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Veröffentlicht am 21.01.2017

„Mit Dank von uns zurück“

Ein Mann namens Ove
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„Mit Dank von uns zurück“, so heißt es gegen Ende des Buches und so empfinde ich auch als Leser.

Wenige Bücher kann man mit so gutem Gewissen verschenken, an Alt und Jung, die Freundin oder den Kollegen ...

„Mit Dank von uns zurück“, so heißt es gegen Ende des Buches und so empfinde ich auch als Leser.

Wenige Bücher kann man mit so gutem Gewissen verschenken, an Alt und Jung, die Freundin oder den Kollegen oder es selbst mit sonst eher etwas sehr rationellen Männern in der Hörversion auf einer Autofahrt genießen. Bislang haben Buch oder Hörbuch jedem gefallen – vielleicht ist die Geschichte nicht für sehr junge Erwachsene geeignet, da die Erfahrungen von Verlust, Weitermachen doch häufig erst mit einigen wenigen Jahren mehr gemacht werden.

Ove ist einfach speziell. "Es war fünf vor sechs am frühen Morgen, als Ove und die Katze das erste Mal aufeinandertrafen. Die Katze mochte ihn von Anfang an nicht. Was absolut auf Gegenseitigkeit beruhte." S. 15 In der Hörbuchversion passte die sehr trockene Art, in der Heikko Deutschmann den Text vorträgt, perfekt.

Autor Fredrik Backman strukturiert den Text sehr durch, Kapitel beginnen meist mit „Ein Mann namens Ove“ und dann dem Thema, von „Ein Mann namens Ove kauft einen Computer, der kein Computer ist“ über „Ein Mann namens Ove und ein Mann namens Rune“. Ove liebt Routine und Ordnung und da passen die Wiederholungen. „Ove fand nicht, dass er ein hoffnungsloser Fall war. Er fand nur, dass ein bisschen Ordnung herrschen sollte.“ S. 95 Ein ums andere Mal entlockte mir diese Technik Lachen, Schmunzeln oder auch Rührung. Auch mit der Geschichte, mit dem Hintergrund rückt der Autor nur stückchenweise heraus, einige Informationen wirken auf den ersten Blick ganz harmlos, so wie die Spuren auf Oves Fußboden.

Vieles, was Ove tut, hat er einfach immer so getan. Hinter anderem stecken Verluste seines Lebens. Das wichtigste für Ove war immer seine Frau, Sonja. „Ove ist ein Mann aus Schwarz und Weiß. Und sie war seine Farbe. All seine Farbe.“ S. 49. Und man lernt: die kluge Frau schickt ihren Mann nach draußen, damit er sich abreagiert, zum Beispiel zum Rasenmähen. Andere Weisheiten entfalten ihre Macht besonders im Zusammenhang mit dem jeweiligen Geschehen. "Wir fürchten den Tod, doch die eigentliche Angst vieler Menschen ist die, dass er jemand anderen trifft. Die größte Angst ist immer die, dass der Tod uns stehenlässt. Und wir einsam und allein zurückbleiben."

Natürlich möchte in der Realität niemand von seinem Nachbarn dauernd zur Einhaltung von Regeln belehrt werden, aber genauso wenig möchte man doch auch Nachbarn haben, denen z.B. der Lärmschutz völlig egal ist. Natürlich gibt es einfach brummige Menschen ohne großes Herz und Alte, die einsam sterben. Natürlich gewinnt Backman mit seinem Ove wohl nicht den Nobelpreis für Literatur – aber beide gewinnen mein Herz. Die Geschichte ist herzergreifend schön. Und vielleicht wird man darüber hinaus noch dankbarer für die Personen, die Farbe ins eigene Leben bringen…

Veröffentlicht am 20.01.2017

Zefix! Sehr unterhaltsamer klassischer Krimi mit Humor und viel Lokalkolorit

Fastenopfer
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Wenn der Verwalter des Tilly-Benefiziums direkt vorm Tilly-Gemälde in der Kapelladministration von Altötting ermordet wird, dann muss ich da erst einmal ein wenig nachschlagen. Tilly geht ja noch, aber ...

