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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.12.2018

Als die Welt noch in Ordnung war

Jahre aus Seide
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Krefeld 1932. Die Welt der kleinen Ruth ist noch in Ordnung. Sie lebt mit ihren Eltern und ihrer Schwester Ilse unbeschwert und glücklich. Als die Nazis immer mehr Macht erlangen, wendet sich das Blatt ...

Krefeld 1932. Die Welt der kleinen Ruth ist noch in Ordnung. Sie lebt mit ihren Eltern und ihrer Schwester Ilse unbeschwert und glücklich. Als die Nazis immer mehr Macht erlangen, wendet sich das Blatt und die jüdische Familie denkt daran, das Land zu verlassen.


Ulrike Renz hat mich mit ihrem ersten Teil der Trilogie um die kleine Ruth sehr berührt. Sanft und leise erzählt sie die Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht. Fast zu schön, um wahr zu sein. Unbeschwertheit, Glück, Träume von einer schönen Zukunft, das alles sind die Attribute, die diesen Roman tragen. Kaum Aufgeregtheiten, nur ganz normaler, schnöder Alltag. Der Vater Handlungsreisender für Schuhe, die Mutter Hausfrau, zwei gesunde Kinder, genug Personal zur Unterstützung. Das Leben kann so schön sein. Wenn da nicht etwas wäre, das der Leser schon weiß. Die drohende, braune Gefahr, die diese Idylle trübt und die sich wie ein Damoklesschwert über die sonnige Geschichte hängt. Die wir als wissende Leser schon erahnen und die erbarmungslos näher rückt. 


Ulrike Renz hat die echten Tagebuchaufzeichnungen Ruths verwendet und sie mit fiktiven Elementen verwoben. Sie erzählt die Geschichte aus der Sicht eines Kindes, das kommt anfangs etwas einfach, naiv daher und oft allzu heiter. Sie vertieft vor allem die Situationen und Erlebnisse, die dem Kind wichtig waren. Das mag manchen Lesern langweilig erscheinen, aber so ist das Leben. Und ich wünschte, es wäre einfach so geblieben.


Die Sprache der Autorin ist sehr detailliert und liest sich schnell und zügig. Sie schreibt sehr emotional und lässt den Leser teilhaben am Alltag einer ganz normalen Familie. Ein Alltag, der von heute auf morgen so einfach verschwindet. Nichts ist mehr wie es war. 


Ich bin sehr gespannt, wie sich die Geschichte entwickelt und fiebere jetzt schon dem nächsten Band entgegen, obwohl ich genau weiß, dass mich nichts Gutes erwartet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Geschichte
  • Figuren
  • Authentizität
Veröffentlicht am 25.12.2018

Geschichten und Gerichte - Eine Reise durch die israelische Küche

Ofirs Küche
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Der Koch und Filmregisseur Ofir Raul Graizer hat mit seinem Kochbuch "Ofirs Küche" ein sehr persönliches Werk vorgelegt. Er möchte mit seinen Gerichten dazu beitragen, dass die Menschen beim gemeinsamen ...

Der Koch und Filmregisseur Ofir Raul Graizer hat mit seinem Kochbuch "Ofirs Küche" ein sehr persönliches Werk vorgelegt. Er möchte mit seinen Gerichten dazu beitragen, dass die Menschen beim gemeinsamen Essen Konflikte überwinden und lernen miteinander zu sprechen. Eine sehr schöne Idee, finde ich, und er hat sie großartig umgesetzt. 

70 Rezepte findet man im Buch, alle vegetarisch und alle nachkochbar. Mit Zutaten, die man entweder sowieso zuhause hat oder die in jedem gut sortierten Supermarkt zu finden sind. Vom Brot bis zum Getränk findet man für jede Gelegenheit das passende Gericht und lernt ganz nebenbei noch so einiges über die traditionelle israelische Küche. Wunderschöne stimmungsvolle Fotos, nicht nur vom Essen, sondern auch von Land und Leuten begleiten die Texte und regen alle Sinne an. Man spürt die Leidenschaft des Koches und seine große Liebe zu Israel und dessen Küche. Ein wirklich wunderbares Kochbuch, dass mich sehr zum Nachmachen inspiriert. 

Veröffentlicht am 16.12.2018

Zweiter Teil einer ungewöhnlichen Geschichte

Tardigrada / Die fetten Jahre
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Ludwig und Bernhardt sind Freunde seit ihrer gemeinsamen Kindheit in einem Münchner Waisenhaus. Mittlerweile haben wir das Jahr 1954, die Wirtschaft boomt und Ludwig ist ein erfolgreicher Entwickler im ...

Ludwig und Bernhardt sind Freunde seit ihrer gemeinsamen Kindheit in einem Münchner Waisenhaus. Mittlerweile haben wir das Jahr 1954, die Wirtschaft boomt und Ludwig ist ein erfolgreicher Entwickler im Pharmaunternehmen seines Schwiegervaters. Bernhardt, der immer schon ein wenig anders war, arbeitet als Hilfskraft ebenfalls bei Bootz. Bei einem dramatischen Unfall mit flüssigem Stickstoff stirbt Ludwigs jüngster Sohn Paul, Bernhardt, der zu Hilfe eilt, wird schwer verletzt, doch seine lebensbedrohlichen Wunden heilen wie von Zauberhand. Zeit, dass sich der Forscher Ludwig dieses Phänomens annimmt.


