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Veröffentlicht am 05.05.2022

Traumata!

Die Stunde der Nebelkinder
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Als 1947 Helene Vater aus der Gefangenschaft zurück kommt, bleibt er ihr fremd und sie nimmt sich vor sich von ihm nichts sagen zu lassen. Bisher kam sie in dem zertrümmerten München das Abenteuerspielplatz ...

Als 1947 Helene Vater aus der Gefangenschaft zurück kommt, bleibt er ihr fremd und sie nimmt sich vor sich von ihm nichts sagen zu lassen. Bisher kam sie in dem zertrümmerten München das Abenteuerspielplatz und Heimat zugleich ist, auch gut ohne ihn zurecht. Sie möchte aus dem Schatten ihrer großen vernünftigen Schwester Ana heraustreten und ihr Leben selbstbestimmt und frei von jedweden Einschränkungen führen. Ein Lebensstil der auf Dauer nicht gesund sein kann...
Da ich aufgrund der Kurzvorstellung eher ein anderes Buch erwartet hatte, kann ich mich mit damit auch nicht richtig anfreunden.
In meinen Augen will "Die Stunde der Nebelkinder" zu viel: das aus dem Kriegstrauma der Mutter resultierende apathische Verhalten, das die jüngere Tochter weder nachvollziehen noch akzeptieren kann, bis sie selbst Opfer einer Vergewaltigung wird. Eine identische Tat, deren Begleitumstände jedoch völlig verschieden sind: der Kampf ums Überleben bei der Mutter und der Lebensüberdruss bei der Tochter. Das Helene diese Erfahrung machen muss ist tragisch, jedoch m. E. teilweise auch provoziert und selbstverschuldet. Es ist sehr traurig, dass letztendlich erst dieses Erleben die jahrzehntelange Kälte zwischen Mutter und Tochter überwinden kann.
Das Buch hat bei mir leider keinen bleibenden Eindruck hinterlassen und ich würde es auch nicht noch einmal lesen.

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Veröffentlicht am 05.05.2022

Das große Geschäft mit unerfüllten Wünschen

Frische Wunden
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Die grausam zugerichtet Leiche einer jungen Frau wird im Würzburger Stadtwald gefunden - ihr Schädel an einem Baumstamm zertrümmert und mit einer Babydecke bedeckt. Die Untersuchungen ergeben, dass die ...

Die grausam zugerichtet Leiche einer jungen Frau wird im Würzburger Stadtwald gefunden - ihr Schädel an einem Baumstamm zertrümmert und mit einer Babydecke bedeckt. Die Untersuchungen ergeben, dass die Frau erst kürzlich ein Kind zur Welt gebracht hat. Für das Team um Hauptkommissare Victoria Stahl und Daniel Freund beginnt die fieberhafte Suche nach dem Baby und den Mörder...
Der Autorin ist es wunderbar gelungen ein schwieriges Thema zu einem flüssig zu lesenden und extrem spannenden Thriller zu verwandeln. Dabei verknüpft sie geschickt verschiedene Schicksale und verdeutlicht gekonnt die Hoffnung sowie Verzweiflung die letztendlich zu dieser grausamen Tat führen. Das florierende Geschäft mit dem sehnsüchtigen Wunsch bringt in Folge Reaktionen hervor, mit denen niemand rechnete.
Mich hat dieses Buch sehr gut unterhalten und ich empfehle es gerne weiter.

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Veröffentlicht am 04.05.2022

Hart und Hertzlich

Düsterhof (Thriller)
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Eine junge Frau wurde brutal ermordet und alles deutet auf ihren eifersüchtigen Freund Robin, der als Therapeut auf einem Pferdehof arbeitet, hin. Als Pflichtverteidigerin wird Annabelle Hart beauftragt, ...

Eine junge Frau wurde brutal ermordet und alles deutet auf ihren eifersüchtigen Freund Robin, der als Therapeut auf einem Pferdehof arbeitet, hin. Als Pflichtverteidigerin wird Annabelle Hart beauftragt, die selbst mit den an Stalking grenzenden Nachstellungen ihres Ex zu kämpfen hat. Anfänglich unsicher, glaubt sie nach und nach ihren Mandanten und setzt alles daran, Beweise für seine Freilassung aus der Untersuchungshaft zu finden.
Sie setzt dabei auf die Unterstützung von Privatdetektiv Felix Hertzlich, der aufgrund seiner autistischen Schwester ganz eigene Motivationen hat, Robins Unschuld zu beweisen. Kaum ist Robin wieder auf freiem Fuß, wird eine weitere Frau ermordet..
Leider konnte mich das Buch trotz guter Ansätze nicht wirklich überzeugen. Die Grundidee ist dabei gar nicht so schlecht, jedoch ahnt man recht schnell, das die präsentierten Verdächtigen, im Lauf der Handlung als Täter ausscheiden. Es kristallisiert sich letztendlich schon bald der wirkliche Täter heraus, weil er der Einzige ist, den niemand wirklich auf dem Schirm hat.
Die Zusammenarbeit von Annabelle und Felix beginnt holperig bis sie das gemeinsame Ziel enger zusammen schweißt. Dabei bleiben die Charaktere jedoch sehr oberflächlich. Eher nebensächliche Personen wie Annabelles Ex wird dagegen recht viel Platz eingeräumt - wahrscheinlich um den Bogen zum Ende zu schließen. Dass sie gegen seine Belästigungen trotz aller rechtlichen Kenntnisse jedoch nicht vorgeht, verwundert mich dann doch schon etwas.
Insgesamt eine Story, die sich mal zwischendurch ganz gut liest, jedoch bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Lebenswege

Mutters Lüge
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Mit 15 flieht Martha zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Tomek und beider Mutter illegal aus Polen nach Deutschland. Das Leben ist schwer, die Mutter oft geistig abwesend und Martha ist schon beizeiten ...

