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Veröffentlicht am 24.08.2018

Ein Buch, das lange nachhallt und einen Platz in meinem Herzen gefunden hat!

Die Zeit der Kraniche
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Das letzte Kriegsjahr ist hart. Gebhard wird denunziert und von der Gestapo verhaftet und Freddy muss sich, wieder einmal, um alles alleine kümmern. Der eingesetzte Verwalter, ein übler Nazi, macht ihr ...

Das letzte Kriegsjahr ist hart. Gebhard wird denunziert und von der Gestapo verhaftet und Freddy muss sich, wieder einmal, um alles alleine kümmern. Der eingesetzte Verwalter, ein übler Nazi, macht ihr das Leben nicht leicht. Nach Kriegsende kommt eine neue Angst dazu. Die Russen sind im Einmarsch. Und Gebhard ist erneut ín Haft. Erst in letzter Minute beschließt Freddy aus Deutschland zu fliehen.

Ulrike Renks Trilogie über eine ostpreußische Familie hat mit "Die Zeit der Kraniche" einen würdevollen und passenden Abschluss gefunden. Obwohl ich Band zwei schon direkt nach dem Erscheinen gelesen hatte und das ist schon über ein Jahr her, war ich sehr schnell wieder mitten drin in der Geschichte und ich hatte das Gefühl, es wäre erst gestern gewesen, dass ich das Buch zur Seite gelegt habe.

Ulrike Renk schreibt einfach wundervoll, sie gibt dem Leser mit jedem Satz das Gefühl, selbst mit dabei zu sein. Sie fesselt, sie berührt, sie setzt starke Emotionen frei. Man leidet intensiv mit den Protagonisten mit und hofft und bangt. Ich war mehrmals zutiefst betroffen und auch jetzt, wenn ich an Freddy und ihre Familie, an ihr Schicksal denken muss, stehen mir wieder die Tränen in den Augen. Es ist fast nicht auszuhalten, wenn man sich einmal vor Augen führt, was Menschen damals alles erleiden mussten. Dieses Buch geht sehr nahe und man kann sich nicht entziehen.

Die Protagonisten, aber auch sämtliche Nebenfiguren, wirken wie aus dem echten Leben und sind liebevoll und realistisch gezeichnet. Sehr interessant sind, wie auch in den letzten Büchern, die, scheinbar nebensächlichen, Beschreibungen des Alltags, wie z. B. die immensen Schwierigkeiten, Nahrungsmittel zu beschaffen, die große Not der Flüchtlinge und Fremdarbeiter, oder die nicht enden wollenden Züge der Menschen aus den geräumten Konzentrationslagern. All diese Dinge sind mit gewohnter Genauigkeit geschildert und machen auch aus diesem dritten Buch eine runde Geschichte, die nur eine Ulrike Renk in dieser Qualität schaffen kann.

Die Autorin hat wieder einmal extrem gut recherchiert und so wirkt jede einzelne Kleinigkeit authentisch. Ulrike Renk hat auch diesen dritten Teil mit ihrer gewohnten Sorgfalt und Liebe zum Detail geschaffen. Sie zeigt uns Lesern, wie Bücher sein sollen. Ich bin ganz begeistert von ihrer Kunst und kann ihre Werke nur jedem empfehlen, der gerne in die Vergangenheit eintaucht, auch wenn sie, wie in diesem Fall nicht immer schön ist. Aber gerade dieser Teil unserer Geschichte darf niemals vergessen werden, jetzt wo die braune Gefahr wieder eifrig am keimen ist.

Schade, dass ich nur fünf Sterne vergeben kann. Das Buch hätte in meinen Augen noch einige mehr verdient!

Veröffentlicht am 19.08.2018

Ein ganz wunderbares Buch

Weit weg von Verona
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Die dreizehnjährige Jessica Vye lebt in einem kleinen Ort an der Nordostküste Englands. Die Welt ist im Krieg und das wichtigste Accessoire ist momentan eine Gasmaske. Ansonsten ist Jess eher eine Außenseiterin, ...