Wenn der Verwalter des Tilly-Benefiziums direkt vorm Tilly-Gemälde in der Kapelladministration von Altötting ermordet wird, dann muss ich da erst einmal ein wenig nachschlagen. Tilly geht ja noch, aber so im Detail…

Der Beginn des Buches verweist auf das Tilly-Benefizium. Max Kramer und Fritz Fäustl von der Mordkommission Altötting kommen bei ihren Ermittlungen nicht voran. Da gibt es Nepomuk, der zu Beginn ordentlich verprügelt und bedroht wird, seinen Spezi, der angstvoll schweigt, eine Witwe mit einem schlimmen Verdacht, eine Staatsanwältin, die im falschen Bett erwacht, eine Jugendliebe, die dummerweise kurzzeitig Nonne werden will – und noch so einiges mehr. Ich habe mitgerätselt bei diesem durchaus klassischen Whodunnit ohne großartiges Blutvergießen oder viel Brutalität und ich fühlte mich gut unterhalten - dafür sorgen auch diverse Nebenhandlungen, die teils einen spöttisch-humorigen Unterton mit in die Handlung tragen. Erst die Ungeschicklichkeit eines neuen Mitarbeiters in der Spurensicherung beim Sichern eines Bluttropfens bringt die Ermittlungen voran.

Die Charaktere sind aber auch einfach herrlich verschroben, vor allem die Haushälterin Fräulein Schosi des Monsignore Hirlinger, die diesen auf Biegen und Brechen (sic!) zur kohlenhydratfreien Ernährung bekehren will. Da lässt sie sich schon einmal vom Apotheker mit Medizin versorgen, der hochprozentigen, Bio natürlich. „Der Monsignore war entsetzt. Kaum, dass Fräulein Schosi irgendetwas nicht in den Kram passte, reagierte sie wie ein pubertierendes Mädchen. Um nicht ausfällig zu werden, begann er in seinem Kopf wieder eine beruhigende Zahlenreihe aufzusagen. Unterdessen erwachte Fräulein Schosi aus ihrer Starre und setzte zeitlupenartig das Glas ab, aus dem sie gerade hatte trinken wollen.
»Das sin alles Arzneien, mein Magen braucht des jetzt«, erklärte sie mit einem schiefen Lächeln und glasigen Augen.
»… neun, zehn.« S. 111f. Hicks!

„Fastenopfer“ ist handelt nicht nur in Altötting, der Autor Anton Leiss-Huber stammt von dort. Und auch wenn ich sonst mit dem Genre des Regionalkrimis ein wenig hadere, wenn zum Beispiel Deutsche unter teils falschem Namen Provence-Krimis schreiben mit großzügigem Streuen von Orten, Gerüchen und Weinen, passt der Begriff kaum besser als hier, selbst das Thema wirkt auf mich Nordlicht bayrisch. Des g'hört so und ich hielt das Buch gern und meist mit einem Schmunzeln in der Hand.

Wer gerade nicht alles zu Tilly parat hat - https://de.wikipedia.org/wiki/JohannT%E2%80%99Serclaesvon_Tilly
der Part zu Altötting findet sich recht weit unten (Stand 19.01.2017): „Bis zum Januar 2009 wurde in der Stiftskirche von Altötting täglich um 7:00 Uhr eine Messe für Tilly gelesen. Ein jeweils eigens dafür eingesetzter Geistlicher tat dies auf Bitten Tillys, der 1632 einen Betrag von 6300 Gulden für dieses Benefizium gespendet hatte, auf dass die Messe „bis in alle Ewigkeit“ für sein Seelenheil gelesen werden sollte. Nach 380 Jahren wurde das Tilly-Benefizium vom Passauer Bischof Wilhelm Schraml abgeschafft, da das von Tilly gespendete Stiftungsvermögen trotz Zinsenerlösen längst aufgebraucht sei.[15]“ Und weiter: Ein Benefizium bezeichnet ebenfalls lt. Wikipedia das mit Einkommen verbundene Kirchenamt, siehe Pfründe.

