Profilbild von Stillesen

Stillesen

Lesejury Star
online

Stillesen ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Stillesen über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.07.2023

Auf den Spuren der Vergangenheit

Ein Geist in der Kehle
0

Die Autorin Doireann Ní Ghríofa ist Dichterin und Essayistin und das spiegelt sich im ganzen Buch in ihrer außergewöhnlichen Schreibweise wider. Sie schafft es mühelos eine Verbindung zwischen Gegenwart ...

Die Autorin Doireann Ní Ghríofa ist Dichterin und Essayistin und das spiegelt sich im ganzen Buch in ihrer außergewöhnlichen Schreibweise wider. Sie schafft es mühelos eine Verbindung zwischen Gegenwart und Vergangenheit herzustellen. Sie ist fasziniert und regelrecht besessen von den Parallelen zum Leben von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill, die im 18. Jahrhundert lebte und wegen des von ihr verfassten Klageliedes auf ihren ermordeten Ehemann berühmt wurde.

Auch auf mich hat das Buch eine Faszination ausgeübt, denn es lässt sich in keine Schublade stecken. Ní Ghríofa hat mich von Anfang an mit ihren eindringlichen, ehrlichen und tiefgründigen Worten mitgerissen.

Sie schreibt von sich selbst, dem Alltag als Frau und Mutter, Rückschlägen und Erfolgen und hat offensichtlich ein Auge fürs Detail.

Sie versucht, mehr über das Leben von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill herauszufinden und wühlt sich durch alte Bücher, besucht Archive und Friedhöfe und stellt fest, dass es gar nicht so einfach ist, an Informationen zu gelangen. Das 18. Jahrhundert war eine von Männern bestimmte Welt und so sind auch nur von Männern verfasste Schriftstücke erhalten, die nur wenige Informationen über Frauen, insbesondere von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill, enthalten.

Aber Doireann Ní Ghríofa gibt nicht auf: Da wo sie keine Informationen bekommt, füllt ihre Fantasie die Lücke und so imaginiert sie, selbst an den Orten der Vergangenheit stehend, über den Werdegang der Frau, die durch ihr Klagelied einen nationalen Mythos schaffen soll.

Nichts für schwache Nerven sind dabei die Einschübe, die die Autorin aus ihrem eigenen Leben preisgibt und nach und nach mit dem Leben von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill verwebt.

Ich fand das Prosadebüt absolut gelungen und mitreißend, auch wenn mich die Vehemenz einiger Nachforschungen schon an Besessenheit erinnern. Aber vielleicht ist es genau diese Leidenschaft, dieses Feuer, die die treibende Kraft hinter dem Werk war. Bei mir haben sich die Worte von Doireann Ní Ghríofa jedenfalls eingebrannt und machen das Leseerlebnis unvergesslich. Ich kann nicht anders, als die volle Punktzahl zu vergeben (5/5 Sternen) und eine Leseempfehlung für alle auszusprechen, die bereit für ein andersartiges Buch sind.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.06.2023

Ich bin verzaubert!

WiccaCreed | Zeichen & Omen
0

Dieses Buch hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen! Die unheimlich hübsche Aufmachung schrie mir schon im Buchladen entgegen: „Kauf mich!“ Und so kaufte ich es, las es und war verzaubert.

„Wicca ...

Dieses Buch hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen! Die unheimlich hübsche Aufmachung schrie mir schon im Buchladen entgegen: „Kauf mich!“ Und so kaufte ich es, las es und war verzaubert.

„Wicca Creed - Zeichen & Omen“ ist der erste Band einer (High-)Fantasy-Trilogie. Besonders ist hier, dass schon die Akteure nicht die „üblichen Verdächtigen“ sind. Nein, es gibt neben Hexen noch die sogenannten Wicca, die ein ganz anderes Wesen und eine andere Magie als diese besitzen. Das dritte magische Volk sind die Strigoi, die den Vampiren ähnlich sind.

Marah Woolf hat es geschafft, dass ich ganz sanft und somit problemlos in ihre Fantasy-Welt hineingeglitten bin. Die Handlung startet spannend und endet in einem Feuerwerk an Wendungen und noch mehr Spannung. Dabei gibt es zwischendurch ordentlich viele Dark Academia-Vibes und Liebhaber von Internats-Storys werden verzückt sein.

Die Charaktere sind durchweg interessant und teils vielschichtig, vorneweg natürlich Valea, die als Ausgestoßene wie eine Art hässliches Entlein wirkt und dann zum wunderschönen Schwan mutiert. Ich habe außerdem das Gefühl, dass der eine oder andere noch ein Geheimnis hat, das er uns in den nächsten Bänden verraten wird.

