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Veröffentlicht am 29.05.2023

Ein berührender Roman über die Stellung der Frau 1841

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie
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1841. Elise Spielmann, älteste Tochter in einer Musikerdynastie, träumt davon, eine gefeierte Violinistin zu werden, doch im 19. Jahrhundert war das öffentliche Musizieren für Frauen noch immer anrüchig. ...

1841. Elise Spielmann, älteste Tochter in einer Musikerdynastie, träumt davon, eine gefeierte Violinistin zu werden, doch im 19. Jahrhundert war das öffentliche Musizieren für Frauen noch immer anrüchig. Stattdessen steht sie kurz vor der Hochzet mit dem deutlich älteren Adam Jakobi, den offenbar Geheimnisse mit ihrem Vater verbinden. Als sie zufällig Christian Hildebrand kennenlernt, früheres Wasenkind und Theatermalergehilfe, verlieben sich beide heftig ineinander, wohl wissend, dass ihre LIebe keine Chance haben kann ....

"Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie" ist der Auftakt zu einem Dresden-Epos der Autorin Anne Stern, die bereits in der Bestseller-Reihe um die Hebamme "Fräulein Gold" große Erfolge feiern konnte; und ich bin sicher, dass dieses Epos daran anknüpfen kann,

Die Historikerin hat wieder hervorragend recherchiert und führt ihre Leser in das 19. Jahrhundert; es gelingt ihr meisterhaft, ein Bild der damaligen Gesellschaft, der sozialen Verhältnisse und vor allem der Rolle der Frau zu zeichnen. die zu dieser Zeit den Männer absolut untergeordnet war und sich den Wünschen ihres Vaters bzw. Ehemannes zu fügen hatte, ohne eigene Träume verwirklichen zu dürfen. Neben Luise berührt auch das Schicksal der Primaballerina Mademoiselle Koch, die von einem verheirateten Mann schwanger wird und alles verliert oder der Jugendfreundin Elises, die schuldhaft geschieden wird, ihre Kinder verliert und mittellos dasteht, nachdem sie etwas Aufmerksamkeit außerhalb der Familie sucht.
Und auch die politischen Lage findet sich wieder; die Menschen wollten Meinungs- und Pressefreiheit, ein Mitspracherecht in der Politik und insgesamt mehr Rechte - nach den unbefriedigenden Beschlüssen auf dem Wiener Kongress 1815 , und so lesen wir auch von den Stimmungen und aufrührerischen Reden in Christians Kreisen.

Anne Stern erzählt bildgewaltig in schöner Schreibweise und hier auf ruhige Art und Weise. Auch, wenn ich natürlich mit Luise mitlitt, stand weniger die Spannung als die allgemeine Stimmung im Vordergrund. Das nicht unbedingt überraschende Ende fügt alle Stränge zusammen.

Die Figuren sind mehrdimensional, authentisch und mit viel Gespür entwickelt. Neben den Hauptfiguren erzählt Anne Stern auch von zahlreichen weiteren Charakteren im Umfeld der Oper, die letztlich alle miteinander verbunden sind. Und wenn auch die Liebe immer wieder thematisiert wird, ist dies alles andere als kitschig; eher wird in ihrem Umfeld die soziale Stellung verdeutlicht.

Im Mittelpunkt des Romans steht - neben Elise Spielmann - Dresden und die gerade fertiggestellte Semper Oper. Und aus jedem Kapitel spricht die große Liebe der Autorin zur Musik.

"DUnkel der Himmel, goldhell die Melodie" ist ein berührender, athmosphärischer historischer Roman, den ich gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 07.05.2023

Unbekannte Frau mit bekanntem Namen zwischen Ingenieurskunst und Familie

Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe
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Anlässlich der 10. Weltausstellung in Paris im Jahr 1889 hat der erfolgreiche Ingenieur Gustave Eiffel ein Ziel: er will aus Stahl das höchste Bauwerk der Welt errichten, das gleichzeitig als Eingangstor ...

