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Veröffentlicht am 03.09.2022

nichts für schwache Nerven

Die Züchtigung
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Marie wuchs in der Zwischenkriegszeit im ländlichen Oberösterreich auf. Ihre Kindheit ist geprägt von Emotionaler Vernachlässigung und einem Vater, der sie mit brutalster Gewalt behandelt. Mittlerweile ...

Marie wuchs in der Zwischenkriegszeit im ländlichen Oberösterreich auf. Ihre Kindheit ist geprägt von Emotionaler Vernachlässigung und einem Vater, der sie mit brutalster Gewalt behandelt. Mittlerweile ist sie aber erwachsen geworden und hat eine eigene Familie gegründet. So soll ihre Tochter Vera ein besseres Leben haben, als sie selbst es gehabt hat. Doch für Maries ist der einzige Weg, den sozialen Aufstieg ihrer Tochter zu gewährleisten, Dankbarkeit und Anstand in diese hinein zu prügeln.

Die Thematik der häuslichen Gewalt ist der Grund, warum ich zu diesem Buch gegriffen habe, denn häusliche Gewalt hat nicht immer die gleiche Form, reicht von Gewalttätigkeit bis hin zu emotionaler Misshandlung. In diesem Buch bekommt man dann aber die volle Dröhnung. Es gibt außer der Lebensgeschichte von Marie und Vera keinen anderen Plot. So wird man beim Lesen nur durch die umfangreiche Charaktergestaltung der beiden Frauen und der ständig wiederkehrenden Beschreibungen der Misshandlung getragen. Diese waren dann aber auch extrem schwer zu ertragen, vor allem im Hinblick darauf, dass ich in dieser Thematik nicht ganz unbelastet bin. Hinzu kommen immer wieder Beschreibungen von Essstörungen und Suizidgedanken seitens Vera, die ein beklemmendes Gefühl auslösen.

Zugutehalten kann man Anna Mitgutsch aber, in welch präziser und akribischer Art und Weise sie ihre Figuren gestaltet hat. Zwar ist Maire grausam, dennoch nicht minder authentisch, vor allem, was die gesellschaftlichen Konventionen der Nachkriegszeit angeht. Auch zeigt sich immer wieder das Problem der unerkennbaren Wahrheit, bedingt durch die Perspektive. Die Geschichte, auch die der Kindheit und Jugend Maries, wird durch Vera beschrieben. Hier kollidieren immer wieder aber die Schilderungen von Marie mit denen anderer Mitglieder der Familie oder von Nachbarn. Dadurch wird besonders anschaulich, dass man einerseits Erzählungen zu emotionalen Themen nur bedingt Glauben schenken darf, aber auch, dass Außenstehende Dinge sehr oft anders, viel weniger problematisch wahrnehmen, als diese eigentlich sind.

Insgesamt hat Anna Mitgutsch ein lesenswertes Panorama über verlorenen Seelen in der Nachkriegszeit geschrieben, das von der Leserschaft Zeit, starke Nerven und einen langen Atem erfordert.

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Veröffentlicht am 29.08.2022

in einem unauffälligen Mietshaus...

Der Hausmann
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Tim und Thea sind umgezogen und finden sich nun in einer kleinen Wohnung in Berlin Neukölln wieder. Thea ist diejenige, die in einem Startup für vegane Hundeernährung arbeitet und das Geld nachhause bringt, ...

Tim und Thea sind umgezogen und finden sich nun in einer kleinen Wohnung in Berlin Neukölln wieder. Thea ist diejenige, die in einem Startup für vegane Hundeernährung arbeitet und das Geld nachhause bringt, während es sich bei Tim um einen mehr oder weniger erfolglosen Künstler handelt, der den Haushalt schmeißt. Schnell freundet sich Tim auch mit den Nachbarn an, hilft der betagten 80-jährigen aus der Wohnung über ihm in Angelegenheiten des Internets und bringt dem ukrainischen Asylwerber Deutsch bei. Doch eines Tages stehen vor seiner Haustüre unerwartet zwei Männer, die ihm ohne zu zögern ins Gesicht schlagen.

Ich habe das Verlagsprogramm von Leykam immer im Blick, da hier immer recht interessante literarische Werke erscheinen, und so war ich auf diesen Roman besonders gespannt, da er als Genremix aufgebaut ist. So haben wir neben einem Handlungsstrang auch einen in normaler Prosa, aber auch einen in Form eines Blogeintrags oder eines Graphic Novels. Und diese Mischung hat für mich erstaunlich gut funktioniert. Denn jede der Erzählweisen gibt sehr viel über den Charakter und das Denken des jeweiligen Protagonisten preis.

