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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.12.2018

Ein Buch, das jede Frau lesen sollte

Zeit des Mutes
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Emma, eine junge Deutsche, hat sich in den falschen Mann verliebt. Sie wird, um Gerede zu vermeiden, kurzerhand zu Verwandten nach England verfrachtet. Dort verliebt sie sich sogleich in Percival, den ...



Emma, eine junge Deutsche, hat sich in den falschen Mann verliebt. Sie wird, um Gerede zu vermeiden, kurzerhand zu Verwandten nach England verfrachtet. Dort verliebt sie sich sogleich in Percival, den Sohn des Hauses, der ein echter Unsympath ist und sich so gar nicht für Emma interessiert. Zufällig beobachtet Emma eine Szene, mit der es ihr gelingt, Percy zur Heirat zu zwingen. Keine gute Entscheidung, denn die Ehe ist alles andere als glücklich. Erst als Emma über Lucy, dem ehemaligen Dienstmädchen von Percys Familie Bekanntschaft mit den Suffragetten macht, ändert sich ihr Leben.

Christiane Lind hat ein sehr mutiges und fesselndes Buch geschrieben, das in meinen Augen eine absolute Pflichtlektüre für jede Frau sein sollte.

Die Protagonistinnen sind so unterschiedlich, wie Frauen nur sein können. Auf der einen Seite, die schüchterne Emma, deren Wunschtraum nur eine gute Partie ist. Und dann die mutige Lucy, die in ihrem Leben schon einiges durchgemacht hat und jetzt ganz unten gelandet ist und von vorne anfangen muss. Die Autorin hat die Charaktere sehr gut dargestellt und sie so richtig lebendig werden lassen. Man kann sich gut in sie hineinversetzen und ihr Handeln ebenfalls sehr gut nachvollziehen. Dabei ist es der Schriftstellerin gut gelungen, dieses doch sehr ernste Thema in einen spannenden und unterhaltsamen Roman zu verpacken, den man kaum aus der Hand legen mochte. Der unermüdliche Kampf der Frauen, um Freiheit, um das Recht wählen zu dürfen, ist sehr plastisch und manchmal so erschreckend realistisch geschildert, dass ich oft innehalten musste. Erstaunlich, was ein Mensch ertragen kann, wenn er für eine Sache brennt. Wieviel Mut gehört dazu! Christiane Lind hat sehr genau recherchiert und ich möchte ausdrücklich das sehr interessante und umfangreiche Nachwort erwähnen, das dem Buch noch den allerletzten Schliff gibt. Die Suffragetten, die sich für alle Frauen so vehement eingesetzt haben, mussten viel erleiden und ertragen. Christiane Lind hat ihnen mit ihrem rundum gelungenen Buch ein verdientes Denkmal gesetzt. Herzlichen Dank dafür!

Veröffentlicht am 13.12.2018

Er hat es wieder getan

Die Party
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Brandon lädt zehn Jugendfreunde zu Halloween ein. Auf seinem einsam gelegenen Landsitz, soll die Party im Stil der Achzigerjahre stattfinden, als Erinnerung an ihre gemeinsame Jugendzeit. Abgeschottet ...

Brandon lädt zehn Jugendfreunde zu Halloween ein. Auf seinem einsam gelegenen Landsitz, soll die Party im Stil der Achzigerjahre stattfinden, als Erinnerung an ihre gemeinsame Jugendzeit. Abgeschottet von der Außenwelt, ohne Handys, ohne Festnetz. Die Begrüßung verläuft äußerst dramatisch. Der Kronleuchter fällt von der Decke und begräbt den Gastgeber unter sich. Doch Brandon wird nicht der einzige Tote bleiben.

Als ich den Plot gelesen habe, kamen bei mir sofort Erinnerungen an "Murder Park" hoch, dem Vorgängerroman von Jonas Winter. Denn in diesem Buch gab es eine ähnliche Situation, die sich natürlich hervorragend für einen Thriller eignet. Ich hatte erst Befürchtungen, dass sich das Ganze wiederholt, denn auch die Handlung in der ersten Hälfte des Buches ist, von der Idee her, fast identisch. Aber ein Jonas Winter macht das natürlich nicht.

Bisher ist es dem Autoren immer gelungen, mich mit seinen Büchern vollkommen zu überraschen. Auch "Die Party" hat mich am Ende sehr erstaunt zurückgelassen. Immer wenn ich glaubte, der Auflösung jetzt ganz nahe zu sein, hat Jonas Winter mich eines Besseren belehrt. Der Autor bringt immer wieder neue Wendungen und Situationen, die ich mir nie hätte vorstellen können. Die so verblüffend sind, so genial, so unglaublich.

Seine Schreibweise ist derart fesselnd und spannend, dass man als Leser unbewußt oft den Atem anhalten muss. Der Autor weiß, wie er den Leser packen muss, damit er nicht mehr loskommt von der Geschichte. Die, übrigens, in meinen Augen, perfekt konstruiert ist und die ich in dieser Form noch nirgendwo gelesen habe (und ich lese viel!). Der perfekt gewählte, einsame, düstere Schauplatz hat schon mal einen hohen Gruseleffekt. Das hohe Misstrauen unter den Protagonisten, der gekappte Kontakt zur Außenwelt, das passende Wetter, die Dunkelheit, all diese Faktoren sind die besten Voraussetzungen für einen Thriller dieser Art. Dann noch die Tatsache, dass man immer nur häppchenweise mit neuen Informationen gefüttert wird. Besser kann ein Thriller für mich kaum sein. Auch wenn ich eigentlich nicht der größte Fan von Gruselromanen bin, hat Jonas Winter mich wieder gepackt. Er kann es einfach! Chapeau!

