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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.06.2023

Selbstbestimmung, Stärke & so viel mehr

Eine Frage der Chemie
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Elizabeth Zott ist eine Frau, die auf mehreren Ebenen beeindruckt. Sie ist Wissenschaftlerin und muss sich tagtäglich gegen ihre männlichen Kollegen behaupten, hat mit Vorurteilen gegen Frauen zu kämpfen ...

Elizabeth Zott ist eine Frau, die auf mehreren Ebenen beeindruckt. Sie ist Wissenschaftlerin und muss sich tagtäglich gegen ihre männlichen Kollegen behaupten, hat mit Vorurteilen gegen Frauen zu kämpfen und wird nicht müde, sich dafür einzusetzen, Frauen nicht als Sexobjekte oder niedere Lebewesen abzustempeln, die sich nur in der Küche aufhalten und um die Kinder kümmern sollten. Calvin Evans, ein einsamer und gleichermaßen brillanter Nobelpreiskandidat, scheint der Einzige zu sein, der in Elizabeth mehr sieht und sich unsterblich in sie verliebt. Doch wie das Leben manchmal so spielt, landet Elizabeth nicht im Labor, sondern in einer TV-Show mit dem Namen „Essen um sechs“, in der sie ihre Liebe zur Chemie mit dem Kochen vereint.

Ich mochte die Geschichte um Elizabeth, ihren Hund mit dem ungewöhnlichen Namen, ihre Tochter und all den Frauen, die sie inspirierte so unglaublich gern. Ich war gern an ihrer Seite, bestreitete ihren Alltag, kämpfte mit ihr gegen Vorurteile, Männer und all den Stolpersteinen, die sich ihr in den Weg legten.
Sie als Protagonistin war einfach Liebe pur. Ich mochte ihre Stärke, ihren unverkennbar ehrlichen Charakter, die Tatsache, dass sie sich nicht verstellen wollte und auch ihrer Tochter genau diese Werte weitergab. Auch wenn sie sehr harsch und unnahbar wirkte, konnte ich direkt eine Bindung zu ihr aufbauen und hab sie sofort ins Herz geschlossen.

Ich war ein klein wenig überfordert von Halbsiebens Rolle. Ich mochte die Geschichte um ihn, die Namensbegründung und die Tatsache, dass er ein vollwertiges Familienmitglied war. Aber es fühlte sich immer ein wenig seltsam an, in seinem Kopf zu sein und war für mich persönlich hart an der Grenze dazu, dass dieses Stilmittel einfach zu viel wurde. Dennoch konnte die Balance gerade so gehalten werden, sodass ich ein Auge zudrücke, weil es der Geschichte auch hin und wieder eine Prise Humor bescherte.

In ihrem Debüt schaffte es Bonnie Garmus für mich, einen unglaublichen Tiefgang zu schaffen, der immer mit einem zwinkernden Auge gelesen werden konnte. Eine Geschichte voller Hürden, Emanzipation, Selbstverwirklichung, Liebe, Verlust und Stärke.

Ich wünschte, ich hätte die Geschichte viel früher gelesen, weil sie noch immer nachklingt.

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Veröffentlicht am 26.06.2023

Spannendes Thema mit Luft nach oben

Apfelmädchen
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Idun Lind, Kriminalkommissarin, und ihr Partner Calle Brandt ermitteln in einem Fall einer ermordeten Lehrerin, die eines Abends von ihrem Ehemann im gemeinsamen Haus erhängt aufgefunden wird – die Hände ...

Idun Lind, Kriminalkommissarin, und ihr Partner Calle Brandt ermitteln in einem Fall einer ermordeten Lehrerin, die eines Abends von ihrem Ehemann im gemeinsamen Haus erhängt aufgefunden wird – die Hände von Nägeln durchbohrt. Alles deutet auf einen Mord hin, obwohl sie keine Feinde zu haben schien.
Nur einige Tage später wird die fünfjährige Ellen aus ihrem Kindergarten entführt. Aufgrund einer Erkrankung haben die Ermittlungen Prio 1, weshalb auch Calle und Idun zu diesem, für sie nicht typischen Fall, hinzugezogen werden.
Die Entdeckungen der beiden reichen weit tiefer als sie jemals gedacht hätten und bringen sie in Lebensgefahr.

