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Veröffentlicht am 14.11.2023

Ein Dorf, tief im Wald verborgen.

Das verlorene Dorf
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Das Cover hatte schon beim ersten Sehen meine Aufmerksamkeit.
Düster, nebelig, irgendwie bedrückend und unheimlich und mit dem Klapptext hatte das Buch dann auch gleich einen Platz auf meiner WuLi.
Ein ...

Das Cover hatte schon beim ersten Sehen meine Aufmerksamkeit.
Düster, nebelig, irgendwie bedrückend und unheimlich und mit dem Klapptext hatte das Buch dann auch gleich einen Platz auf meiner WuLi.
Ein Buch das mich voll und ganz gepackt hat!
Der düstere Eindruck vom Cover spiegelt die Spannung der Geschichte wider und dieser Eindruck war von Anfang an da und hielt bis zum Schluss, somit war die Spannung von vorne bis hinten durchgehend gegeben.

Rosalie ist durch eine Krankheit überall eine Außenseiterin und als ihr Krankheitsbild beschrieben wurde, kam mir gleich "Albino" in den Sinn - und so war es auch.
Zu der Zeit war es aber wohl unbekannt und wurde als "Böses" angesehen. Wie alles Unbekannte und Unerklärliche in der Zeit als böse angesehen wurde.

Als erstes lernt man Rosalie als noch kleines Kind kennen, das von allen gemieden wird und ihr von den Anderen nur übel mitgespielt wird, so das sie sich ganz zurück zieht und sich nur mit Malen von düsteren Bildern in ihre eigene Welt flüchtet. Und doch zieht sie immer Ärger auf sich und wird der Heimleitung unbequem. Irgendwann wollen sie Rosalie dann loswerden und geben sie als jugendliche in ein anderes Waisenhaus.
Dort arbeitet sie als Küchenhilfe und findet in der ersten Köchin eine Bezugsperson, die sie so nimmt wie sie ist. Langsam fast sie Vertrauen, auch wenn die anderen sie wieder ausgrenzen und so wächst sie als junge Frau heran.
Eines Tages lernt sie dann Ronar kennen, der seine Jagdbeute in die Küche bringt und als Fleischspende dort abgibt. Ronar scheint schüchtern zu sein und auch anders, denn er gehört zu dem Waldvolk. Eine eingeschworene Gemeinschaft, über die keiner was Genaues weiß. Eine Dorfgemeinschaft tief im Wald, die niemanden Fremden duldet, wo nicht einmal die Polizei oder sonstige Obrigkeit eine Handhabe hat. Ein Dorf, das in einer anderen Welt lebt.

Deswegen warnen alle Rosalie vor Ronar, denn auch wenn seine Fleischspenden immer wieder gerne angenommen werden, so will aber keiner anderweitig mit ihm zu tun haben. Im Wald gehen unheimliche Dinge vor sich, heißt es.
Und doch trifft sich Rosalie bald heimlich mit Ronar, der sie so nimmt wie sie ist. Ronar stört sich nicht an ihre Andersartigkeit und zeigt ihr seinen Lieblingsplatz im Wald, erzählt ihr von seinem Dorf und wie er sich die Zukunft vorstellt, nur mit in sein Dorf will er sie nicht nehmen. Die Gemeinschaft duldet keine Fremden. ....