"Die fetten Jahre" ist die gelungenen Fortsetzung von "Tardigrada - das Bärtierchen". Alexander Meining verwendet für das Cover wieder ein Motiv des Künstlers WONABC, das eher auf ein anderes Genre schließen lässt. Davon sollte man sich aber keineswegs irritieren lassen, denn den Leser erwartet hier ein ganz besonderes Buch. 


Wie im ersten Band gibt es auch hier wieder eine einzigartige Mischung aus historischem Roman, Fiktion und ganz viel Münchner Lokalkolorit. In diesem Band kommt auch noch einiges mehr an fundiertem, medizinischem Wissen dazu, das der Autor aus erster Hand hat, denn er ist im wahren Leben ein erfolgreicher Endokrinologe. Besonders gut gefällt mir, dass die außergewöhnlichen Eigenschaften der Bärtierchen, denn diese erstaunlichen Tiere standen Pate für Bernhardt, in diesem Teil erheblich mehr Aufmerksamkeit bekommen. Der Autor geht intensiv und mit großem medizinischem Wissen auf diese ein. Aber nicht langweilig oder trocken, sondern mit einem detailreichen und leichtfüßigen Sprachstil, der mir noch vom ersten Band als sehr angenehm in Erinnerung ist. Die historischen Begebenheiten sind wieder sehr gut recherchiert und perfekt in die Geschichte eingebaut. Mich hat das Buch sogar noch ein wenig mehr begeistert, als der Vorgängerband, deshalb vergebe ich hier sehr gerne eine absolute Leseempfehlung für diesen ganz erstaunlichen Roman.

Veröffentlicht am 16.12.2018

Sehr emotional

Vielleicht tanzen wir morgen
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Mascha hat ihren Sohn verloren. Seitdem ist nichts mehr, wie es wahr. Sie spürt nur noch die Temperatur des Wassers bei ihrem täglichen Schwimmbadbesuch. Sally, eine Obdachlose, gibt Mascha einen neuen ...

Mascha hat ihren Sohn verloren. Seitdem ist nichts mehr, wie es wahr. Sie spürt nur noch die Temperatur des Wassers bei ihrem täglichen Schwimmbadbesuch. Sally, eine Obdachlose, gibt Mascha einen neuen Sinn im Leben. Und dann ist da noch Alice, deren Sohn ein begeisterter Schwimmer ist. 

Ruth Hogan hat einen sehr berührenden Roman geschreiben, der vor allem von seiner poetischen, sanften Sprache lebt. Die Autorin verwendet viele Metaphern, viele Umschreibungen, die nicht unbedingt passend erscheinen. Die aber die Melodie ihrer Sprache erst zum Klingen bringen. Handlung gibt es recht wenig, aber die braucht dieses Buch auch nicht. In einer Situation, wie Mascha sie erlebt, braucht man keine Action, man braucht Sanftmut und Zeit. Das Buch lebt von dieser Melodie, von seinen Worten und erzählt uns Lesern über Trauer und Verzweiflung. Ja, es ist traurig und es geht ziemlich nahe. Aber es gibt uns auch Mut und Hoffnung. Es ermuntert den Leser, sein Leben weiter zu führen, auch wenn es momentan erst einmal ganz sinnlos erscheint. Aber man muss sich ganz einlassen auf diese Geschichte, denn erst dann kann man eintauchen in ein Netz, das aus wundervollen Worten gewebt ist. Das den Leser umhüllt wie ein Kokon und ihm Geborgenheit gibt. Mich hat der Roman sehr berührt und viele dieser Gedanken werden mich noch lange begleiten.

Veröffentlicht am 13.12.2018

Die bösen Bilder werden mich noch lange verfolgen

Böse Bilder
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Der "I, Killer" hat eine Mission. Er tötet junge Frauen und postet die Bilder seiner Opfer im Internet. DCI Dan Fenton will den Mörder finden und schwört vor laufender Kamera, dass er den Täter fassen ...

Der "I, Killer" hat eine Mission. Er tötet junge Frauen und postet die Bilder seiner Opfer im Internet. DCI Dan Fenton will den Mörder finden und schwört vor laufender Kamera, dass er den Täter fassen wird. Wird es ihm gelingen?


Das Debüt von Max Manning wird mich noch lange verfolgen. Er beschreibt in seinem Thriller ein Szenario, das ich mir leider nur allzu gut auch in der Realität vorstellen kann. Die Taten sind schrecklich, furchtbar und blutrünstig. Die "bösen Bilder" die der Täter im Internet postet genauso. Aber was mich noch mehr erschreckt, ist die Sensationsgier der Betrachter, die leider nur allzu schnell zur Wirklichkeit werden kann. Durch den spannenden und fesselnden Schreibstil wird man geradezu durch das Buch gepeitscht. Die knackig kurzen Kapitel sorgen ebenfalls für ein schnelles Lesevergnügen. Man kommt kaum dazu, Atem zu holen. Kaum meint man, dem Mörder endlich auf der Spur zu sein, gibt es schon wieder eine Wendung und man ist so ahnungslos, wie zuvor. Geschickt legt der Autor immer neue Fährten, die allesamt in die Irre führen. Mir war bis zum überraschenden Schluss nicht klar, mit wem wir es hier zu tun haben. Insgesamt ein gelunger Thriller, der ziemlich nah an der Realität ist.