Die Protagonisten sind es auch, die sehr gut gestaltet sind. Man bekommt beim Lesen ein sehr authentisches Gefühl, findet sich selbst immer wieder in den einzelnen Protagonisten wieder, vor allem in deren Lebenslagen. Denn das ist auch etwas, womit der Roman aufwarten kann: Gesellschaftskritik. Thea ist in einem Job gefangen, der sie körperlich und emotional auslaugt, Maxim lebt in ständiger Furcht vor einer Abschiebung und Dagmar - die Pensionistin - lebt in gesellschaftlicher und finanzieller Einsamkeit. Diese Gesellschaftskritik wirkt dabei allerdings keineswegs an den Haaren herbeigezogen oder erzwungen, sondern bettet sich sehr schön in den Gesamtkontext des Buches ein.

Auch hat das Buch einen sehr stark unterhaltsamen Aspekt, sodass es insgesamt, trotz der Thematik nicht zu bedeutungsschwer erscheint.

Insgesamt also ein gelungener Roman, der einerseits unterhält und auf der anderen Seite auch zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 25.08.2022

nicht allzu ferne Zukunftsmusik

Auf See
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Yada wächst in einer abgeschotteten Community auf einer künstlichen Insel vor der Küste Deutschlands auf. Einst wurde diese Schwimmende Bastion errichtet, um einen sicheren Zufluchtsort vor den Katastrophen ...

Yada wächst in einer abgeschotteten Community auf einer künstlichen Insel vor der Küste Deutschlands auf. Einst wurde diese Schwimmende Bastion errichtet, um einen sicheren Zufluchtsort vor den Katastrophen und gesellschaftlichen Umwälzungen zu bieten, die den Rest der Erde heimsuchen. Doch mittlerweile scheint das Projekt mehr und mehr zu verkommen. Dann ist da auch noch Yadas Vater, einer der Mitbegründer der Seestatt, wie die Kolonie heißt, der seine Tochter vor allen äußeren Einflüssen der alten Welt schützen will. So auch vor dem Einfluss von Yadas Mutter, die unter einer seltsamen psychischen Krankheit litt. Doch mehr und mehr zeigt sich, dass Yada überall nur auf Lügen stößt.

--Ich erhoffte mir ehrlich gesagt einen rasanten und dystopischen Roman, der gleichzeitig mich auch noch mit literarischen Aspekten in Sprache und Stil begeistern konnte. Allerdings stellte sich Yadas Welt aus heutiger sicht eher weniger dystopisch heraus. Ich erwartete mir, Deutschland in Trümmern zu sehen, in denen keine großartige Zivilisation mehr Fuß fassen kann, allerdings ist das Deutschland in diesem Buch einfach nur das Deutschland, das wir kennen, nur dass sich die bekannten Probleme drastisch zugespitzt haben. Probleme mit der Nahrungsmittelversorgung, Massenobdachlosigkeit und das Gespenst des Neoliberalismus sind bekannte Gesichter in der Geschichte. Wie dem auch sei, das Setting gefiel mir trotzdem, denn bei dystopischen Büchern kann man auch sehr schnell übertreiben, sodass das ganze ziemlich abgespact wird, was hier zum Glück nicht der Fall war. Für mich hat alles seine Glaubwürdigkeit. Auch ist die Handlung rasant und spannend, allerdings stellte sich bei mir keine Sogwirkung ein, da ich die Protagonisten als sehr schwach gestaltet empfinde. Davon abgesehen fehlt mir irgendwie auch ein Ende, da es weder zu einem Showdown kommt oder ähnlichem, sondern viel mehr ein Motto nach dem Ende "wir lassen jetzt einfach mal alles im Sand verlaufen". Wir haben zwei Hauptprotagonistinnen, durch deren Augen die Geschichte erzählt wird. Doch keine der beiden wird gefühlsnahe und authentisch beschrieben, sodass sich bei mir nicht wirklich Sympathien einstellten. Für mich also nur Trägerinnen der Geschichte und keine Menschen zum Mitfiebern. Das gilt auch für die Nebencharaktere, die immer halb im Schatten verschwinden und nicht wirklich bedeutsam sind. Schade.

Abschließend hat man also einen soliden Roman in der Hand, der einen Ausblick in eine sehr realistische Ferne blickt. Lesenswert, auch wenn das Figurenset wirklich zu wünschen übrig lässt.

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Veröffentlicht am 24.08.2022

Trauer in seinen Facetten

Schlangen im Garten
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Nach dem Tod der Mutter versinkt die Familie Mohn in undurchdringbarer Trauer. Jedes der drei Kinder und auch der Vater geht anders damit um, doch alle haben sie eines gemeinsam: sie alle ziehen sich mehr ...

