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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.01.2017

Toll die Auseinandersetzung mit dem Organspende-Thema - leider etwas schwach umgesetzt

Mein Herz wird dich finden
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Ich verschenke möglichst nur Bücher, die ich selbst gut finde (vom Fachbuch für ein mir völlig fremdes Thema abgesehen). Dieses Buch war entsprechend als Geschenk gedacht – endlich nicht Vampir oder Werwolf. ...

Ich verschenke möglichst nur Bücher, die ich selbst gut finde (vom Fachbuch für ein mir völlig fremdes Thema abgesehen). Dieses Buch war entsprechend als Geschenk gedacht – endlich nicht Vampir oder Werwolf. Nach meiner Erwartung aus dem Klappentext sollte es aber auch „mehr“ sein als „nur“ eine Liebesgeschichte dank der Verflechtung mit den wichtigen Themen Organspende und Trauer nach Verlusten.
Das Buch ist leicht lesbar geschrieben – aber verschenken werde ich es nicht. Eher vielleicht „Beim Leben meiner Schwester“ von Jodi Picault, am besten Buch UND DVD, wegen des sehr unterschiedlich umgesetzten Endes gibt das viel mehr Anlass, über das Thema nachzudenken.


Positiv ist, dass das Thema Organspende überhaupt angesprochen wird – und das durchaus mit einigen Details: zwingende lebenslange Einnahme von Medikamenten gegen Abstoßungsreaktionen, bleibende Ängste von Empfänger und teils auch Spender/-Nachkommen.


Mia liebt Jacob bis zu dessen Unfalltod. Seine Organe werden gespendet. Mia sucht alle Empfänger kennenzulernen. Der Empfänger des Herzens meldet sich nicht. Sie sucht auf eigene Faust und findet ihn: Noah.
Glaubhaft fand ich Noah: Von Mia glaubt er, dass sie nur ihn sieht, nicht seine Krankheits-Vorgeschichte, wie seine „alten“ Freunde oder die Familie. Er möchte gesund sein, endlich leben.
Negativ sehe ich hingegen Mia: sie setzt sich über Noahs Wunsch hinweg, keinen Kontakt zu den Hinterbliebenen des Spenders haben zu wollen. Ihre Art der Trauer finde ich völlig überzogen – natürlich gibt es keine „Vorschrift“, wie lange Trauer dauern darf, aber ganz ehrlich: Noahs Mutter hat ihren Sohn im Jugendalter verloren. Wieviel schlimmer kann Mias Trauer sein? Mias Suche nach allen Empfängern wirkt auf mich besessen. Was, wenn ein Krimineller ein Empfänger ist – oder einfach nur jemand, den sie einfach überhaupt nicht mag?


In der deutschen Übersetzung wurden sämtliche Namen der drei Protagonisten geändert, teils jedoch die zu den Originalnamen passenden Spitznamen (Noah) verwendet, was leider für Verwirrung sorgt. Es gibt sehr viele leere Stellen und sehr wenig Text in diesem Buch. Ansätze werden nicht ausgearbeitet, so als Noah sein Spenderherz riskiert: Gibt es einfach das Recht, so zu leben, wie man möchte (auch wenn das vielleicht nicht gesund ist), oder die Pflicht, vielleicht sogar eine Verantwortung gegenüber jenen, die Spender waren, Hinterbliebene sind, eventuell vergeblich auf ein Organ warten? Was wäre gewesen, wenn Empfänger trotzdem gestorben wären?


Schade. Bei dem Schreibstil wäre so viel mehr Inhalt möglich gewesen.

Veröffentlicht am 09.01.2017

„wer zehntausend Stunden einem seltenen Vogel nachjagt, kann aber vor einem leeren Ast enden“

Wüste Welt
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„Wer zehntausend Stunden Japanisch lernt, spricht anschließend fließend die Sprache, wer zehntausend Stunden Klavier übt, spielt anschließend Schuberts Requiem, dass den Zuhörern die Tränen kommen, wer ...