Die Geschichte wird in zwei Zeitsträngen erzählt – der Gegenwart und der Vergangenheit von vor ca. 45 Jahren. Eigentlich bin ich absoluter Fan davon, dass sich mehrere Handlungsstränge zu einem schlüssigen verweben und so das große Ganze nach und nach aufgedeckt wird. Hier waren es mir aber schlichtweg zu viele Handlungsstränge und zu viele Blickwinkel, die mir ein wenig zu oft wechselten, deswegen kann ich auch nur ein vages Gefühl abgeben, aber ich denke, alle Stränge wurden am Ende logisch aufgeschlüsselt.

Die Charaktere von Idun und Calle fand ich als Duo sehr angenehm. Auch wenn Idun mehr im Vordergrund stand, habe ich keine wirkliche Verbindung zu ihr aufgebaut. Es war vielmehr ein emotional abgesplittetes Folgen ihrer und auch Calles Handlungen.
Auch die übrigen Charaktere blieben für die Fülle des Buches ungewöhnlich blass.

Der Schreibstil hat mir gut gefallen, da er sehr flüssig gewesen ist und sich gut in einem Rutsch lesen ließ. Auch die kurzen Kapitel animierten mich immer wieder, das Buch noch nicht aus der Hand zu legen und dem Täter weiter auf der Spur zu bleiben bzw. auch einigen falschen Fährten zu folgen. Leider hing der Spannungsbogen für mich an vielen Stellen durch. Gerade, als es anfing, spannend zu werden, flachte es auch schon wieder durch eine neue Einführung eines weiteren Charakters ab. So kam ich ständig ins Stocken und das Gefühl von einem Spannungsbogen konnte dadurch bei mir leider nicht ganz so aufkommen, wie ich es gerne gehabt hätte.
Jedoch konnte mich eines der Hauptthemen (Stichwort Paradieshof) sehr fesseln und ich war tatsächlich ein wenig enttäuscht, dass es nicht noch mehr Raum einnahm, da für mich genau dort die Spannung versteckt gewesen ist.

Alles in allem eher ein solider Krimi als spannungsgeladener Thriller, den ich jedoch gern gelesen habe, mir lediglich ein wenig mehr erhofft hätte.

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Veröffentlicht am 22.06.2023

Ungewöhnliche Erzählweise

Wer war Alice
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Wer war Alice Salmon? Mit nur 25 Jahren wurde sie leblos in einem Fluss gefunden. Doch was ist passiert? Ein Unfall wie ihn die Polizei vermutet? Oder doch Selbstmord? Wurde sie Opfer eines Gewaltverbrechens? ...

Wer war Alice Salmon? Mit nur 25 Jahren wurde sie leblos in einem Fluss gefunden. Doch was ist passiert? Ein Unfall wie ihn die Polizei vermutet? Oder doch Selbstmord? Wurde sie Opfer eines Gewaltverbrechens? Oder war sie die gescheiterte Täterin?
Auch wenn Alice mitten im Leben war, ließ sie niemanden besonders nah an sich heran. Dennoch verbreitet sich die Nachricht über ihren Tod wie ein Lauffeuer. Aus jeder Ecke werden Vermutungen angestellt, was mit ihr passiert sein könnte. So macht sich auch ihr ehemaliger Professor Jeremy Cooke auf die Suche nach Antworten und hält seine Beobachtungen fest, denn er will sie in einem Buch veröffentlichen. Aber warum ist er so versessen auf den Fall von Alice? Und was habenihr Exfreund Luke und ihr Freund Ben damit zu tun? Wer war Alice?