Die dreizehnjährige Jessica Vye lebt in einem kleinen Ort an der Nordostküste Englands. Die Welt ist im Krieg und das wichtigste Accessoire ist momentan eine Gasmaske. Ansonsten ist Jess eher eine Außenseiterin, die durch ihre Wahrheitsliebe manchmal auf Unverständnis trifft und nicht in jedes Raster passt. Ihr großer Wunsch ist es Schriftstellerin zu werden. Von den Lehrern verkannt, trifft sie eines Tages auf einen berühmten Schriftsteller, dem sie ihr Manuskript zum Lesen gibt.

Obwohl dieses Buch, das Erstlingswerk von Jane Graham, bereits 1971 erschienen ist, wirkt es auf mich wunderbar modern. In einer herrlichen, nüchternen Sprache lässt die Schriftstellerin ihre Protagonistin selbst zu Wort kommen. Jessica ist ganz anders, als so manches junge Mädchen. Nicht angepasst, oft etwas störrisch, sie sagt immer frei heraus, was sie denkt und fühlt und tritt dann schon mal in ein Fettnäpfchen. Ihre Aufsätze sind genauso, stets wahrheitsgetreu, leicht skurril und voller britischem Humor. Und genau diese wundervolle Atmosphäre spürt man auch im Roman. Eigentlich passiert nur recht wenig in der Geschichte, es sind oft nur Nebensächlichkeiten, kleine Details, Banalitäten die sich aneinanderreihen. Aber Jane Gardam versteht uns mit ihrer leichten Sprache sehr zu fesseln. Sie gibt den scheinbar unwichtigen Dingen so viel Gewicht, verblüfft uns mit so unglaublichen Begegnungen, dass man das Buch gar nicht mehr weglegen mag. Die Geschichte der kleinen Jessica Vye hat mich vollkommen verzaubert. Es ist ein richtiger Hochgenuss, dieses Buch zu lesen. Und es stimmt das Gesamtpaket. Umschlag, Titelbild, Farbgebung, alles ist wie aus einem Guss und macht das Vergnügen erst vollkommen. Und sicher liegt es auch an der fabelhaften Übersetzung von Isabel Bogdan, dass der britische Zauber dieses Romans erhalten bleibt und man sich direkt im Geschehen wiederfindet.

Veröffentlicht am 31.07.2018

Bildgewaltig und voller Poesie

Die Schönheit der Nacht
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Claire ist unzufrieden mit ihrem Leben, denn ihr Mann Gilles und sie leben nur noch nebeneinander her. Gilles hat ständig neue Affären und Claire hangelt sich von einem anonymen One-Night-Stand zum nächsten. ...

Claire ist unzufrieden mit ihrem Leben, denn ihr Mann Gilles und sie leben nur noch nebeneinander her. Gilles hat ständig neue Affären und Claire hangelt sich von einem anonymen One-Night-Stand zum nächsten. Als ihr Sohn Nicolas seine neue Freundin Julie vorstellt, wendet sich das Blatt. Bei einem gemeinsamen Bretagneurlaub kommen sich die beiden Frauen näher und entdecken Sehnsüchte, die vorher nicht einmal existierten. 


Nina George hat ein sehr gefühlvolles und poetisches Buch geschrieben. Sie beschreibt die Bretagne so realistisch, dass man glaubt man ist vor Ort und mitten drin im Geschehen. Ich hatte tatsächlich das große Glück gerade dort meinen Urlaub zu verbringen und habe es persönlich feststellen können. Die Autorin hat das französische Flair wunderbar eingefangen. Das Verwenden vieler französischer Redewendungen verstärkt diesen Effekt und macht aus dem Buch einen schönen Sommerroman. Wenn auch keinen leichten, einfachen. Sondern eher einen melancholischen, leicht schwermütigen, der aber genau deshalb besonders gut in diese raue Gegend passt.  


