Profilbild von Svanvithe

Svanvithe

Lesejury Star
offline

Svanvithe ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Svanvithe über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.11.2022

Drachenbanner

Drachenbanner
0

Nach dem Tod seines Vaters verändert sich das Leben des vierzehnjährigen Bedric und seiner Familie für immer. Es wird nie mehr das eines gewöhnlichen Leibeigenen sein.

Bedric hebt sich ab von den anderen, ...

Nach dem Tod seines Vaters verändert sich das Leben des vierzehnjährigen Bedric und seiner Familie für immer. Es wird nie mehr das eines gewöhnlichen Leibeigenen sein.

Bedric hebt sich ab von den anderen, schon deshalb, weil er seinem vorgezeichneten Weg eine Wendung geben will. Ihn verbinden freundschaftliche Bande mit Adela, Tochter von Lord Waringham. Beide sind in derselben Februarnacht geboren und von Bedrics Mutter genährt worden. Nachdem sie die ersten sieben Lebensjahren im Grunde immer zusammen waren, hat sich zwischen ihnen ein festes Band der Verbundenheit entwickelt, das trotz aller Standesunterschiede von besonderer Festigkeit ist.

Während Adela als Hofdame zu Prinzessin Eleanor, der Schwester von König Henry III., geschickt und mit Joshua of Meriden verheiratet wird, arbeitet Bedric unermüdlich auf den Feldern und macht sich als Bogenbauer einen Namen. Sein Ziel ist es, sich aus der Leibeigenschaft freizukaufen. Als der alte Lord Waringham stirbt und sein Sohn Raymond an seine Stelle tritt, verhindert dieser, dass Bedric das Joch der Leibeigenschaft abstreifen kann. Der junge Mann flieht nach London.


Rebecca Gablé schildert in ihrem neuen Roman „Drachenbanner“ die Ereignisse während der Herrschaft von Henry III. in den Jahren 1238 bis 1265, insbesondere den Konflikt um die Reformbemühungen von Simon de Montfort, Ehemann der Schwester des Königs, und seiner Anhänger.

Es gelingt der Autorin auf beachtliche Weise, mit der ihr eigenen Handschrift die historischen Hintergründe darzulegen, dabei die Dramatik zu erhöhen. Im Land gärt es, die politischen Verhältnisse stehen auf dem Prüfstand und den Lesern wird es ermöglicht, das Gerangel um die Macht zu verfolgen und zu betrachten. Dabei werden Entscheidungen und das Agieren einst realer Persönlichkeiten mit den fiktiven Protagonisten in Einklang gebracht sowie deren Entwicklung ausführlich beschrieben.

Mit Bedric Archer steht ein Höriger im Mittelpunkt, so dass sich die Gelegenheit bietet, mehr als nur am Rande über das Dasein von Leibeigenen zu erfahren. Die Autorin schildert in anschaulichen und oft bedrückenden Bildern, wie es ist, als Leibeigener ein Mensch ohne Rechte zu sein und damit nichts weiter als Besitz eines Herrn. Die Darstellung des Alltags, die Sorgen und Nöte der Menschen machen es möglich, ihnen nahe zu kommen und ihre Handlungen und Empfindungen nachzuvollziehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
  • Atmosphäre
  • Cover
Veröffentlicht am 25.10.2022

Willkommen im Aller-Leine-Tal

Aller-Wolf
0

Flora Kamphausen ist zu Besuch auf dem idyllisch am Waldrand gelegenen Gutshof ihrer Eltern, die dort ein Restaurant betreiben. Sie gönnt sich in ihrer Heimat eine Auszeit von ihrer Hannoveraner Studenten-WG.

Die ...

Flora Kamphausen ist zu Besuch auf dem idyllisch am Waldrand gelegenen Gutshof ihrer Eltern, die dort ein Restaurant betreiben. Sie gönnt sich in ihrer Heimat eine Auszeit von ihrer Hannoveraner Studenten-WG.

Die junge Frau führt neben ihrem Studium und ihrer Arbeit als freie Mitarbeiterin der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung einen Newsblog. Aber die Sache mit der Selbständigkeit im Onlinejournalismus ist komplizierter als sie es vorstellt hat, denn ihr Blog www.aller-lei-online.de, mit dem sie über und für das ländliche Aller-Leine-Tal berichtet, bekommt nicht genügend Zugriffe, was wahrscheinlich daran liegt, dass in der weitläufigen Landschaft zwischen Schwarmstedt, Nienburg, Walsrode und den südlichen Ausläufern der Lüneburger Heide nichts Spektakuläres passiert.

