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Veröffentlicht am 12.06.2023

Anschauliche Darstellung einer beeindruckenden Unternehmerin

Fräulein Steiff
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Die Plüschtiere mit dem Knopf im Ohr kennt jeder, aber die Erfinderin dahinter? Deswegen war ich sehr gespannt auf diese Romanbiographie, die von Margaretes Kindheit bis hin zur großen Unternehmerin erzählt. ...

Die Plüschtiere mit dem Knopf im Ohr kennt jeder, aber die Erfinderin dahinter? Deswegen war ich sehr gespannt auf diese Romanbiographie, die von Margaretes Kindheit bis hin zur großen Unternehmerin erzählt. Im Prolog begegnen die Leser/innen der erwachsenen Margarete, die liebevoll einen Teddybären eines Mädchens flickt. Daraufhin verfolgen wir in zwei Zeitsträngen Margarete Steiff als Kind und als junge Unternehmerin. Als ich das Inhaltsverzeichnis gesehen habe, war ich erschrocken über das Hin- und Hergespringe in der Zeit, aber beim Lesen habe ich mich daran gewöhnt und es hat gar nicht gestört. Eine lineare Erzählung hätte ich trotzdem schöner gefunden und es hätte das Geschehen an manchen Stellen vielleicht noch spannender gemacht. Zu Beginn befindet sich ein Personenverzeichnis mit den realen und erfundenen Charakteren von Margarets Geschichte, das ich ab und zu hinzugezogen habe.

>>Nur ist es wohl so: Sobald ein Kind das Tier in die Hand nimmt, wird es lebendig<<, S. 38

Diese Geschichte hat mich sehr imponiert. Ich wusste vorher gar nichts über die erfolgreiche Unternehmerin, bin nun aber tief beeindruckt von ihr. Seit einer Krankheit in ihrer Kindheit ist Margarete gelähmt und kann nicht mehr selbst laufen. Dadurch wird sie manchmal ausgegrenzt und spürt stets, wie sehr sie ihrer Mutter zur Last fällt, doch das Mädchen lässt sich einfach nicht unterkriegen. Margarete ist trotz dessen sehr stark und vielleicht auch genau deshalb sehr eigenwillig, fantasievoll und eigenständig. Als junge Frau näht sie zunächst gemeinsam mit ihren Geschwistern für die Leute in Giengen. Als ihre Schwestern heiraten, führt Margarete alleine ihre Näherei weiter und baut diese zu einem Versandhandel mit Filzprodukten aus. Schon jetzt beschäftigt sie einige Näherinnen, doch wirklich groß wird ihre Firma erst mit dem „Elefäntle“, der eigentlich als Nadelkissen ein Geschenk werden sollte, doch dann ihre Neffen als Spielzeug begeistert hat und schlussendlich die ganze Welt. Eine sehr beeindruckende Erfolgsgeschichte einer Frau, die mithilfe ihrer Familie ihre Ideen und Träume umsetzen konnte.

So lebhaft und liebevoll ich Margarete in diesem Buch kennengelernt habe, so ist auch der Schreibstil der Autorin. Sie vermittelt die Geschichte sehr anschaulich und lebendig, sodass ich das junge Mädchen und die spätere eigenständige Unternehmerin direkt ins Herz geschlossen habe. Die Situationen und Szenen sind leicht vor meinem inneren Auge greifbar geworden. Dazu kann ich auch die Firmenchronik und vor allem die enthaltenen Fotos auf der Steiff-Website sehr empfehlen. Auch ein paar schwäbische Ausdrücke, die die Autorin genutzt hat, machen die Handlung erst komplett.



Fazit:
"Fräulein Steiff" ist eine wunderbare, lebendige Romanbiographie über ebendiese Frau, die trotz einiger Widerstände und mithilfe ihrer Durchsetzungskraft und Familie ein erfolgreiches Unternehmen gegründet hat. Die Autorin hat das Leben von Margarete Steiff sehr anschaulich und lebhaft dargestellt, wodurch ich tief beeindruckt von der Pionierin der Plüschtiere bin.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.05.2023

Geschickt gezeichnete Frauenportraits

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie
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Geschickt beginnt die Autorin die Geschichte mit Georg Spielmann, dem Vater der Protagonistin, in der Nacht, als sie geboren wurde. Später wird darauf auch Bezug genommen und man begleitet die Familie ...