„Wer zehntausend Stunden Japanisch lernt, spricht anschließend fließend die Sprache, wer zehntausend Stunden Klavier übt, spielt anschließend Schuberts Requiem, dass den Zuhörern die Tränen kommen, wer zehntausend Stunden einem seltenen Vogel nachjagt, kann aber vor einem leeren Ast enden. Hat aber etwas. Dass du trotz aller Anstrengung erfolglos bleibst und dir dennoch keiner einen Vorwurf machen kann. Ein Scheitern ohne versagt zu haben.“ S. 153

„Wüste Welt“ von Wolfgang Popp enthält mehrere solcher sprachlichen Perlen auf nur 160 Seiten. Der Leser begleitet einen namenlosen Musiker auf der Suche nach seinem nur gut eineinhalb Jahre jüngeren Bruder, zu dem er lange den Kontakt mied. „Alle Blicke auf ihm, und mein Leben läuft in seinem Schatten ab.“ S. 84 Die Suche gestaltet sich als Schnitzeljagd, bei der das immer nächste Ziel durch den Vorausgegangenen vorgegeben wird oder sich aus dem Ablauf der Reise ergibt: eine SMS mit der Flugnummer, das Buch von Agatha Christie, das im Auto liegen gelassen wurde mit dem Hotel (passenderweise „Der Schritt ins Leere“ von der Queen of Crime), die Brille, zufällig erspäht beim Blick zur Seite, ja, sogar die Begegnungen, wenn der Ältere von der Strecke abweicht.

Zufälle? Die Zufälle häufen sich – wären das nur einzelne, würde ich die Handlung als unglaubwürdig beschimpfen. In dieser Masse, mit dem unbekannten Ziel und Sinn wirkt das charmant, geheimnisvoll, macht neugierig, lädt ein. Die Brüder wirken miteinander verwoben, wie sonst nur in Erzählungen über eineiige Zwillinge durchgehalten. Wer läuft da bis nachts um 4 Uhr durch den Regen? Und dann gibt es die Suche nach den Geistern... Hier entfaltet sich das, was zum Ende Fragen offen lässt, nachdem zuvor (vielleicht?) nur die andere Seite der Medaille gezeigt werden sollte.

Ich gebe auf jeden Fall eine Leseempfehlung für diese so völlig andere Geschichte, die mir das erste und eher unerwartete Lesehighlight des Jahres bescherte – auf die man sich allerdings auch einzulassen bereit sein muss in ihrer Mehrdeutigkeit. Laut Klappentext handelt es sich um den dritten Teil der „Trilogie des Verschwindens“ von Autor Popp, dessen erste beide Teile ich (noch) nicht kenne. Die Klappentexte der anderen Teile deuten keine fortgesetzte Geschichte an, also geht es wohl eher um eine thematische Verwandtschaft.

Ich denke, Mr Gwyn von Alessandro Baricco und dieses Buch könnten den gleichen Lesern gefallen.

Titel im Buch
Bonnie ‚Prince‘ Billy & The Cairo Gang: „Teach me to bear you“ https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch?v=UwI4y0_DGGA
Marlene Dietrich „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch?v=CsrzeV95maQ
Jacques Brel
Ferdinand (! der ältere Bruder von Franz!!) Schubert Requiem https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch?v=8zBkeSKZsDU
Bach Schöpfung

Veröffentlicht am 06.01.2017

„Grauenhafte Perfektion“

Für immer sollst du schlafen
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Die übliche Warnung diesmal vorab: es werden keine Gewalttaten mit sexueller Komponente oder Gewaltübergriffe selbst geschildet. Die Opfer bei diesen Ermittlungen sind jedoch dieses Mal junge Kinder und ...

Die übliche Warnung diesmal vorab: es werden keine Gewalttaten mit sexueller Komponente oder Gewaltübergriffe selbst geschildet. Die Opfer bei diesen Ermittlungen sind jedoch dieses Mal junge Kinder und Babys. Speziell das Kapitel „17. Juni“ stellt die Ermittlungs-Berichte dazu dar, die für mich kaum zu ertragen waren; der Rest des Buches konzentriert sich dann zum Glück mehr auf die – extrem spannenden – Ermittlungen.