Die Charaktere sind gut dargestellt, zwar nicht immer in all ihren Handlungen für mich zu verstehen, aber das erwarte ich auch nicht. Mir gefällt der Sprachstil, der sehr poetisch ist und leicht philosophisch anmutet. Er macht vor allem den Reiz dieses Buches aus. 


Erwähnen möchte ich auch noch das wunderschöne Cover und die hochwertige, edle und farblich durchdesignte Aufmachung des Buches. Da stimmt das Gesamtpaket und macht das Lesevergnügen zu einer fast sinnlichen Angelegenheit.

Veröffentlicht am 31.07.2018

Spannend!

Ins Dunkel
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Zwei Teams einer Firma erkunden auf einer Wanderung den australischen Busch. Männer und Frauen sind getrennt unterwegs. Am Ende fehlt Alice aus dem Frauenteam. Sie ist die Informantin von Aaron Falk, einem ...

Zwei Teams einer Firma erkunden auf einer Wanderung den australischen Busch. Männer und Frauen sind getrennt unterwegs. Am Ende fehlt Alice aus dem Frauenteam. Sie ist die Informantin von Aaron Falk, einem Ermittler, dem sie undercover dabei helfen soll, kriminelle Machenschaften in der Firma aufzudecken. Wird es Alice gelingen, lebend aus dem Urwald herauszufinden? 

Das Buch ist sehr spannend aufgebaut. Vor allem der ständige Perspektivenwechsel aus der Sicht der fünf Frauen und des Ermittlers Falk, schafft einen hohen Spannungsbogen und gibt dem Leser zugleich wichtige Informationen an die Hand, da man die Geschichte aus unterschiedlichen Standpunkten serviert bekommt. Der Schreibstil ist äußerst fesselnd und man mag den Roman gar nicht mehr weglegen. Die latenten Gefahren im Busch haben mir so manchen Schauer über den Rücken gejagt. Ein durch und durch spannender Thriller, der für so manchen Nervenkitzel sorgt.

Veröffentlicht am 29.07.2018

Ein ruhiges Buch

Helle Tage, helle Nächte
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Frühling auf der schwäbischen Alb. Für Anna wird es wohl der letzte sein, den sie erlebt. Denn die Diagnose lautet: Lungenkrebs im Endstadium. Sie möchte mit den Lügen in ihrem Leben abschließen und bittet ...

Frühling auf der schwäbischen Alb. Für Anna wird es wohl der letzte sein, den sie erlebt. Denn die Diagnose lautet: Lungenkrebs im Endstadium. Sie möchte mit den Lügen in ihrem Leben abschließen und bittet ihre Nichte Frederike einen Brief nach Lappland zu bringen. Dort gibt es einen gewissen Petter, der eine große Rolle in ihrem Leben gespielt hat und auch für Frederike nicht unwichtig ist. 

Man hat das Gefühl, dass Hiltrud Baier weiß, wovon sie schreibt. Präzise und genau wird uns Lesern die Landschaft der schwäischen Alb beschrieben. Aber auch die herrliche Natur Lapplands wird so authentisch dargestellt, dass man sich sofort dort heimisch fühlt. 

Die Geschichte wird in zwei Strängen erzählt, einmal von Anna und einmal von Frederike. Es geht um Schuld, die aufgearbeitet werden will und um Wahrheit, die über Jahrzehnte hinweg verschwiegen wurde. Auch wenn man als erfahrener Leser ziemlich schnell sieht, wohin die Geschichte führt, möchte man doch gerne weiterlesen, denn das Buch lebt vor allem durch seine poetische Sprache. Es ist ein sehr ruhiges, gefühlvolles Buch, das viel zum Nachdenken anregt. Die Stille Lapplands spürt man zwischen den Zeilen ganz genau, sie sorgt dafür, dass man innehält und Ruhe findet.