Geschickt beginnt die Autorin die Geschichte mit Georg Spielmann, dem Vater der Protagonistin, in der Nacht, als sie geboren wurde. Später wird darauf auch Bezug genommen und man begleitet die Familie Spielmann dadurch von Anfang an. Elise ist nun 21 Jahre alt und soll im nächsten Jahr heiraten. Doch ihre Leidenschaft zur Musik und der distanzierte Gesichtsausdruck ihres Verlobten lassen sie bangen, wie ihr Leben als verheiratete Frau aussehen wird und ob sie noch viel Möglichkeiten haben wird Geige zu spielen. Unerwartet trifft sie auf Christian, den Malergehilfen der Semperoper, der ungeahnte Gefühle in ihr entfacht. Großer Fokus ist auch die Oper in Dresden, wie dessen Maler Christian, seine Schwester die Requisiteurin, die Ballerina Magdalene und die Kostümschneiderin Bertha.

Anne Stern hat einen fesselnden und mitreißenden Schreibstil, sodass die Charaktere alle auffallend lebendig vor dem inneren Auge erscheinen. Die Protagonistin scheint Elise zu sein, doch die Geschichte dreht sich um so viel mehr Frauen, die die Autorin zu Wort kommen lässt. Sogar oft vorkommende, aber eher am Rande spielende Charaktere bekommen ihr eigenes Kapitel. Ich finde es toll, so vielen Charakteren zu folgen und in jeden Kopf und vor allem Herz derer blicken zu können. Damit hat Anne Stern ein umfassendes Bild der Figuren und der Geschichte insgesamt geschaffen, wodurch ich tief in die fesselnde Geschichte eintauchen konnte.

Durch die gesamte Geschichte zieht sich Elises Unsicherheit, ob ihre Liebe zu Christian eine Zukunft haben könnte. Die beiden haben sich nur kurz gesehen, woraufhin sie bald starke Gefühle verbinden. Heimlich hält sie Kontakt zu Christian, doch versprochen ist sie einem Freund ihres Vaters. Die Liebe zu Christian birgt nicht nur eine unmögliche Zukunft, sondern beschattet auch ihre Gegenwart. Denn in keinem bisherigen historischen Roman kommt wie hier zur Geltung, wie sehr Frauen nur das eine besaßen: Ihre Ehre, die auf keinen Fall beschmutzt werden darf. Anne Stern zeigt durch Elise deutlich, wie wenig Frauen damals Wünsche und Leidenschaften haben, geschweige denn ausleben, durften und nur ihre bestehende Schicklichkeit zählt.



Fazit:
„Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ ist eine rundum gelungene Geschichte über Elise, die leidenschaftlich Geige spielt und einer ungewissen Zukunft entgegenblickt, und vielen anderen stark gezeichneten Charakteren. Die Autorin hat viele Buchfiguren zu Wort kommen lassen und somit ein umfassendes Bild der fesselnden Geschichte geschaffen.

Veröffentlicht am 22.05.2023

Parallelwelt Nacht besonders lebendig beschrieben

Lebendige Nacht
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Man begegnet vielen Tieren am Tag, doch über 60 Prozent sind dämmerungs- und nachtaktiv (S. 24). Während wir Menschen uns nachts in unsere Häuser zurückziehen, spielt sich draußen eine interessante Parallelwelt ...

Man begegnet vielen Tieren am Tag, doch über 60 Prozent sind dämmerungs- und nachtaktiv (S. 24). Während wir Menschen uns nachts in unsere Häuser zurückziehen, spielt sich draußen eine interessante Parallelwelt ab, in der es allerlei unterschiedliche und faszinierende Tiere gibt. Die Biologin Sophia Kimmig berichtet davon sehr lebendig und anschaulich in diesem Buch. Im Prolog beschreibt sie einen Ort zur Tages- und Nachtzeit, was direkt auf das verborgene Leben im Dunkeln hinweist und zugleich lebendig in das Sachbuch startet. Zunächst werden bedeutende Dinge der Nacht thematisiert, z. B. wie dunkel sie im Gegensatz zum Tag ist und welche Sinneswahrnehmungen bei den nächtlichen Lebewesen eine Rolle spielen. Danach wird auf bestimmte Tierarten, nämlich Bilche, Eulen, Fledermäuse, Waschbären und Nachtfalter, eingegangen und sogar hinterfragt, warum bestimmte Tiere nur in der Dämmerung oder Nacht unterwegs sind.