Als bekennender Fan der Autorin wage ich zu behaupten, dass sie einfach immer besser wird. Dieses Buch war einfach ein richtiger Lesegenuss und ist bis jetzt nicht nur Woolfs bestes, sondern auch grausamstes Buch. Die Vielzahl an Twists haben mich zum Schluss ordentlich durchgeschüttelt und absolut begeistert! Ich kann nicht anders, als 5/5 Sternen zu vergeben und kann es kaum erwarten, die Fortsetzung zu lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.06.2023

Große Leseempfehlung

Elternabend
0

Was habe ich gelacht auf den ersten ca. 180 Seiten des Buches (und auch danach noch mehrere Male)! Meine Familie hat mich schon ganz komisch angeguckt, weil ich plötzlich in unkontrollierte Lachanfälle ...

Was habe ich gelacht auf den ersten ca. 180 Seiten des Buches (und auch danach noch mehrere Male)! Meine Familie hat mich schon ganz komisch angeguckt, weil ich plötzlich in unkontrollierte Lachanfälle ausgebrochen bin und mich kaum beruhigen konnte. Wie kann ein Mensch, der normalerweise fesselnde Thriller schreibt, bei denen man sich manchmal fragt, ob es gesund sein kann, so böse, psychopathische Plots zu kreieren, so unglaublich witzig sein?

Ich bin bekennender Fitzek-Fan und bin fasziniert von seinen Thrillern. Von „Fische, die auf Bäume klettern“ war ich weitaus weniger begeistert, mit dem Buch wurde ich seinerzeit nicht warm, auch wenn mir die Idee gefiel - entsprechend hatte ich eine gewisse Restskepsis, was diesen Nicht-Thriller aus seiner Feder angeht.

Aber als dreifache Mutter ist natürlich allein der Titel des Buches ein Grund, es in die Hand zu nehmen, und der Untertitel „Kein Thriller (auch wenn der Titel nach Horror klingt)“ trifft absolut zu. Ich bin kein Fan von diesen Veranstaltungen und sehr froh, dass meist mein Mann diese Events wahrnimmt.

Die Ausgangslage ist schnell beschrieben: Sascha Nebel sitzt in einem SUV, das er stehlen soll - das plötzlich von einer Frau mit Baseballschläger demoliert wird. Beide fliehen vor der Polizei und landen in einem Elternabend, werden für die Eltern eines Jungen gehalten, die bisher nie auf solchen Veranstaltungen waren, und spielen das Spiel mit, um einer Verhaftung zu entgehen. Was dann passiert, kann sich jeder ausmalen, der schon einmal auf einem Elternabend war - oder eben genau nicht, denn natürlich ist es nicht nur ein normaler Elternabend und auch die Polizei sowie der Besitzer des demolierten Geländewagens sorgen für spezielle Dynamik.

Ich will wirklich nicht zu viel verraten, weil schon der Beginn des Buches so herrlich ist und von einer absurden Steigerung zur nächsten kommt - doch nachdem es in der ersten Hälfte zum Schreien komisch ist, wird es im zweiten Teil deutlich ernster und (gesellschaftlich) relevanter. Eine Triggerwarnung kommt vorneweg, die ich ehrlicherweise im Humorfeuerwerk der ersten 180 Seiten längst wieder vergessen hatte. Es geht bei diesem speziellen Elternabend um Mobbing, Depressionen und Suizid. Fitzek zitiert Mark Twain: „Die verborgene Quelle des Humors ist nicht Freude, sondern Kummer.“

Sebastian Fitzek versteht es dabei wunderbar, diese ernsten Themen leicht und unverkrampft anzusprechen und unsere Augen zu öffnen. Eine meiner Lieblingsstellen ist am Ende: „Ich danke dir. (…) Dass du hinschaust. Dass du reagierst. Dass du handelst. Auch auf die Gefahr hin, etwas falsch zu machen.“

Seid achtsam.

Dieses Buch ist ein must-read, nicht nur für Eltern. 5/5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.06.2023

Das ging mir unter die Haut

I'm Glad My Mom Died
0

Jennette McCurdy ist durch die Nickelodeon-Serie „iCarly“ zu einem weltberühmten Kinderstar geworden. In ihre Autobiografie beschreibt sie ihren Weg dorthin und gibt einen Einblick hinter die Kulissen.

Erst ...

Jennette McCurdy ist durch die Nickelodeon-Serie „iCarly“ zu einem weltberühmten Kinderstar geworden. In ihre Autobiografie beschreibt sie ihren Weg dorthin und gibt einen Einblick hinter die Kulissen.

Erst nach dem Tod ihrer Mutter beginnt Jennette, ihre Erlebnisse aus der Kindheit und ihre daraus resultierenden Probleme aufzuarbeiten.

Einst war es der Traum von Jennettes Mutter, Schauspielerin zu werden. Selbst hat sie ihn nicht verwirklichen können und deshalb trieb sie ihre Tochter dazu - leider mit fragwürdigen Methoden. Als Jennette zum Beispiel gerade einmal elf Jahre alt ist, rät sie ihr zum Kalorienzählen und treibt sie damit in eine Essstörung, gegen die Jennette noch heute ankämpft.

