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Veröffentlicht am 02.08.2020

Auf den ersten Blick spannend – beim Nachdenken extrem viele Schwächen

Letale Dosis
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Bislang der beste der Reihe – leider mit so einigem, was nicht passt.

In der (fiktiven) christlichen Religionsgemeinschaft „Kirche des Elohim“ stirbt einer der Amtsträger auf mysteriöse Weise nach seiner ...

Bislang der beste der Reihe – leider mit so einigem, was nicht passt.

In der (fiktiven) christlichen Religionsgemeinschaft „Kirche des Elohim“ stirbt einer der Amtsträger auf mysteriöse Weise nach seiner Insulindosis. Sie war mit Gift versetzt, einem exotischen noch dazu. Die Ermittlungen gestalten sich als schwierig: von seiner Familie und Gemeinschaft wird der ermordete Rosenzweig geradezu als Heiliger beschrieben, doch in seiner Firma hielt man in eher für einen Schürzenjäger und Tyrannen.
HK Julia Durant und ihre Kollegen Kullmer und Hellmer dringen ein in eine sehr traditionelle Gemeinschaft, in der so einiges anders ist als es scheint. Der Tote wird nicht das einzige Opfer bleiben – doch wo liegt das Motiv?

Tja. Wo liegt das Motiv. Letztlich bleibt diese Frage, wenn man über das Buch genau nachdenkt.
Dieser dritte Band der Reihe ist nach meiner Meinung der erste, der wirklich recht spannend ist und auch die Thematik etwas variiert – nur etwas, die Folgen von Kindes- und Machtmissbrauch bleiben irgendwie kleben, der Autor erspart uns nur die große große Verschwörungs-Geheimorganisation, immerhin.

Es gibt wieder sehr viel Fülltext, zum Beispiel, wie Julia Durant sich im Bad verhält (Deo, etwas Makeup, sie entleert ihre Blase), was sie frühstückt (Milch, Cornflakes, Zucker darauf, Kaffee, Zigarette), was es mittags gibt (häufig Currywurst, Bier, Zigarette), was abends (Brot, Salami, Gurke, Bier, Zigarette). Das zieht sich leider durch jedes Buch, mehrfach; es ist langweilig, banal. Wieder saufen und rauchen sich alle durch die Seiten – bis auf Hellmer, der ist jetzt mit Nadine verheiratet, die nach einer Fehlgeburt wieder schwanger ist. Seltsamerweise trinkt er bei der abendlichen Grillfeier, zu der er und seine Frau Julia eingeladen haben, ein Bier?! Klappt eigentlich nicht bei trockenen Alkoholikern, entweder oder. Chef Berger säuft heimlich aus der Flasche im Schreibtisch. Alle fahren Auto mit „Sprit extra“. Allerdings hat man das zu der Zeit tatsächlich auch getan, das ging, bis man dafür seinen Führerschein verlieren konnte. Die Raucherei ist ebenso zeitgemäß.

Julia Durant erweist sich leider häufig als unhöflich oder zickig. Da fragt sie die Ärztin nach ihrer Meinung, lauscht der Antwort, fragt nach - und unterbricht sie dann. Ziemlich häufig steht da „sagte Durant kühl“ oder ähnliches. Dauernd unterbricht sie jemanden. Wohlgemerkt: einen nervigen Kollegen unterbrechen oder einen Wichtigtuer, meinetwegen; aber sie unterbricht auch Zeugen, auf deren Kooperation sie dringend angewiesen ist, für die sie eine angenehme Atmosphäre schaffen müsste. Auf der anderen Seite fragt sie sich häufiger (wie auch einige andere Frauen im Buch sich ähnliche Fragen stellen), was SIE denn getan habe – damit der Mann sich nicht bei ihr glücklich fühlt, um die Essenz der Zweifel wiederzugeben. Willkommen in den Fünfzigern?!