Allen Warnungen zum Trotz will Rosalie Ronar heiraten. Sie liebt ihn und fühlt sich zum ersten Mal normal und unbeschwert. Das ändert auch nichts dran, das sie sich immer beobachtet fühlt, sobald sie mit Ronar im Wald spazieren geht und auch nicht der komische Traum, als sie mit Ronar auf der kleinen Waldlichtung ist, genauso wenig, als er noch eine Nacht vor der Hochzeit bei ihr ins Fenster steigt und sie inständig bittet ihn nicht zu heiraten .....
Am Tag ihrer Hochzeit holt Ronar sie dann zusammen mit seinen Brüdern als geschmückte Braut in sein Dorf - ohne dass jemand sonst mitkommen darf.
Dort wird sie wie nie zuvor in ihrem Leben liebevoll und herzlich in die Gemeinschaft aufgenommen und vom Dorfältesten getraut.
Alles scheint so wundervoll zu sein, eine kleine Gemeinschaft. So herzlich wie eine einzige Familie nicht sein kann. Wo keiner den anderen ausschließt und sie ist nicht die einzige mit einer Andersartigkeit. Im Dorf gibt es auch Mitglieder die anders sind, aber egal ob körperlich oder geistig anders, jeder ist ein wertvolles Mitglied der Gemeinschaft und endlich kann Rosalie sich frei fühlen und frei handeln, ohne das sie schief angesehen wird - solange sie das Dorf nicht verlässt und sich an die Regeln hält ......

Ich sag Euch, das Buch hat mich nicht wieder los gelassen! Das war ein Buch genau nach meinem Geschmack und hat mir mehr gegeben als ich erwartet hatte.
Historische Romane lese ich liebend gern, denn da geht es meistens ja schon düster zu - heißt ja nicht umsonst "Finsteres Mittelalter".
Und hier wird es dann auch noch gruselig, aber nicht im herkömmlichen Sinne wie in Geistergeschichten. sondern gruselig, weil es auch genau so hätte sein können.
Das Mythische sind hier keine Gespenster, sondern das unerklärliche, weil man nicht weiß WAS da im Wald vor sich geht.
Gruselig, weil erst alles so normal erscheint, man aber schon spürt, das da was nicht stimmt und sich erst alles nach und nach aufklärt, aber immer wieder Situationen auftreten, bei dem man (ich) den Atem angehalten habe und sich die Nackenhaare aufstellen.

Ich habe mit Rosalie gebangt und konnte sie so gut verstehen, in all ihrem Handeln und Denken und hatte teilweise genauso viel Angst um sie und Ronar, wie Rosalie selbst.
Ich könnt noch so einiges schreiben, aber ich will natürlich nicht spoilern, denn das würde jedem Leser die Geschichte verderben.
Jeder soll die Geschichte selbst erleben und sie wird noch um einiges interessanter, da es den Ort wirklich gibt. Das macht das Ganze noch unheimlicher, wie ich finde - auch wenn es so eine Geschichte nicht wirklich an dem Ort gegeben hat.
Aber eine Legende der "Weißen Frau im Sachsenrieder Forst" hat es an dem Ort schon gegeben.
Die Anmerkung der Autorin kann man auch zuerst lesen, ohne das sie was von der Geschichte verrät, aber so hat man dann immer im Hinterkopf, das es den Ort und seine Gegebenheiten wirklich gegeben hat und macht die Geschichte noch lebendiger und wirklicher.

Mein Fazit:
Wer eine Geschichte mit Mystery und Geister nicht im herkömmlichen Sinn von toten Geistern und dergleichen erleben möchte und dem sich trotzdem zwischendurch die Nackenhaare aufstellen sollen, dem kann ich diese Buch wärmsten empfehlen.
Hier wird einem gruselige Spannung durch eine fiktive Realität an einem damaligen realen Ort gegeben.
Ein Buch, von dem ich mehr als Begeistert bin!

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Veröffentlicht am 14.11.2023

Dieses Buch hat mich richtig mitgenommen und hat noch lange nachgehangen.

Am Ende dieses Jahres
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Gleich zu Anfang ist dem Leser klar, wie Anton über den Krieg denkt.

Zitat:
"Anton [...] auf unseren Führer [...] ist ein Attentat verübt worden..."
Also doch! [...] der einzige Gedanke, zu dem ich fähig ...

Gleich zu Anfang ist dem Leser klar, wie Anton über den Krieg denkt.

