.08.2023

Die gesellschaftliche Überwindung der emotionalen Trauer

Der Vorweiner
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Europa ist im politischen und klimatisch bedingtem Chaos versunken. Als stabiler Staat bleit nur mehr Resteuropa zurück, an dessen Grenzen sich die Flüchtlinge aus aller Welt tummeln. In diesem Resteuropa ...

Europa ist im politischen und klimatisch bedingtem Chaos versunken. Als stabiler Staat bleit nur mehr Resteuropa zurück, an dessen Grenzen sich die Flüchtlinge aus aller Welt tummeln. In diesem Resteuropa leben A. wie Anna und ihre Tochter B. wie Berta. A. wie Anna beschließt sich einen Vorweiner zuzulegen und B. wie Berta erzählt die Geschichte, zumindest versucht sie es. Der Vorweiner hat die Aufgabe, sich emotional an seinen Herren oder seine Herrin zu binden und nach deren Ableben das Publikum der Zerstreuungszeremonie, der zukünftigen Form der Beerdigung, beim Trauern anzuführen.

B. wie Berta soll also die Erzählerin der Geschichte darstellen, schafft es irgendwie aber nicht, von sich selbst in der dritten person als neutrale Beobachterin zu erzählen, sondern schweift ständig in die erste Person zurück, wenn es um sie geht. B. wie Berta zeiht aus dem elterlichen Haus in Nordostresteuropa, einer sehr trockenen Gegend, aus und beginnt ein Leben auf eigenen Beinen in Neuhamburg in Nordwestresteuropa, wo es immer regnet. Irgendwie muss sie Platz machen für den Vorweiner, oder will einfach nicht mit diesem unter einem Dach leben. Darauf, das der Leserschaft genauer mitzuteilen wird verzichtet. Ingesamt wird in dem buch generell auf sehr viel verzichtet. Man hat zwar ständig Einblicke in die Gesellschaft Resteuropas, in die dortigen gesellschaftlichen Spannungen und vor allem in deren Sterberitual, mit der Geschichte rund um A. wie Anna und ihren Vorweiner und B. wie Berta geht es aber nur sehr dünn her. Ich habe schnell gemerkt, dass ich mich zunehmend begonnen, zu langweilen. Stark zu langweilen. Dann wird die Geschichte immer wieder unterbrochen vom Bild in Bild, irgendetwas mit Götterauge. Banale Beschreibungen von irgendetwas, das absolut keine Bedeutung für die Geschichte hat und diese nur noch zäher und noch sterbenslangweiliger macht.

Kurzum, mein Interesse war groß, die Enttäuschung leider auch. Ich hatte mir ein besser ausgestaltetes dystopisches Szenario vorgestellt, dass ich ja weitestgehend auch bekommen habe. Von einer ansatzweise interessanten Geschichte rund um A. wie Anna und B. wie Berta fehlt leider jede Spur.

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Veröffentlicht am 12.08.2023

leider kein Thriller

Ich schweige für dich
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Adam Price lebt in einer reichen Vorstadt von New York. In seinem Job als Anwalt läuft es gut, seine beiden Kinder entwickeln sich prächtig und auch mit seiner Frau führt er eine glückliche Ehe. Doch eines ...

Adam Price lebt in einer reichen Vorstadt von New York. In seinem Job als Anwalt läuft es gut, seine beiden Kinder entwickeln sich prächtig und auch mit seiner Frau führt er eine glückliche Ehe. Doch eines Tages tritt ein Fremder an ihn heran und offenbart ihm Geheimnisse, die sein Leben und alles, was er bisher für wahr gehalten hat, in seinen Grundfesten erschüttert. Als Adams Ehefrau auch noch plötzlich verschwindet macht sich Adam auf die Suche nach der Wahrheit.

Ich habe schon so einiges von Harlan Coben gelesen, habe mir also einen spannenden und kurzweiligen Thriller erwartet. Der Schreibstil war wie gewohnt gut, flott und zum Stil Harlan Cobens gehört es, ständig seine Kapitel mit einem Cliffhanger zu beenden. So auch hier. Allerdings habe ich recht schnell gemerkt, dass dieser Roman unter dem üblichen Spannungslevel des Autors bleibt. Nach jedem Cliffhanger stellte sich schnell heraus, dass das große Geheimnis, die große Entscheidung, die zuvor angekündigt wurden, sich in Banalitäten auflösen. Insgesamt zieht sich der Mittelteil. Wir haben zwar immer wieder einigermaßen spannende Momente, allerdings nichts, dass sich Thriller nennen dürfte. Erst das Finale des Buches wird so richtig spannend und überraschend. Die letzten hundert Seiten des Buches lasen sich rasant und in alter Harlan Coben Manier. Etwas, dass ich noch anmerken muss, ist, dass sich das Buch aus zwei primären handlungssträngen zusammensetzt, von denen leider einer, nachdem er so viel Raum erhalten hatte, doch recht lasch und unzufriedenstellen aufgelöst wurde.

Kurzum, das bisher schwächste Werk von Harlan Coben, dass ich gelesen habe. Thrillerfans kommen hier leider nicht auf ihre Kosten. Ich hoffe, dass das nächste Buch des Autor mich wieder catchen kann.

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Veröffentlicht am 07.08.2023

Ein Buch über die Frau Seidenmann mit recht wenig Frau Seidenmann

Die schöne Frau Seidenman
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Warschau versinkt im Zweiten Weltkrieg mehr und mehr im Chaos. Zumindest für den jüdischen Teil der Bevölkerung. Davon hat die schöne Frau Seidemann bislang nicht viel gemerkt, denn sie ist hellblond und ...

