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Veröffentlicht am 26.10.2021

Ein Buch für die Empfindsamen

Das unsichtbare Leben der Addie LaRue
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„My name is Adeline LaRue, she tells herself. My father taught me how to be a dreamer, and my mother taught me how to be a wife, and Estele taught me how to speak to gods.“ (S.82)

Dieses Buch ist ein ...

„My name is Adeline LaRue, she tells herself. My father taught me how to be a dreamer, and my mother taught me how to be a wife, and Estele taught me how to speak to gods.“ (S.82)

Dieses Buch ist ein Buch, welches mir gezeigt hat, welchen Einfluss Kunst hat und wie einschneidend und berauschend dieser Einfluss in den Herzen von Menschen wirken kann.

Dabei war dieses Buch subtil und zieht seine Stärken daraus, zwischenmenschliche Interaktionen, oder das Fehlen von diesen, zeigen zu lassen, wie wichtig es ist, etwas zu erschaffen, Sinnhaftigkeit im eigenen Leben zu finden und andere Menschen im Leben zu haben.

„The invisible life of Addie LaRue“ ist ein Roman von V. E. Schwab, wurde 2015 von Titan Books im Englischen veröffentlicht und handelt davon, welchen Preis es kostet Kunst zu schaffen oder wie geisterhaft der Kuss einer Muse sein kann.

Dabei erhalten wir Einblicke in das unsterbliche Leben der Addie LaRue und dürfen miterleben wie sie durch die Jahrhunderte streift und geisterhaft ihre Spuren hinterlässt, als würde sie mit ihren Fingerspitzen sanft über die Haut einer:s Liebhabers:in streichen und sich so durch die unterschiedlichsten Künstlern und Philosophen in der Welt verewigt. Dabei ist sie kapriziös, was ihren Charm ausmacht und ihr erlaubt leidenschaftliche Beziehungen erleben zu dürfen - man hatte immer das Gefühl als würde sie in jeder Situation die Kontrolle behalten und mit ihren Liebhabern ein liebevolles Katz und Maus spielen.

Gerade im Wechselspiel mit ihrem Gegenüber Luc sticht ihr Charakter besonders heraus, welcher genauso wie sie seine Spuren in der Welt um ihn herum hinterlässt, aber dabei einen hohen Preis für seine Geschenke verlangt. Im Gegenteil zu ihr wird er nicht durch die Liebe zu seinem Gegenüber geleitet sondern scheut sich nicht davor die Not und Verzweiflung von anderen auszunutzen.

Diese Dynamik wird durch Henry noch mal verstärkt, welcher sich danach sehnt gesehen und um seiner selbst willen geschätzt und geliebt zu werden.
Ich kann kaum beschreiben welche Gefühle dieses Buch in mir hervorgerufen hat – am ehesten könnte ich den Eindruck als „etheral“ beschreiben, denn die unterschiedlichen Szenen und Handlungen haben Spuren in mir hinterlassen, die ich selbst noch nicht einordnen kann.

In meiner Brust fühlt es sich schwer, aber auch bitter-süß an, denn ich konnte nicht anders als mit den Figuren mitzufühlen, welche nicht unbedingt komplex waren, aber dafür authentisch. Ihr Schmerz und auch ihre Liebe waren etwas in das ich mich hineinfühlen konnte, denn sie waren Erfahrungen, welche ich selbst schon erlebt habe, wenn auch auf andere Art und Weise.

Aber genau das ist was Gefühle hervorhebt – man kann das am besten an Gedichten erkennen: Je allgemeiner die Gefühle und Erfahrungen sind, welche die Gedichte darstellen wollen, desto weniger wirken sie. Aber je genauer Gedichte sind, je spezifischer die Situation ist, welche vermittelt werden soll, desto mehr stechen sie ins Herz.

Das ist nur verständlich: Man kann vieles Fühlen, es gibt tausende von Nuancen, für welche die deutsche Sprache keine Begriffe hat, aber je detaillierter etwas ist, desto eher kann man es zu ordnen und selbst auf Erfahrungen zurückgreifen, welche ähnliches in einem selbst ausgelöst haben.

Und genau das hat Schwab gemacht – sie hat sich auf zwei Sachen konzentriert: Die Angst nicht gesehen zu werden und die Angst davor nicht richtig zu leben.
Diese Genauigkeit und Empfindsamkeit wurde dadurch hervorgehoben, dass Schwab keine Zeit mit ausschweifenden Beschreibungen und rhetorischen Kunststücken verschwendet, sondern das Augenmerk gezielt auf Details lenkt. Das wird umso wichtiger, da oft Kunstobjekte, Bücher, Musik und Gedichte beschrieben und betrachtet wurden, deren Beschreibung und Erklärung sonst unübersichtlich geworden wäre. Vielmehr geisterte immer das Gefühl des Deja-vu im Hinterkopf, wenn ich diese Passagen gelesen habe, denn jede Szene und Handlung hatte etwas Sehnsüchtiges an sich, was in mir auf Resonanz gestoßen ist.