Das bislang könnte man ja noch als persönliche Verlieben abtun. Dicke kommt es aber bei dem Fall. Wenn er geklärt ist, weiß man, dass eine Protagonistin aus dem Buch anscheinend ganz bewusst als Erwachsene eine sexuelle Beziehung mit ihrem eigenen Vater aufnahm – wobei er immerhin die Entschuldigung hatte, nicht zu wissen, dass sie seine Tochter ist. Sie wusste Bescheid. Sorry, das „kaufe“ ich nicht.
Dazu passt es vom Ende der Geschichte her nicht, dass die Ärztin zu Beginn auf ihren Verdacht hinwies, noch dazu auf Gift.
Dann stellt sich die Frage mit der Frau im Pflegeheim – warum war sie in einer Situation, von einem Mitglied der Gemeinschaft unter Druck gesetzt werden zu können, war sie selbst in der Kirche? „Einfach“ nur sehr halbwegs jung (17) schwanger, das ist nun zu der Zeit längst nicht mehr so ungewöhnlich.
Und als letztes: kann mir jemand erklären, warum es nicht nur das zeitlich erste und letzte Mordopfer gab? Die anderen sind ja anscheinend mitnichten direkt für das Täter-Leid verantwortlich, selbst indirekt maximal sehr sehr sehr indirekt – eher im Sinne von „sie waren auch Schweine“ oder „sie haben ihrem Mitbruder bei der Vertuschung geholfen“. Das taten aber auch die Familien, die Mütter, die gesamte Gemeinschaft, die nichts kontrollierte, nicht einmal die Geldflüsse. Ach, und als allerletztes: Welche Bedeutung hatte der Bär aus dem Abschiedsbrief?

Darüber hinaus ist hier etliches unprofessionell: Julia diskutiert ihren Fall mit ihrem Liebhaber, mit ihrem Vater, mit der Frau ihres Kollegen; darüber gibt sie weitere Informationen an diverse Mitglieder der Gemeinde. Ihr Chef Berger weiß, dass sie durch ihren Liebhaber persönlich involviert ist und er weiß zumindest, dass sie den Fall mit ihrem Vater diskutiert – das erzählt sie ihm nämlich. In der normalen Welt hätte man sie vom Fall abgezogen und sie hätte mindestens eine Abmahnung kassiert.

3 Sterne. Guter Ansatz, da hätte besser lektoriert worden sein müssen.

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Veröffentlicht am 02.08.2020

12 weiße Lilien, viele Zigaretten und Bier

Das achte Opfer
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Das achte Opfer von 1999 ist der zweite Band der in und um Frankfurt am Main handelnden Reihe um Hauptkommissarin Julia Durant. Diese bekommt hier einen merkwürdigen Brief mit Bibelzitaten, der in ihr ...

Das achte Opfer von 1999 ist der zweite Band der in und um Frankfurt am Main handelnden Reihe um Hauptkommissarin Julia Durant. Diese bekommt hier einen merkwürdigen Brief mit Bibelzitaten, der in ihr eine düstere Vorahnung heraufbeschwört. Und wirklich, es kommt zu einem Mord – neben dem Toten findet sich ein Zettel mit besagtem Bibeltext. Doch es bleibt weder bei einem Brief noch bei einem Toten, allesamt vergiftet, danach drapiert mit durchtrennter Kehle, ausgestochenen Augen, kastriert. Honorige Prominente – wirklich?

Eine gewisse Beruhigung machte sich breit – ja, Band 2 ist definitiv besser als Band 1, wie ich es auch vor diesem Re-Read in Erinnerung gehabt hatte. „Eigentlich“ weiß der Leser hier sehr früh, wer der Täter ist, denn „er“ wird durch seine Vorbereitungen, später auch seine Taten begleitet. Man weiß nur nicht, wie „er“ denn nun heißt – also weiß der Leser gar nichts. Man weiß, dass es um Carla geht, die als Zwölfjährige von ihrer angeblich besten Freundin zu einer Fete überredet wurde, bei der sie einen Filmriss erleiden wird, halb bewusstlos Sex haben wird, Drogen nimmt, danach zum Anschaffen getrieben wird. Am Ende wird eine ganze Familie in Trümmern liegen, und nicht nur diese.

Und genau hier liegen wieder die Kritikpunkte, an die ich mich auch noch von der letzten Lektüre her erinnerte: Der Täter will Rache für Carla, das ist kein Spoiler, da es früh im Text explizit genannt wird. Was ist mit dieser tollen Freundin, Sylvia, die eindeutig wusste, was bei den Feten abging; was ist mit diesem Charly, der auch bei der ersten Fete einer der schlimmsten Akteure war, der sie später in das Bordell brachte, von dem auch die anderen Zwangsprostituierten später voller Schrecken erzählten? Wurscht. Man bringt lieber die anderen um. Natürlich richtet man bei den führenden Köpfen einer Verbrechergruppe mehr an, aber dieser Charly schien ja doch irgendwie wichtig zu sein? Oder Rick? Oder diese Maria, eine Art Puffmutter anscheinend? Ich finde das auch bei mehrfachem Lesen nicht im Zusammenhang geschrieben.