Es ist Sommer, die Profiler-Kollegen aus London haben zu tun mit Leichen von Kindern, die auf einem Friedhof abgelegt aufgefunden worden, Andrea Thornton hat gerade eigentlich eher etwas Ruhe – bis man sie um eine Beurteilung zu Amy Harrow bittet, die versucht hatte, sowohl sie als auch Andreas Mann Greg zu töten. Dabei sind die Narben gerade halbwegs verheilt gewesen! Und dann wird Andrea auch in den Fall mit den toten Kindern hineingezogen. Warum hat niemand den Täter gesehen – schließlich verschwand ein Baby direkt aus dem Krankenhaus? Was ist die Motivation für die Taten? Warum fällt es so schwer, dem Täter ein Profil zuzuordnen? Und – waren das die ersten Taten? Sind weitere Kinder gefährdet?

Mit der Entwicklung bei den Ermittlungen hätte ich so nie und nimmer gerechnet. Dania Dicken vermittelt wieder solides Wissen um die Hintergründe für die Taten, sowohl mit Blick auf Amy Harrow zur Krankheit der gespaltenen Persönlichkeit bzw. dissoziativen Identitätsstörung als auch zum aktuell aktiven „Yorkshire Infant Ripper“, die dann auch die Verwirrung beim Profiling erklären. Dabei ist gerade das Ende geradezu nervenzerfetzend, als es gilt, schlimmeres zu verhindern. Doch das ist dieses Mal bei weitem nicht alles.

Es gibt Ärger – und zwar so richtig. Bislang boten die Bände von Autorin Diana Dicken um ihre Protagonistin, die aus Deutschland stammende Profilerin der britischen Polizei Andrea Thornton, zwischendurch ein wenig „Erholung“ im privaten Umfeld. Diesmal: Fehlanzeige. Zuerst schlägt ein privates Unglück in ihrem nächsten Umfeld ein, dann setzt ihr Mann Greg sie unter Druck, weil er ihren Beruf nicht mehr akzeptieren kann. „Du bist total besessen von dem, was du da tust, aber dahin kann ich dir nicht folgen!“ S. 82 Was Greg da bewegt, kann man vielleicht noch durchaus nachvollziehen – welche Handlungen er aber daraus herleitet, ist schon eine ganz andere Sache. Und auch das Handeln von Andrea selbst wirft nicht nur in Bezug auf Greg einige Probleme auf.

Hardcore, nervenaufreibend, gut recherchiert und lehrreich – dazu Menschen, die vielleicht nicht ihre besten Entscheidungen treffen, aber gerade dadurch glaubhaft sind mit ihren Ecken und Kanten. Ich möchte zwar auf keinen Fall weitere Bücher lesen, in denen (Klein-) Kinder in dieser Form zum Opfer werden (das Problem hatte ich bereits mit Band 1 der „Post Mortem“ – Trilogie), aber sonst wurde hier alles richtig gemacht, was man so von einem Thriller erwarten kann.

Veröffentlicht am 05.01.2017

…zu richten die Lebenden und die Toten…

Die Lebenden und die Toten (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 7)
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…zu richten die Lebenden und die Toten, mit diesem Ziel ist er angetreten, ein Täter, der sich selbst „der Richter“ nennt. Sein erstes Opfer ist die ältere Ingeborg Rohleder, die erschossen wird beim Gassiführen ...

…zu richten die Lebenden und die Toten, mit diesem Ziel ist er angetreten, ein Täter, der sich selbst „der Richter“ nennt. Sein erstes Opfer ist die ältere Ingeborg Rohleder, die erschossen wird beim Gassiführen des Hundes. „In Memoriam Ingeborg Rohleder. Ingeborg Rohleder musste sterben, weil sich ihre Tochter der unterlassenen Hilfeleistung und Beihilfe zur fahrlässigen Tötung schuldig gemacht hat. Der Richter.“ S. 101 Es bleibt nicht bei der einen Leiche – weitere Tote folgen, scheinbar wahllos hingerichtet durch Kopfschuss. Panik bricht aus unter der Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet, und das kurz vor den Weihnachtstagen! Pia Kirchhoff und ihr Chef Oliver von Bodenstein ermitteln mit ihrem Team, stark eingeschränkt durch Jahresende, Grippewelle und Urlauber kommen sie bald körperlich an ihre Grenzen, ohne erste Erfolge. Der erste Tote ohne Kopfschuss bringt die Ermittler auf die richtige Fährte. Doch als ich als Leserin mit einer baldigen Aufklärung rechnete und noch einiges an Seiten vor mir hatte, legte Autorin Neuhaus erst so richtig los…