Die Beschreibungen waren nichtsdestotrotz Bildreich und gewaltig und zwangen mich dazu, mir das Beschriebene vorzustellen. Deswegen ist es umso beeindruckender, wie einfach die Sprache ist mit der geschrieben wurde und dabei trotzdem poetisch und rhythmisch wirkte.

Dabei war die Handlung rau und erbarmungslos – keine Handlung wurde beschönigt und es wurde nicht versucht einen märchenhaften Schein über das Geschehen zu werfen, um dem künstlerischen Thema zu entsprechen.

Es wurde kein Halt davor gemacht Situationen wie Prostitution, Diebstahl und Depressionen ehrlich dazustellen, aber auch Liebe und Leidenschaft wurden in allen ihren unterschiedlichen Facetten ausgekostet - mal war es sehnsüchtig und verzweifelt und an anderen Stellen liebevoll und verspielt.

Das war möglichen in dem wir die unterschiedlichen Leben und Rollen von Addie LaRue mitverfolgt durften und verschiedene Liebesbeziehungen zu den verschiedensten Menschen dargestellt wurden. Und jedes Mal, wenn ein Mensch in die Geschichte eintrat konnte ich nicht anders als mich auch immer wieder neu in jeden einzelnen zu verlieben und auch jedes Mal einen Stich in meinem Herzen zu fühlen, wenn die Zeit mit der Person vorbei war.

Als Muse für einen verspielten und romantischen indie-Musiker oder Inspirationen für eine verträumte Malerin erlebte ich die unterschiedlichen Arten von Lust und Leidenschaft mit, welche Addie erfahren durfte.

Dabei tauschten die Geschichten immer wieder zwischen Szenen aus der Vergangenheit und Gegenwart, was überraschenderweise nie den Leseflow gestört hat und mal wie ein Tropfen süßen Honig oder eine heiße Nadel in der Brust wirkte, da die Stimmungen der unterschiedlichen Abschnitte so sehr variieren konnten.

Was mich jedoch noch immer zum Nachdenken anregt ist die unerschöpfliche Liebe von Addie, welche sie trotz ihrer Niederschläge und Narben immer wieder fand und immer wieder der Welt und ihren Liebhabern entgegen streckte – ihre Liebe war aber nie selbstlos, sondern ihr Mittel sich in der Welt zu verewigen.
Und noch wichtiger: Dieses Buch weckte in mir das Bedürfnis es Addie gleich zu tun. Genauso wie sie wollte ich mit meinen Fingern über die Haut von Menschen streichen und Ideen in ihren Augen leuchten sehen, wenn sie von etwas eingenommen werden und im Moment versinken.

Und ich wollte so lieben können wie sie – ohne Angst mich selbst zu verlieren, sondern mit dem Verständnis in dem Moment mehr zu sein und in jemanden zu versinken, um die Person dann so sehen zu können, wie sie ist. Ohne Angst und ohne Schutzschild wollte ich meine eigenen Facetten zeigen dürfen und vollkommen nackt mit allen Schwächen und Geheimnissen gesehen werden.

Deswegen kann ich dieses Buch weiterempfehlen – selbst wenn man einfach nur unterhalten werden will wird diese kreative Geschichte überzeugen und spannend sein, denn die Charaktere sind liebevoll gestaltet und die kurzen Kapitel sorgen dafür, dass man nicht mehr aufhören kann zu lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.10.2021

Action für die Hausfrau

Probe 12
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Buchrezension Probe 12

Kaum haben wir es geschafft uns auf Corona einzustellen kommen nun die antibiotikaresistenten Bakterien…

“Probe 12” ist ein Thriller von Kathrin Lange und Susanne Thiele, welcher ...

Buchrezension Probe 12

Kaum haben wir es geschafft uns auf Corona einzustellen kommen nun die antibiotikaresistenten Bakterien…

“Probe 12” ist ein Thriller von Kathrin Lange und Susanne Thiele, welcher 2021 von Lübbe veröffentlicht wurde und sich mit eben diesem Thema beschäftigt: Der Gefahr von antibiotikaresistenten Bakterien und einem möglichen Heilmittel, welches einer erneuten Pandemie zuvorkommen könnte.

Dabei hat schon diese Idee allein das Potential dazu, einen spannenden Thriller zu bieten, welcher einem Nachts den Schlaf raubt– gerade wenn man sich vorgenommen hat nur noch ein Kapitel zu lesen.

Probe 12 konnte dieses Versprechen für mich leider nicht einhalten.

In den ersten Kapiteln werden viele Figuren vorgestellt, welche die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten – jedoch hatte ich bis zum Ende des Buchs das Gefühl, dass man nicht jeden Blickwinkel benötigte oder mir sogar die Spannung dadurch verdorben wurde, dass die unterschiedlichen Beweggründe der Figuren erklärt wurden.