Ansonsten ist das Buch zwar spannend, aber es wiederholen sich Schwächen aus Band 1: unter drei Bier am Tag geht nichts, weder bei Hauptkommissarin Durant, noch weniger bei ihrem Chef Berger oder (dem irgendwie hier neu auftauchenden) Kollege Hellmer, beide selten ohne Alkohol-Fahne. Mittags einen Zischen, abends das Vergessen einleiten, danach ins Auto? Kein Problem. Und ja, in den 90ern wurde noch viel geraucht, aber es gab schon mehr Nichtraucher als zwischen diesen Seiten. Wiederum ist mir das ganze doch etwas zu heftig: da gibt es wie in Band 1 eine mysteriöse Geheimgruppe mit Kinderschändern. Natürlich global agierend. Warum dann überhaupt einen neuen Trupp ersinnend, es ist doch nur Band 1 b? Gibt’s nichts anderes? Und ebenso beobachtet man wieder HK Durant bei echt spannenden Tätigkeiten wie Salami und Bier kaufen und konsumieren (als Novum: Teewurst), in die Wanne gehen, „mit nichts als Slip und Hemd“ herumlaufen (wow). Das Leben von ihr ist echt dröge.

Insgesamt wirkt von der Warte von Band 2 der Vorgänger eher wie eine Übung: Wollte Chef Berger noch nach Florida und war quasi auf dem Weg, versucht Franz hier zumindest, das irgendwie zu erklären. Kullmer ist auf einmal deutlich weniger unsympathisch, dafür verschwand der noch unsympathischere IT-Jüngling mit den Pickeln. Es gibt ein Wiedersehen mit dem Psychologen Schneider, welchen Nutzen auch immer der haben soll. Durants Vater ist dafür da, dass es immer die gleichen Schnittchen gibt und als Stichwortgeber.

3 Sterne, da insgesamt und ohne Band 1 ganz ordentlich. Ich versuch’s noch mit dem Re-Read von Band 3, danach erwäge ich, die gesamte Reihe ins offene Bücherregal zu verfrachten.

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Veröffentlicht am 30.07.2020

Wenn ich nochmals "erigierte Brustwarzen" lese, schreie ich

Jung, blond, tot
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Ich mochte die Reihe um Julia Durant in Frankfurt – eigentlich. Begonnen hatte ich unerklärlicherweise einst ab Band zwei, jetzt Band 1 zum ersten Mal gelesen, in einem kostenlosen Probemonat mit skoobe.
Das ...

Ich mochte die Reihe um Julia Durant in Frankfurt – eigentlich. Begonnen hatte ich unerklärlicherweise einst ab Band zwei, jetzt Band 1 zum ersten Mal gelesen, in einem kostenlosen Probemonat mit skoobe.
Das Buch erschien 1996, die Handlung ist angesiedelt zwischen Donnerstag 16. September und dem 6. Oktober = der 16. September war 1993 ein Donnerstag (und: jaaa, ich schaue so etwas nach).

Hauptkommissarin Julia Durant ist knapp 30 und wird von der Sitte zum Morddezernat versetzt, um die Untersuchungen zum Mord an zwei jungen Frauen innerhalb von zwei Wochen zu leiten, wenig zur Begeisterung des altgedienten Beamten Schulz. Beide Opfer sind blond und wurden nach dem Tod drapiert mit Zöpfchen mit roten Schleifen, vorher übel zugerichtet, vergewaltigt, verstümmelt. Bald verschwindet ein weiteres Mädchen.

Für Sensible: im Wesentlichen beschränkt sich die Beschreibung von Gewalt auf das, was am Fundort beziehungsweise in der Pathologie sichtbar wird; allerdings ist das schon heftiger Tobak, explizit zu nennen ist Gewalt gegen Frauen und Kinder.

Eigentlich, so hatte ich begonnen. Vom „Sujet“ her und dem Tempo ist das wie im Thriller – letztlich aber bleibt es ein „Whodunnit“ mit der Auswahl aus einem bekannten Personenkreis. Einiges wirkte auf mich betulich; so wird gesagt, die Frau von Schulz „treibe sich herum“. "Betrügt ihn" fände ich passender. Und fast lächerlich finde ich Schulz‘ eigene Gedanken, seine Frau kehre heim „durchgefickt von irgendeinem geilen Schwanz“, trotz oder gerade wegen der Wortwahl, genau, betulich (von einem Zeh wohl kaum). Durants Chef Berger nennt „overknee“ Stiefel „Hurenstiefel“, irgendein Ermittler bechert immer und fährt dann Auto (Berger, Schulz, Durant), der Inhalt eines gefüllten Zigarettenautomaten dürfte im Verlauf durchgeschmaucht werden. Halt die 90er.

