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Veröffentlicht am 21.07.2024

Kurz-Krimis, die wie eine Bonbon-Mischung Geschmackssache sind

Wiener Zuckerl
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Wiener Zuckerl ist eine bunte Mischung von Kriminalgeschichten aus dem alten und neuen Wien. Einige der Kriminalfälle sind als Geschichte geschrieben, andere als reine Faktenschilderung. Manchmal ermittelt ...

Wiener Zuckerl ist eine bunte Mischung von Kriminalgeschichten aus dem alten und neuen Wien. Einige der Kriminalfälle sind als Geschichte geschrieben, andere als reine Faktenschilderung. Manchmal ermittelt Inspector Nechyba als Inspektor, sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit. Es ist bei Weilen für mich nicht eindeutig, in welcher geschichtlichen Episode man sich bewegt (oder ich habe es überlesen).
Die Geschichten sind für mich eher Schilderungen, die sachlich neutral beschrieben werden. Einige der Zuckerl sind aus Sicht des Mörders geschildert, wobei die Morde in sehr abgestumpfter Art und Weise geschieht. Meines Erachtens sind gerade solche blutrünstigen Morde, bei denen Gliedmaßen abgeschnitten werden oder Gesichter bis zur Unkenntlichkeit zerstört werden, auch von Seiten der Mörder sehr emotional. Man spricht auch von „Blutrausch“. Daneben werden „mörderische Tipps“ gegeben, wie Blut mit kaltem Wasser herauswaschen, das in einigen Geschichten wiederholt werden.
Im Buch wird versucht das österreichische dialektische Deutsch abzubilden. Einige der Begriffe werden in der Fußnote erläutert, andere vorausgesetzt. Durch den Dialekt fühlte ich mich nach Österreich versetzt, was ich als gelungen empfand.
Das Buch entspricht einer bunten Bonbon-Mischung, die nicht jeden Geschmack treffen mag. Wer gern in kleine Geschichten entführt werden möchte, bei den auch emotionalen Gesichtspunkten mitbetrachtet werden, mag von den Zuckerl-Sorten enttäuscht sein. Wer dagegen gern nach Österreich entführt werden möchte und sich der verbrecherischen, zum Teil dunkle Seite der Menschheit stellen möchte, für den ist das Buch genau das Richtige. Ein Buch, das man in öffentlichen Verkehrsmitteln lesen kann, da die Geschichten zum Teil so kurz sind, das man sie zwischen kurzen Strecken gut lesen kann.

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Veröffentlicht am 13.07.2024

Schicksale anderer Personen beeinflussen unsere eigene Welt

Das andere Tal
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Wir erleben Odile in dem Buch als Teenager und als End-Dreißiger. Während dieser Zeit ist Odile eine Außenseiterin und begegnet ihrer erste Liebe Edme. Edme findet unglücklich den Tod und Odile weiß das ...

Wir erleben Odile in dem Buch als Teenager und als End-Dreißiger. Während dieser Zeit ist Odile eine Außenseiterin und begegnet ihrer erste Liebe Edme. Edme findet unglücklich den Tod und Odile weiß das vor seinen Tod und verpasst ihn zu warnen. Dieser Tod von Edme führt dazu, dass Odile eine verheißungsvolle Ausbildung abbricht und als Grenzsoldat an die Zeitgrenzen geht. Die Welt besteht aus drei Zeit-Welten, die von Soldaten geschützt werden müssen. Ohne den Schutz wäre zu befürchten, dass in die Vergangenheit eingegriffen werden würde und dadurch Leben wenig stabil verlaufen würde. Menschen, die ein Trauma erleiden, dürfen nach Genehmigung aus den beiden betroffenen Zeitzonen in Begleitung von einem Grenzsoldaten reisen. Bei einer dieser Begleitungen begegnet Odile ihrem zukünftigen Ich. Damit beginnt sie ihre Zukunft verändern zu wollen. Nachdem sie einen alten Schulkameraden bei einem Heimaturlaub wieder sieht, fängt sie an, die Vergangenheit, die sie vorher verdrängt hatte, infrage zu stellen. Die Idee von ihrem ehemaligen Schulfreund greift sie auf, nachdem sie erkennen muss, dass sie als einzige Grenzsoldatin unter den Männern nicht wirklich geschützt ist und kaum eine Chance hat, glücklich und in Ruhe zu leben. Odile gelingt etwas, was eigentlich nicht sein darf und erlebt, dass die Prophezeiungen beim Eingreifen in die Vergangenheit lediglich der Abschreckung dienen sollen.
Die Geschichte in dem Buch hat mich nicht mehr losgelassen. Gern hätte ich noch erfahren, wie es nun anders weiter gehen wird. Das Konstrukt der drei Parallelwelten hat einige Ungereimtheiten, über die man hinwegsehen muss. Zum Beispiel in jedem Land leben die gleichen Menschen nur einmal im zwanzigjährigen Unterschied. In einem solchen Konstrukt müsste es unzählige Täler geben, jeweils auf eine Person und pro Sekunden des Lebens ausgerichtet. Auch die Frage, ob man dann Täler weiterziehen müsste, ist nicht logisch. Lässt man sich auf diese Ungereimtheiten ein, geht die Geschichte der philosophischen Frage nach, was passieren könnte, wenn wir vorher absehen könnten, wie eine Handlung sich auf unser Leben auswirken würde, und ob diese Sicht in die Zukunft genug Motivation geben würde in die Vergangenheit einzugreifen. Ebenso geht es der Frage nach, ob ein „Nicht-Handeln“ mehr Konsequenzen nach sich ziehen kann als ein Handeln an sich.
Das Buch bringt einem zu den hypothetischen Fragen: Was würde ich in meinem Leben ändern, wenn ich zwanzig Jahre zurückgehen könnte? Wie sähe dann mein Leben aus? Macht es wirklich Sinn darüber nachzudenken, da wir alle im Leben jeweils so handeln, wie es uns in dem Moment als Bestes erscheint?
Das Buch ist wirklich lesenswert, wenn man sich auf eine leichtere Art dieser Fragen stellen möchte, um angeregt zu werden, selber über sich nachzudenken.