Anlässlich der 10. Weltausstellung in Paris im Jahr 1889 hat der erfolgreiche Ingenieur Gustave Eiffel ein Ziel: er will aus Stahl das höchste Bauwerk der Welt errichten, das gleichzeitig als Eingangstor zur Ausstellung dienen soll. Als sein Privatsekretär überraschend verunfallt, bestimmt Eiffel kurzerhand seine älteste Tochter Claire zu seiner Sekretärin und Vertrauten. Sie übernimmt mit großem Mut und viel Geschick diese anspruchsvolle Aufgabe, doch gleichzeitig liegt ihr auch das Wohlergehen ihres kleinen Sohnes Robert und ihr Eheglück mit dem ersten Ingenieur Eiffels, Adolphe Salle, am Herzen. Und so hängt alles vom Erfolg des ehrgeizigen Projektes ab, für den die Familie mit ihrem Privatvermögen haftet und nicht nur die Pariser Künstlerszene einen Feldzug gegen die Errichtung des Kolosses aus Stahl führt ....

Nach Peggy Guggenheim und Madame Exupery widmet sich die die Autorin, die unter dem Pseudonym Sophie Villard schreibt, nun mit "Mademoiselle Eiffel" der nächsten starken Frau, deren Name uns so vertraut erscheint und deren Leben und Schaffen uns doch so fremd ist. Und Villard macht uns mit ihren Büchern deutlich, dass es sich auch in schweren Zeiten lohnt, seinen Träumen zu folgen.

Die Autorin hat sehr gut und umfassend recherchiert und erzählt aus der Sicht von Gustave Eiffels Tochter die Geschichte der Erbauung des Pariser Wahrzeichens, des Eiffelturms; der zur Zeit seiner Erbauung das höchste Bauwerk der Welt und durch seine moderne Bauart und die Stahlkonstruktion überaus umstritten war. Dabei erwarten die Leserin nicht nur viele interessante Fakten und Informationen über dieses wohl jedem bekannte Bauwerk, sondern auch zahlreiche berühmte Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft, wie z.B. Jules Verne, Alexandre Dumas, Guy de Maupassant, Charles Garnier, Vincent van Gogh, Henri Toulouse-Lautrec, Thomas Edison, Gottlieb Daimler und weiteren.

So vermittelt die Romanbiografie ein gutes Stück Zeitgeschichte und lässt den Alltag kurz vor der vorletzten Jahrhundertwende lebendig werden. Sophie Villard schreibt flüssig, leicht, bildhaft und emotional und lässt ihre Leser
Innen tief eintauchen in die Geschichte. Auch, wenn wir natürlich wissen, dass der Eiffenturm trotz aller Widerstände rechtzeitig fertig wurde und die Familie Eiffel nicht bankrott ging, ja, der Turm sogar trotz der zunächst geplanten 20 Jahre immer noch steht, und damit die Spannung etwas gemindert ist, war das Buch ein echter Pageturner für mich. Ich fühlte mich einfach entführt in eine andere, spannende Welt.

Sophie Villard beschreibt Claire Eiffel als eine intelligente, warmherzige Frau, die keinesfalls eine Karrierefrau war, sondern sich - wie auch wir modernen Frauen - aufreibt zwischen ihrer Arbeit, dem Turm auf der einen Seite und ihrer Familie auf der anderen. Sie kämpfte nicht nur für das Bauwerk, sondern auch für das Glück ihrer Familie und ist in ihrer Mehrdimensionalität eine faszinierende Frau, die auch heute noch ein Vorbild sein kann. Und wenn die Autorin Claire Worte in den Mund legt, dass sie sich danach sehnt, einmal alleine in einem Cafe zu sitzen und hofft, dass dieses kleine Glück den Frauen späterer Generationen vergönnt sein wird, lässt sich erkennen, dass Emanzipation notwendig ist und wir schon ein gutes Stück weiter sind - wenn auch immer noch allerhand zu tun bleibt bis zur Gleichberechtigung.
Ebenfalls die anderen Personen und Figuren des Buches konnten mich vollauf begeistern in ihrer stimmigen Ausarbeitung.

Und auch, wenn das Thema "Liebe" nicht nur im Untertitel immer mal wieder anklingt, verkommt diese Romanbiografie nicht zu einer kitschigen LIebesschnulze.