Die Hauptcharaktere sind dabei die Wissenschaftsjournalistin Nina Falkenberg und der Foodhunter Tom Morell, welche durch Ninas Willen, den letzten Wunsch ihres verstorbenen Ziehvater zu erfüllen und sein Heilmittel der Welt zur Verfügung zu stellen, und Toms Wunsch, seiner Tochter von einer Lebensbedrohlichen Bakterieninfektion zu retten, sich zusammentun. Gemeinsam versuchen sie das Heilmittel gegen die antibiotikaresistenten Bakterien vor den “bösen Russen” zu schützen, bevor das Heilmittel für private und wirtschaftliche Interessen zweckentfremdet werden kann.
Dabei werden sie durch den Lobbyisten Max Seifert und die Polizistin Christina Voß unterstützt.
Ihnen gegenüber steht ein Team aus drei Russen, welche aufgrund unterschiedlicher Schicksalsschläge im Auftrag eines Unbekannten handeln, der das Heilmittel für seine eigenen Zwecke will.

An sich ist dieses Team bestehend aus den vorgestellten Helden eine interessante Kombination, die gerade im gutbürgerlichen Milieu gut ankommen müsste - jedoch wirken die Figuren klischeehaft: Die Polizistin ist knallhart, der Lobbyist ist verweichlicht und listig, die Wissenschaftsjournalistin ist neutral genug, dass man sich in sie hineindenken kann und der Foodhunter fährt eine Enduro, war bei der Antifa und achtet nicht auf seine Kleidung.

Diese Aufzählung sagt nichts über die Unterhaltung aus, die man Empfindet, wenn man das Buch liest, aber hat das Verhalten der Figuren für mich vorhersehbar und nicht spannend gemacht.

Gerade die Szenen aus der Sicht der “Baddies” hat mir die Spannung geraubt, da sie nicht weitere Handlungen angestoßen hat, sondern bereits passierte Handlungen Revue hat passieren lassen und erklärte, wieso sie getan haben, was sie getan haben - man kam weniger dazu, darüber zu rätseln wer die Bösen waren und was sie wollen. Dadurch waren ihre nächsten Schritte vorhersehbar und sogar langweilig - das wurde noch dadurch gefördert, dass sie scheinbar nur dann Initiative ergriffen, wenn die Handlung einen neuen Antrieb brauchte.
Auch wurden die Figuren so wie sie vorgestellt nicht konsequent umgesetzt - So wurde Nina in manchen Szenen plötzlich zur gefährlichen Powerfrau und die „Baddies“ haben trotz Know-How leichtsinnsfehler begangen.
Deswegen wirkten Actionszenen aufgesetzt und nicht authentisch, sondern dienten nur dazu, die Figuren aufzuscheuchen und mehr Gespräche anzustoßen, als dass diese sich durch den Verlauf der Geschichte und als Konsequenzen der Handlungen selbst ergeben hätten.

Insgesamt wirkte die Handlung eher wie der Füller um über Bakterien und ihre Antibiotikaresistenz aufzuklären, als dass sie alleinstehend überzeugen könnte. Das ist umso schwerwiegender, da insgesamt recht wenig Handlung passiert ist, da statt Szenen zu zeigen, in denen etwas passiert ist, über diese Geschehnisse einfach nur gesprochen wurde oder diese einfach erzählt wurden. Das hat unter anderem dazu geführt, dass die Geschichte wenig dynamisch war, was so wirkte, als würde man dem Leser nicht trauen selbstständig Schlüsse ziehen zu können.

Das Buch selbst lässt sich trotz der hin und wieder vorkommenden wissenschaftlichen Erklärungen gut lesen – so wurde Fachbegriffe gut erklärt und geschmeidig in Gespräche eingeführt, ohne beim Lesen zu überfordern oder dazu aufzufordern die angesprochenen Themen recherchieren zu müssen. Falls es Probleme oder Unverständnis aufkommen sollten gibt es im Anhang ein Glossar.

Insgesamt ist dieses Buch trotz dem großen Wissenschaftsbezug seichte und gutbürgerliche Unterhandlung – es ist Action für die Hausfrau.
Die Handlung ist an manchen Stellen spannend, jedoch war die Auflösung wer denn der Auftraggeber der „Baddies“ ist war so nicht vorhersehbar – das Autorinnenteam hat keinerlei Anhaltspunkte gegeben, was dem Leser so nicht ermöglicht mit zu rätseln und zum Schluss den Aha!-Moment haben zu dürfen, bei dem die Puzzleteile endlich zusammengefügt werden und man sich fragt, wieso einem das nicht früher aufgefallen ist.

Das Buch hat durch die Behandlung von antibiotikaresistenten Keimen eine hohe Relevanz und bietet einen guten Einblick in diese Thematik. Jedoch weiß ich nicht, ob ich es Thriller-Fans weiterempfehlen kann, da es einfach zu wenig Thrill gab.

  • Einzelne Kategorien
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  • Spannung
Veröffentlicht am 28.09.2021

Liebe zum Detail

Mein Name ist Monster
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“Mein Name ist Monster” ist ein Roman von Katie Hale und wurde durch den Fischer Verlag 2019 in Deutschland veröffentlicht. Katie Hale hatte sich bereits zuvor als Dichterin einen Namen gemacht und hat ...