Der nach meiner Meinung beste Band der Reihe bietet mehr Themen als zuerst gedacht – was als Ermittlung nach einem vermeintlichen Sniper beginnt, birgt noch so einiges mehr; aber ich möchte bewusst nicht zu viel verraten. Wie immer bei Nele Neuhaus gibt es bei den Ermittlungen viele viele Namen – allerdings werden die Personen, Opfer und Verdächtige, jeweils so geschickt gruppiert eingeführt, dass es leicht fiel, den Überblick zu behalten. Zur Sicherheit habe ich aber eine Tabelle erstellt. Die Spannung wird durch die doch nicht wenigen Seiten durchgehend hoch gehalten, ja, häufig noch gesteigert; ich fühlte mich beinahe wie in einem Thriller gebannt. Dabei tauchen keine Sexualdelikte auf und man trifft nicht auf einen gestörten Sadisten, meine übliche Bemerkung für diesbezüglich empfindliche Leser.

Begeistert hat mich die Recherche, die Frau Neuhaus zu medizinisch und ethisch nicht einfachen Fragen betrieben hat – zufällig hatte ich gerade ein Buch mit ähnlichem Grundthema gelesen und war dort enttäuscht worden. Die Informationen in „Die Lebenden und die Toten“ sind hingegen fundiert, umfassend und ausgewogen, auch in der Zwiespältigkeit zum angesprochenen Thema. Statt zu verunsichern, wird Wissen vermittelt – und ja, einige Ärzte gehen mit Patienten und Angehörigen bei Krankheit und Tod unsensibel vor. Von dieser Darstellung im Buch bin ich geradezu begeistert; auch die sonstige Einblicke in die Polizeiarbeit wirken sehr solide. Geradezu liebgewonnen habe ich seit vielen Büchen das übliche Ermittlerteam – immer wieder erfährt man auch als Leser der gesamten Reihe neue Hintergründe über die Kommissare, so bleibt es immer menschlich. Ich persönlich habe die Reihe nie chronologisch gelesen, somit halte ich einen Einstieg durch das beschriebene Vorgehen der Autorin jederzeit für möglich.

Ich habe dieses Mal wirklich nur als Schwachstelle gefunden, dass um S. 308 die Ermittler der Buchhalterin nicht mitzuteilen scheinen, dass ihr Chef sie NICHT versetzt hat (nicht, ich verrate nicht mehr – selbst lesen!). Volle 5 von 5 Sternen.

Ich habe übrigens zufällig das Buch praktisch zeitgleich zur Ausstrahlung des ZDF-TV-Zweiteilers gesehen – personell wurde die Umsetzung zwar etwas gerafft und besonders im zweiten Teil noch bezüglich der Handlung ein wenig geändert, aber insgesamt kann sich auch diese Version durchaus sehen lassen. Mir gefiel eigentlich nur nicht, dass die im Buch durchaus schlagfertige jüngere Schwester von Pia, Kim, im Film wesentlich schwächer rüber kam.

Eine Aufstellung zu Ermittlern und den Menschen, mit denen sie es dieses Mal zu tun haben, hängt an.

Veröffentlicht am 03.01.2017

Wie ein unglaubwürdiges Ende ein bis dahin spannendes Buch abstürzen lässt

Das Lazarus-Syndrom
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Der früher brillante Chirurg Dr. Johannes Krafft – genannt Joe the Butcher - hört beruflich gerne den Walkürenritt, am liebsten ohne Gesang – das ist noch der kultivierteste Teil seines Verhaltens. Den ...

Der früher brillante Chirurg Dr. Johannes Krafft – genannt Joe the Butcher - hört beruflich gerne den Walkürenritt, am liebsten ohne Gesang – das ist noch der kultivierteste Teil seines Verhaltens. Den Rest von Kultur versucht er, systematisch im Alkohol zu ertränken, hat jeden beruflichen Ehrgeiz eingetauscht gegen den ruhigeren Job in einem Organentnahmeteam und erwartet auch von den Menschen um ihn herum nicht, dass sie sich lange mit ihm abgeben werden. Joe ist nicht einfach nur Alkoholiker – er stürzte ab nach einem schlimmen Erlebnis.