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Veröffentlicht am 21.06.2024

Zweite Chance für die erste Liebe

Remember when Love was new
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In einem schottischen Dorf kommt die erste Liebe von Aileen zurück; beide sind dort aufgewachsen und haben sich dort gefunden und wieder verloren. Die Charaktere beschreiben taffe und etwas rauere, aber ...

In einem schottischen Dorf kommt die erste Liebe von Aileen zurück; beide sind dort aufgewachsen und haben sich dort gefunden und wieder verloren. Die Charaktere beschreiben taffe und etwas rauere, aber liebevolle Schotten, so wie man sie sich vorstellt. Die einzelnen Szenen sind lebendig geschrieben, sodass man sich in die Situation gut hineinversetzen und leicht in die Geschichte eintauchen kann. Gelungen finde ich den Perspektivwechsel, aus dem die Geschichte erzählt wird, der durch die Überschriften gekennzeichnet ist. Einmal aus der Perspektive von Aileen erzählt und einmal aus der Perspektive von Hamish. Es ist interessant, dass die Stilarten der Erzählungen sich anfangs stark unterscheiden und dann immer ähnlicher werden, je mehr sich beide wieder annähern.
Die rasante Entwicklung mit dem Verhalten des Sohnes Nick und seiner Sehnsucht nach seiner Mutter, die im Gefängnis sitzt, bildet den dramatischen Kern, wodurch die Geschichte spannend wird. Allerdings wird die Geschichte so sehr überspitzt und flacht danach richtig ab. Es ist für mich als Mutter zweier Kinder schwer vorstellbar, dass ein siebenjähriges Kind so handeln würde und auch schnell die enge Beziehung zur eigenen Mutter mit einer zweiten Mutter teilen will. Die Geschichte hört auf, wenn sie offiziell sich mit dem Sohn von Hamish verabreden, bevor die Herausforderung beginnt, mit der leiblichen Mutter, die im Buch als clever Integrand beschrieben wird, aus dem Gefängnis entlassen zu werden.
Was mir auch fehlt, ist, dass dreizehn Jahre, die zwischen der ersten Beziehung und der zweiten Beziehung liegen, an beiden „spurlos“, jedenfalls vom Charakter her vorbeigezogen sind. Sie sind anscheinend trotz einschneidender Ereignisse unverändert. Das erinnert mich an ein Zitat aus Bertolt Brechts Buch „Geschichten von Herrn Keuner“: »Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: ›Sie haben sich gar nicht verändert‹. ›Oh!‹ Sagte Herr K. und erbleichte.«
Ich habe das Buch gern gelesen, da es genau die Sehnsucht erfüllt, die man vielleicht mit der ersten unglücklichen Trennung verbindet, an der man irgendwie immer noch hängt. Es ist spannend geschrieben und die Charaktere sind lebendig und menschlich beschrieben. Doch ich kann die Geschichte nicht in die Realität übertragen, was ja auch nicht der Anspruch ist.
Die Protagonisten erinnern sich an etwas, was vor 13 Jahren war, und erleben ihre Liebe aus der Zeit neu. Doch unbeantwortet bleibt, ob die charakterlichen Veränderungen der 13 Jahre nicht doch irgendwann zu Enttäuschung führt und die Blase aus Sehnsucht der Erinnerung platzt.
Wer sich in eine wieder hergestellte, heilere Welt entführen lassen möchte, bei der Wunden, wie eine unreflektierte Abtreibung, verheilt oder wenigstens reflektiert worden sind, der sollte dieses Buch lesen. Es entführt ein an rauen Orten, die passend zu den raueren Charakteren gewählt worden sind und zu Kleinigkeiten in den Handlungen, die nur die jugendlichen Ichs von Aileen und Hamish verstehen können. Ein wenig stört mich die stereotypische Beschreibung von schottischen Bürgern, die hochprozentige Getränke bevorzugen und einen raueren Umgangston pflegen, was einfach nicht der Realität entspricht.