“Mein Name ist Monster” ist ein Roman von Katie Hale und wurde durch den Fischer Verlag 2019 in Deutschland veröffentlicht. Katie Hale hatte sich bereits zuvor als Dichterin einen Namen gemacht und hat mit diesem Roman ihr Debüt in der Buchszene.

Dieses Buch ist eines der wenigen Bücher, welches ich mehrmals gelesen habe, denn ich muss zugeben, dass ich mir nicht sicher bin ob ich es beim ersten Lesen verstanden habe.
Normalerweise ist es für mich keine große Leistung zu verstehen, welche Geschichte ein:e Autor:in erzählen will.: Geht es um die Bedeutung von Liebe für Jugendliche, die Konsequenzen von blindem Hass und Rache oder um die Kleinigkeiten im Alltag, welche doch viel bedeutender sind, als man zunächst denk?

Aber dieses Buch war anders für mich.

Schon nach wenigen Seiten habe ich mich gefragt worum es geht, denn die Ausgewählten Szenen und die Gedanken der Hauptfiguren lassen auf vieles schließen: Zunächst dachte ich, es geht darum, was einen Menschen zur Einsamkeit und Selbstisolation treibt, dann dachte ich mir, dass es um Weiblichkeit und das Frau-Sein geht bis ich zu dem Schluss gekommen bin, dass es sich um eine Geschichte über Mutterschaft handelt, oder besser gesagt, wie Mutterschaft aussehen kann und welchen Einfluss das auf die Entwicklung von Kindern hat.

Und während ich diese Rezension schreibe, denke ich mir, dass es gar nicht so wichtig ist, ob ich das Buch verstanden habe, denn gerade diese Unklarheit gibt dem Buch die Tiefe und Aussagekraft die es hat.

All diese Gedanken haben eine Schnittstelle, und zwar, dass es sich bei dem Buch um eine Geschichte von einer kleinen Familie handelt, welche in ihrer zerrütteten Welt versucht zu überleben und dabei weder auf eine gesunde Art und weise kommunizieren kann noch den Mut hat, sich selbst und die eigenen Schwächen zu Reflektieren und diese zu überwinden.

Ich glaube der Großteil meines Unverständnisses kommt daher, dass ich den Namensgebenden Hauptcharakter Monster (später Mutter) nicht verstehe: Mutter ist eine Frau, welche Angst vor Menschen und der Welt hat. So hatte Mutter kein Verständnis für die Eigenarten, Bedürfnisse und Gefühlsausbrüche von anderen Menschen, vor welchen sie sich sogar fürchtete.
Diese Eigenschaften schreibt sie ihrem alten Namen zu, denn ein Monster - eine Kämpferin, wie sie diesen Namen umschreibt - hat das Ziel zu überleben, egal welche Opfer erbracht werden müssen. So hat das Monstersein sie davor bewahrt mit irgendwelchen durch einen Krieg verbreiteten Krankheiten infiziert zu werden - aber das hat Mutter auch davor bewahrt sich von Menschen und ihrem Leben und den Eigenarten anstecken zu lassen, welche ihr Gefühlsleben und ihre Aparthie hätten infizieren und verändern können. Vielleicht hätte das Mutter sogar zu dem Punkt geführt, an dem sie sich nach anderen Menschen sehnt.

Dieses Dasein wird nur durch das Hinzukommen eines Mädchen verändert, welches sie auf einem ihrer Rundgänge findet und ihren Namen übergibt - wie ein Schutztalisman - um auch ihr das Überleben in dieser durch Krieg zerstörten Welt zu ermöglichen.
Diese Namensweitergabe scheint fast wie die Übertragung einer Last auf die nächste Person zu wirken, was nur dadurch verhindert wird, dass die neue Monster das Monstersein für sich selbst auch neu interpretiert.
Somit ist Monster sich der Last des Namens nicht bewusst, sondern sieht die Schwächen ihrer Mutter und versucht sich von ihr zu emanzipieren und sich aus den Kokon zu befreien, welches ihre Mutter aus Angst vor der Welt gespinnt hat.

Das Buch spiegelt die unterschiedlichen Welten von Mutter und Monster durch den Schreibstil, aber auch die Aufteilung der Perspektiven und die Strukturierung des Buches in Teile, wieder.
Während die Welt von Mutter nüchtern, ohne Gradienten und durch eine klare und präzise Sprache beschrieben und gesehen wird, ist Monsters Welt voll mit Begriffen und Erfahrungen, für welche sie durch das Kriegstrauma keine Worte findet und umschreiben muss - so werden Begriffe neu verwendet und bekommen auch neue Bedeutungen. So versteht Monster Brücken als Mauern, da Brücken für sie immer nur Menschen getrennt haben.
Dadurch wird aber auch deutlich welche Tabuthemen es zwischen Mutter und Tochter gibt und inwieweit es an Aufklärung durch die Mutter mangelt - gerade dadurch kann man Rückschlüsse auf die Beziehung von Mutter und Tochter ziehen und welche Zwänge und Ängste Mutter hat und wie es die Ansichten von Monster beeinflusst hat.