Zitat:
"Anton [...] auf unseren Führer [...] ist ein Attentat verübt worden..."
Also doch! [...] der einzige Gedanke, zu dem ich fähig bin, ist: Hat es diesmal geklappt?
[...] es grenzt wirklich an ein Wunder - dieser Schweinehund hat so viele Leben wie eine Katze [...]


Da das Buch aus Antons Sicht in der Ich-Perspektive geschrieben ist, ist man auch wirklich gleich in der Geschichte drin und bei dem Schreibstil kann man so wie so gar nicht anders. Die Geschichte ist so lebendig geschrieben, das man das Gefühl hat, als wenn man neben Anton her läuft und alles selbst mit erlebt.
Ich konnte das Buch gar nicht wieder aus der Hand legen.
Ich habe mit Anton gelitten und gefühlt. Seine Ängste, seine Sorge und die Familie, Freunde und Kameraden und seinen Hass auf den Krieg und Hitler mit all seinen Grausamkeiten.
Teilweise hab ich echt die Luft angehalten.
Die Autorin schaffte es wirklich mich so in die Geschichte zu ziehen, dass ich die Sirenen und Bomben schon fast selbst hören konnte.

Die Geschichte ist wirklich bedrückend, beklemmend und zeigt die Grausamkeiten des Krieges ohne sie zu beschönigen.
Hitler will den Krieg mit aller Macht gewinnen, auch wenn er eigentlich schon längst verloren ist, und dazu sind ihm alle Mittel recht - ohne Rücksicht auf Verluste.
Darum werden die jugendlichen zum Ende des Krieges auch schon vor ihrem 16. Geburtstag eingezogen. Mit ihnen Anton und sein bester Freund Gerhard.
Um diese Aktion zu rechtfertigen werden sie "nur" als Wehrdiensthelfer eingesetzt.
Bedeutet: Sie müssen dafür sorgen, das die Schützen immer genügend Munition haben, Schützengräben ausheben und auch sonst zur Handgehen wo es nötig ist. Nebenbei werden sie noch an der Waffe ausgebildet, um später die Linien zu verteidigen - mit 16 Jahren! Sprich, Linien verteidigen, die schon längst verloren sind.
Es sind genug Jugendliche dabei die stolz darauf sind und Hitlers Einstellung voll und ganz übernommen haben, die es als Ehre sehen, für den Führer und das Vaterland zu sterben. Dem entsprechend benehmen sie sich auch den anderen gegenüber, die so denken wie Anton.
Aber zum Glück sind nicht alle so.

Zitat:
Anton - "Ich weiß nicht, wie ich auf einen von ihnen die Waffe richten und abdrücken soll, und bete im Stillen, dass es nie dazu kommen wird."

Aber trotz allem hat diese Geschichte auch andere, wichtige Faktoren. Nämlich Freundschaft und Menschlichkeit.
Anton versucht sich so lange wie möglich von der Front fernzuhalten und träumt wie jeder Junge in dem Alter von der Zukunft und möchte nichts lieber als Geige spielen. Er stellt sich eine Zukunft mit der Nachbarstochter Luise vor und hält zu seinem besten Freund Gerhard. Als er dann doch mit ihm an der Front ist, ist ihm diese Freundschaft noch wichtiger und er stellt sich auf die Seite der Schwächeren Kameraden, gegen Wilhelm, dessen Vater selbst bei der SS ist.