Dazu die Obsession mit den erigierten Brustwarzen. Ernsthaft? Der Psychotherapeut/Astrologe hat fast nur Klientinnen im durchsichtigen Gewande, Julia Durant selbst rennt daheim nur nackt herum oder im knappen Slip und kurzen Hemde, was extra erwähnt werden muss. Wahnsinn. Die geht sogar nackt in die Wanne. Ansonsten gibt’s abends brav Salami, Bier, vielleicht noch Käse auf Schnitte. Ich wette, irgendwo röhren Hirsche aus den Wohnzimmer-Schrankwänden (falsches Jahrzehnt??). Und die Frau Ermittlerin nächtigt mal im Hause des einen Verdächtigen (okay, unfreiwillig, ausgeknockt, aber wird trotzdem nicht gemeldet), dann sogar im Täter-Haushalt, zum Trost. Wahnsinnig professionell. Handlung gab’s auch, aber ich kam leider nicht mehr über die Brustwarzen hinweg. Von der Besessenheit mit Entjungferungen abgesehen (die Ballerina beim Sturz, ernsthaft, das eine Opfer, das junge Mädchen,… siehe zum Beispiel https://www.monda-magazin.de/body-and-soul/mythos-jungfernhaeutchen-keine-jungfraeulichkeit )

War der Rest der Bücher echt ebenso spießig?

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Veröffentlicht am 21.07.2020

Noch "gewollter" als Band 1

Die Frequenz des Todes
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wiederum als Hörspiel von audible gehört

Wiederum als Hörspiel… und eigentlich mit den gleichen Dingen, die mich schon an Teil 1 gestört hatten. Was soll ich sagen? Ich bin nicht mehr jung und musste ...

wiederum als Hörspiel von audible gehört

Wiederum als Hörspiel… und eigentlich mit den gleichen Dingen, die mich schon an Teil 1 gestört hatten. Was soll ich sagen? Ich bin nicht mehr jung und musste sehr viel mit dem Auto fahren.

Jula Ansorge will nie wieder etwas mit dem forensischen Profiler Matthias Hegel zu tun haben. Allerdings will sie auch das Geheimnis um ihren Bruder lüften, der wegen einer schweren Straftat verhaftet worden war. Matthias Hegel sitzt im Gefängnis – warum, ist hier eigentlich widersprüchlich. Immerhin war er ja in Teil 1 freigesprochen worden, konnte aufgrund der Tat nicht wieder verurteilt werden, dann fand Jula einen anderen Ansatzpunkt zu Ende von Teil 1. Und in Teil 2 sitzt er trotzdem wegen der Tat, um derentwillen das nicht hätte passieren dürfen?? Goldene Himbeere für den schlechtest-möglichen Anschlussfehler. Doch halt, eine Frau ruft an bei der Polizei, weil ihr Baby verschwunden ist. Dazu erleben wir das Leben eines Junkies mit, erleben, wie ein Therapeut in Schwierigkeiten gerät.

Das ist wieder sehr spannend – aber leider nervt mich die stimmliche Darstellung von Jula noch mehr, jetzt mag ich nicht einmal mehr „Auris“ Hegel, und die arg konstruierten Cliffhanger am Ende jedes Kapitels sind an Penetranz nicht zu übertreffen. Dazu kommt eine wahre Häufung an Einzelsträngen, der von der Frau mit dem verschwundenen Baby, der von der Junkie-Nutter, der des Therapeuten, der der ganz geheimen ganz ganz bösen Verbrecher, der von Jula mit ihrem Bruder, der von Hegel – och nee. Ich wollte ja gerne wissen, was man über Julas Vergangenheit erfährt. Spoiler: fast nix. Also soll Band 3 folgen. Will ich das dann noch wissen? Ich zweifele.

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Veröffentlicht am 21.07.2020

Schematisch-formelhafter Aufbau, aber spannend - sehr durchwachsen

Auris
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Ich habe das audible - Hörspiel gehört

Zweierlei vorweg: Ich bin weder Fitzek-Hasser noch ein ausgemachter Fan – ich hatte zwei oder drei seiner ersten Bücher gelesen und mir gefiel die für mich ungewohnte ...

