Wenn "irgendwohin" Juis bedeutet
Bratapfel am Meer (Neuauflage)Nach "Apfelkuchen am Meer" und "Apfelträume am Meer" nimmt uns Anne Barns ein drittes Mal mit nach Juist. Auf die Insel, auf der vor zwei Jahren schon Merle, Agata und Conny glücklich und sesshaft wurden. ...
Nach "Apfelkuchen am Meer" und "Apfelträume am Meer" nimmt uns Anne Barns ein drittes Mal mit nach Juist. Auf die Insel, auf der vor zwei Jahren schon Merle, Agata und Conny glücklich und sesshaft wurden. Ob das auch Caro, Protagonistin in diesem Winterroman, gelingen wird?
Denn glücklich ist Caro gerade nicht. Ihr Freund ist extrem eifersüchtig, nach einer unschönen Situation trennt sie sich von ihm. Als fast gleichzeitig eine Patientin im Spital ihr eine Perlenkette überreicht und Caro bittet, diese nach Juist zu bringen, nimmt sie die Gelegenheit wahr und macht Ferien.
Kurzentschlossen reist sie nach den Weihnachtsfeiertagen nach Juist. Unterwegs nimmt sie einen Anhalter mit, der "irgendwohin" will, wie sein Schild ihr sagt. Max, der Anhalter, weiss nicht, dass Caro ihn kennt. Seine Frau ist vor einigen Jahren auf ihrer Station gestorben, und Caro sah Max damals öfters am Krankenbett sitzen und musizieren.
Zu zweit geht die Autofahrt nach Norddeich schnell vorbei. Bald erreichen die beiden mit der Fähre Juist. Max hat Freunde in Juist, Caros Ziel kam ihm gerade recht. Caro hat die Ferienwohnung von Grossmutter Enna, bekannt aus "Apfelkuchen am Meer", gemietet und freut sich, einige ruhige Tage mit ihrem Hund auf der Insel verbringen zu können.
Das mit der Ruhe ist so ein Ding - fast unmöglich, denn die Einladung zum Suppe essen bei Enna ist nur der Anfang und zieht weitere Einladungen von Inselbewohner nach sich. Enna gibt Caro einen Tipp betreffend der Perlenkette. Doch nach einem Gespräch mit einer Inselbewohnerin passiert sehr sehr lange nichts mehr diesbezüglich. Am Ende dachte ich schon, die Kettengeschichte wäre vergessen gegangen, aber sie wird am Ende ganz kurz zu Ende gebracht. Da diese Kette der Aufhänger dieses Romans ist, war mir das zu wenig Thema und Spannung kam bei mir keine auf.
Dafür passiert sonst ganz viel: Merle ist hochschwanger, Agatas Ex-Mann Damian ist aufgetaucht, man hat Angst, dass er Ärger macht, Ole macht Conny eifersüchtig und Max und Caro - ja, die verlieben sich.
Auch hier geht das Verlieben schell. Bei Caro kann ich es mir noch vorstellen, da sie Max früher schon beobachten konnte, und auf der Autofahrt hatten sie ja auch Zeit, um sich kennenzulernen, aber dennoch geht es auch hier zügig. Zwar mit viel mehr Problemen als im ersten Band bei Merle und Jannes, aber eben doch schneller als in anderen Romanen und im realen Leben.
Das hört sich zwar ein bisschen oberflächlich an, ist es aber nicht. Die Autorin Anne Barns macht das super: in ihren Roman steckt immer viel Tiefgang, dramatische Schicksale und starke Emotionen, und dennoch lesen sich ihre Bücher locker leicht weg. Das muss man als Autorin erst mal können.
Max bleibt ein wenig blass, ähnlich wie Jannes im ersten Band. Ich hätte gerne mehr über Max erfahren. Doch der Schwerpunkt der Autorin liegt wohl sehr bewusst auf der Charakterisierung ihrer Frauenfiguren, was mir gut gefällt. So sind die Frauenfreundschaften zum Beispiel immer sehr liebevoll dargestellt. Egal, ob die Frauen schon lange befreundet sind oder sich eben erst kennen gelernt haben - frau ist nett zueinander und hilft, mit dem was man kann, den anderen. Dies tun auch die Männer des Romans, sie sorgen sich und helfen genau so wie die Frauen, bleiben dabei nur etwas mehr im Hintergrund. All diese Freundschaften sind generationenübergreifend, so dass jede Leserin auch gerne Teil der bunt gemischten Gemeinschaft wäre.
"Bratapfel am Meer" besticht mit seinen schönen Sätzen, den wunderschönen Beschreibungen der Insel im Winter und natürlich mit dem tollen Schreibstil, der die Leserinnen mitnimmt. Man fühlt sich dabei vor Ort, spürt den kalten Wind, den Schnee, die Liebe und würde am liebsten immer mit am Tisch sitzen, um all die sehr lecker beschriebenen Sandwichs, Kuchen, Stullen und besonders Merles Bratapfel, nach dem der Roman benannt wurde, probieren.
Der Roman ist Teil einer Serie. Man kann ihn ohne jegliche Vorkenntnisse lesen, es macht aber viel mehr Spass, wenn man die Juister Pappenheimer schon aus den vorherigen Bänden kennt. Deshalb empfehle ich, die drei Romane in der richtigen Reihenfolge zu lesen.
Fazit: Ein total gemütlicher Winterroman für kuschlige Lesestunden auf dem Sofa.
4 Punkte.