Als ihn ein früherer Kommilitone um Hilfe bittet, findet er diesen nur noch tot auf – und sich selbst plötzlich als Verdächtigen. Dazu fallen ihm in seinem Arbeitsumfeld Ungereimtheiten bei der Organentnahme auf – und der Strudel der Ereignisse dreht sich schneller und schneller. Bald wird klar, dass er mit seinen Vermutungen in ein Wespennest krimineller Machenschaften gestochen hat, bei dem die Verantwortlichen vor nichts zurückschrecken.

Lange gefiel mir dieser sehr spannend geschriebene Roman gerade mit seinem oft recht zynischen Humor – so meint der ermittelnde Polizist zum betrunkenen Joe: „Ich darf im Dienst keinen Alkohol zu mir nehmen. Auch nicht über die Atemluft.“ S. 98 Der Autor führte mich bezüglich der Verdächtigen mehrfach perfekt aufs Glatteis, ich flog geradezu durch die Seiten.

Meine Wertung kommt trotzdem nur auf 3 von 5 Sternen, weil ich es einfach absolut satt habe, wenn man mir ein bis dahin toll geschriebenes Buch (davor „Stiefkind“, „Kollisionen“) durch ein abstruses Ende komplett zu verleiden mag. Mal ernsthaft – ein Killer, der sich einfach so plötzlich umentscheidet? Der noch dazu auf sehr praktische Weise dem Ende der Handlung fernbleibt (der Autor benötigt den Killer - Mist – jetzt muss ein Dreh ‘rein, der Killer wird anders benötigt - nicht mehr benötigt = weg)? Dazu haben zufällig der ermittelnde Polizist und ein Arzt in der gleichen Handlung das gleiche Sorgenthema in der Familie? Der Arzt kann der Erpressung nicht widerstehen, der Polizist hingegen kann das einfach so – obwohl das eigene Kind der Faustpfand ist? Und was mit Joes Mutter passiert, bewegt ihren Sohn so wenig?

Vertan fand ich auch den Umgang mit dem Organspendethema – der Autor hat ja seine Vorbehalte gegen Organentnahmen in der Diskussionsrunde deutlich werden lassen. Ja, der Hirntod ist eine Definition; der „Hirntote“ befindet sich aber in einem nicht umkehrbaren Zustand, wird von Maschinen „am Leben“ gehalten, um eben seine Organe am Leben zu halten – bei einem Toten sind auch die Organe tot. Sie können dem Toten allerdings auch nicht mehr nützen, hingegen für andere das (Weiter-)Leben erst ermöglichen. Ja auch: Wer als Angehöriger eines hirntoten Patienten plötzlich entscheiden soll, ob Organe gespendet werden, ohne sich je damit auseinander gesetzt zu haben, wird Probleme haben. Natürlich ist es „schöner“, wenn man das überhaupt so sagen mag, jemandem beim Übergang vom Leben zum Tod Zeit zu lassen, vielleicht die Hand zu halten. Oft wird das gehen –bei Kranken, Alten (oft ist dann aber niemand da). Organspende ist so nicht möglich (auch nicht bei den Kranken, Alten – wie immer noch die meisten von uns sterben). Im Falle eines Falles möchte aber fast jeder dann doch Organ-Empfänger sein. "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass" – wir können diesen Wunsch artikulieren, wollen aber nicht über das eigene Sterben nachdenken, reden – das hilft nicht. Auch nicht unseren Angehörigen im Falle eines Falles. Und Missbrauch ist letztlich nur möglich, wenn – weil! - zu wenige Spender zur Verfügung stehen. Organhandel mit Menschen aus den ärmsten Ländern der Welt ist nur eine Folge. Hier aufzuklären statt weiter Angst zu verbreiten hätte mir besser gefallen (auch bei den Missbrauchsfällen zur Organentnahme in Deutschland wurde niemand wegen seiner Organe zu früh für tot erklärt oder ermordet – man hatte die Priorisierung eigener Patienten in der Empfängerliste stattdessen nach oben verschoben und damit das Leben der dadurch als weniger dringend eingestuften Wartenden riskiert; das Falsche getan mit den besten Absichten für den eigenen Patienten – hier wurde das „Priorisierungssystem“ dahingehend geändert, keinen vielleicht zu „involvierten“ Arzt mit entscheiden zu lassen).

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