Ich habe das audible - Hörspiel gehört

Zweierlei vorweg: Ich bin weder Fitzek-Hasser noch ein ausgemachter Fan – ich hatte zwei oder drei seiner ersten Bücher gelesen und mir gefiel die für mich ungewohnte Art, wie er Bücher enden ließ, so dass ein gewisser subtiler Horror sich erst nach der letzten Seite aufbaute. Ansonsten fand ich ihn teils unnötig drastisch brutal. Fitzek war also nicht der Grund – aber auch kein Grund dagegen.
Dazu hatte ich die letzten Hörspiele als Kind gehört (Fünf Freund von Enid Blyton) und diese Version als Erwachsene abgelehnt – warum sollte ich etwas hören, was kürzer ist als das reine Hörbuch und damit anscheinend auf etwas verzichten? Vorurteil zumindest für die Auris-Reihe abgebaut – die Hörspiel-Version fand ich überzeugend (nicht alles davon, dazu gleich mehr).

Der forensiche Phonetiker Matthias Hegel arbeitet als Profiler bei Ermittlungen in Kriminalfällen – ein Beispiel für seine Arbeitsweise bildet den Auftakt zum Hörspiel. Das war so gut gesprochen durch Oliver Masucci in der Hörprobe, dass ich gekauft habe. Auch wenn Hegel, hinter seinem Rücken heimlich „Auris“ genannt, lateinisch für „Ohr“, wegen seines absoluten Gehörs, nicht unbedingt als der umgänglichste Kollege gilt – ich fand den Protagonisten als Typ interessant. Am Ende des erwähnten Auftaktes landet Hegel selbst hinter Gittern. Das wiederum ruft eine junge Radiomoderatorin auf den Plan, Jula (nein, nicht Julia, wirklich ohne i) Ansorge, die in ihrer Freizeit einen True-Crime-Blog betreibt. Sie ermittelt geradezu fanatisch selbst zu Kriminalfällen, seit sie selbst traumatische Erfahrungen machen musste, und glaubt nicht an Hegels Schuld, da gibt es einige Ungereimtheiten.
Jula wird gesprochen von Svenja Jung, und zwar so, dass ich sie von Anfang bis Ende komplett nervig fand. Sie ist so der Typ Frau mit eingebautem „ich will nicht erwachsen werden“-Modus, glaubt, dass die Welt sich um sie drehe, redet krampfhaft cool, mit zu viel Druck in der Stimme; ich fand die Stimmlage insgesamt einfach nervig. Für die Stimmlage kann sie nichts, für die Darstellung – hm, vielleicht soll die so sein? Du bist 28 (also, Jula), lebe damit! Und wie dämlich kann man (Jula) sein, so gezielt immer mit in Gefährdungs-Situation hinein zu gehen, grundlos??

Von der Spannung her hat mir die Geschichte gut gefallen, auch einige der Nebenfiguren, Julas Halbbruder Elyas, der Street „Gangstaaaaa“ Rapper sein will, dessen Kumpel Friedrich, der wohl eher seinem wohlhabenden Vater eins auswischen will, weniger der dauerbesorgte Ex-Freund von Jula. Es gibt viele Wendungen, dabei störte mich allerdings bald, dass die Kapitel in einer recht vorhersehbaren Weise wechselten: Jula kommt in irgendeine Situation, die wird dann mit Spannung aufgebaut – dann wird gewechselt. Wieder bis zu Spannung – Wechsel. Och Leute – das ist unterste Schublade und ECHT ein billiger Trick. Dazu so eine nervige Psychomusik, bei der ich erst einmal nachprüfen musste, ob ich nicht plötzlich Ohrgeräusche entwickelt habe.

Bald wird klar, dass der erwähnte traumatische Hintergrund aus Julas Vergangenheit eine Art „roten Faden“ bildet. Für den muss man aber Band zwei lesen. Wenn bei so etwas die eigentliche Handlung aus dem Band selbst geklärt ist, mag ich das durchaus. Wenn. Einen zweiten Cliffhanger kann ich weniger leiden – man bekommt da meiner Meinung nach nicht „Auris“ und „Auris 2“ sondern eher „Auris a, b – und irgendwann wohl auch noch c“. Zwingend, wohlgemerkt, da sonst nicht die ganze Geschichte aufgeklärt ist.

Insgesamt: Ich finde die Grundidee um einen Profiler mal auf phonetischer Grundlage gut – und auch eine ermittelnde True Crime Podcasterin. Der gesamte gesprochene Teil von Jula weckte in mir das Verlangen, irgendetwas auf sie zu werfen. Den Handlungsaufbau empfand ich als zu schematisch-formelhaft, die Cliffhanger eine Unverschämtheit. Hörspielen werde ich zukünftig eine Change geben. Gelegentlich. Also – durchwachsen.

Übrigens scheint das Verbrechen in Südamerika, das in Julas Vergangenheit liegt, im Hörspiel an einer anderen Person begangen worden zu sein als im Buch?? Wollt ihr mich doch wieder in meiner Ablehnung von Hörspielen bestärken??

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