Veröffentlicht am 19.01.2017

„Hier regierten Dreck, Verzweiflung und Hunger.“

Engelsschmerz
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Eine Frau sitzt gefesselt auf einem Küchenboden. Es ist kalt, es ist nichts zum Essen da – und dann der Gestank. Das Blut. „Hier regierten Dreck, Verzweiflung und Hunger.“ S. 10

Das ist wahrlich keine ...

Eine Frau sitzt gefesselt auf einem Küchenboden. Es ist kalt, es ist nichts zum Essen da – und dann der Gestank. Das Blut. „Hier regierten Dreck, Verzweiflung und Hunger.“ S. 10

Das ist wahrlich keine gute Situation – aber ein perfekter Ausgangspunkt für einen spannenden Thriller. Hätte die 23jährige Jule, Studentin in München, doch bloß auf ihre Mutter in der fernen Heimat Münster gehört. Doch da die Mutter durchaus große Teile ihres Lebens eher auf Jule ausgerichtet hatte, warf sie ihr lieber vor, zu sehr „Glucke“ zu sein. Doch jetzt ist die Mutter diejenige, auf die sie zählt.

Ulrike Ziegler sucht in München nach ihrer Tochter. Sie weiß, dass diese nicht so einfach verschwunden wäre – und auch bei ihrem Job ist sie so lange nicht mehr aufgetaucht, dass sie entlassen wurde. Da gibt es ihren Freund Tim. Und ihre Freundin Lena. Und ihren Nachbarn Martin. Ulrike muss sich sehr bemühen, bei der Polizei einen Ansprechpartner zu finden, der ihr Glauben schenkt – zu oft hat sie sonst ihren Mann vorgeschickt. Sie ist keine Kämpferin – und auch eher kein Mensch, der mit Schwierigkeiten gut klar kommt. Zwischendurch erleben wir Jule in ihrer Angst. „Sie brach erneut in Tränen aus. Sollte das wirklich alles gewesen sein? Ihr ganzes Leben? Diese wenigen Jahre? Trauer überwältigte sie. Darum, vielleicht nie mehr die Chance zu bekommen, zu leben, zu lieben, etwas anders, besser zu machen, ihr Leben in die Hand zu nehmen.“ S. 145

Was wirklich geschickt ist: ab einem gewissen Zeitpunkt weiß der Leser mehr. Aber die Zusammenhänge fehlen und damit bleibt die Spannung, abgesehen von der inzwischen immer weiter um Unterstützung suchenden Mutter. Und dann dreht Autorin Martens noch damit auf, wozu Menschen fähig sein können, Täter wie Opfer, ungewöhnlich in der letzten Konsequenz. Ein harter Thriller, bei dem noch draufgelegt wird, wenn man schon denkt, dass kann nicht noch heftiger werden. Nicht geeignet für Leser, die empfindlich reagieren bei jeglicher Art von Sadismus.

Engelsschmerz ist einzeln erhältlich oder als Bestandteil des ebooks „Midnight Thrill“ zusammen mit 2 weiteren Thrillern von anderen Autoren. Ich habe letzteres gelesen, rezensiere aus Fairness gegenüber den Autoren jedoch einzeln und verlinke unter „Midnight Thrill“.

Wohltuend wieder bei Anna Martens (dieses ist meine „Folgetat“, nachdem ich von „Blinde Schatten“ doch sehr angetan war): die Protagonisten haben „normale“ Namen, ihrem Alter entsprechend. Jule Ziegler, Tim Kruse – die Mutter heißt Ulrike. Es gibt Handlungsorte – niemand wird im luftleeren Raum krimininell – aber nicht dieses „Regionalkrimi-Gehabe“. Und das Lektorat ist, was mir sonst gerne bei Selfpublishing missfällt, recht sorgfältig. Meine absoluten Favoriten sind in dem Buch allerdings Annette Kirchgessner und Dr. Carter!