Die Geschichte wird auf eine für mich sehr ungewöhnliche Weise erzählt, die mich sofort catchte. Vergangene Tagebucheinträge von Alice, die nicht nur in den letzten Wochen, sondern auch Jahren geschrieben wurden. Aktuelle Artikel aus Zeitungen, Briefe von Professor Jeremy Cooke an seinen engen Freund Larry, E-Mails zwischen Cooke und Alices Mutter, Beiträge aus Foren, Tweets von Alice und ihren Followern oder ihre Twitter-Biographie und viele mehr. Ein wirklich ungewöhnliches Konzept, dass mir so noch nicht begegnet ist. Es haben sich schnell die Kapitel abgezeichnet, die ich lieber gelesen habe als andere, dennoch nahmen die, die ich am wenigsten mochte, den meisten Raum ein.
Anfangs überwog die Verwirrung, weil man einfach in eine Geschichte geworfen wird, ohne eine großartige Einleitung zu bekommen. Was anfangs für Verwirrung sorgte, schlug in eine wilde Mischung aus Frustration, Neugierde, Langatmigkeit und Desinteresse um. Ich wurde einfach nicht warm mit der Geschichte.
Ich wollte abbrechen, fing dann aber wieder an, wurde neugierig und musste das Buch aufgrund der vielen Durststrecken wieder aus der Hand legen. Es war wirklich ein Auf und Ab.

Die Charaktere sind mir allesamt relativ fremd geblieben. Man bekam zwar nach und nach ein paar Infos vorgesetzt, jedoch fand ich sie allesamt unsympathisch und mehr als Antipathie wurde bei mir leider nicht angesprochen.

Zwischendrin gab es ein paar Aha-Momente, die mich bei der Stange halten und meine Neugierde wecken konnten. Doch alles in allem war ich froh, als die Geschichte vorbei war und ich das Buch aus der Hand legen konnte.

Schade, dass mich die Geschichte nicht abholte, obwohl sie definitiv Potential dazu hat.

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Veröffentlicht am 22.06.2023

Bock!

Ich hasse meine Freunde
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Wer kennt sie nicht, die unendlichen kleinen und großen Sinnkrisen, die einen mit Mitte zwanzig verfolgen? Man stellt seinen Studiengang infrage, merkt, dass man keine Lust auf den Zukunftsjob hat, der ...

Wer kennt sie nicht, die unendlichen kleinen und großen Sinnkrisen, die einen mit Mitte zwanzig verfolgen? Man stellt seinen Studiengang infrage, merkt, dass man keine Lust auf den Zukunftsjob hat, der berühmte Beziehungsstatus „kompliziert“ schwebt nonstop über einem und die ebenso struggelnden Freunde sind auch kein sicherer Halt.
Da kommen die ambitionierten und anfangs völlig utopisch klingenden Pläne von Julians Freunden gerade recht: ein heruntergekommenes Hotel in einen hippen Urlaubstempel verwandeln. Doch wie so oft, gibt es Schwierigkeiten mit der Finanzierung, der Freundesgruppe und einem selbst.
Kann das Leben nicht einmal unkompliziert und nach Plan verlaufen?

Ich hab mich so sehr auf diesen Roman gefreut und ihn ohne mit der Wimper zu zucken direkt gekauft. Ich mag Gerald, seine Texte, seinen Vibe – es konnte also nur gut werden. Und Spoiler: Es wurde gut.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Julian erzählt, einem Jurastudenten, der an seinem bisherigen Leben zu zweifeln scheint. Ich hab mich in so gut wie jeder Sekunde komplett in Julian reinversetzen können und hatte absolute Flashbacks an meine Studienzeit (verrückterweise studierte ich auch einige Zeit Jura und wechselte aus den gleichen Gründen). Julian ist ein runder und authentischer Charakter, der einen fast vergessen lässt, dass er nicht real ist.
Auch die anderen Charaktere waren für mich schlüssig und alles andere als konstruiert. Ich hab gerne Zeit mit ihnen verbracht, ihre Probleme und Gefühlsschwankungen mit ihnen verbracht oder Parties gefeiert und den Kater am nächsten Tag durchlebt.

Auch den Schreibstil fand ich passend, leicht und angenehm lesbar. Ich mochte die Zitate, die sich Julian hin und wieder notierte ebenso gern wie die Emotionalität, die durch jede Seite spürbar war.

Kurz gesagt: Es hat einfach Bock gemacht und war genau so, wie ich es mir erhofft hatte!