In dieser Geschichte steht nicht nur ein Kernthema im Vordergrund wie Krieg, Grausamkeit, Zerstörung, Mut, Hoffnung, Verlust, Freundschaft oder Liebe.
Anja May hat es wirklich geschafft alle diese Faktoren gleichberechtigt in einer mitreißenden und emotionalen Geschichte zu vereinen.
Ohne dabei etwas zu beschönigen oder zu verschweigen.
Wie ich schon schrieb, man hört förmlich die Sirenen und Bombeneinschläge, während man mit Anton mitten in den Trümmern steht und zieht beim Lesen fast schon selbst den Kopf ein.
Aber dann gibt es da auch die leisen, schönen Momente, die zarte und noch unbeholfene Liebe zu Luise, die Freundschaft zu Gerhard, der Zusammenhalt und die Menschlichkeit, die trotz der Grausamkeit nicht verloren geht.
Das alles so spannend erzählt, dass man einfach weiter lesen MUSS und am Ende tief Luft holt.
Ein Buch, das ich sicher nicht vergessen werde.

Zitate:
An der Front:
Der Panzer hat den Soldaten erreicht und fährt einfach weiter, über die Beine des Mannes hinweg.
Es knackt und rattert. Der markerschütternde Schrei, den der Soldat ausstößt, frisst sich wie Fäulnis in meine Seele. Ich will schreien, bringe aber keinen Ton hervor.
******
Anton und Gerhard in einem ruhigen Moment.
„Was willst du machen, wenn der Krieg vorbei ist?“, frage ich, um das Thema zu wechseln. […]
„Mir den Bauch mit Essen voll schlagen“, erwidert er verträumt. „So viel ich kriegen kann. Das wär dufte.“

Mein Fazit:

Ein Debütroman ohne Wenn und Aber, der mich mehr als gespannt auf das nächste Buch von der Autorin warten lässt.
Eine Geschichte, die nichts verschönt oder verherrlicht, emotional mitfühlen lässt und der heutigen Generationen zeigt, wie es nie wieder werden darf!
Ein Buch, nachdem ich einmal mehr froh darüber bin, das ich diese Zeit nicht mitmachen musste, aber mir gut vorstellen kann, wie es meinen Eltern ergangen ist, die selber Jahrgang ’29 und ’35 sind.
Für mich ein Buch, das man gelesen haben sollte und nicht nur für Jugendliche geeignet ist.

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Veröffentlicht am 14.11.2023

Der letzte Teil der Trilogie um die Hebamme Hiske Aalken

Das Signum der Täufer
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Natürlich geht es auch im letzten Teil um den Aufbau von Neustadtgödens und seinen Bewohnern. Es ist tiefster Winter - und den gab es zu der Zeit wirklich noch in aller Strenge - so dass die Seewege und ...

Natürlich geht es auch im letzten Teil um den Aufbau von Neustadtgödens und seinen Bewohnern. Es ist tiefster Winter - und den gab es zu der Zeit wirklich noch in aller Strenge - so dass die Seewege und auch die Landwege unpassierbar sind. Jan Valkensteyn, will aber dennoch von Emden endlich aufbrechen, um zu seiner Hiske Aalken in die Herrlichkeit Gödens zu gelangen. Zusammen mit dem Bader Dudernixen und noch jemand fremden macht Jan sich zu Fuß auf den Weg durch den eisigen Winter, während in Gödens sich die nächste Bedrohung ankündigt.
Es werden mysteriöse und bedrohliche Bibelzitate gefunden, die einige Bewohner erschrecken. Als dann auch noch Dudernixen mit der Leiche des Fremden Reisebegleiters in Gödens eintrifft und Jan unterwegs entführt worden ist, spitzen sich die Dinge immer weiter zu.
Und was stimmt von der Aussage der fremden Frau, die bei Hiske um Hilfe bittet, das Krechting ihren Vater vor Jahren ermordet haben soll?
Sind die Papisten ihm wieder auf den Fersen? Hat es was mit seiner Vergangenheit als Täufer zu tun?