In einem Nachwort gibt die Autorin ergänzende Informationen und grenzt die tatsächliche Realität von den fiktiven Elementen ab, die diese Geschichte erst zu einer stimmigen Unterhaltung machen - was dieses Buch dann auch perfekt abrundet.

"Madame Eiffel und der Turm der Liebe" konnte mich vollauf begeistern; Information und Unterhaltung sind auf perfekte Weise zusammengewachsen und ich freue mich auf weitere Werke der Autorin über Frauen, über die es sich lohnt, mehr zu erfahren und die uns ein Vorbild sein können!

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Veröffentlicht am 07.05.2023

Kulinarik vor Spannung

Minestrone um Mitternacht
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Clara ist engagierte Sous Chefin in einem Restaurant; ihr Job, ihre Beziehung zu Franklin und ihre Freundschaften sind eingefahren und sie sehnt sich nach Aufregung und Abwechslung, als sie zufällig nachts ...

Clara ist engagierte Sous Chefin in einem Restaurant; ihr Job, ihre Beziehung zu Franklin und ihre Freundschaften sind eingefahren und sie sehnt sich nach Aufregung und Abwechslung, als sie zufällig nachts Viktor kennenlernt. Bereits als regelmäßigen Gast hatte sie ihn Mr. Dreamy getauft, und obwohl er sich Kunstdieb und -fälscher herausstellt, bricht sie alle Brücken hinter sich ab und unterstützt ihn in seinen kriminellen Machenschaften. Viktor ist genial, doch einer ist besser: Sein Bruder Gabriel, der für Interpol nach Künstdieben sucht .....

Simone Hausladen hat mit "Minestrone um Mitternacht" einen durch und durch kulinarischen Krimi erschaffen , bei dessen Lektüre den Leser*Innen das Wasser im Munde zusammenläuft, wenn Clara in der Küche ihre ambitionierten Gerichte erschafft. Jedes Kapitel ist mit dem Namen eines (italienischen) Gerichts überschrieben, und hierfür finden sich alle Rezepte im Anhang des Buches. Passend dazu ist das Titelbild wunderschön gestaltet und fällt sofort ins Auge.

Die Autorin schreibt flüssig, erzählend und leicht und der recht kurze Krimi mit 207 Seiten ist schnell gelesen. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf den psychosozialen Verstrickungen der Figuren und Claras Kochkunst, weniger auf Kriminalfällen, die Spannungskurve bleiebt flach.

Die Figuren, auch neben Clara und Viktor, erscheinen mir allerdings ein wenig künstlich und sehr klischeehaft, und lange haderte ich mit den Handlungen der oft naiv bis planlos und unvernünftig wirkenden Hauptperson. Erst auf den zweiten Blick erschließen sich die emotionalen Sehnsüchte und die darauf folgenden, für Außenstehende schwer nachvollziehbaren, Handlungen. Hier gefällt mir auch, wie Simone Hausladen den (uns allen grundsätzlich bekannten?) Mr. Dreamy schonungslos entlarvt und am Ende eher als AlbtraumMann dastehen lässt. Und ist es nicht begreiflich, dass jemand einmal dem langweiligen und sich gehen lassenden Lebenspartner, dem ständig abwesenden, sich selbstüberschätzenden Chef oder den nervigen, um sich selbst kreisenden Freunden die Meinung sagen möchte?

Insgesamt hat mich der Kulinarische Krimi gut unterhalten und es machte Spaß, etwas neben dem Mainstream zu lesen.

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Veröffentlicht am 07.05.2023

Denkmal für eine vergessene Erfinderin

Die einzige Frau im Raum
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Hedwig Eva Maria Kiesler wird 1914 in Wien geboren; ihre Familie ist jüdischer Abstammung, aber nicht sehr eng mit dem Glauben verbunden. Trotz behüteter Kindheit feiert sie schon bald große Erfolge am ...