Dabei liest sich das Buch wie eine Analogie von dem Leben einer alleinerziehenden Mutter, welche keine Mutter hätte sein sollen oder werden wollen. Und das ganze vor dem Hintergrund einer untergegangenen Welt, in welcher die letzten Reste für das Überleben eingesammelt werden. Das Bild wie Leben auf den Trümmern einer zerstörten Welt entsteht, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.

Dabei sind die Handlungen logisch aufeinander aufgebaut und entsprechen den Charakteren der Figuren, wobei doch einige Fragen offen bleiben - gerade wenn es um das Leben und Überleben von Monster vor der Ankunft von Mutter geht.
Am meisten frage ich mich jedoch inwieweit ich den Erzählungen von Mutter vertrauen kann, da ihre Perspektive die Wirklichkeit absichtlich nur eingeschränkt wahrgenommen hat, was dazu führt, dass man als Leser nicht alles weiß, was es zu wissen geben könnte und sogar an manchen Stellen von Mutter belogen wird.

Gerade aber diese Variation im Schreibstil und die Spielereien mit Perspektive und Wahrnehmung sind was dieses Buch so spannend und ergreifend zu lesen macht - es wurde sich empathisch in die Charaktere und ihren Wissensstand sowie mentale Verfassungen hinein gedacht um eine Weltuntergangsgeschichte zu erzählen, mit welcher man mitfiebert und durch manchmal plötzliche - aber authentischen - Entscheidungen einen dazu zwingen weiterzulesen.

Die Charaktere sind interessant, weil sie in Liebe zum Detail in ihrer ganzen Komplexität ausgestaltet wurden, ohne Abkürzungen zu nehmen, welche grandiose Handlungen rechtfertigen könnten. So wirkten Gefahren immer bedrohlich und das Glück, welches die Figuren hatten um zu überleben, wirkte glaubhaft - auch hatten die Figuren niemals plötzlich Fähigkeiten oder Informationen erhalten, welche unglaubwürdig erschienen. Probleme und Konflikte waren immer eine Konsequenz von vorherigen Interaktionen, besonders da Mutter und Monster nie gelernt haben offen zu kommunizieren.

Liebe zum Detail ist was das Buch ausmacht und auszeichnet, denn die Beschreibungen, Gesten und Gespräche wirkten nie so, als wären sie Treiber einer Geschichte, sondern so als hätte die Autorin einfach den Verlauf ihrer Figuren liebevoll beobachtet und ohne Wertung wiedergegeben. Dabei wurde einfühlsam und sorgfältig mit der Sprache gespielt um so auch die Perspektiven und Wahrnehmungen der Figuren einzufangen um so noch intimere Einblicke in das Innenleben zu ermöglichen, wie es sonst nur Gedichte können.
Denn erst in der Reflexion wird deutlich, mit welcher Tiefsinnigkeit, Filigranität und Geschick beeindruckend Kleinigkeiten subtil in Szene gesetzt und in die Geschichte verwoben wurden.

Dementsprechend ist es überraschend wie schwer es mir fällt eine einfache Empfehlung auszusprechen.
Das Buch ist gut, die Geschichte und die Figuren sind interessant und der Schreibstil ist herausragend. Aber es ist nicht die Art von Buch, welches man in einem All-Inclusive-Hotel in der Liege zur Unterhaltung mal eben liest.
Ich empfehle dieses Buch allen, die sich für Komplexe Charaktere, psychische Krankheiten und intransparente Beziehungsdynamiken interessieren, denn das Weltuntergangsszenario ist nur der Träger und Hintergrund für eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung.

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Veröffentlicht am 28.09.2021

Liebe zum Detail

Mein Name ist Monster
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“Mein Name ist Monster” ist ein Roman von Katie Hale und wurde durch den Fischer Verlag 2019 in Deutschland veröffentlicht. Katie Hale hatte sich bereits zuvor als Dichterin einen Namen gemacht und hat ...

“Mein Name ist Monster” ist ein Roman von Katie Hale und wurde durch den Fischer Verlag 2019 in Deutschland veröffentlicht. Katie Hale hatte sich bereits zuvor als Dichterin einen Namen gemacht und hat mit diesem Roman ihr Debüt in der Buchszene.

Dieses Buch ist eines der wenigen Bücher, welches ich mehrmals gelesen habe, denn ich muss zugeben, dass ich mir nicht sicher bin ob ich es beim ersten Lesen verstanden habe.
Normalerweise ist es für mich keine große Leistung zu verstehen, welche Geschichte ein:e Autor:in erzählen will.: Geht es um die Bedeutung von Liebe für Jugendliche, die Konsequenzen von blindem Hass und Rache oder um die Kleinigkeiten im Alltag, welche doch viel bedeutender sind, als man zunächst denk?

Aber dieses Buch war anders für mich.