Mit 15 flieht Martha zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Tomek und beider Mutter illegal aus Polen nach Deutschland. Das Leben ist schwer, die Mutter oft geistig abwesend und Martha ist schon beizeiten auf sich allein gestellt. Mit ihrem Ehrgeiz beisst sie sich in dem neuen Land und neuer Sprache durch und wird zu einer angesehenen und erfolgreiche Psychologin in der Schweiz.
Mit der Beurteilung dieses Buches habe ich mich sehr schwer getan.
Manche Episoden, u. a. zur Zeitgeschichte, waren durchaus interessant, dann wiederrum erschwerten Gedankensprünge sowie der Wechsel der Zeitformen in den Schilderungen das Verständnis. Die ganze Zeit des Lesens habe ich auf die Auflösung der Geschichte um die Lüge gewartet. So richtig konnte mich das Ende dann allerdings nicht befriedigen. "Mutters Lüge" ist ein Buch in dem zur Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit sehr viel Mühe steckt, deren Inhalt mich jedoch nicht ganz erreichen konnte.

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Veröffentlicht am 27.04.2022

Von Liebe und Leben im Krieg

Es ist schon fast halb zwölf
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Die zunehmende Demenz ihres Ehemann Karl zwingt Hilde dazu über einen Umzug ins Altenheim nachzudenken. Doch zuvor möchte sie ihr Gewissen noch mit der Offenbarung eines wohlgehüteten Geheimnis erleichtern. ...

Die zunehmende Demenz ihres Ehemann Karl zwingt Hilde dazu über einen Umzug ins Altenheim nachzudenken. Doch zuvor möchte sie ihr Gewissen noch mit der Offenbarung eines wohlgehüteten Geheimnis erleichtern. Die auf dem Dachboden verwahrte Kiste mit ihrer beiden Briefwechsel während ihrer Verlobungszeit lässt Hilde auf eine Reise in die Vergangenheit gehen, wo das NS-Regime ihr Glück überschattete.
Einmal begonnen konnte ich dieses Buch nicht aus der Hand legen. Es liest sich wunderbar flüssig und fesselt sehr durch die leisen, aber eindrucksvollen Schilderungen.
Hildes Haltung in jungen Jahren, sich unterzuordnen und Gedanken bzw. Überlegungen nicht laut zu äußern, dürfte zum einem die Erziehung (Frauen haben zu gehorchen und sind vom Mann abhängig) als auch der dörflichen Abgeschiedenheit geschuldet sein. Dementsprechend verstehe ich ihre Geduld in der langen Verlobungszeit. Beider Briefe sprechen von der tiefen Liebe und Zuneigung, bieten allerdings auch einen Einblick in die Zeitgeschichte. Entsprechend ihrer Erziehung vielleicht aber auch ihrem Wesen entsprechend, möchte sie es voller Pflichtgefühl allen recht machen und pendelt zwischen der Wohnung in Berlin und ihrem Herkunftsort ständig hin und her. Kein Wunder das sie kein Heimatgefühl empfindet, sie funktioniert ja nur, anstatt zu leben - ihr Leben zu leben.
Wie hart das Leben ist wird mit vielen Randbemerkungen deutlich. Es ist erschreckend, wie groß die Furcht vor Bestrafung ist, das dafür sogar der mögliche Tod dafür in Kauf genommen wird.
Stellenweise streckt sich Hildes Erzählung, jedoch ist dies trotzdem gut zu lesen und keinesfalls langatmig. Vor allem die Zeitzeugenschilderungen in den Briefen sind sehr interessant. Obwohl aus Furcht vor Repressalien nichts konkret ausgesprochen wird, wird die belastende Stimmung sehr deutlich.
Der Schluss des Buches lässt mich nachdenklich zurück. Jedoch bin ich auch nur der Zuschauer und kann deshalb wohl nicht richtig nachfühlen, wie es beiden mit ihrer Schuld geht. Dass es sehr schlimm ist bzw. war, steht außer Frage. Jedoch darf man die Tat nicht aus dem Zusammenhang reißen. Es waren furchtbare Zeiten und letztendlich ging es in diesen Ausnahmesituationen auch immer ums eigene Überleben: er oder ich. Das soll keinesfalls eine pauschale Entschuldigung sein, aber mitunter machen wir es uns mit dem jetzigen Wissensstand in unserem "moralischen Sessel" sehr bequem und urteilen ggf. auch zu vorschnell. Ich kann nicht sagen, ob ich beispielsweise in Karls Situation anders reagiert hätte. Und gerade daraus entsteht Mitläufertum.
Das beide trotz aller Grausamkeiten keine Monster sind, zeigt beider menschliche Reaktion. Doch gerade das Verschweigen (um den Partner zu schonen) macht es mit der Zeit immer schwerer, das Geheimnis zu lüften. Während Karl mit seiner Demenz verschwindet, lässt es vor allem Hilde keine Ruhe, und die will ihr Gewissen vor dem Tod noch entlasten. Das rührt und ist mutig.
Ein wundervolles Buch der leisen Worte, das ich sehr gern weiter empfehle!

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