„Die Nacht ist nicht nur eine Zeit, sondern ein Lebensraum, eine Nische im großen komplexen Haus des Lebens.“ - S. 73

Am meisten begeistert hat mich der Schreibstil der Biologin und ich würde nun auch sehr gerne einen Roman von ihr lesen. Trotz der vielen Fakten und der seitenlangen Quellenangabe (interessant für eigene Recherchen!) am Schluss ist das Buch überhaupt nicht trocken wie eine Uniarbeit geschrieben. Sophia bezieht immer wieder Begebenheiten aus ihren eigenen Feldforschungen und Erlebnisse mit nächtlichen Wildtieren ein, sodass man selbst auch als Protagonist/in in der Nacht steht und die faszinierenden Tiere beobachtet. Außerdem hat die Autorin einen sehr lockeren, anschaulichen und beschreibenden Erzählstil, wodurch die Fakten und bezeichneten Details äußert lebendig vermittelt werden und man, wie die Autorin selbst, begeistert von dem besonderen Aussehen und Verhalten der nächtlichen Bewohner wird. Sie vermenschlicht unter anderem bestimmte Details, sodass man z. B. das Fortpflanzungsverhalten beschriebener Tiere mit unserem Dating vergleicht, was die Details noch besonderer, faszinierender oder lustiger macht.


Fazit:
Als Naturliebhaberin habe ich „Lebendige Nacht“ sehr gerne gelesen und mehr über unsere nächtlichen Bewohner erfahren, die ich selten und oft nur von weitem beobachten kann. Die Autorin und Biologin schreibt begeistert, sehr lebendig und anschaulich über die Begebenheiten in der Dunkelheit, die Ursachen für Nachtaktivität und die Besonderheiten von bestimmten Tierarten.

Veröffentlicht am 15.04.2023

Ich bin geGEISTert!

Dead Romantics
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Florence ist Ghostwriterin für die berühmte Liebesromanautorin Ann Nichols (die mit unseren realen Autor/innen wie Nora Roberts und Nicholas Sparks mithalten kann) und schreibt eigentlich gerade an dem ...

Florence ist Ghostwriterin für die berühmte Liebesromanautorin Ann Nichols (die mit unseren realen Autor/innen wie Nora Roberts und Nicholas Sparks mithalten kann) und schreibt eigentlich gerade an dem neusten Buch. Aber ihr Ex hat sie tief verletzt, weshalb sie nicht mehr an die Liebe glaubt und das Happy End nicht schreiben kann. Doch ihr neuer Lektor Ben möchte das neue Manuskript pünktlich auf dem Tisch. Um das Geisterthema fortzusetzen, haben Florence und ihr Vater die Fähigkeit, Geister Verstorbener zu sehen. Nun stirbt Florence‘ Vater überraschend, weshalb sie in ihre alte Heimat fährt. Dort steht plötzlich ihr Lektor Ben vor der Tür – als Geist.

>>Ich fuhr mit der Hand über das Titelbild, über die verzierte Schrift und das Hochglanzpapier. Mir fiel wieder ein, wie sehr ich das Buch liebte. Jedes Wort war wie ein Herzschlag, jede Formulierung ein Liebeslied.<< S. 180

Ich war schon vom Klappentext begeistert, weil mir solche Geistergeschichten (wie die Serie ghost whisperer) einfach gefallen. Das Buch hat mich nicht enttäuscht und wurde nun mein erstes Highlight dieses Jahres! Besonders gefallen hat mir der Humor von Ashley Poston. Die Autorin schreibt locker und leicht, vor allem bei den witzigen Gesprächen von Florence und Ben. Schon ihr erstes Zusammentreffen ist ein lockerer Schlagabtausch und ich musste auch über Florence Geschenk an Ben lachen: Ein spontan gekaufter Kaktus (in der Sprache der Blumen heißt das: Ich mag dich nicht). Und obwohl die Geschichte mit dem Tod von Florence‘ Vater beginnt und nahezu mit seiner Beerdigung endet und Ben auch noch als Geist auftritt, womit er hadert, ist die Geschichte alles andere als düster oder traurig. Es gibt z. B. durch Florence Erinnerungen an ihren Vater viele liebevolle Momente und ich finde seine positive schräge Art, Lebenslust und seinen Witz als ehemaliger Bestatter einmalig und wirklich herzerwärmend. Eben der Humor der Autorin bringt eine tolle Mischung mit den wenigen tiefgründigen Momenten. Ebenso am Schreibstil gefallen mir die Anspielungen zum Schreiben und der Liebe zu Büchern. Florence ist zum Beispiel wie viele von uns eine Leseratte, die mehr Bücher kauft, als sie lesen kann. Immer wieder werden bekannte Klassiker und Neuerscheinungen genannt und einige Situationen mit dem Lesen, Schreiben und Lieben von Büchern veranschaulicht. Manchmal auch mit Vergleichen und Beschreibungen zu Geistern, was die Geschichte perfekt abrundet. Ich habe mir sehr, sehr viele Zitate markiert, weil ich so viele Sätze wunderschön finde.