Schon nach wenigen Seiten habe ich mich gefragt worum es geht, denn die Ausgewählten Szenen und die Gedanken der Hauptfiguren lassen auf vieles schließen: Zunächst dachte ich, es geht darum, was einen Menschen zur Einsamkeit und Selbstisolation treibt, dann dachte ich mir, dass es um Weiblichkeit und das Frau-Sein geht bis ich zu dem Schluss gekommen bin, dass es sich um eine Geschichte über Mutterschaft handelt, oder besser gesagt, wie Mutterschaft aussehen kann und welchen Einfluss das auf die Entwicklung von Kindern hat.

Und während ich diese Rezension schreibe, denke ich mir, dass es gar nicht so wichtig ist, ob ich das Buch verstanden habe, denn gerade diese Unklarheit gibt dem Buch die Tiefe und Aussagekraft die es hat.

All diese Gedanken haben eine Schnittstelle, und zwar, dass es sich bei dem Buch um eine Geschichte von einer kleinen Familie handelt, welche in ihrer zerrütteten Welt versucht zu überleben und dabei weder auf eine gesunde Art und weise kommunizieren kann noch den Mut hat, sich selbst und die eigenen Schwächen zu Reflektieren und diese zu überwinden.

Ich glaube der Großteil meines Unverständnisses kommt daher, dass ich den Namensgebenden Hauptcharakter Monster (später Mutter) nicht verstehe: Mutter ist eine Frau, welche Angst vor Menschen und der Welt hat. So hatte Mutter kein Verständnis für die Eigenarten, Bedürfnisse und Gefühlsausbrüche von anderen Menschen, vor welchen sie sich sogar fürchtete.
Diese Eigenschaften schreibt sie ihrem alten Namen zu, denn ein Monster - eine Kämpferin, wie sie diesen Namen umschreibt - hat das Ziel zu überleben, egal welche Opfer erbracht werden müssen. So hat das Monstersein sie davor bewahrt mit irgendwelchen durch einen Krieg verbreiteten Krankheiten infiziert zu werden - aber das hat Mutter auch davor bewahrt sich von Menschen und ihrem Leben und den Eigenarten anstecken zu lassen, welche ihr Gefühlsleben und ihre Aparthie hätten infizieren und verändern können. Vielleicht hätte das Mutter sogar zu dem Punkt geführt, an dem sie sich nach anderen Menschen sehnt.

Dieses Dasein wird nur durch das Hinzukommen eines Mädchen verändert, welches sie auf einem ihrer Rundgänge findet und ihren Namen übergibt - wie ein Schutztalisman - um auch ihr das Überleben in dieser durch Krieg zerstörten Welt zu ermöglichen.
Diese Namensweitergabe scheint fast wie die Übertragung einer Last auf die nächste Person zu wirken, was nur dadurch verhindert wird, dass die neue Monster das Monstersein für sich selbst auch neu interpretiert.
Somit ist Monster sich der Last des Namens nicht bewusst, sondern sieht die Schwächen ihrer Mutter und versucht sich von ihr zu emanzipieren und sich aus den Kokon zu befreien, welches ihre Mutter aus Angst vor der Welt gespinnt hat.

Das Buch spiegelt die unterschiedlichen Welten von Mutter und Monster durch den Schreibstil, aber auch die Aufteilung der Perspektiven und die Strukturierung des Buches in Teile, wieder.
Während die Welt von Mutter nüchtern, ohne Gradienten und durch eine klare und präzise Sprache beschrieben und gesehen wird, ist Monsters Welt voll mit Begriffen und Erfahrungen, für welche sie durch das Kriegstrauma keine Worte findet und umschreiben muss - so werden Begriffe neu verwendet und bekommen auch neue Bedeutungen. So versteht Monster Brücken als Mauern, da Brücken für sie immer nur Menschen getrennt haben.
Dadurch wird aber auch deutlich welche Tabuthemen es zwischen Mutter und Tochter gibt und inwieweit es an Aufklärung durch die Mutter mangelt - gerade dadurch kann man Rückschlüsse auf die Beziehung von Mutter und Tochter ziehen und welche Zwänge und Ängste Mutter hat und wie es die Ansichten von Monster beeinflusst hat.

Dabei liest sich das Buch wie eine Analogie von dem Leben einer alleinerziehenden Mutter, welche keine Mutter hätte sein sollen oder werden wollen. Und das ganze vor dem Hintergrund einer untergegangenen Welt, in welcher die letzten Reste für das Überleben eingesammelt werden. Das Bild wie Leben auf den Trümmern einer zerstörten Welt entsteht, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.

Dabei sind die Handlungen logisch aufeinander aufgebaut und entsprechen den Charakteren der Figuren, wobei doch einige Fragen offen bleiben - gerade wenn es um das Leben und Überleben von Monster vor der Ankunft von Mutter geht.

Am meisten frage ich mich jedoch inwieweit ich den Erzählungen von Mutter vertrauen kann, da ihre Perspektive die Wirklichkeit absichtlich nur eingeschränkt wahrgenommen hat, was dazu führt, dass man als Leser nicht alles weiß, was es zu wissen geben könnte und sogar an manchen Stellen von Mutter belogen wird.