Veröffentlicht am 27.11.2018

Ungewöhnlich, interessant, spannend

Tödlicher Irrtum
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Der alkoholkranke Professor Heckscher wird, da er oftmals unangenehm auffällt, zum Vorstand des neu gegründeten Instituts für Justiz-Irrtümer abkommandiert. Er holt sich die beiden Studenten Saskia und ...

Der alkoholkranke Professor Heckscher wird, da er oftmals unangenehm auffällt, zum Vorstand des neu gegründeten Instituts für Justiz-Irrtümer abkommandiert. Er holt sich die beiden Studenten Saskia und Florian zu Hilfe. Als sie beim Durchforsten alter Akten einen sehr interessanten Fall finden, wird aus der ursprünglichen Verlegenheitslösung eine kompetente Ermittlergruppe.


"Tödlicher Irrtum" von Patrick Bredow ist bereits der zweite Fall rund um die Jurastudenten Saskia und Florian. Ich kenne zwar das vorherige Buch nicht, hatte aber sofort einen Draht zu den Protagonisten. Auch wenn mir nicht alle sofort sympathisch waren. Mit Heckscher z.B. musste ich erst warm werden, denn seine kauzige Art war für mich anfangs doch gewöhnungsbedürftig. 


Der Autor hat einen lebendigen und angenehmen Schreibstil. Die kurzen, knappen Kapitel halten die Spannung von Anfang an auf einem durchgehend hohen Niveau und sorgen dafür, dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann. Der subtile Humor, viele ironische Einsprengsel und vor allem die fundierte Recherche runden das Ganze ab. Der Autor, der selbst Jurist ist und auf dem Gebiet der Justizirrtümer äußerst bewandert ist, weiß sehr gut, wovon er spricht. Das macht den Roman, dem zudem noch einige wahre Begebenheiten zugrunde liegen, noch authentischer und sehr lebensnah. Die Protagonisten sind wie aus dem echten Leben entnommen, denn sie haben Ecken und Kanten und ihre Macken, so wie die Menschen in der Realität. 


Mir hat das Buch sehr gut gefallen, vor allem, weil sich sowohl Plot, als auch Ermittlertruppe, von den gewohnten Krimis angenehm unterscheiden. Ich würde gerne noch mehr von der Abteilung für Justizirrtümer lesen. 

Veröffentlicht am 15.11.2018

Den Tod vor Augen

Die Unsterblichen
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New York 1969, Ferienzeit in der Lower East Side. An einem heißen Sommertag lassen sich Varya, 13, Daniel, 11, Klara, 9 und Simon, 7, die vier Geschwister der Familie Gold, von einer Wahrsagerin ihren ...

New York 1969, Ferienzeit in der Lower East Side. An einem heißen Sommertag lassen sich Varya, 13, Daniel, 11, Klara, 9 und Simon, 7, die vier Geschwister der Familie Gold, von einer Wahrsagerin ihren Todestag vorhersagen. Eine Auskunft, die ihr Leben komplett verändert. Simon und Klara, deren Lebenserwartung am geringsten ist, beginnen jede Minute auszukosten und zu genießen. Sie verlassen New York und ziehen nach San Francisco. Varya und Daniel dagegen bleiben bei ihrer verwitweten Mutter.

Chloe Benjamin schreibt so fesselnd und spannend, dass ich vom ersten Moment an gefangen war. Der einprägsame Schreibstil, der voller Emotionen ist, ohne jedoch ins Kitschige abzudriften, geht tief unter die Haut. Ich persönlich würde meinen Todestag nie wissen wollen, denn ich hätte zu viel Angst davor, dass mein Leben dann völlig anders verläuft, als es das Schicksal mit mir plant. Den vier Geschwistern scheint es ebenso zu gehen. Sie hätten es besser nicht gewusst. Denn diese Nachricht hängt über ihnen, wie ein Damoklesschwert. Ihr Leben ist nicht mehr so leicht und unbeschwert, wie es vorher war. Zwar geht jeder anders mit dem Wissen um, aber jeder ändert etwas in seinem Leben, ob mit oder ohne Absicht. Das Buch ist für mich sehr lesenswert und absolut lebensbejahend. Ein Roman mit viel Tiefgang, der zum Nachdenken einlädt und sicher lange im Gedächtnis bleibt.

Veröffentlicht am 11.11.2018

China heute

Mulans Töchter
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Die niederländische Sinologin Bettine Vriesekoop hat hier ein spannendes kleines Büchlein über Emanzipation und das Leben als Frau in China vorgelegt. Eingebunden in eine Art Reisebericht lässt sie unterschiedliche ...

Die niederländische Sinologin Bettine Vriesekoop hat hier ein spannendes kleines Büchlein über Emanzipation und das Leben als Frau in China vorgelegt. Eingebunden in eine Art Reisebericht lässt sie unterschiedliche chinesische Frauen in Form von Interviews zum Thema Sexualität zu Worte kommen. Die Berichte sind schön zu lesen und haben mich, auch, wenn ich manches Verhalten nicht nachvollziehen konnte, sehr fasziniert. In der Rahmenhandlung erfährt man viel über die chinesische Geschichte und die Traditionen Chinas. Schade, dass es sich durch die Bank nur um Frauen aus der Mittelschicht handelt, die noch dazu alle aus Peking stammen. So lernt man nicht die gesamte Frauenschicht des Landes kennen, sondern nur einen kleinen Teil davon. Momentan befindet sich China in einem Wandel, der ein solches Werk erst möglich macht. Für mich als Europäerin war vieles neu und sehr interessant zu lesen, wie man als Frau im heutigen China (über)lebt. 
Auch wenn man sicher noch viel mehr hätte schreiben können, hat mir das Buch sehr gut gefallen.