>>Es fiel mir schwer, die richtigen Worte zu finden. Wie sollte ich bloß all diese Gefühle aufs Papier bringen? Es gab einfach keine Worte, die Dads Wesen in seiner Gänze hätten beschreiben können. Er war unübersetzbar.<< S. 208

Am Ende hatte ich einige Tränen in den Augen. Ich hätte echt nicht erwartet, dass dieser doch lockere und humorvolle Roman noch so viele berührende, traurige und fröhliche Momente bereithält, weswegen ich weinen musste. Auch die Message, die durch Florence‘ Vater vermittelt wird, ist herzbewegend. Die Geschichte endet insgesamt, wie ich es mir gewünscht hatte, hält mich vorher aber erstmal etwas länger hin und auch noch eine schöne Überraschung bereit.

Das Buch hat mich rundum beGEISTert ;), einziges Manko ist, dass Ben mehrmals als Adonis mit six packs beschrieben wird, was es einfach nicht gebraucht hat, weil Ben ein warmherziger und treuer Charakter ist, der eben mit diesem alleine schon punkten kann. Und dass Florence Aussehen manchmal so negativ geschildert wird, bedient einfach nur zusätzlich ein ausgelutschtes und altbackenes Klischee, was ich sehr schade finde.



Fazit:
„Dead Romantics“ ist eine wunderschöne, berührende, humorvolle, traurige, lebensbejahende, heitere und romantische Geschichte, die zu meinem ersten Jahreshighlight wurde. Das Buch hat mich rundum beGEISTert!

Veröffentlicht am 03.03.2023

Fesselnder und brillant ausgearbeiteter Krimi mit einem liebenswerten Protagonisten

Der Unbekannte
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Nathaniel ist endlich bereit sich seiner Vergangenheit zu stellen. Als er 11 Jahre alt war, soll sein Vater seine Familie angegriffen haben, bei der alle ums Leben kamen und Nathaniel durch eine Verletzung ...

Nathaniel ist endlich bereit sich seiner Vergangenheit zu stellen. Als er 11 Jahre alt war, soll sein Vater seine Familie angegriffen haben, bei der alle ums Leben kamen und Nathaniel durch eine Verletzung erblindet ist. Doch er hat keine Erinnerungen mehr daran und zweifelt immer mehr an der Tat seines Vaters. Deshalb fragt Nathaniel bei der Polizei nach Akteneinsicht – doch die ist merkwürdigerweise verschwunden. Die befreundete Reporterin Milla kann ihm zunächst nicht behilflich sein, hat sie momentan doch selbst Probleme und dazu noch ihre Mutter und deren toten Liebhaber.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, hauptsächlich durch Nathaniel und Milla. Aber es kommen einige Charaktere zu Wort, die beide Fälle bereichern. Geschickt hat die Autorin hier vielschichtige Fälle konstruiert, die erst langsam ihre Geheimnisse preisgeben. Ich mag Nathaniel und seine Blindenhündin Alisha von erstem Band der Reihe an und hab seine Recherche gerne mit verfolgt. Ich habe gebangt, ich war erleichtert und fasziniert.

Das Buch ist ein richtiger Pageturner, absolut spannend die beiden Fälle zu verfolgen und total fesselnd, die Auflösung am Ende zu lesen. Alle Details fallen schlussendlich wie ein Puzzle zusammen und bilden ein detailliertes Gesamtbild. Dabei hat die Autorin sogar tatsächliche Begebenheiten aus der Schweizer Vergangenheit eingeflochten, was ich sehr interessant finde. Vor allem der Epilog hat vielem noch einmal eine Wendung geben und mich total überrascht! Da ist Christine Brand neben den spannenden kriminalistischen Ermittlungen noch ein genialer Geniestreich geglückt.

Ich hab bisher nur den ersten Teil „Blind“ aus der Reihe gelesen, was mich überhaupt nicht gestört hat. Dank des tollen Schreibstils und der ausgearbeiteten Geschichte konnte mich die Autorin direkt wieder abholen. Nur private Dinge haben sich bei Nathaniel weiterentwickelt, was mir aber nicht das Gefühl gegeben hat etwas verpasst zu haben, sondern mich einfach gefreut hat.



Fazit:
Mit „Der Unbekannte“ hat die Autorin eine weitere tolle Geschichte rund um den Blinden Nathaniel, und hier insbesondere seine Familiengeschichte, geschaffen. Das Buch ist ein spannender und fesselnder Pageturner und ich habe es sehr genossen, die beiden Kriminalfälle mit den Protagonisten aufzudecken.