Doch das ändert sich, als jemand telefonisch nach Floras Tante Helene Blume fragt. Diese soll nach ihrer Scheidung im Jahr 2015 ins Ausland verzogen sein, und seitdem existiert es von ihr kein wirkliches Lebenszeichen. Die Anruferin, Katrin Harms, sucht nach ihrer verschwundenen Mutter, Vivian, die 2013 vom Joggen nicht zurückkehrte. Das Interessante: Helene und Vivian waren zu Schulzeiten Freundinnen. Und es stellt sich heraus, dass auch die Dritte im Bunde – Corinna Stadler – seit 2014 vermisst wird.

Ist den Frauen, die einst als Beauty, Smarty uns Sporty ein unzertrennliches Trio bildeten, etwas zugestoßen?

Flora begibt sich auf die Suche und beginnt mit Hilfe ihres Großvaters Carsten, eines ehemaligen Kriminalhauptkommissars, der als Pensionär inzwischen seine Kraft in die Ahnenforschung steckt, und ihrer Mutter Anna den Verbleib der Frauen zu ergründen. Was nicht ohne Ergebnis bleibt.

Allerdings verfolgt nicht nur die Ermittlerfamilie die Spuren. Auch der „Aller-Wolf“ hat Witterung aufgenommen und legt sich auf die Lauer ...


Es gibt wirklich schöne Landstriche in Deutschland, die eine Entdeckung und Erkundung wert sind. Auch wenn dort gemordet wird.

„Aller-Wolf“ ist ein Beispiel dafür, ein gelungenes noch dazu. Bettina Reimann präsentiert uns in ihrem Regionalkrimi mit anschaulichen und detailgenauen Beschreibungen ihre niedersächsische Heimat und das zum Teil auf besondere Weise, nämlich beim sogenannten Geochaching. Nicht nur die Beschäftigung mit dem Suchspiel, bei dem mittels Smartphone oder GPS-Gerät in einem unbekannten Gelände ein Cache, quasi ein „Schatz“ gefunden werden muss, erweist sich als hilfreich bei der Recherche zum Verbleib von drei verschwundenen Frauen.

Für die Ermittlungsarbeit hat sich die Autorin mit den Kamphausens eine Familie ausgesucht, bei der es ihr ausgezeichnet gelingt, für die drei Protagonisten aus drei Generationen von Anfang Sympathie zu wecken. Enkelin und Bloggerin Flora, ihre Mutter und Restaurantchefin Anna und Großvater Carsten, Kriminalhauptkommissar im Ruhestand, agieren Hand in Hand, und jeder trägt auf seine Art dazu bei, das Rätsel um den Aller-Wolf zu lösen.

Das Krimidebüt von Bettina Reimann ist im Wesentlichen ruhig erzählt und wohltuend unblutig und kommt ohne große Grausamkeit aus, obwohl es natürlich tödliche Ereignisse beinhaltet. Die Autorin offenbart menschliche Abgründe, die durch das Versagen Einzelner über Jahre hinweg andauern, nicht überwunden werden und zu Verletzungen führen, die sich dann „entladen“.

In diesem Zusammenhang punktet sie mit einem Wechselspiel aus Gegenwart und Vergangenheit, die Einblicke in die Handlungen und in die Seele des Täters und mithin seine Motivation gestatten. Zugleich legt sie wiederholt neue Spuren, erhöht hierdurch den Spannungsbogen und weckt den Wunsch, das Geschehen und die Ursachen zu ergründen. Bis zum folgerichtigen Ende ...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.07.2022

Träume über dem Meer

Villa Amalfi
0

Idas Geburt im Januar 1934 im kleinen Bergdorf Tramonti ist für Raphaele, den Vater, keine Freude, hatte er doch auf einen Sohn gehofft. Frauen sind für ihn nichts wert und nur Mittel zum Zweck, und Ida ...

Idas Geburt im Januar 1934 im kleinen Bergdorf Tramonti ist für Raphaele, den Vater, keine Freude, hatte er doch auf einen Sohn gehofft. Frauen sind für ihn nichts wert und nur Mittel zum Zweck, und Ida lernt im Laufe der Jahre, sich der Aggressivität und Gewalttätigkeit des trinkenden Vaters zu entziehen. Einzig ihre Mutter liebt sie voller zärtlicher Zuneigung. Sie ist es auch, die Ida fortschickt, als Raphaele die Sechzehnjährige mit einem alten Mann verheiraten will. Vielmehr soll Ida ihren Traum von einem selbstbestimmten freien Leben verwirklichen.