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Veröffentlicht am 08.06.2024

Großartige Kombination von der Macht der Düfte und wie diese Erinnerung erwecken, die tödlich sein können

Tödlicher Duft
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Tatsächlich beruht das Buch auf einer wissenschaftlich belegten Erkenntnis, dass Düfte Erinnerungen wachrufen. In diesem Buch geht es genau um diese Magie der Düfte. Die Charaktere sind interessant und ...

Tatsächlich beruht das Buch auf einer wissenschaftlich belegten Erkenntnis, dass Düfte Erinnerungen wachrufen. In diesem Buch geht es genau um diese Magie der Düfte. Die Charaktere sind interessant und skurril zusammengestellt und nach und nach werden die ein oder anderen vergangenen Geheimnisse gelüftet, die stimmig und spannend sind. Commissaire Campanard als Team-Chef hat eine bewegte Vergangenheit und fährt lieber E-Bike als Auto. Linda Delacours ist aufgrund eines lebensbedrohlichen Ereignisses aus ihrer Vergangenheit psychologisch instabil. Sie stellt sich mutig ihren Ängsten und der Dritte im Bunde ist gesundheitlich angeschlagen.
Die Geschichte um Eric Sentir Mord ist voll von Düften, wunderbaren atmosphärischen Beschreibungen der Provence und Grasse. Man kann förmlich den Lavendel und den Jasmin riechen. Spannend ist, dass in der Mitte des Buches im Spaß der oder die Mörderin genannt wird, die dann allerdings von den drei Ermittlern sofort belustigend ausgeschlossen wird. So fiebert man bis zum Ende, wer es sein könnte. Die Rätsellösung macht tatsächlich Sinn und ist logisch, sowie überraschend zugleich.
Als Jugendliche hatte ich mit meinen Eltern die Parfümeurie Fragonard selbst besucht und konnte mich sofort an die Tiegel erinnern. Es war für mich wie eine Reise in die Provence. Die Geschichte liest sich flüssig und ist wunderbar mit interessanten Charakteren angereichert, die man irgendwie gleich selbst vor Augen hat, wenn man das Buch liest. Ich konnte das Buch nicht weglegen, da ichunbedingt wissen wollte, wer es war, und welches Motiv dahintersteckt. Letztendlich ging es um die "Weltmacht" der Pafümerie, in einer sehr charmanten Verpackung.
Wer Südfrankreich mag, gerne von der wunderbaren Patisserie und den südfranzösischen Düften inspirieren lässt, sowie einen gut recherchierten und auf faktenbasierten Krimi lesen möchte, sollte dieses Buch lesen. Ich werde es sicherlich einmal wieder lesen, da es mich wirklich faszinierte.

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Veröffentlicht am 30.05.2024

Irritierende Sachlichkeit in einer turbulenten Welt

Von Freitagabend bis Sonntagmittag
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Die Idee der Geschichte finde ich wirklich fantastisch und gefiel mir auf Anhieb sehr gut. Allerdings war das Buch so sachlich geschrieben wie ein Bericht, dass ich immer wieder daran verzweifelte. Die ...

Die Idee der Geschichte finde ich wirklich fantastisch und gefiel mir auf Anhieb sehr gut. Allerdings war das Buch so sachlich geschrieben wie ein Bericht, dass ich immer wieder daran verzweifelte. Die Charaktere, die im Buch vorkommen, sind vielschichtig und bunt. Diversity kann man hier wirklich erleben, auch die Beschreibungen verschiedener Kurse, die zum Teil grotesk wirken, brachte mich an der ein oder anderen Stelle zum Lächeln. Ich empfand die Überzeichnung der jetzigen Zeit als interessant, vor allem in Bezug auf Ruri. Sie wirkt erst sehr sozial und interessiert gerade für Randgruppen, doch je mehr man in das Buch einsteigt, erlebt man sie als sehr Ego getrieben. Ihren Egoismus verbirgt sie unter dem Mantel der sozialen Handlung und Haltung. Dabei verliert sie alle anderen, wie ihren Sohn, aus den Augen. Während Lukas versucht, ihr zu verdeutlichen, was sie tut und was sie übersieht. Doch Ruri ist so in sich gefangen, dass sie das nicht wahrnehmen will.
Lukas ist trotz seiner unglücklichen und zum Teil gewalttätigen Kindheit derjenige, der mehr soziale Verantwortung zeigt als Ruri, die aus einer auf den ersten Blick normaleren Familie kommt. Sieht man allerdings genauer hin, ist dies nur der Schein, da ihre Eltern sich weniger um die beiden Mädchen kümmerten, als sich selbst auszuleben. Vielleicht liegt darin ihr Handeln, das hinter der Fassade der sozial engagierten Frau verborgen ist.
Die Geschichte hat mich nervös und ein wenig irritiert zurückgelassen. Der Erzählstil ist so sachlich, dass es mich störte, da es wirklich sehr emotionale Fassetten hat, auf die nicht weiter eingegangen werden. So das Schicksal der Mutter von Lukas, das sehr neutral beschrieben worden ist. Er scheint es einfach zu akzeptieren.

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