Warschau versinkt im Zweiten Weltkrieg mehr und mehr im Chaos. Zumindest für den jüdischen Teil der Bevölkerung. Davon hat die schöne Frau Seidemann bislang nicht viel gemerkt, denn sie ist hellblond und blauäugig und hat nach dem Tod ihres Mannes, der vor dem Krieg gestorben ist, sich neue Ausweispapiere und eine neue Identität zugelegt. Fortan ist sie nicht mehr die Jüdin Irma Seidenmann, sondern eine waschechte polnische Offizierswitwe. Doch eines Tages findet sie sich im Hauptquartier der Gestapo wieder.

Recht schnell merkt man beim Lesen, dass Irma Seidenmann nicht die Hauptfigur ist, sondern Beispiel eines Schicksals und Bindefigur, die all die anderen Protagonist:innen miteinander verbindet. Denn wir erfahren nicht nur über Irma Seidemanns Schicksal, ihre Gedanken zu ihrem jüdischen und polnischen Dasein, sondern auch, was all die Menschen umtreibt, mit denen Frau Seidemann über eine oder mehrere Ecken in Berührung kommt. Wir werfen einen Blick in die Zukunft und die Vergangenheit, sowohl von Jüd:innen als auch von Pol:innen. Und eins sei von vorne herein klar, nicht alle der vorkommenden Figuren überlebt auch die Schicksalshaften Jahre der polnischen Besetzung.

Wo schon der Klappentext und der Titel so verwirrend sind, so ist auch der sprachliche Stil des Autors nicht zu unterschätzen. Gedanken zur eigenen Identität der Protagonist:innen schlagen sich in verschachtelten Sätzen nieder, bei denen manchmal mehr als einen Anlauf benötigt, um sie in ihrer Komplexität zu erfassen. Fließend schwimmen dabei auch Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft in einander über, sodass es hin und wieder schwer fällt, sich zurecht zu finden.

Insgesamt ein berührendes Buch, dass einem einen sehr guten Eindruck über die verschiedenen Realitäten Warschaus 1942 gibt. Dennoch ist das Buch gerade sprachlich nicht zu unterschätzen. Einfach ein Buch, für das Mann sich einfach Zeit nehmen muss.

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Veröffentlicht am 04.08.2023

Ein wahrlich heißer Sommern im Jahr 1974

Sekunden der Gnade
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Per Gerichtsbeschluss wird in Massachusetts 1974 die Rassentrennung an öffentlichen Schulen aufgehoben. Busse sollen Kinder aus den mehrheitlich weißen, armen Stadtteilen in Schulen in mehrheitlich schwarze, ...

Per Gerichtsbeschluss wird in Massachusetts 1974 die Rassentrennung an öffentlichen Schulen aufgehoben. Busse sollen Kinder aus den mehrheitlich weißen, armen Stadtteilen in Schulen in mehrheitlich schwarze, ebenfalls arme Stadtteile bringen. Doch in keinem der betroffenen Viertel ist die Begeisterung darüber sonderlich groß. So auch nicht im irischstämmigen South Boston, kurz Southie, in dem Mary Pat zusammen mit ihrer siebzehnjährigen Tochter lebt. Eines Nachts verlässt ihre Tochter mit Freunden das Haus und kommt am nächsten Morgen nicht mehr zurück. Tief in ihrem Inneren weis Mary Pat, dass sie ihre Tochter nie wieder lebend sehen wird, doch niemand ist auch nur ansatzweiße gewillt, ihr die Wahrheit zu sagen. Ein Feldzug der Rache durch eine brodelnde Stadt beginnt.

Ich weiß nicht ganz was ich von der Geschichte erwartet habe, auf jeden Fall bin ich aber überrascht und in meinen Erwartungen übertroffen. Denn der Autor will nicht nur eine spannende Geschichte schaffen, sondern erzeugt gleichzeitig eine brisante und authentische Milieustudie der Unterschichtviertel Bostons, genährt aus den eigenen Erfahrungen und Erinnerungen seiner Kindheit in der Stadt. So hat das Verschwinden Mary Pats Tochter sehr viel mit Bandenkriminalität zu tun und diese erzeugt ein besonders spannendes Element für Mary Pats Rachefeldzug. Hinzu kommt, dass sich der Autor über Mary Pat als Charakterin kritisch mit dem überschwellenden Rassismus der damaligen Zeit auseinandersetzt. Denn in ihr selbst spiegeln sich die tief eingesessenen und von Generation zu Generation weitergegebenen Vorurteile wieder, die Grundlage auch der heutigen Rassismusausuferungen sind. Denn der Autor spannt gekonnt eine Brücke von den Siebzigern in die heutige Zeit, ladet ein, seine eigenen stereotypen Vorstellungen zu reflektieren.

Vor allem bringt das Buch aber Spannung und Gewalt mit sich. Man muss beim Lesen selbst entscheiden, wie viel Blut und Tod man verträgt, ich hatte mit der schonungslosen Darstellung von Verletzungskinematik und dem fließen von Blut keinerlei Probleme. Doch seien diejenigen gewarnt, die mit diesem Thema nicht auf so gutem Fuß stehen, denn dieser Roman hält die Zügel in dieser Hinsicht nicht zu straff. Doch gerade dadurch wird auch Tempo erzeugt.

Insgesamt ein wirklich spannendes Buch, eine tolle Milieustudie einer mir unbekannten Welt, die mit dem Bild von den USA, das wir heute haben, kaum mehr was zu tun hat, und eine gelungene Auseinandersetzung mit Rassismus als Volkskrankheit.

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