Mit Hilfe von Onkel und Tante gelangt das Mädchen an die Küste von Amalfi, wo sie im Hotel Villa Amalfi in der Küche ihren Dienst als Küchenhilfe bei der Herstellung von Pasta antritt. Es dauert nicht lange, und Ida erobert die Herzen der Menschen im Sturm. Ihre fröhliche Zugewandtheit, mit der sie allen begegnet, wird begleitet von einer Begeisterung für das Hotel und seine Gäste.

Im Laufe der Jahre arbeitet Ida nicht nur an ihrer Unabhängigkeit, denn auf ihren Schultern sitzt ein schlauer Kopf. Sondern sie entwickelt sich von einem schüchternen Mädchen zu einer selbstsicheren jungen Frau, bei der gleichwohl ab und an eine Verletzlichkeit durchscheint.

Ida lernt die Liebe kennen, findet Freunde und begegnet Menschen wie die Hoteleigner Annalisa und Vittorio sowie Köchin Sandra, die ihr Wohlwollen entgegenbringen. Indes stößt sie auch auf Ablehnung, muss Gemeinheiten und Bösartigkeiten aushalten.

Werden sich ihre Träume erfüllen?


Guilia Romanelli nimmt uns in „Villa Amalfi. Träume über dem Meer“ mit an die Amalfiküste und vermittelt einen atmosphärischen Eindruck im Italien ab 1950. Die Autorin schildert Ereignisse in gefälliger leichter Weise und beschreibt den Ort des Geschehens ansprechend, wodurch viel Raum geboten wird, sich lebhafte Bilder vorzustellen.

Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich der Verlauf der Handlung oft erahnen lässt und leider nicht mehr überrascht. Es fehlt an einer Höhepunkte setzenden Dramatik. Gerade im letzten Drittel ist das Konfliktpotential verschenkt worden Hier fügt sich wie selbstverständlich eines zum anderen und wird schnell einer Lösung zugeführt. In meinem Augen geht so die Möglichkeit, Probleme tiefgreifender darzustellen und der Geschichte insgesamt mehr Aufregung zu verleihen, verloren.

Wenngleich mit einem emotionalen Schreibstil die Empfindungen der Protagonisten sichtbar gemacht werden, sind die Fronten klar verteilt. Es gibt die Gutmenschen-Seite, bei denen sich nur minimale Schwächen zeigen – insbesondere Ida scheint (fast) unfehlbar –, und diejenigen, bei denen negative Charakterzüge überwiegen und den Stempel als unangenehme, gemeine und bösartige Zeitgenossen aufgedrückt bekommen. Vor allem die gleichaltrige Guendalina, Tochter der Hotelbesitzer, ist das typische verzogene Einzelkind, das immer seinen Kopf durchsetzen konnte und es nicht gelernt hat, Verantwortung zu übernehmen. Das ist meiner Meinung nach etwas nah am Klischee.

Schlussendlich bleiben trotzdem einige Fragen offen, die möglicherweise in einer Fortsetzung geklärt werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Thema
Veröffentlicht am 03.05.2022

Krone des Himmels

Krone des Himmels
0

Im Jahr 1187 ruft Papst Gregor VIII. die christlichen Gläubigen auf, das Heilige Land zurückzugewinnen. Mit dem Sieg Saladins über das Königreich Jerusalem war nämlich auch die Stadt Jerusalem verloren ...

Im Jahr 1187 ruft Papst Gregor VIII. die christlichen Gläubigen auf, das Heilige Land zurückzugewinnen. Mit dem Sieg Saladins über das Königreich Jerusalem war nämlich auch die Stadt Jerusalem verloren gegangen.

So beginnt 1189 der Dritte Kreuzzug unter der Führung von Friedrich Barbarossa, Kaiser des römisch-deutschen Reiches. Daneben brechen auch die Heere von Philipp II. von Frankreich und Richard Löwenherz, König von England, auf. Ein buntes Gemisch aus Kreuzfahrern und Soldaten Christi sowie Pilgern nimmt am Kriegszug im Streit der Religionen teil.

Unter ihnen befinden sich die Handwerkstochter Aveline aus Oberlothringen und Étienne d'Arembour, der in der Grafschaft Tonnerre auf einem Rittergut zu Hause ist. Beide vereint, dass das Schicksal bisher keineswegs freundlich zu ihnen war.