Gerade aber diese Variation im Schreibstil und die Spielereien mit Perspektive und Wahrnehmung sind was dieses Buch so spannend und ergreifend zu lesen macht - es wurde sich empathisch in die Charaktere und ihren Wissensstand sowie mentale Verfassungen hinein gedacht um eine Weltuntergangsgeschichte zu erzählen, mit welcher man mitfiebert und durch manchmal plötzliche - aber authentischen - Entscheidungen einen dazu zwingen weiterzulesen.

Die Charaktere sind interessant, weil sie in Liebe zum Detail in ihrer ganzen Komplexität ausgestaltet wurden, ohne Abkürzungen zu nehmen, welche grandiose Handlungen rechtfertigen könnten. So wirkten Gefahren immer bedrohlich und das Glück, welches die Figuren hatten um zu überleben, wirkte glaubhaft - auch hatten die Figuren niemals plötzlich Fähigkeiten oder Informationen erhalten, welche unglaubwürdig erscheinen können. Probleme und Konflikte waren immer eine Konsequenz von vorherigen Interaktionen, besonders da Mutter und Monster nie gelernt haben offen zu kommunizieren.

Liebe zum Detail ist was das Buch ausmacht und auszeichnet, denn die Beschreibungen, Gesten und Gespräche wirkten nie so, als wären sie Treiber einer Geschichte, sondern so als hätte die Autorin einfach den Verlauf ihrer Figuren liebevoll beobachtet und ohne Wertung wiedergegeben. Dabei wurde einfühlsam und sorgfältig mit der Sprache gespielt um so auch die Perspektiven und Wahrnehmungen der Figuren einzufangen um so noch intimere Einblicke in das Innenleben zu ermöglichen, wie es sonst nur Gedichte können.
Denn erst in der Reflexion wird deutlich, mit welcher Tiefsinnigkeit, Filigranität und Geschick beeindruckend Kleinigkeiten subtil in Szene gesetzt und in die Geschichte verwoben wurden.

Dementsprechend ist es überraschend wie schwer es mir fällt eine einfache Empfehlung auszusprechen.
Das Buch ist gut, die Geschichte und die Figuren sind interessant und der Schreibstil ist herausragend. Aber es ist nicht die Art von Buch, welches man in einem All-Inclusive-Hotel in der Liege zur Unterhaltung mal eben liest.
Ich empfehle dieses Buch allen, die sich für Komplexe Charaktere, psychische Krankheiten und intransparente Beziehungsdynamiken interessieren, denn das Weltuntergangsszenario ist nur der Träger und Hintergrund für eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung.

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Veröffentlicht am 29.08.2021

Eine Erinnerung an die Jugend

Eleanor & Park
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„Eleanor & Park“ ist ein Roman von Rainbow Rowell und wurde 2016 durch dtv in Deutschland verlegt. Der Roman handelt von den Schwierigkeiten und Glücksmomenten der ersten Liebe.

Ich habe eine generischen ...

„Eleanor & Park“ ist ein Roman von Rainbow Rowell und wurde 2016 durch dtv in Deutschland verlegt. Der Roman handelt von den Schwierigkeiten und Glücksmomenten der ersten Liebe.

Ich habe eine generischen Liebesgeschichte Erwartet, mit den üblichen Teeny-Plattitüden und einem vorhersehbaren, aber überaus romantischen Ende, durfte aber mit dem Verlauf der Geschichte immer weiter positiv überrascht werden.

Die Hauptfiguren sind die neu in die Kleinstadt hinzugezogene Eleanor und der Außenseiter Park, welche die Handlung aus ihrer jeweiligen Perspektive erzählen. Dabei ist Eleanor ein starker Charakter mit einer ungewöhnlichen Ausstrahlung und einer großen Portion Selbstbewusstsein, während Park noch dabei ist, sich selbst zu entdecken und in seiner Rolle als Außenseiter zu finden. Diese Kombination führt so zu spannenden Dynamiken im Umgang miteinander und ihrem jeweiligen Umfeld.

Denn die Liebe von Eleanor und Park zueinander ist nicht selbstverständlich – erst nach langem Schweigen und gegenseitigen ignorieren entwickelt sich eine fragile Freundschaft, die sich langsam und schleichend zu Verliebtheit entwickelt. Diese Liebe, die sie füreinander entwickeln, ist auch das, was ihnen den Mut gibt aus den kleinstädtischen Ketten zu entreißen und selbstbewusst ihren Lebensweg zu folgen – unabhängig der Reaktionen der eigenen Eltern und Klassenameraden. Dass dies zu Konflikt führt, wird schnell deutlich, denn ihre Familie, Freunde, Klassenkameraden und die Angst vor der Meinung anderer führen dazu, dass sich Eleanor und Park nur über Umwege zu den Menschen entwickeln können, die sie sein wollen und können.

Das Thema des Buches wird somit schnell klar und wird sogar in den ersten Kapiteln von den Hauptfiguren selbst benannt: Es geht darum den/ die Leser*in die Erinnerungen an die erste Liebe wieder aufleben zu lassen und sich daran zu erinnern, wie es ist, jung zu sein und sich auch gegenüber nervigen Klassenkameraden zu behaupten.