Hedwig Eva Maria Kiesler wird 1914 in Wien geboren; ihre Familie ist jüdischer Abstammung, aber nicht sehr eng mit dem Glauben verbunden. Trotz behüteter Kindheit feiert sie schon bald große Erfolge am Theater an der Wien, wo der reiche und überaus einflussreiche Waffenfabrikant Fritz Mandl auf sie aufmerksam wirbt und um sie wirbt. In Anbetracht der sich abzeichnenden politischen Situation rät ihr Vater zur Heirat, in der Annahme, Mandl könnte sie vor den Nazis und den Antisemiten schützen. So konvertiert Hedwig zum Christentum und stimmt 1933 der Heirat mit dem nach außen charmanten Mächtigen zu. Fritz Mandl entpuppt sich schnell als eifersüchtiger und gewalttätiger Ehemann, der sich zwar mit der wunderschönen Frau schmückt, sie ansonsten jedoch in einem goldenen Käfig einsperrt und brutalst misshandelt, ohne ihre zweiffellos vorhandene Intelligenz zu schätzen. 1937 gelingt ihr die Flucht über London nach Los Angelos und sie schafft aufgrund ihrer Schönheit und mit geschickten Verträgen einen kometenhafter Aufstieg im Filmgeschäft. Doch Hedy Lamarr, wie sie sich auf Anraten des MGM-Bosses Mayer nun nennt, wird von Schuldgefühlen geplagt: Hätte sie ihre als "Einzige Frau im Raum" mit Mussolini, Hitler und anderen Faschisten erlangten Informationen nicht nutzen müssen, um Menschenleben zu retten? So macht Lamarr sich daran, eine der großen Sorgen der Deutschen für die Gegner zu lösen und entwickelt eine Funksteuerung für Torpedos ... dch niemand will ihr zuhören.

Seit 2016 verfolgt Benedict ein Projekt, in welchem sie in historischen Biografien die besonderen Leistungen von Frauen thematisiert. Nach "Frau Einstein", "Lady Churchill" und "Mrs Agatha Christie" widmet sie sich in ihrem neuen autobiografischen Roman Hedy Lamarr, die vielen als schönste Frau der Welt und einer der größten Filmstars Hollywoods bekannt ist, deren wissenschaftliche Tätigkeit und ihre Erfindungen, die noch heute Einfluss auf technische Entwicklungen haben und sich in zahlreichen drahtlosen Geräten wiederfinden, jedoch völlig unbekannt sind.

In dem autobiografischen Roman, der durch seinen lebendigen Schreibstil und eine große Spannungskurve besticht, beschränkt Marie Benedict sich auf die Jahre 1933 bis 1942 der erst 2000 in Florida verstorbenen "starken Frau im Schatten der Weltgeschichte", denn diese Jahre waren für Hedy Lamarr prägend und zeigen die Entwicklung ihrer ganze Persönlichkeit und ihres Charakter sowie ihre Fähigkeiten auf. Mich hat sehr beeindruckt, wie sie sich entwickelt hat, wie die Dramen ihres Lebens sie geprägt und stärker gemacht haben. Einfach schrecklich, wie eindimensional die Rolle der Frau vor 100 Jahren gesehen wurde und wie sträflich derzeit mit den Frauen an sich und mit wirklich großen Erfindungen umgegangen wurde, nur, weil einer Frau so etwas nicht zugetraut wurde!!!!

Ganz nebenbei zeichnet Benedict ein lebendiges Bild der Gesellschaft und der Geschehnisse vor und während des Zweiten Weltkrieges und das Geschehen rund um den Faschismus auf. Deutlich wird dabei auch, wie die lange Zeit vorherrschende Annahme, so schlimm könne es doch gar nicht werden und das oppurtunistische Verhalten etlicher Politiker zu dem tatsächlichen GRauen führen konnte. Geschichtsunterricht auf die beste Art!

Marie Benedict hat mit diesem Buch der großartigen und fast vergessenen Hedy Lamarr ein würdiges Denkmal gesetzt und einen spannenden, dramatischen und zugleich lehrreichen Roman geschrieben. Hervorragende fünf Sterne - unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 10.04.2023

Die Frau, die nur mit ihrem Fahrrad die Welt umrundete

Die Radfahrerin
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In einem Bostoner Herrenclub gehen im Jahr 1894 zwei Geschäftsmänner eine waghalsige Wette ein: Niemals würde eine Frau es schaffen, auf einem Fahrrad, mit nichts als Wechselunterwäsche und einem Revolver ...