Nach dem Tod der Mutter versinkt die Familie Mohn in undurchdringbarer Trauer. Jedes der drei Kinder und auch der Vater geht anders damit um, doch alle haben sie eines gemeinsam: sie alle ziehen sich mehr und mehr aus der Normalität des Alltags zurück. Doch das gefällt nicht jedem, der Verdacht der Trauerverschleppung kommt auf.

Der Klappentext spielte bei mir anfangs überhaupt keine Rolle, da ich vom Debutroman der Autorin, vor allem aber deren Schreibstil, enorm ansprechend fand. Dementsprechend ging ich recht uninformiert an das Buch heran. Und der Schreibstil hat mich auch nicht enttäuscht. Die Autorin schreibt äußerst poetisch, bunt und blumenhaft. Man bekommt schöne Passagen präsentiert, aber auch welche, die einem zum Nachdenken inspirieren. In dieser Hinsicht alles tip und top. Allerdings muss ich sagen, dass ich mit der Handlung nicht ganz warm wurde. An und für sich ist individuelle Trauerbewältigung auch nicht die plotgetriebenste Handlung. Auch habe ich mich noch nicht intensiv mit der Thematik des Trauerns auseinandergesetzt, als dass mich die Handlung brennend interessieren würde. So war für mich vor allem der Mittelteil des Buches sehr schwach. Hingegen das Ende konnte mich vor allem mit der Atmosphäre begeistern aber auch, da die Handlung hier ein wenig Fahr auf nimmt. Für mich entstand so ein meisterlicher und märchenhafter Höhepunkt der sich fließend entlud. Darüber hinaus sind die Charaktere in alter Manier der Autorin wunderbar bunt und facettenreich gestaltet, erstrahlen als einzigartige und unvergleichbare Individuen am Literaturhimmel. Sie sind es, die bei mir Sympathiepunkte für sich selbst, aber auch das Buch insgesamt gewinnen konnten.

Insgesamt also ein Buch, das vor allem durch seine Sprache und Atmosphäre lebt, dementsprechend auch leider nicht mit dem anderen Buch der Autorin mithalten kann.

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Veröffentlicht am 14.08.2022

Spaziergang durch ein Wien der Vergangenheit

Isidor
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Shelly Kupferberg, die sich bisher mit dem Verfassen nichtliterarischer Texte befasst hat, arbeitet mit diesem Buch die Vergangenheit ihrer eigenen Familie auf, begibt sich auf Spurensuche danach, was ...

Shelly Kupferberg, die sich bisher mit dem Verfassen nichtliterarischer Texte befasst hat, arbeitet mit diesem Buch die Vergangenheit ihrer eigenen Familie auf, begibt sich auf Spurensuche danach, was war und was vielleicht für immer in Vergessenheit geraten zu sein scheint. Wir erleben aus ihrer Feder ein jüdisches Schicksal, dass einzigartig ist, und dennoch so viel mit Millionen anderen gemeinsam hat.


Ich war wirklich gespannt auf das Buch, da mich einerseits die Ausgrenzung von gesellschaftlichen Minderheiten im Generellen, das Schicksal der jüdischen Bevölkerung in diesem Fall, sehr interessiert. Auch versprach das Buch eine Zeitreise in ein Wien, das der Vergangenheit angehört. Diesen Spaziergang habe ich definitiv präsentiert bekommen. Ich kenne mich mehr oder weniger recht gut in Wien aus und war immer von kindischer Freude erfasst, wenn Straßennamen usw. fielen. Auch war der Lerneffekt durchaus gegeben, da man sehr viel über das Leben von assimilierten Jüd:innen erfährt aber auch Sidefakts, die mir bislang unbekannt waren, wie beispielsweise, dass der 2. Bezirk auch noch in der Zwischenkriegszeit eine bevölkerungsstarke jüdische Minderheit hatte.


Allerdings muss ich sagen, dass ich sprachlich mich ein wenig auf der Strecke gelassen gefühlt habe. Hier hätte das Buch definitiv mehr Tiefgang vertragen. Ich persönlich habe deutlich gemerkt, was die Autorin in einem Interview angegeben hat, nämlich, dass es ihr schwer gefallen ist, sich auf das Schreiben eines literarischen Textes einzustellen. So empfand ich das Buch ingesamt sprachlich recht trocken.


Tiefgang hätten meiner Meinung nach aber auch der Inhalt vertragen. Mir ist klar, dass die Autorin nicht mit Fiktion hantieren konnte. Dennoch empfand ich es so, dass die Handlung teilweise nur n der Oberfläche umherplätscherte.


Insgesamt aber dennoch ein lesenswertes und vor allem aber bedeutungsschweres Buch, auch wenn ich nicht unbedingt so weit gehen würde, es als Literatur zu bezeichnen.

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