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Talisha

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.12.2019

Sprachlich schön, aber in der Handlung zu monoton

Unter den hundertjährigen Linden
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Als Friedhofswärterin bekommt Violette so einiges mit - über die Toten und über die Lebenden. Bereits seit zwanzig Jahren arbeitet sie hier. Wie sie zu dem Job als Friedhofswärterin kam, wird von der Gegenwartsgeschichte ...

Als Friedhofswärterin bekommt Violette so einiges mit - über die Toten und über die Lebenden. Bereits seit zwanzig Jahren arbeitet sie hier. Wie sie zu dem Job als Friedhofswärterin kam, wird von der Gegenwartsgeschichte rückblickend in vielen Episoden erzählt.

Die Geschichte wird von Valérie Perrin ruhig erzählt, die Idee dahinter finde ich grandios und auch die Charaktere sind interessant gestrickt.

Mir gefielen die Storys rund um die Friedhofsbesucher, auch Violettes Lebensgeschichte ist eindrücklich. Von Geburt an ist sie mit Schicksalsschlägen belastet. Dennoch scheint sie zufrieden mit ihrem ruhigen Leben zu sein. Sie trägt die Ruhe in sich selbst und gibt sie aufgewühlten Besuchern mit, die in ihrer Küche immer eine Tasse Tee oder Kaffee erwarten dürfen.

Was im Klappentext betreffend Violettes Tochter verraten wird, wird im Buch erst spät erwähnt. Die Story darüber wird gegen Schluss aufgelöst und erstaunt. Leider blieb das der einzige Clou in der sehr ruhigen, aber trotzdem enorm ereignisreichen Geschichte.

Mir ist die Erzählung trotz feinfühligem, sprachlich schönem Schreibstil zu flach geraten. Wenn ich euch also die Rahmenhandlung erzählen würde, würde ich die Glanzpunkte und Überraschungen des Romanes vorwegnehmen.

Nach den ersten 150 Seiten begann ich mich zu fragen, was da noch kommen wird auf den restlichen 412 Seiten - theoretisch passiert viel Emotionales, aber wahrscheinlich aufgrund Violettes ruhiger Art wird alles zu emotionslos geschildert und macht das Lesen des Romans zäh.

"Unter den hundertjährigen Linden" entpuppte sich als "Eigentlich, aber"-Buch: eigentlich super schön, aber leider auch super langweilig.

Fazit: Toller Schreibstil, schöne Sprache, und eigentlich auch eine interessante Geschichte, aber mit 512 Seiten zu lang und zu monoton.
3 Punkte.

Veröffentlicht am 08.10.2019

Viel Schokolade

Die kleine Chocolaterie am Meer
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Ein hübsches Cover, viel Schokolade und eine nette Geschichte - das stellt man sich vor, wenn man das Buch mit Cover und Klappentext vor sich hat.

Viel Schokolade gibt es - die Leser erleben mit, wie ...

Ein hübsches Cover, viel Schokolade und eine nette Geschichte - das stellt man sich vor, wenn man das Buch mit Cover und Klappentext vor sich hat.

Viel Schokolade gibt es - die Leser erleben mit, wie Emma Schokoladiges wie Pralinés, Trüffel und vieles mehr selbst herstellt und verkauft. Nette Geschichte - naja. Nett schon, aber ziemlich langweilig.

Die Story um Emma und den fremden Mann am Strand an Weihnachten beginnt gut. Doch der Typ, der Emma einfach so küsste, taucht monatelang nicht mehr auf. Die Sache mit der Mietzinserhöhung und dem unsympathischen Vermieter verläuft sich, Emma ist einfach immer knapp bei Kasse. Trotzdem bewirtschaftet sie ihren Laden, arbeitet extrem viel, trifft ihre Freundinnen, bedient Kunden, quatscht mit ihrer Aushilfe Holly, usw. Dazwischen sehnt sie sich manchmal nach dem Kuss-Mann (namens Max, wie man später heraus findet), doch viel öfters denkt sie an Luke, ihren Verlobten, der vor sieben Jahren bei einem Unfall verstorben ist. Man würde Emma gerne raten, sich fachliche Hilfe zu holen, da sie über den Verlust noch immer nicht hinweg gekommen ist.