Aveline pilgert nach Jerusalem, um durch das Gebet am Grab Jesu Christi Erlösung von einer schweren Schuld zu erbitten. Am Beginn ihres Weges ist sie eine wehr- und rechtlose Frau. Bereits einmal hat sie dies zu spüren bekommen, als sie von einem Ritter geschändet und geschwängert wurde. Auf ihrer Reise sieht sie sich nach anfänglich gutem Verlauf in der Gemeinschaft von Pilgern, in der sie seit Langem so etwas wie Geborgenheit entdeckt, bald unterschiedlichen Gefahren ausgesetzt und ist nach dramatischen Ereignissen gezwungen, als Bogenschütze Avery in Männerkleider gehüllt Aufnahme im Kreuzfahrerheer von Kaiser Friedrich Barbarossa zu suchen.

Étienne, dritter Sohn aus adligem Hause, leidet unter der angeborenen Missbildung seines Fußes. Die Verkrüppelung ist Grund für die Ablehnung durch den Vater, obwohl Ètienne sich ständig um dessen Wohlwollen bemüht. Der junge Mann trägt schwer an der Last des Ausgestoßenseins und der damit verbundenen Erwartungslosigkeit. Auf ein Erbe braucht der Neunzehnjährige nicht zu hoffen. Wird er tatsächlich immer auf die Barmherzigkeit von Menschen angewiesen sein, die ihn verachten?

Für Ètienne soll es nicht allein das sein, was das Leben ihm bietet. Deshalb macht er sich mit einem gestohlenen Pferd, ein paar Vorräten und Decken auf den Weg, stets mit der Furcht im Nacken, von seinem Vater oder den älteren Brüdern zurück in sein „Gefängnis“ geschleift zu werden. Stattdessen wird er überfallen, und es ist nur dem Wundarzt Caspar zu verdanken, dass er überlebt.

Vor Akkon, dem Tor zum Heiligen Land, treffen Étienne und Aveline aufeinander. Nach einer Verletzung offenbart sich dem angehenden jungen Wundarzt das Geheimnis von Aveline. Sie nähern sich an, und in ihrem Ringen um Würde, Aufrichtigkeit und Anerkennung erfahren sie beim jeweils anderen Zuspruch und Liebe. Im Verlauf des Geschehens wachsen ihre Gefühle, die sich indes immer wieder bewähren müssen, während die Belagerung von Akkon andauert. Denn es ist nicht nur die Angst vor der Entdeckung, die ihren Tod bedeuten würde, sondern auch Zweifel an der Loyalität, die ihre Empfindungen in Zwiespalt geraten lassen ...


Es ist ein hehres Ziel, das sich die Kreuzfahrer des Dritten Kreuzzuges gestellt haben: Jerusalem soll den Händen der heidnischen Sarazenen entrissen werden. Tausende Ritter nehmen unter Führung ihrer jeweiligen Herrscher das Kreuz und ziehen mit ihren Männern ins Heilige Land. Doch der charismatische Kaiser Barbarossa stirbt bereits auf der Reise, und Phillip II. Und Richard Löwenherz sind wegen familiärer Verwicklung – wie es scheint – heillos zerstritten.

Die Last der Kämpfe und des Krieges ruht sowieso auf den Schultern jener Menschen des Heeres, zu denen unter anderem Aveline/Avery und Étienne gehören. Deren Schicksal setzt Juliane Stadler mit „Krone des Himmels“ ein beachtliches und meisterhaftes Denkmal.

Sorgfältige Recherche zeichnet den Roman aus, der in seiner detaillierten Fülle hinsichtlich der Schilderung von Krieg, Gewalt und Grausamkeit, Leid, Schmerz und Verlust, indes ebenso Mut, Freundschaft und Hoffnung, Mitgefühl, Toleranz, den Umgang mit Andersgläubigen und letztlich auch Liebe, Fürsorge und Wärme überwältigend, jedoch nicht überfordernd wirkt. Er zieht seine Kraft aus den Momentaufnahmen, dem bewegten und bewegenden Blick auf eine anschauliche und mitreißende Szenerie in das Leben, Leiden, Lieben und Sterben im 12. Jahrhundert. Dabei legt die Autorin Augenmerk auf das Dasein ihrer Figuren, die an historischen Schauplätzen in unterschiedlichen Situationen an der Seite einst realer Persönlichkeiten agieren.

Die Kombination aus tatsächlicher Geschichte und Fiktion ist herausragend und beeindruckt besonders, weil es sich bei „Krone des Himmels“ um den Debütroman von Juliane Stadler handelt, um so mehr.