Veröffentlicht am 18.01.2017

Überschrift „Nicht behindert, sondern „Leistungs-gewandelt“

Mein Blind Date mit dem Leben
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(Zitat nach S. 11) Sali bekommt gesagt: „…bei dir darf man nicht von Behinderung sprechen, sondern es ist eine Leistungswandlung.“

„Es muss funktionieren. Geht nicht, gibt es nicht.“ S. 82 Bei einem Schulreferat ...

(Zitat nach S. 11) Sali bekommt gesagt: „…bei dir darf man nicht von Behinderung sprechen, sondern es ist eine Leistungswandlung.“

„Es muss funktionieren. Geht nicht, gibt es nicht.“ S. 82 Bei einem Schulreferat kann der 15jährige Saliya genannt Sali seine eigenen Notizen nicht sehen, im Familienurlaub am gegenüberliegenden Berg praktisch nichts wahrnehmen – der Teenager ist bald beinahe blind wegen Netzhautablösung, ohne bekannte Ursache. Durch Einsatz von Mutter und Freunden, die ihm vorlesen, was er auswendig lernt, schafft er dennoch das Abitur, will in die Gastronomie. Als er 19jährig ins Berufsleben eintritt, verheimlicht er sein Augenproblem (denn: „… ich hatte nicht gelernt, behindert zu denken und mich behindern zu lassen.“ S. 38). Er lernt weiter auswendig, memorisiert Wege, zählt Schritte, übt besessen, fängt früher an, arbeitet länger und nutzt Tricks, stets mit nur wenigen Eingeweihten, von denen er vielen nur sagt, er könne nicht so gut sehen – speziell bei Frauen greift er lieber zur „Salami-Taktik“.

Ich hatte Saliya Kahawatte, Sohn einer deutschen Mutter und eines Vaters aus Sri Lanka, vor längerer Zeit in einem beeindruckenden Tnterview gesehen, daher musste ich dieses Buch unbedingt lesen. Beeindruckend schildert er in seiner Autobiographie seinen Werdegang mit all den Tricks. Doch da kommt kein „blinder Supermann“ – die Mehrarbeit und die Lügen, die letztlich an Selbstverleugnung grenzen, fordern ihren Tribut durch die permanente Überforderung – Saliya kompensiert erst mit Alkohol, später kommen weitere Probleme.

Ohne Selbstmitleid oder Selbstgefälligkeit schildet der inzwischen als erfolgreicher Coach arbeitende Autor seine Geschichte, von der sich viele Sätze einprägen, geradezu einbrennen. Sein Vorbild wirkt inspirierend – es gelingt Kahawatte, durch sein von Höhen und Tiefen bestimmtes Leben zu vermitteln, dass Selbstmitleid nicht hilft – dass aber Rückschläge und Verzweiflung durchaus menschlich sind, aber überwindbar.

Ernüchternd hingegen Salis Erfahrungen, sobald er doch nicht mehr selbstbestimmt sein Leben entscheidet, sondern sich sogenannten Beratern der verschiedenen Sozialsystem anvertraut „Ich fand es wahnsinnig traurig, zu erfahren, was aus Menschen wird, denen von Kindesbeinen an eingebläut wird, sie seien zu nichts zu gebrauchen. Wer immer nur hört: »Das kannst du nicht«, der ist irgendwann selbst davon überzeugt.“ S. 140 Dazu mahlen die behördlichen Mühlen fast immer langsam (was nicht nur eine Erfahrung von Blinden oder Sehbehinderten sein dürfte).

Fast am Rande gibt er wertvolle Tipps zum Umgang, von früher Ko-Edukation beziehungsweise Integration in Schule und Ausbildung bis hin zu alltäglichem: „Hat ein Sehender den Eindruck, dass ein Blinder vielleicht Hilfe braucht, dann gibt es genau drei Fragen, die angebracht sind: Brauchen Sie Hilfe? Welche Hilfe? Möchten Sie sich einhaken oder möchten Sie neben mir hergehen?“ S. 47 Er lässt mich als Sehende nachvollziehen mit Kommentaren wie „Seitdem ich den Augenfehler nicht mehr verheimliche, gehört die Frage »Was sehen Sie?« zu meinem Alltag.
….Deshalb verzichte ich auf die Gegenfrage, die sich mir aufdrängt: »Was hören Sie?« Ich weiß ja, dass andere weniger hören als ich, und würde gerne erfahren, was ihnen entgeht.“ S. 11.

