Das Buch "Gomorrha" von Roberto Saviano hat mich begeistert. Also war ich sehr gespannt auf seine Reportage über Kokain.
Im großen Ganzen ist auch dies ein interessantes Buch, aber es ist so weitreichend und gründlich recherchiert worden, dass mich die Fülle der Informationen erschlagen hat. Irgendwann konnte ich dem Ganzen nicht mehr folgen. Welcher Drogenhändler in Kolumbien wie hieß, wer welche Gang gegründet hat, sich mit wem verbündet hat und von wem verraten wurde, wer wen gefoltert und umgebracht hat, wer daraufhin sich an wem gerächt hat, wer dann zum Boss aufgestiegen ist, wer mir wem verwandt war, wer welchen neuen Betriebsweg erschlossen hat usw. Ich bin einfach nicht mehr durchgestiegen und habe dann abgeschaltet.
Habe das Buch immer wieder weggelegt und dann doch weitergelesen, habe aber insgesamt über 4 Monate gebraucht (statt 2 Tage, wie bei einem Krimi dieser Dicke) und bin jetzt echt erleichtert, dass es geschafft ist. Das soll nicht heißen, dass es uninteressant war. Ob es um die Transportwege geht, um die geschichtlichen Hintergründe, die Arbeit der Drogenfahnder, die russische Mafia, die italienische Mafia, den Drogenkrieg, wie auf welchen Wegen geschmuggelt wird, wie Kokain wirkt und was es mit den Konsumenten macht, wie es sie zerstört, wie ganze Dörfer im Südamerika und Mexico durch das Kokain leiden (man hat keine Chance, dem zu entkommen, man wird schon als Kind zum Dealer gemacht, wer nicht mitmacht, wird abgeschlachtet), das alles ist schon sehr spannend und ich ziehe meinen Hut vor der Recherche, die auch für den Autor gefährlich gewesen ist. Auch die Veröffentlichung des Buches gefähdet sein Leben. Es gibt auch immer wieder Kapitel mit Selbstreflektionen des Autors, warum diese Recherche ihn nicht loslässt und er das Risiko getötet zu werden eingeht.
Wie gesagt, ein interessantes, spannendes Buch, was gründlichst recherchiert wurde, aber auch ein Buch, was durch seine Fülle an Informationen und seitenweise Auflistungen (z.B. von Drogenfunden oder in einem anderen Kapitel von Drogenverstecken oder von Drogentransporten, alle mit Ortsangaben und Datum) den Leser erschlägt. Ich fand es streckenweise sehr mühsam und zäh zu lesen und habe auch immer nur 10-30 Seiten am Stück geschafft. Was mir gut gefallen hat, waren die einzelnen Schicksale, bzw. wenn von einigen Menschen wie in einer Geschichte erzählt wurde. Diese Lebensgeschichten (von Bauern, Aufständischen, Frauen, Drogenkurieren etc.) fand ich am Besten. Für Leute, die beruflich mit Kokain zu tun haben z.B. Drogenfahndung, ist es sicher toll. Für mich war es zuviel detaillierte Information.