Die Seiten ziehen sich dahin, schuld daran ist nicht mal nur die flache Handlung, sondern vor allem der langweilige Schreibstil. Man merkt zwar, wie sehr Emma die Schokoladenherstellung und das Verkaufen ihrer Köstlichkeiten liebt - und bekommt abgesehen davon auch die Mühen, Sorgen und Verantwortung, wenn man sein eigenes Geschäft führt, mit, was in anderen Romanen gerne mal verschwiegen wird - aber es fehlt beim Schreibstil einfach das gewisse Etwas, das die Beschreibungen liebevoller und plastischer macht.

Zum Beispiel bekommt Emma von Lukes Mutter die Absolution, eine neue Beziehung einzugehen. Doch das wird mit einem Satz, der ein paar Zeilen weiter unten nochmals erwähnt wird, abgehandelt. Hier hätte ich mir ein, zwei aussagekräftige Sätze mehr, die spürbar von Herzen kommen, gewünscht. Sinnbildlich sagt diese Szene eigentlich alles über den Roman: es fehlt das, was aus einer Geschichte etwas Besonderes macht.

Stattdessen werden viele Sätze wiederholt, teilweise fast wortwörtlich, etwa dass der Hund nicht durch die untere Küche darf, dass Emma finanziell knapp dran ist, dass einer Kundin der Weg zu steil ist und so weiter. Öfters kam auch das Wort "Schokoladen" vor, über das ich mehrmals stolperte. Gemeint sind damit nicht mehrere Schokoladentafeln sondern der Schoko-Laden, also das Schokoladengeschäft/die Chocolaterie/der Schokoladen-Shop.

Ein Pluspunkt gibt es für die vielen glustig machenden Beschreibungen des Schokoladen-Angebots (im Anhang stehen zwei Rezepte!). Die Romanze zwischen Holly und Adam war niedlich, die Szenen beim Umbau, bei dem Emmas Familie und Freunde tatkräftig mit anpackten, waren toll, besonders auch weil viel Wert auf die schön beschriebenen Dekorationselemente gelegt wurde. Und die netten Charaktere sprechen auch für sich. Aber alles in allem ist der Roman einfach viel zu monoton.

Fazit: Langweilig geschrieben, deshalb schwappt auch die Weihnachtsstimmung nicht so richtig rüber.
3 Punkte.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Arg konstruiert

Ein Mörder zieht die Fäden
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Das Cover zeigt es an: auf Higher Barton wird bald Weihnachten gefeiert. Aber die Weihnachtsvorfreude verfliegt rasch. Erst soll ein geflüchteter Doppelmörder ein Anschlag verübt haben, bei dem jemand ...

Das Cover zeigt es an: auf Higher Barton wird bald Weihnachten gefeiert. Aber die Weihnachtsvorfreude verfliegt rasch. Erst soll ein geflüchteter Doppelmörder ein Anschlag verübt haben, bei dem jemand aus Sandras Umfeld verletzt wird. Dann stürzt einer der Kellner, der muss operiert werden und fällt für mehrere Monate aus. Kurz darauf nimmt sich eine Mitarbeiterin - ohne sich mit Sandra abzusprechen - Urlaub und bleibt weg. Und das ist längst nicht alles...

So sehr mir die ersten beiden Bände - besonders der zweite Band "Lebensgefährlich schön" - gefallen haben, soviel mehr hatte ich Mühe mit diesem dritten Band.

Sandra, die sonst jedes Schlucken, jeden Wimpernschlag bei anderen bemerkt, findet es nicht weiter komisch, dass ihre Mitarbeiterin einfach so, mit einem fadenscheinigen Grund, verschwindet. Anstatt Alarm zu schlagen und DCI Christopher Bourke mitzuteilen, dass das doch nicht möglich sein kann, schöpft sie hier ausnahmsweise mal keinen Verdacht.

Ich fand das nicht nachvollziehbar, weil eben Sandra sonst immer alles merkt. Mal abgesehen davon, dass jeder weiss, dass man in jedem Job an gewissen hoch frequentierten Tagen nicht freimachen kann und einem bei solch einer Handlung mit Garantie gekündigt würde, würde diese äussert zuverlässige Mitarbeiterin sowieso nicht einfach so von der Arbeit fernbleiben.