Die Autorin vermittelt erfolgreich die politischen und Hintergründe für den Kreuzzug und beschreibt mit Eloquenz, Glaubwürdigkeit und opulenter Fabulierfreude im Wechsel der Perspektiven das Geschehen um ihre Protagonisten. So ermöglicht sie den Zugang zur Gedankenwelt der handelnden Menschen.

Mit ausgesprochener Kunstfertigkeit hat die Autorin die Ausarbeitung der Charaktere vorgenommen, deren Stärken und Schwächen facettenreich und authentisch geformt. Sie geht achtsam mit ihren Figuren um und gibt ihnen reichlich Raum zur Entfaltung. Einige von ihnen sind zwar in der Bösartigkeit zu einseitig dargestellt, aber das sei der Autorin verziehen, weil die Ablehnung auch auf Seiten der Leserschaft ist.

Eines beweist Juliane Stadler mit ihrer prachtvollen „Krone des Himmels“, das als Hardcover mit Lesebändchen außerdem mit Landkarten, einem Nachwort mit den historischen Fakten und den hiervon vorgenommenen Abweichungen, einem Personen- und Ortsnamensverzeichnis sowie Glossar ausgestattet ist:

„Wenn du es willst, kannst du dein Leben selbst in die Hand nehmen.“ (Seite 150)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.02.2022

Tage der Entscheidung

Palais Heiligendamm - Tage der Entscheidung
0

Michaela Grünig knüpft mit „Palais Heiligendamm. Tage der Entscheidung“ an den Erfolg der Vorgänger der Reihe an und vermittelt ein einprägsames Kolorit der ständig bedrohlicher werdenden Zeit von 1933 ...

Michaela Grünig knüpft mit „Palais Heiligendamm. Tage der Entscheidung“ an den Erfolg der Vorgänger der Reihe an und vermittelt ein einprägsames Kolorit der ständig bedrohlicher werdenden Zeit von 1933 bis 1939. Dabei behält sie auch im Abschlussband eine stringente, in der Sichtweise wechselnde, mit dem reichhaltigen, beispielhaft recherchierten Hintergrund versehene Erzählweise bei. Und obwohl das dramatische Geschehen der Vergangenheit im Großen bekannt ist, schockieren Vorgänge mit Blick auf Einzelschicksale immer wieder aufs Neue. Genauso wie die Momente der Hoffnung berühren.

Nicht nur bei der Schilderung der ereignisreichen Handlung beweist Michaela Grünig Geschick und Empathie. Ihre sensible Charakterführung bestätigt abermals ihr Können bei der Entwicklung und Darstellung komplexer Protagonisten. Neben den fiktiven agieren historische Persönlichkeiten, und ab und an tauchen auch Figuren auf, die zwar von der Autorin erdacht wurden, bei denen jedoch Bezüge zu einstigen realen anklingen.

Setzt sie nunmehr unter anderem Julia, die Tochter von Elisabeth und Julius Falkenhayn in den Fokus, bedeuten die prägenden Dreißigerjahre für alle Familienangehörigen der Hoteliersfamilie, Entscheidungen zu treffen, die ihre äußere Einstellung und ihre inneren Werte tangieren. Dabei wachsen erneut einige über sich hinaus und zeigen Eigenschaften, deren Trägern eine hohe Anerkennung gezollt werden muss, weil sie Integrität und Moral über Verwerflichkeit und Missachtung jeglicher Menschlichkeit stellen. Daneben schaut die Autorin und damit die Leserschaft hinter die Fassade derjenigen, die sich dem Nationalsozialisten anbiedern und in deren Fahrwasser mit Brutalität und Ablehnung Andersdenkender zu vermeintlich Ruhm und Ehre kommen (wollen). Allerdings gibt es auch diejenigen, die unter eine Tarnkappe aus Oberflächlichkeit ihre wahren Ansichten verbergen und folglich auch, in welche Richtung der moralische Kompass ausschlägt.

„Palais Heiligendamm. Tage der Entscheidung“ von Michaela Grünig ist ein historischer Roman der Meisterklasse, der als Abschluss der Reihe das Schicksal ihrer Figuren nicht bis ins Kleinste darlegt und Raum für Spekulationen lässt, was die Zukunft mit Blick auf die Geschichte bereithält. Zudem könnte es ein Abschied sein, der Hoffnung auf ein „Wiedersehen“ beinhaltet.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Thema