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Veröffentlicht am 10.06.2023

Weniger happy als gedacht

Happy Place
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Seit dem College ist es Tradition, dass Harriet und ihre Freunde ein paar unbeschwerte Tage in einem Sommerhaus in Maine verbringen. Es ist der absolute Happy Place der Freunde, denn hier scheint die Welt ...

Seit dem College ist es Tradition, dass Harriet und ihre Freunde ein paar unbeschwerte Tage in einem Sommerhaus in Maine verbringen. Es ist der absolute Happy Place der Freunde, denn hier scheint die Welt perfekt. Auch die Liebesbeziehung zwischen Wyn und Harriet startete in Maine, doch diese ist längst nicht mehr so unantastbar wie von den Freunden gedacht, denn die beiden sind bereits seit sechs Monaten kein Paar mehr. Um die Urlaubsstimmung nicht zu verderben, halten die beiden ihr Geheimnis wohlbehütet unter beschluss und beschließen, eine Woche ihr Glück vorzugaukeln. Denn was kann daran schon so schwer sein?

Die Geschichte wird aus Harriets Perspektive erzählt und wechselt dabei zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit, in der man die angebliche Freundschaft der Charaktere untereinander näher gebracht bekommt und auch erfährt, wie das zarte Band der Liebe zwischen Wyn und Harriet geknüpft wurde. Leider passten Vergangenheit und Gegenwart nicht wirklich zusammen für mich. Natürlich entfernen sich Freunde und das wird hier auch immer wieder erwähnt, aber wenn sich keiner mehr dem anderen nahe fühlt, warum sollten sie dann geschlossen entscheiden, dass sie eine Woche zusammen verbringen? Das macht für mich leider nicht ganz so viel Sinn, wie ich mir gerne erhofft hätte.

Ich mochte Harriet durchaus und konnte an vielen Stellen auch mit ihr mitempfinden, aber leider war sie die einzige der Charaktere, der ich mich ein wenig näher fühlen konnte. Ich hab einfach nicht verstanden, warum sie alle in einer Illusion darüber leben, die besten Freunde zu sein, die immer für einander da zu sein scheinen, aber keiner ist ehrlich zum anderen. Romane in denen Kommunikation Key wäre, die Charaktere sich aber dagegen wehren bzw. die Autor:innen es nicht für möglich halten, dieses Element zu berücksichtigen, machen mich immer ein wenig sauer. Es ist nicht nur eine Person, die mit ihren echten Empfindungen hinter dem Berg hält, nein, es sind direkt alle, was für mich einfach too much war.
Wyn hätte ich so gerne näher kennengelernt, aber erst gegen Ende schien er sich ein wenig zu öffnen bzw. die Autorin zuzulassen, dass die Leser:innen mehr von ihm zu spüren bekamen.
Auch die anderen Charaktere blieben in meinen Augen leider sehr blass. Dafür, dass sie so viel Zeit miteinander verbrachten und das auch noch auf engstem Raum, bekam man von ihnen leider erstaunlich wenig mit. Schade.

Den Schreibstil empfand ich, hingegen der Geschichte, als sehr leicht, flüssig und angenehm zu lesen.

Ich hatte mir von "Happy Place" deutlich mehr erhofft. Aufgrund des unbeschwerten Covers und des Klappentextes hatte ich einen seichten Sommerroman erwartet, gespickt mit romantischen Elementen, einem kleinen Krieseln und ganz vielen positiven Gefühlen. Was ich jedoch bekam war ein vermeintlicher "Happy Place", der sich nur dank der glücklichen Erinnerungen halten konnte, an denen sich alle wie verzweifelt versuchten, festzuhalten. Niemand wollte seinen Problemen und der inzwischen fast schon gescheiterten Freundschaft in die Augen blicken. Vielmehr hielten sich die ach so guten Freunde damit auf, Geheimnisse voreinander zu haben, obwohl sie sich schworen, die besten Freunde zu sein.
Die Atmosphäre war sehr bedrückend und somit alles andere als leicht und beschwinglich.

Ich hätte mir ein wenig mehr Leichtigkeit und weniger deprimierende Probleme erhofft, die sich gegen Ende hin ziemlich schnell in Luft auflösten, dafür, dass sie den kompletten Roman hindurch doch so unüberwindbar schienen. Schade.

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