Auf dieser Situation baut der ganze Kriminalfall auf. Sandra hätte später nochmals eine Chance, sich anders zu verhalten, aber sie bleibt auf der eingeschlagenen Schiene. Am Ende zaubert die Autorin dann auch noch schnell einen etwas aus der Luft gegriffenen Schluss herbei. Ermittlungstechnisch passiert ebenfalls nicht viel.

Über all das konnte ich nicht hinwegsehen. So konnte ich "Ein Mörder zieht die Fäden" leider nur mit einem Kopfschütteln lesen, da der Krimi mit Sandras Fehlentscheidungen und den anderen bemängelten Dingen total konstruiert und unglaubwürdig daher kommt.

Fazit: Zu arg konstruierter Fall.
3 Punkte.

Veröffentlicht am 05.09.2019

Laue Liebesgeschichte

Annas kleiner Teeladen
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Ich hoffte auf eine gemütliche Lovestory mit Landlebenfeeling und immer vorgeheizten Backöfen, damit es nie an Gebäck fehlt.

Dieses Teeladen-Feeling habe ich nicht gespürt. Es geht auch nicht um Tee oder ...

Ich hoffte auf eine gemütliche Lovestory mit Landlebenfeeling und immer vorgeheizten Backöfen, damit es nie an Gebäck fehlt.

Dieses Teeladen-Feeling habe ich nicht gespürt. Es geht auch nicht um Tee oder mit viel Liebe und Kreativität gebackene Cupcakes (in einigen Sätzen bekommt man zwar mit, dass die gebacken werden, sie sind aber Nebensache), sondern mehr um die Liebesgeschichte zwischen Anna und Matthew. Sie verwitwet, er geschieden, beide mit Töchtern zurück gelassen.

Während Anna, zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes, die Geschäftsführung des "Little Orchad Tea Shop's" für ein Jahr von ihrer Tante übernimmt und dafür mit ihrer kleinen Tochter Ellie nach Little Somerby zurück kehrt, blieb Matthew fast immer im Dorf und führt die Cider-Farm seines Vaters weiter. Matthew und Anna kennen sich noch von früher, und nähern sich einander an. Matthews fünfzehnjährige Tochter Meredith hilft dabei.

Diese Kennenlerngeschichte mit allen Auf und Abs ist das Zentrum des ersten Bandes dieser neuen Serie.

Matthew hat die Cider-Farm aufgebaut und jahrelang Zeit hinein gesteckt, nachdem sein Vater Jack die Firma fast in den Abgrund steuerte. Doch Jack will immer mal wieder mitreden. So überrascht es auch nicht, dass er hinter dem Rücken von Matthew dessen Bruder wieder in die Firma aufnimmt. Sehr zum Leidwesen von Matthew, denn er gibt Jonathan die Schuld am Zerbrechen seiner Ehe.

Anna könnte ebenso gut in einem Haushaltwarenladen, Computershop, Kiosk, oder sonst wo mit Kundenkontakt arbeiten - der Tearoom spielt nicht wirklich eine Rolle. Auch die Cider Farm nicht, die Szenerie ist hier überhaupt nicht entscheidend. Daher fehlte mir der Charme, den so eine Farm oder ein Café, ein Laden in Romanen oft inne hat, komplett. Es ist in erster Linie eine Beziehungsgeschichte und keine, in der ein Café enorm wichtig ist.

Mir fehlte aber auch in der Beziehungsgeschichte viel. Mit Matthew hatte ich Anfangs fast ein wenig Mitleid, doch dann macht er einen Fehler. Der an sich wäre irgendwie verkraftbar, aber nicht seine Reaktion. Real würde man ihn nicht aufgrund seines Fehlers, sondern seinem Verhalten danach zum Mond schicken. Sein passives Verhalten wirkt sich auch auf den Roman aus: es passiert lange nichts mehr.

Anna blieb mir den ganzen Roman hindurch viel zu blass, bei ihr fehlte mir eine Figurentwicklung. Jonathan ist ein elender Schleimer, ihm traue ich noch immer nicht über den Weg. Am liebsten mochte ich Meredith. Abgesehen von den beiden Kindern und Hund Senfton kann man die Figuren an einer Hand abzählen. Das dünkt mich für eine Dorfgeschichte recht wenig, vor allem da sich praktisch alle anderen nur als Statisten erweisen.

Durch die flache Erzählweise und die vorhersehbare Story bleiben dann auch die erwarteten Dramen spannungslos und somit konnte mich "Annas kleiner Teeladen" nicht begeistern.

