Schall und Rauch
Ich müsste lügenWarum nur ist dieser Autor nicht bekannter???
So etwas intelligentes, unterhaltsames, doppelbödiges von einem Buch, so viele treffende Bemerkungen, so eine Vermischungen verschiedener Genres, das muss ...
Warum nur ist dieser Autor nicht bekannter???
So etwas intelligentes, unterhaltsames, doppelbödiges von einem Buch, so viele treffende Bemerkungen, so eine Vermischungen verschiedener Genres, das muss doch auffallen. Also von vorne.
Der 23jährige Manuel Schall wird von seiner Mutter vermisst gemeldet. Kommissarin Eva Rauch bearbeitet diesen Fall (Schall und Rauch also…Autor Popp muss sich ins Fäustchen gelacht haben). Der junge Mann hat für den bekannten Schriftsteller Herbert Will gearbeitet, als so eine Art … Assistent-Muse-Sujet. Ja, genau. Ich sehe in der Rolle des Will irgendwie einen noch etwas jüngeren Jack Nicholson, nach Shining, vor den Hexen von Eastwick – ein wenig diabolisch und (ja, und. Wem da nix einfällt, für den wirkt das Nicholson-Bild ohnehin nicht). Fortan vermischt sich in der Erzählung so einiges – da vermischen sich Genres (Polizeiberichte, Zeitungsausschnitte, Tagebücher,…), da liest die bibliophile Kommissarin sich auf der Suche nach Hinweisen durch Wills Werke, versinkt teils so in dieser Welt, dass für sie Wahrheit und Fiktion nicht mehr klar abgegrenzt erscheinen. Schreibt Will ihre Realität? Warum empfiehlt ihre Buchhändler-Freundin explizit keine Will-Bücher, zum Wohle ihrer Kunden?
Ich bin begeistert, wiederum, von Wolfgang Popp, den ich mit „Wüste Welt“ entdecken konnte (ähnlich empfehlenswert, ähnlich doppelbödig, wenn auch sehr subtil). Die beiden Bücher sind die beiden Endpunkte einer Art loser Trilogie – absolut ohne gleiche Personen und eher hinsichtlich des Wirklichkeitsansatzes zusammengehörig, wie ich ohne Kenntnis des Bandes zwei jetzt vermute. Sprachlich ist der Text, Popp immer, die reine Freude. Da wird die Kommissarin beschrieben durch „Während sie in Wills Roman weiterlas, rührte sie gedankenverloren in der Tasse. Nicht, dass Zucker in der Tasse gewesen wäre, sie hasste gesüßten Kaffee, aber das Rühren gehörte zum Frühstück, genauso wie der Espresso selbst, die Zigarette oder ein grüner Apfel. Manchmal fehlte der grüne Apfel aber auch.“ S. 23. An die Tür heften würde ich mir, als Haustier-Besitzerin und Christin völlig ungerührt, aber: „Tierfreunde und Gläubige tickten ja auch ähnlich. Beide redeten sie ins Blaue hinein. Die einen mit etwas, das sie nicht verstand, die anderen mit etwas, das es nicht gab.“ S. 67 Herrlich! Nicht meine Meinung, aber absolut köstlich!
Für wen ist das etwas? Das ist etwas ganz eigenes – ich dachte zwischendurch an „Mr Gwyn“, „Sophies Welt“ und an „Das Bildnis des Dorian Gray“, um so eine Richtung anzudeuten, wie gesagt, aber dabei ganz eigen. Und ganz genial. Leseempfehlung für den Österreicher.
Musik dazu und daraus:
https://www.youtube.com/watch?v=cC4SBm7gQys Morrissey You have killed me
Und: O fortuna, Carmina Burana (persönlicher Tipp: Alles davon!) Als Idee für die Untermalung zum Sex definitiv mal etwas anderes als "You can leave your hat on"