Im Buch selbst wird wenig auf Rhetorische Mittel zurückgegriffen, da versucht wurde den jugendlichen Sprachstil authentisch zu imitieren. Das führt dazu, dass viele Gefühle und Handlungen nur limitiert artikuliert werden konnten, was aber durch den Gebrauch von Gedichten, Songlyrics und die Verwendung von jugendlichen Phrasen ausgeglichen wird – so kann die Sprachlosigkeit und das Fehlen der richtigen und literarisch anspruchsvollen Worte gut nachvollzogen werden und führt somit umso mehr dazu, dass in den jeweiligen Szenen mitgefühlt werden muss, da die Sprachlosigkeit aus eigenen Erfahrungen nachvollzogen werden kann. So haben die Hauptcharaktere zu Beginn noch durch das gemeinsame Hören von Kassetten kommuniziert, bis sie sich endlich trauten sich unbeholfen gegenseitig ihre Liebe zu gestehen.

Das Ausmaß an Mitgefühl, welches ich empfinden durfte, geschah entgegen allen meinen Erwartungen, da ich zunächst aufgrund der Romangattung die Sorge hatte, dass es zu einem kitschigen Schreibstil oder Phrasenwerferei kommt, welche Fremdschamerfüllend wirken könnte. Überraschenderweise war viel mehr das Gegenteil der Fall: Vielmehr konnte ich die Gefühle und das Handeln beider Hauptcharaktere nachempfinden und musste immer wieder innehalten, um an eigene Erfahrungen zurückzudenken – als Teenager haben eben manche Gesten und Aussagen so viel mehr Bedeutung, für welche man ab einem bestimmten Alter ganze Gedichte braucht, um sie zu vermitteln.

So waren Gestotter oder kleine Liebesschwüre nicht nervig, sondern spiegelte die vielfältige und tiefgreifende Gefühlswelt der Figuren wider und überzeugten mit den authentischen und auch manchmal witzigen Reaktionen.
So wurde der Schreibstil dazu verwendet, um tatsächlich die Erfahrungen einzufangen als bloß beschreibend tätig zu werden oder sich unnötigerweise zu verkünsteln, wie es beispielsweise durch zu detaillierte oder poetische Beschreibungen passieren kann.

Die Handlungen war schlüssig und leicht verständlich und konnte sogar entgegen allen Erwartungen zum Schluss eine überraschende Wendung bieten. Dabei wurde die Handlung nie von externen Einflüssen aufgezwungen, sondern war immer die Konsequenz der Beziehungsdynamiken der unterschiedlichen beteiligten Figuren. Das ermöglichte die Figuren kennenzulernen, ihr Denken und Handeln nachzuvollziehen und tatsächlich mitzufühlen, wobei immer die Frage im Raum stand, wie man selbst gehandelt hätte oder ob man im richtigen Moment tatsächlich die passenderen Worte hätte finden können.
Das konnte gelingen, da die Geschichte aus der Sicht der Figuren erzählt wurde, ohne durch Tipps oder Betonung etwas über die zukünftigen Entwicklungen zu verraten. Die Autorin ist gezielt nur auf Aspekte eingegangen, welche authentisch von Jugendlichen in den beschriebenen Lebensverhältnissen wahrgenommen werden können.

Dadurch werden auch die Stärken des Romans deutlich: Die Autorin hat es geschafft die Gefühle und Reaktionen für Eleanor und Park so darzustellen, dass man gar nicht anders konnte, als mitzufühlen und die jeweiligen jugendlichen Eigenschaften und Handlungen nachzuvollziehen. Hätte Rowell versucht die Gefühle aus einer anderen Betrachtungsebene oder Erzählperspektive zu erzählen oder die Gefühle allgemeiner zu beschreiben, hätte die Geschichte an der Wirkungskraft verloren, welche sie auszeichnet. Das hätte passieren können, hätte Rowell die Hauptcharaktere romantischer beschrieben, als sie tatsächlich sind, plötzliche dramatische Wendungen eingefügt, die der Handlung künstlich eine neue Dynamik verpassen oder die Charaktere altersuntypisch reden lassen.

Die Entstehungen der Beziehung beobachten und antizipieren zu dürfen war unglaublich inspirierend und berührend, da sie nicht das Ergebnis eines externen Zwangs war oder einfach in die Geschichte passte, wie es etwa in fantastischen Jugendromanen der Fall ist, sondern entwickelte sich auf Grund der sich ergänzenden Charaktere, Neugierde, Nachsicht und gegenseitigen Interesse, welche die beiden Jugendlichen zusammentrieb, ohne den anderen zu überfordern.

Es war ein schönes und positiv überraschendes Erlebnis dieses Buch lesen zu dürfen – gerade für eine Person, welche solche Erfah
rungen selbst nicht sammeln konnte.
Deswegen kann ich diesen Roman jedem empfehlen, welcher seine erste Liebe wieder erleben will oder eine Ahnung davon haben will, was ihn erwarten kann.

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