Fazit: Leider kein Wohlfühlbuch, sondern eine laue Liebesgeschichte über zweite und dritte Chancen.
3 Punkte.

Veröffentlicht am 27.08.2019

Faszinierend und abstossend zugleich

Die Gärten von Monte Spina
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Als ich das Buch in die Hände bekam, bedauerte ich zuerst, es nicht eine Woche zuvor in den Ferien auf Lanzarote gelesen zu haben. Das hätte perfekt gepasst, Monte Spina ist eine (fiktive) Insel vor Lanzarote. ...

Als ich das Buch in die Hände bekam, bedauerte ich zuerst, es nicht eine Woche zuvor in den Ferien auf Lanzarote gelesen zu haben. Das hätte perfekt gepasst, Monte Spina ist eine (fiktive) Insel vor Lanzarote. Am Ende der Lektüre war ich froh, dass das Buch mich erst später erreichte. Wenn ich es am Strand oder Pool gelesen hätte, wäre es schon bald in hohem Bogen ins Wasser geschmissen und eigenhändig von mir versenkt worden.

Und das nur weil der Inselbesitzer Bror ein totaler Widerling ist, fast schon ein Psychopath, der sich daran weidet, wenn er andere verbal und physisch zur Schnecke machen kann.

Die Leser und Toni, die neue Gärtnerin, blicken mit der Zeit zwar in seine Seele, seine Geschichte ist heftig, sie gibt ihm aber noch lange kein Recht so abgrundtief böse zu sein - und besonders nicht so zu bleiben. Mir ist der arrogante Bror viel zu heftig geraten, was mir die Freude am Buch raubte. Gerade wenn man mal denkt, jetzt bessert er sich, holt er aus und schlägt verbal wieder zu.

Toni hält zwar oft aus und dagegen, aber darüber hinaus bleibt Toni sehr blass. Kein Wunder, so oft wie an ihr herumgemäkelt wird. Dass sie zum Beispiel immer noch über den Unfalltod ihres Mannes trauert und bei ihrer Arbeit keine schönen Kleider trägt. Ja, was soll sie denn mit schicken Hosen und Shirts beim Wühlen in der Erde, beim Bepflanzen der Gartenbeete? Und wieso soll sie den Garten auf Vordermann bringen, wenn doch eh niemand da ist, der ihn zu schätzen weiss?

Der Grund, wieso es den Garten gibt und wieso Bror die Insel sein eigen nennt, obwohl er kaum da ist, wird erst spät verraten. Bis dahin ist Bror halt Millionär und kann mit seinem Geld machen was er will, und wenn er keine Lust mehr hat, kann er die Insel ja einfach verkaufen. Dies hören Toni und die anderen Angestellten viel zu oft.

Ich habe mich bisher nur selten dermassen über eine Romanfigur geärgert wie über Bror. Und wenn, dann habe ich die Geschichte nicht zu Ende gelesen. Jedenfalls weiss ich nun, wen ich bei zukünftigen Fragen nach meiner unbeliebtesten Romanfigur nennen werde.

Da Bror mit seiner Boshaftigkeit und Arroganz soviel Platz einnimmt, verkümmern die anderen Figuren neben ihm. Die Handvoll Charaktere hätten eigentlich alle ganz viel Potential, aber sie kommen nicht gegen ihn an.

Trotzdem hat mich "Die Gärten von Monte Spina" auf eine spezielle Art und Weise fasziniert. Ohne Bror wäre die Story zwar wesentlich freudiger und angenehmer zu lesen; das Dumme aber ist, alles ist auf seinem Charakter aufgebaut. Deshalb funktioniert die Story nur mit ihm, also muss man sich mit ihm arrangieren.

Dafür überzeugt das Setting auf der Insel und die Beschreibungen der Landschaften, wie eigentlich auch ein grosser Teil des Plots, wenn man Bror ausklammert. Der Schluss ist trotz allem stimmig und keine Frage, der Roman ist toll geschrieben, aber es ist definitiv kein Urlaubsbuch.

Wer Psychospielchen-Romane liebt, tut sich mit dem vorliegenden Debütroman von Henrike Scriverius wahrscheinlich leichter als ich.

Fazit: Ein beeindruckendes und kontroverses Debüt, das von einer nervtötenden, total unsympathischen Figur völlig zerdrückt wird.
3 Punkte.