Auch im letzten Teil sind viele Fragen zu beantworten. Hier geht es wieder nicht nur um das beschauliche Leben einer sich entwickelten Stadt, die noch unter der Gerichtsbarkeit der Häuptlingswitwe von Knyphausen steht, sondern hier kommt die Vergangenheit der einzelnen immer wieder zum Vorschein und deckt immer weitere Ereignisse auf, die die Personen lieber auch weiterhin verschweigen würden.
Denn es sind alles Verfolgte aus den umliegenden Orten, bis hin zu den Glaubensflüchtlingen aus Holland.
Einst eine freie Glaubensgemeinschaft aufbauend wollen und doch aus Sicherheitsgründen ums eigene Leben wieder geheim gehalten und höchsten noch im Verborgenem ausgeführt, scheinen die Verfolger wieder aufzutauchen.

Die Geschichte nimmt nun aber ihren Lauf und bleibt trotz allem spannend bis zum Schluss, bis auch wirklich die letzte Frage beantwortet ist und auch wenn man die Personen schon von Anfang an der Trilogie begleitet und schon einiges ahnt, so klärt sich doch wirklich erst hier im letzten Teil alles ganz auf und mit vielen meiner Vermutungen lag ich total daneben, aber mit ein paar war ich auch auf dem richtigen Weg.

Ich kann nun abschließend nicht sagen, ob jemand der die Gegend so gar nicht kennt, von dieser Trilogie genauso begeistert ist wie ich, die die Gegend kennt. Es ist auf jeden Fall eine Geschichte, in der die Protagonisten alle einen Hintergrund haben und mehr oder weniger mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen haben und das im 16. Jahrhundert, an einem Ort der gerade im Umbruch ist und noch aufgebaut werden muss.

Mein Fazit:
Wer eine spannende und vielschichtige Trilogie lesen möchte, in der noch dazu die historischen Hintergründe einer Region und Ortschaft sehr gut recherchiert worden sind, dem kann ich diese nur empfehlen. Eine Geschichte über Menschen die verfolgt wurden und sich eine neue Heimat aufbauen wollen, in der es aber auch Geheimnisse gibt, die sich auf die ganze Gemeinschaft auswirken. Fremde die trotzdem in einer Gemeinschaft zusammen wachsen müssen, um ein neues, freies Leben führen zu können, in der es aber auch immer wieder Tote gibt, die nicht nur eines natürlichen Todes gestorben sind.
Jaaaa, ICH BIN BEGEISTERT und könnte noch viel mehr schreiben!
Und es ist bestimmt nicht das letzte Buch, was ich von dieser Autorin gelesen habe!

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Veröffentlicht am 12.11.2023

Der zweite Teil um die Hebamme Hiske Aalken

Der Meerkristall
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Auch der zweite Teil war spannend und sehr undurchsichtig, was den Täter betraf. Mit anderen Worten, mein "Sherlock-Gen" hat wieder versagt.
Diesmal war die Geschichte sogar gleich doppelt spannend, da ...

Auch der zweite Teil war spannend und sehr undurchsichtig, was den Täter betraf. Mit anderen Worten, mein "Sherlock-Gen" hat wieder versagt.
Diesmal war die Geschichte sogar gleich doppelt spannend, da zwei Handlungsstränge sich abwechselten. Nach jedem Kapitel kam erst wieder der zweite Handlungstrang, der in früherer Zeit in Amsterdam spielte, in dem es um das Medaillon mit dem Meerkristall ging.
Natürlich weiß man gleich, das sich irgendwann in der Geschichte die beiden Handlungsstränge treffen, nur bis dahin war ich bei jedem neuen Part am rätseln, wer das Medaillon früher hatte und wer die Person damals war, bzw. wer es jetzt in der Dorfgemeinschaft ist.

Dann der Hauptstrang der Geschichte. Man weiß wer der Tote ist, aber wer hat ihn letztendlich umgebracht?
Wieder viele Verdächtige, die alle ihre Gründe hätten, aber auch hier wurde ich immer wieder in die falsche Richtung getrieben.
Das Ganze gut verpackt im Leben der Dorfgemeinschaft mit dem Aufbau eines neuen Lebens in der Neustadt.

Als dann auch noch der damalige Schafrichter aus Jever, von wo aus Hiske damals geflüchtet ist um nicht als Hexe verbrannt zu werden, sie in der Herrlichkeit Gödens endlich fand, hab ich schon gedacht das es um sie geschehen ist.
Aber es gibt ja zum Glück noch einen dritten Teil mit ihr. ;)

Außerdem erfährt man auch wieder kleine Geheimnisse der Bewohner, denn nicht jeder ist so unbescholten, wie er sich gerne gibt und zwischen Jan Valkensteyn und Hiske Aalken läuft auch so einiges schief, denn da ist ja auch immer noch Anna aus dem Duuvkenhuus (dem Hurenhaus), die einfach nicht von Jan ablassen will.

Mein Fazit:
Alles in allem wieder ein spannender, historischer Krimi mit geschichtlichem Hintergrund über die Entstehung Neustadtgödens in Ostfriesland, der dem ersten Teil in nichts nachsteht und den ich genauso empfehlen kann wie den ersten Teil.

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Veröffentlicht am 12.11.2023

Ostfriesland im Jahr 1545

Die Lebenspflückerin
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Eigentlich lese ich nicht gerne Krimis, obwohl ich den einen oder anderen doch schon mal gelesen habe. Denn irgendwie finde ich Krimis immer langweilig, weil man gleich zu Anfang schon den Täter zu "sehen" ...

Eigentlich lese ich nicht gerne Krimis, obwohl ich den einen oder anderen doch schon mal gelesen habe. Denn irgendwie finde ich Krimis immer langweilig, weil man gleich zu Anfang schon den Täter zu "sehen" bekommt, oder ich (bis her zumindest) spätestens nach der 1. Hälfte schon weiß wer der Täter ist.

Hier war ich aber aus einem anderen Grund neugierig, denn es ist ein so genannter Regional-Krimi und spielt da wo ich die Ortschaften kenne und auch schon war, weil ich dort in der Nähe wohne.
Also hab ich ihn einfach mal angefangen um zu "sehen" wie die Geschichte mit den Ortschaften umgeht.
Sehr schnell war ich aber schon in der Geschichte drin und es war seit langem mal kein Krimi von dem ich gelangweilt worden bin.

Die Geschichte spielt im 16. Jahrhundert in Ostfriesland in der Herrlichkeit Gödens wo gerade die Häuptlingsfrau Hebrich von Knyphausen vom Schloß Gödens dabei ist mit Einheimischen und vielen Zuwanderer aus Jever und Glaubensflüchtlinge aus Holland eine neue Heimat für alle zu schaffen.
Der Beginn und Aufbau von Neustadtgödens.
Eine Gemeinde die fest zusammen hält und eine neue, freie Glaubensgemeinschaft aufbauen will.
Dort hin ist auch die Hebamme Hiske Aalken geflüchtet, die in Jever als "Toversche" (Hexe) verfolgt und verurteilt wurde.
Als sie dort ankommt, passiert gleich ein bestialischer Mord, der für große Unruhe im Lager rund um die Gödenser Burg sorgt. Da sind fremde Zuwanderer, deren Ruf ihnen voraus eilt, natürlich gleich im Fokus, was Hiske nun gar nicht zu gute kommt.
Sie bekommt aber doch eine Unterkunft und schnell wird sie auch zu Hilfe geholt, wenn eine Geburt bevorsteht und so kommt Hiske in der Herrlichkeit erst einmal zur Ruhe, wenn die Bewohner sie auch noch mit Argwohn beobachten.
Als dann aber auch noch eine weitere Leiche, noch dazu in ihrem Kräutergarten, gefunden wird, zieht sich der Kreis aus Mißtrauen und Verurteilung immer enger um Hiske.

Als der Arzt aus Amsterdamm, Jan Valkensteyn, in Gödens eintrifft, findet sie in ihm Unterstützung und es wird alles dran gesetzt, den wahren Mörder zu finden, um Hiske damit ein für alle mal zu entlasten.
Also schlägt sie sich mehr schlecht als recht durch, immer auf der Hut nicht wieder als Hexe verurteilt zu werden.
Irgendwann findet sie den "Wortsammler", ein total verwahrloster Junge, der im Moor lebt und sich ab und an zur Burg schleicht. Schnell gerät auch dieses unheimliche "Ungeheuer" in den Fokus der Leute und wird gejagdt. Aber ihn zu fassen gelingt ihnen nicht. Nur Hiske nähert sich langsam diesem Jungen, in dem sie ihm an versteckten Stellen Nahrung hinstellt und versucht ihn näher kennen zu lernen. Ganz langsam läßt der Wortsammler Hiske an sich ran, immer wieder zur Flucht ins Moor bereit, wenn der Mob ihn wieder verfolgt.
Ganz langsam kommt Hiske hinter das Geheimnis des Wortsammlers und steht mit Hilfe von Jan Valkensteyn für ihn ein.

Was ist der Wortsammler für ein Junge und wieso lebt er in dem Alter allein im Moor? Wer hat die Morde begangen und warum? In wie weit ist die Gemeinschaft der Täufer darin verwickelt? Und wer ist die Lebenspflückerin?

Diese und noch einige andere Fragen werden nach und nach beantwortet und ist wirklich ein spannender Krimi, aber nicht im herrkömmlichen Sinn, wie man Krimis eben kennt.
Hier gibt es kein polizeiliches Ermittlerteam, die sich in Büros die Köpfe zermartern und mit irgendwelchen Analysen versuchen ein Täterprofil zu erstellen. Eben keine langweilige Polizeiarbeit.
Hier ist es die feste Gemeinschafft, die zwar alle zusammen halten, in denen es aber auch immer wieder welche gibt, die sich verdächtig machen und von anderen verteidigt werden, oder eben anklagend schief angeschaut werden. Hier gibt es nur die kleine Gemeinschaft, die sich aus dem Umland und zugereisten Holländern zusammensetzt und irgendwie muss man zwar zusammen halten, aber man ist sich auch genauso fremd und muss seinen Nachbarn erst einmal ab- und einschätzen.

Hier hat man vor her den Täter noch nicht "gesehen" und sieht nur soviel, wie die Einwohner selbst. Die ganze Geschichte ist wirklich gut aufgebaut und erzählt, so das man (ich) nicht schon weit vorher den Täter "kannte". Mir blieb nichts anderes übrig, als den Leuten zu folgen und mit zu rätseln.
Mehr als einmal hatte ich auch den falschen "Täter" im Visier, aber nie den richtigen.
Das Ganze fügt sich in die historische Geschichte nahtlos ein, so das man nebenbei auch noch viel um die regionale Geschichte von Gödens, Neustadtgödens und den angrenzenden Ortschaften erfährt und wie sie aus welchen Gründen entstanden sind.

Für jemanden, der die Ecke hier in Ostfriesland nicht kennt und sich auch nicht für interessiert, der mag sich vielleicht wenn, dann nur für die Todesfälle und deren Aufklärung interessieren, aber dann ist die Geschichte wohl nur noch halb so interessant als wenn man sie im Ganzen liest, denn die Mordfälle sind mit dem Leben der Bewohner verbunden und verstrickt, wie die Lebenden miteinander.

Mein Fazit:
Seit langem eine Krimigeschichte, die ich mehr als spannend fand und mich in keinster Weise gelangweilt hat. Eine die es geschafft hat, dass ich mehrfach in die falsche Richtung gesehen habe und auf deren zweiter Teil ich sehr gespannt bin, um zu erfahren wie es mit der Hebamme Hiske und auch dem Aufbau der neuen Lebensgemeinschaft der Ortschaft weiter geht.

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