Das fix und leicht zu lesende Buch empfehle ich als Gewinn für jeden und freue mich schon auf die Verfilmung, die am 26. Januar 2017 startet. Weiß jemand von einer Preview???

Veröffentlicht am 16.01.2017

Eiskalt

Minus 18 Grad
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„Die eigene Wohnung ist der häufigste Mordschauplatz. Dort ist man nicht nur am angreifbarsten, sondern auch allein, und es kann so gut wie alles geschehen, ohne dass es jemand mitbekommt.“ S. 70 Dieser ...

„Die eigene Wohnung ist der häufigste Mordschauplatz. Dort ist man nicht nur am angreifbarsten, sondern auch allein, und es kann so gut wie alles geschehen, ohne dass es jemand mitbekommt.“ S. 70 Dieser Gedankengang aus dem Buch gehört noch zu den Harmloseren.

Da wird die schwedische Kripochefin von Helsingborg beim Autofahren von einem anderen Fahrer angerempelt und liefert sich mit ihm daraufhin eine wilde Verfolgungsjagd, die für den anderen im Wasser endet – und aus dem Auto wird eine Leiche gezogen, die anscheinend sehr lange tiefgekühlt war. Dummerweise wurde der wohlhabende Tote von Zeugen vor kurzem quicklebendig gesehen – wie passt das zusammen? Parallel zu diesem immer verzwickteren Handlungsstrang kommt ein zweiter im auf der anderen Seite des Öresunds in Dänemark liegenden Helsingør. Dort wurde ein obdachloser Junkie mit schwersten Verletzungen gefunden, nachdem eine junge ebenfalls süchtige Frau mit blutbeschmiertem Oberkörper auf der Straße herumgeirrt war.

Während die schwedischen Ermittler in den eigenen Reihen zusätzliche Sorgen haben wie Alkoholismus, schwierige Teenager-Kinder und Eheprobleme, die sich im weiteren Verlauf als noch fast harmlosere Nöte herausstellen werden, kommt es bei ihren Nachforschungen bald zu einer Eskalation. Ihre dänischen Kollegen haben hingegen zu kämpfen mit missgünstigen Vorgesetzten, inkompetenten Kollegen und den Tiefen des Darknet. Gibt es Zusammenhänge?

Die Lektüre von „Minus 18°“ war ein Genuss. Die Grundidee(n) des Krimis, der sich in weiten Strecken eher wie ein Thriller liest, war(en) einmal etwas anderes, jenseits der ausgetretenen Pfade. Das Erschreckende daran ist, dass beide kriminelle Grund-Handlungen realistisch sind. Virtuos jongliert Anhem mit den verschiedenen Fäden und schafft es, alles entwirrt zu bekommen. Ich suche ja wirklich gerne nach dem einen Widerspruch, habe bei zwei für mich Fragen aufwerfenden Punkten zurück- und quergelesen – und musste kapitulieren: Schlüssig durchkonstruiert. Auch für das Thema „beschädigter Ermittler“ fand der Autor angenehme Neu-Interpretationen.

Der Roman ist Stefan Anhems dritter mit dem gleichen Personal, für mich der erste, was wider Erwarten angesichts der anfangs sehr nebulösen Andeutungen zu Therapiesitzungen von Theodor sehr gut lesbar war. Anhem verweist auf die Vorgänger und löst häppchenweise so viel auf, wie unbedingt nötig, was gut ist für Neu-Einsteiger – er wiederholt nicht ganze Vor-Bände, was für „Alte Hasen“ sicher langweilig wäre; ein sehr guter Kompromiss (der, ja, natürlich durchaus „anfixt“ zum Weiterlesen). Und die Liste musikalischer Anspielungen hat dieses Mal besondere Freude gemacht.