In einem Bostoner Herrenclub gehen im Jahr 1894 zwei Geschäftsmänner eine waghalsige Wette ein: Niemals würde eine Frau es schaffen, auf einem Fahrrad, mit nichts als Wechselunterwäsche und einem Revolver im Gepäck und ohne Geld, Geschenke und Spenden die Welt zu umrunden. Durch Zufall hört die 24jährige Anna Kopchovsky von dem ausgeschriebenen Preisgeld, und enttäuscht von ihrem gläubigen Ehemann Max, der mehr Zeit in der Synagoge als mit Geldverdienen verbringt um die drei KInder zu ernähren, der beengten Wohnsituation mit der Familie ihres Bruders und ihren Träumen von einem besseren Leben, beschließt sie, die Reise ins Ungewisse anzutreten. Gesponsort von einem Mineralwasserunternehmen, ändert sie ihren Namen in Annie Londonderry und erlebt viele Abenteuer, Lebensgefahren und die Liebe ....

Anhand der wahren Geschichte um die historisch belegte Anna Kopchovsky hat die Autorin Susanna Leonhard einen spannenden Abenteuerroman mit einigen fiktiven Elementen über eine starke Frau geschrieben: Annie, die von ihrem ärmlichen Leben erdrückt und von großen Träumen getrieben wird und trotz aller bestehenden Zweifel ein schier unvorstellbares Wagnis eingeht. Dabei versteht Susanne Leonhard, die Zerrissenheit der Hauptfigur, ihre Motive und ihren bemerkenswerten Mut zum Ausdruck zu bringen. Ihre Hauptfigur besticht durch Komplexität, Mehrdimensionaltität und Authentizität sowie durch ihre große Entwicklung im Laufe der Zeit. Aber auch die Nebenfiguren sind anschaulich und nachvollziehbar geschildert. Gefallen hat mir auch, dass Annies Schwächen schonungslos aufgezeigt werden; insbesondere ihre Neigung, in eigener Sache zu lügen und wilde Geschichten zu erfinden.
Ob man Annies Handeln immer nachvollziehen kann? Ich finde, auch ohne es gutzuheißen: ja - auch, wenn es sicher eine harte Entscheidung war, ihre Kinder vorübergehend zu verlassen, was gerade ihre älteste Tochter Molly ihr niemals verzeihen konnte. Dieser Konflikt nimmt ebenfalls einen wichtigen Raum ein.

Interessanterweise ist die eigentliche Reise Annies nicht der alles überstrahlende Teil dieses Buches; gerade die Hintergründe und die Motive treten stark hervor, was ich zu schätzen wusste um mir ein umfassendes Bild dieser Person zu machen, auch, wenn ich durchaus gerne noch mehr von Annies Heldentaten gelesen hätte, so spannend fand ich die Geschichte von Anfang an - und doch kaum vorstellbar, wie eine junge Frau gerade auch in Asien dieses Experiment überstehen konnte!

Die Autorin schreibt so bildhaft, flüssig und spannend, dass ich das Buch in einem Rutsch gelesen habe.

Susanna Leonhard ist ein großartiger Roman über eine starke Frau gelungen, die trotz aller Widerstände ihren Weg geht und dabei die Rolle der Frau im endenden 19. Jahrhundert völlig neu schreibt. Wie sie - aus praktischen Erwägungen - Hosen trägt, sich einen Liebhaber gestattet, alleine reist, all dies ist zu der Zeit eigentlich undenkbar und dennoch tatsächlich geschehen.
Eher nebenbei zeichnet Leonhard ein Stück Zeitgeschichte und lässt ihre Leser einiges lernen.

Abgerundet wird der Roman durch ein Personenverzeichnis am Anfang und ein NAchwort, in dem die Autorin Fiktion und Wirklichkeit voneinander abgrenzt.

Mich hat dieses Buch in jeder Hinsicht begeistert (fünf Sterne) und ich wünsche mir mehr solcher Bücher über starke Frauen, die leider - oftmals zu Unrecht - in Vergessenheit geraten sind!

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