Jennettes Kindheit war geprägt von der toxischen Beziehung zu ihrer Mutter. Ihr Buch wirkt wie ein Befreiungschlag und scheint Teil einer Bewältigungsstrategie zu sein.

Mich hat das Buch absolut beeindruckt. Jennette nimmt kein Blatt vor den Mund und schreibt sich gefühlt alles von der Seele. Dabei ist ihr Ton teils bitter, teils getränkt von schwarzem Humor. Die kurzen Kapitel, die entwaffnende Ehrlichkeit und ihre sympathische Art haben mich das Buch regelrecht inhalieren lassen.

Um anderen Betroffenen aufzuzeigen, dass es einen Weg da heraus gibt, dass sie sich nicht schämen müssen und es sich lohnt für ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu kämpfen, dafür ist es wichtig, Bücher mit genau solchen Themen zu schreiben und zu veröffentlichen.

Mich selbst hat das Buch zum Nachdenken gebracht. Ich bin mir sicher, dass man noch mehr für die Einhaltung der Grenzen Kindern gegenüber machen kann. Zu oft bekomme ich mit, dass sie mit „Wenn, dann“-Sätzen erpresst und manipuliert werden. Außerdem war mir das ganze Ausmaß von Essstörungen und der verschiedenen Arten nicht bekannt.

Achtung: Zurecht enthält das Buch eine Triggerwarnung über körperlichen Missbrauch, Alkoholsucht und Essstörungen. Bitte achtet auf euch und lest das Buch nur, wenn ihr damit klar kommt.

(Aus dem Englischen von Sylvia Bieker und Henriette Zeltner-Shane)

Ich vergebe 5/5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.06.2023

Wer bist du wirklich?

Die Frau, die es nicht mehr gibt
0

Darum geht es:
Mitte der 1980er-Jahre, eine Zeit, in der überall Fahndungsplakate mit Mitgliedern der RAF aushängen. Aber es ist auch die des Umbruchs: Alex trampt durch die Welt und schließlich es gibt ...

Darum geht es:
Mitte der 1980er-Jahre, eine Zeit, in der überall Fahndungsplakate mit Mitgliedern der RAF aushängen. Aber es ist auch die des Umbruchs: Alex trampt durch die Welt und schließlich es gibt einen Ort, wo sie bleibt: In Frankreich, im Lubéron-Gebirge. Das liegt vor allem an der Freundschaft zu Mado, Loic und Fantomas. Sie sind eine Clique, die mit Straßenkunst ihr Geld verdient. Mit ihrer Kamera vermag Alex ganz besondere Momente einzufangen. Schnell merkt sie, dass die Leute im Lubéron etwas ganz Besonderes sind. Erst hinterher erfährt sie, dass die meisten nicht die waren, für die sie sich ausgaben. Dazu zählt auch einer ihrer Freunde, wie sie 30 Jahre später erfährt.

Mein Leseeindruck:
In diesem Buch nimmt uns die Autorin mit auf eine Reise an einen ganz besonderen Ort, an dem sie selbst mehrere Jahre gelebt hat: Das Lubéron-Gebirge. Sie schafft es, die einzigartige Atmosphäre von damals in ihren Zeilen zu transportieren und hat mich ganz mit ihren Worten verzaubert.

Die Hauptpersonen der Geschichten sind Alexandra Richter alias Alex und Madeleine Verroux, einfach Mado genannt. Die beiden verbindet am Anfang die Sprache, später entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den beiden. Zusammen mit den Jungs Fantomas und Loic bilden sie eine Clique, die den Sommer ihres Lebens zusammen haben und auch die Liebe kommt nicht zu kurz.

Schnell wird klar, dass Mado ein großes Geheimnis hat. Erst nach und nach wird alles über ihre Identität aufgedeckt und, was ich schön fand, auch erklärt.

Besonders ist auch die Mischung der Menschen, die in diesem Gebirge aufeinander trafen: Militärfamilien lebten zusammen mit alteingesessenen Provenzalen, Zugewanderten aus Südeuropa und Nordafrika, internationalen Hippies, Pazifisten und Künstlern.

Auch der kalte Krieg war in der Gegend sichtbar: Die Atomraketen Frankreichs waren in unmittelbarer Nähe auf dem Plateau d’Albion stationiert und auf Sowjetunion gerichtet.

Der schöne Sprachstil und die Formulierungen sind mir positiv aufgefallen und haben mein Leser-Herz erwärmt. Da ich es so gerne mochte, habe ich mir tatsächlich die älteren Bücher der Autorin Maiken Nielsen gekauft.

„Die Frau, die es nicht mehr gibt“ ist ein Buch über Identitäten und Freundschaft und hat die Atmosphäre eines besonderen Ortes in einer speziellen Zeit eingefangen. Ich bin immer noch ganz verzaubert und somit vergebe ich ganz klar 5/5 Sternen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere