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Veröffentlicht am 23.10.2022

Faszinierende Idee eines tollen Autors, die aber nicht gänzlich ausgeschöpft wurde

Freiheitsgeld
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In dem Buch befinden wir uns im Jahr 2064, wo jedem/r Bürger/in in Deutschland das Freiheitsgeld als bedingungsloses Grundeinkommen ausgezahlt wird. Dies ist vor allem möglich, da nun unter anderem unbeliebte ...

In dem Buch befinden wir uns im Jahr 2064, wo jedem/r Bürger/in in Deutschland das Freiheitsgeld als bedingungsloses Grundeinkommen ausgezahlt wird. Dies ist vor allem möglich, da nun unter anderem unbeliebte und einfache Tätigkeiten von Robotern verrichtet werden. Außerdem wurde die Klimaerwärmung erfolgreich gestoppt und es gibt viele Dinge, die nun nachhaltiger gestaltet sind. Die Geschichte findet also in einer utopischen Version unserer Zukunft statt – möchte man meinen… Doch dann wird der Journalist und ehemaliger Widersacher des berühmtesten Politikers tot in seiner Wohnung aufgefunden und kurz darauf soll ebendieser Politiker, der „Vater des Freiheitsgeldes“, Selbstmord begangen haben. Ob und warum die beiden Todesfälle zusammenhängen könnten?

Der Einstieg ins Buch fällt leicht, weil wir direkt die wichtigsten Protagonisten kennenlernen: Die Geschichte wird aus der Sicht des Polizisten Ahmad, dem Ehepaar Valentin und Lina, die in der Gated Community „Oase“ leben, und einer Familie erzählt, die eine Verbindung zur Oase und der gewöhnlichen Bevölkerung außerhalb darstellen. Es ist in jedem Kapitel schnell klar, wer nun die Geschichte erzählt und schafft somit ein umfassenderes Bild des Geschehens. Nur leider gibt es keinen genauen Überblick über die Gesellschaft oder die Veränderungen durch das Freiheitsgeld. Ich hatte anfangs so viele Fragen, habe ich mich manchmal schlecht in der Welt zurechtgefunden, auch wenn das Leben der Protagonisten sehr klar beschrieben wird. Nach dem Beenden des Buches hat man ein Gefühl für diese mögliche Zukunft, aber das war mir zu spät. Außerdem fand ich manche Aspekte diesbezüglich zu einseitig und bezweifle, dass sie realistisch sind, in der doch sehr denkbaren nahen Zukunft unserer Welt.

Die Ideen Eschbachs sind wirklich gut und die dargestellte Welt oftmals faszinierend. Viele Details sind ein logischer Fortschritt unserer Gegenwart und sehr interessant, z. B. die automatische Fertigung von Büchern und Kleidung on demand. Es sind oft kleine und praktische Konzepte, die unsere heutigen Probleme um ein leichtes lösen und durch die unterschiedlichen Altersgruppen der Protagonisten sehr anschaulich verdeutlicht werden. Trotzdem ist das Rollenbild des Mannes sehr altbacken und als Beschützer der Frau ausgelegt und die Beziehungen sind auch ziemlich sexintensiv, wobei letzteres bestimmte Aspekte dieses Zukunftsszenarios verdeutlichen, aber das hätte ich mir trotzdem eleganter gelöst gewünscht. Und wenn wir schon bei den Protagonisten sind: Es gab keine Person, die ich besonders gern gehabt und mit ihr mitgefiebert habe. Im Gegenteil, denn einige Charaktere wurden mir im weiteren Verlauf der Geschichte immer unsympathischer.

Die Geschichte an sich ist schon spannend, aber manche meiner Fragen wurden sehr unaufgeregt, fast nebenbei beantwortet oder konnte man sich oft schon im Voraus denken, während die Protagonisten es erst langwierig herausfinden oder gar davon überrascht sind. Wirklich spannend, wendungsreich und schockierend ist dann das Ende. Ich habe auch den Eindruck, dass es detailreicher und logischer beschrieben wurde… wäre doch nur das ganze Buch so gewesen! Der Schluss hat mich teilweise überrascht, insbesondere schockiert und es macht ihn erst so gut, dass er sehr denkbar und realistisch ist. Ich empfand den Ausgang der Geschichte auch als traurig und entsetzlich, was ihn umso passender und realistischer macht.


Fazit:
„Freiheitsgeld“ ist eine recht interessante und spannende Geschichte mit tollen Ideen, wobei es etwas dauert, bis man einen guten Überblick über die veränderte Gesellschaft durch das bedingungslose Grundeinkommen erhalten hat. Für Fans von Andreas Eschbach wird das Buch wahrscheinlich eine Enttäuschung sein, für diejenigen, die es noch werden wollen, sei gesagt, der Autor hat noch bessere Bücher geschrieben.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Thema
  • Cover
Veröffentlicht am 21.08.2022

Das Setting konnte mehr begeistern als die Liebesgeschichte

Liebe funkelt apfelgrün
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Mila hat sich in Theo verliebt, doch der ist bereits verlobt (was sie übrigens entgegen der Behauptung auf dem Klappentext von Anfang an weiß). Nun braucht Mila einen Tapetenwechsel und reist nach Schottland, ...

Mila hat sich in Theo verliebt, doch der ist bereits verlobt (was sie übrigens entgegen der Behauptung auf dem Klappentext von Anfang an weiß). Nun braucht Mila einen Tapetenwechsel und reist nach Schottland, um dort auf ein Haus aufzupassen. Angekommen in dem kleinen Örtchen Applemore genießt sie mehr oder weniger die schottische Landschaft und findet demnächst Freunde. Vor allem Milas selbstgebackene Brote machen bald die Runde, die die Dorfbewohner/innen in Erinnerung der alten Zeiten mit der jungen Deutschen gegen allerlei eintauschen. Vom Freibier im Pub bis zu Basketballstunden ist alles dabei. Dann kehrt Finley in seine schottische Heimat zurück und Mila ist direkt hin und weg. Doch ist sie wirklich über Theo und ihren Liebeskummer hinweg?

Der Schreibstil ist gut und die Geschichte lässt sich leicht lesen, auch wenn ich zu Beginn über manche seltsame Formulierungen gestolpert bin. Enttäuscht bin ich jedoch vom Marketing, da „Liebe funkelt apfelgrün“ mit seinem Titel und der Covergestaltung doch mehr verspricht als einen Ort, der die Äpfel nur im Namen trägt, da es einer der Gründe für mich war zu diesem Buch zu greifen. Doch das Setting in Applemore konnte trotz allem überzeugen. Ich hab Mila gerne bei Ausflügen oder auch Abende im Pub begleitet. Ihre deutschen Freunde des Liebesclubs sind genauso lebenslustig und angenehm wie die neuen schottischen Freunde, mit denen sie viel Zeit verbringt. Außerdem halten die Bewohner/innen von Applemore noch das ein oder andere Geheimnis oder sogar herzige Liebesgeschichten bereit. Desweiteren finde ich die Idee der Tauschgeschäfte wirklich toll. Mila erhält nicht nur selbstgemachte Marmelade oder andere Gegenstände für den täglichen Gebrauch, sondern wagt Neues und lässt sich zB die Haare neu frisieren oder probiert sogar Basketball aus. Auch wenn nur einige wichtige Charaktere aus Applemore häufiger vorkommen, erhält man durch das Tauschen einen sehr tiefen Einblick in die Dorfgemeinschaft.

Mila ist ein sehr aufgeweckter und romantischer Charakter. Sie ist mir grundsätzlich sympathisch, aber in manchen Situationen hat sie mich aufgeregt, weil sie sehr theatralisch war. Zum einen war sie beleidigt, dass die Katzen des Hauses und die Dorfbewohner/innen sie nicht von Tag 1 an lieben - Freundschaften brauchen einfach Zeit. Und zum einen hat sie eine lebhafte Phantasie, wodurch sie oft Angst vor Einbrecher oder Mördern hatte, wobei es oft so offensichtlich ist, dass dies definitiv nicht geschieht (und nein, eine Angststörung wurde in diesem Buch nicht thematisiert). Zum Schluss konnte Mila mich noch überraschen, da sie so sehr gewachsen und stark geworden ist, was mir sehr gut gefallen hat. Ihr liebevoller Vater ist mein Lieblingscharakter!

Die Liebesgeschichte konnte mich mal mehr, mal weniger begeistern, weil Mila zum einen sehr romantisch ist und darum auch mal übereilt gefühlt oder gehandelt hat, andererseits mich die Beziehung zu dem letztendlich Auserwählten irgendwann einfach gepackt und die Chemie zwischen den beiden überzeugt hat. Theo war mir manchmal zu sehr von sich überzeugt, Finley hingegen sehr frech und forsch, doch letztendlich hätte ich mich wohl auch wie Mia entschieden. Durch etwas hin und her verläuft die Liebesbeziehung für meinen Geschmack etwas zu dramatisch am Ende, dafür lassen sich andere Aspekte des Buches fast schon zu leicht lösen.


Fazit:
„Liebe funkelt apfelgrün“ beinhaltet enttäuschenderweise keine Äpfel, dafür aber eine großartige Dorfgemeinschaft, tolle Tauschgeschäfte und eine turbulente Liebesgeschichte mit zwei unterschiedlichen Männern, die zumindest für Mila ein Happy End bereithält. Ein süßes Buch für Zwischendurch, das vor allem durch sein Setting der kleinen schottischen Ortschaft punktet.

Veröffentlicht am 30.06.2022

Hatte mehr Spannung & emotionale Nähe erwartet

A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia
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In Ziran finden jede 50 Jahre die Spiele von Solstasia statt und nun ist es wieder soweit. Von überall her kommen die Menschen, um das Fest zu feiern und die Aufgaben der Champions zu verfolgen. Karinas ...

In Ziran finden jede 50 Jahre die Spiele von Solstasia statt und nun ist es wieder soweit. Von überall her kommen die Menschen, um das Fest zu feiern und die Aufgaben der Champions zu verfolgen. Karinas Mutter ist die Sultanin des Landes, doch kurz vor den Festlichkeiten fällt sie einem Attentat zum Opfer. Karina möchte ihr Erbe nicht antreten und findet ihre Mutter sowieso als die bessere Sultanin. Also beschließt sie ein altes Ritual durchzuführen, das ihre Mutter von den Toten zurückholen wird. Doch dafür braucht sie das Herz eines Königs: Sie wird den Gewinner der Spiele von Solstasia heiraten. Gleichzeitig kommt Malik mit seinen beiden Schwestern in Ziran an. Doch kurz darauf wird seine kleine Schwester von einem Geist entführt. Um sie zu befreien, muss er Karina töten.

Ich habe von dem Buch eine ausgefeilte Fantasygeschichte à la „Tribute von Panem“ meets afrikanisches Flair erwartet. Doch die Spiele rücken vor dem Geschehen in den Hintergrund und es geht vielmehr um das persönliche Schicksal der Protagonisten Karina und Malik. Die Thematik rund um Magie ist sehr spannend und hat mich fasziniert. Zu manchen Begriffen und Begebenheiten hätte ich mir zur besseren Übersicht ein Glossar gewünscht. Es wird auch über die Vergangenheit der beiden berichtet, über die Herrscherfamilie und wie Malik aufgewachsen ist, wodurch man sie gut kennenlernen kann. Jedoch hat mir insgesamt die emotionale Bindung zu den beiden gefehlt. Karinas anfängliche Auflehnung gegen alles und die Sehnsucht nach ihrer Mutter konnte ich verstehen, jedoch habe ich am Ende ihre Gefühle in zwei wichtigen Punkten nicht mehr nachvollziehen können. Hier hat es mir gefehlt, dass die Autorin die Situationen nicht näher beschrieben und somit Karinas Entwicklung dargelegt hätte. Mit dem familienfreundlichen und herzlichen Malik erging es mir am Ende ebenso. Auch wenn es sich hier um einen Fantasyroman handelt, sollten meiner Meinung nach die Gefühle (insbesondere Liebe) der Buchfiguren nachvollziehbar geschildert werden. Der Schluss des Buches konnte mich aber mit seinen Wendungen und überraschenden Geschehnissen überzeugen. So viel Action hätte ich nach der fast schon gemächlichen Geschichte nicht mehr erwartet.



Fazit:
„A Song of Wraith and Ruin“ beinhaltet tolle Ideen rund um die Stadt Ziran und Magie. Zunächst langsam entwickelt sich das Geschehen um die beiden Protagonisten, doch das Ende hat es in sich und mich in vielerlei Hinsicht überrascht. Gefehlt hat mir definitiv eine nähere Beschreibung von Gefühlen und Entwicklungen der Protagonisten, was mich leider immer mehr die emotionale Bindung zu ihnen gekostet hat. Dennoch gibt es noch so viel zu entdecken und einige aufgeworfene Fragen am Ende, sodass ich mich auf den zweiten Band freue.

Veröffentlicht am 21.05.2022

Interessante Geschichte, die mich jedoch nicht gänzlich mitreißen konnte

Das Land, von dem wir träumen
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In diesem Buch wird eine sehr interessante Thematik behandelt, von der ich so noch nicht gelesen habe: Nach dem ersten Weltkrieg wird das österreichische Südtirol Italien zugesprochen und die Bewohner/innen ...

In diesem Buch wird eine sehr interessante Thematik behandelt, von der ich so noch nicht gelesen habe: Nach dem ersten Weltkrieg wird das österreichische Südtirol Italien zugesprochen und die Bewohner/innen müssen sich an die neue Regierung gewöhnen. Da die Protagonistin Franziska kein Italienisch spricht, darf sie nach ihrer abgeschlossenen Ausbildung zur Lehrerin nicht unterrichten. Ihr Vater ändert seinen Nachnamen um sich mit der italienischen Regierung gut zu stellen, doch die anderen Dorfbewohner sehen das nicht gern. Ein Zwiespalt, zwischen den eigenen Wurzeln und Traditionen und der Anpassung an die neue Regierung.

Franziska ist empört, dass sie ihren Traumberuf nicht ausüben darf und möchte ihre deutschsprachigen Wurzeln nicht verlieren, weshalb sie sich entschließt eine geheime Schule zu gründen, in denen sie Kindern aus der Umgebung unter anderem Deutsch beibringt. Diese Katakombenschule wird anfangs nur kurz behandelt und im späteren Verlauf der Geschichte erwähnt, aber da die Schüler/innen und die Ausstattung des Raumes schnell gefunden wurden, wird nicht näher darauf eingegangen. Ich habe mich mit der Zeit gefragt, um was es in der Geschichte nun genau gehen soll, weil die Handlung nach der Gründung der Katakombenschule bald auf der Stelle trat. Im weiteren Verlauf hat sich herauskristallisiert, dass „Das Land von dem wir träumen“ hauptsächlich um die Familie Bruggmoser und die Fortführung ihres Hofes, sowie die Veränderungen in der italienischen Regierung handelt. Da zwei Söhne (darunter der Erbe) im Krieg gefallen sind, sich die anderen beiden Brüder vor den Kriegserinnerungen in Alkohol oder anderweitig flüchten und Franziska ja „nur“ eine Frau ist, wird die Zukunft des Hofes immer ungewisser. Vor allem auch, weil Franziskas Vater keinen Ärger mit der neuen Regierung möchte, die anderen Bauern sich deshalb aber immer mehr von ihm abwenden.

Einerseits sind die Themen und die Handlung in diesem Buch interessant und zum Ende hin war der Verlauf immer ungewiss, sodass die Geschichte schon spannend wurde. Andererseits konnte mich das Buch aber nicht wirklich mitreißen. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass das Geschehen zunächst etwas wenig zielgerichtet erschien oder ich die Protagonisten zwar sympathisch finde, aber nie wirklich Zugang zu ihrer Gefühlswelt erhalten und somit mit ihnen gebangt und gefiebert hätte. Irgendwas hat mir gefehlt, dass das Buch für mich besonders gemacht hätte. Trotzdem bin ich nicht abgeneigt den zweiten Teil zu lesen um zu erfahren, wie es mit Franziska, dem Bruggmoser-Hof und ihrer besten Freundin in Meran weitergeht.


Fazit:
„Das Land, von dem wir träumen“ ist eine interessante Geschichte über eine Familie in Südtirol, die plötzlich mit der neuen italienischen Regierung zurechtkommen muss, während sie an ihren alten Werten und Traditionen festhalten will. Dieses Buch behandelt auch insbesondere die Mitglieder der Familie Bruggmoser und die ungewisse Zukunft des Hofes. Obwohl einige Aspekte im Buch interessant waren und es zum Ende hin immer spannender wurde, hat es mich leider nie sonderlich mitgerissen. Mir haben der Lesesog und die emotionale Nähe gefehlt. Trotzdem bin ich gespannt auf den zweiten Band und hoffe, dass mich das Schicksal der Charaktere dann mehr berühren wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.03.2022

Faszinierende Idee, aber fehlende Erklärungen

Athos 2643
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Im Jahr 2643 leben die Menschen mittlerweile im All, wo KIs für ihr Wohl sorgen. Auch im Kloster auf dem Jupitermond Athos befindet sich eine KI, die die Anlage steuert, damit die Bewohner dort überleben ...

Im Jahr 2643 leben die Menschen mittlerweile im All, wo KIs für ihr Wohl sorgen. Auch im Kloster auf dem Jupitermond Athos befindet sich eine KI, die die Anlage steuert, damit die Bewohner dort überleben können. Doch nachdem ein Mensch gestorben ist, wird Rüd auf Athos geschickt um den Todesfall zu prüfen und die KI des Mondes auf eine andere Einstellung zu ändern, da sie den Tod nicht verhindert hat. Dabei hat Rüd seine eigene KI, Zack, die ihm bei technischen Belangen, Wissen und sogar zur sexuellen Befriedigung dient. Bei seiner Arbeit scheint nicht nur die KI Athos‘ den wahren Grund des Todesfalls zu verheimlichen, auch die Mönche erscheinen zuweilen suspekt. Doch als noch ein Mönch stirbt, ist Eile angesagt und Rüd braucht Zack leistungsstärker, als sie bisher war.

Bis ich in die Geschichte gefunden hatte, hab ich etwas länger gebraucht. Wegen der komplexen Beschreibungen und einigen Details im Weltenaufbau hatte ich anfangs gar keine Lust mehr zu diesem Buch zu greifen. Hat man aber erstmal viele Seiten in dem Buch verbracht, wird es zunehmend spannender. Der Autor verwendet viele physikalische und philosophische Begriffe, die ich nicht kenne und einige neue spezifisch für diese Welt. Am Ende des Buches befindet sich zwar ein Glossar mit wichtigen Wörtern und Geschehnissen in dieser Welt, aber meinem Empfinden nach hätte man sie ruhig mehr ausbauen können. Im Mittelteil geschieht etwas, dem ich zwar folgen konnte, aber nicht nachvollziehen. Ich bin froh, dass ich das Buch in einer Leserunde gelesen habe, wo alle Leser/innen zusammen dem Geschehen auf den Grund gehen bzw. auch den Autor selbst fragen konnten. Dass ich mir die Geschehnisse am Ende weitestgehend selbst erklären konnte, hat mich schon etwas stolz gemacht, trotzdem wäre das Buch für mich ohne Leserunde ein viel minderes Lesevergnügen gewesen. Ein Buch muss sich selbst erklären können, was hier leider nicht immer der Fall war.

Eine Besonderheit des Buches ist, dass die gesamte Geschichte aus Sicht der KI Zack erzählt wurde. Dadurch ist der Schreibstil vielleicht emotionsloser, aber da Zack selbst auch Mimik und Gestik beherrscht und diese von Rüd auch beschreibt, ist dies ein faszinierendes Detail der Geschichte. Die sprachliche Entwicklung zum Ende hin hat mich leider mehr gestört.

>> Gegenwart […] ist eine Grenze, zur Unendlichkeit hin dünn, eine Grenze, die nur existiert, weil es einen physikalischen Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft gibt. Sie ist etwas, das es zugleich gibt und zugleich nicht gibt, wie ein Horizont, der fortweicht, wenn man sich ihm nähert.<<, S. 165

Im letzten Drittel (Teil 2 der Geschichte) wurde ich zunehmend faszinierter von der Geschichte. Als sich einige Puzzleteile zusammengesetzt haben, es überraschende Wendungen gab und die Geschichte stets spannend ist, habe ich langsam die einfallsreiche Idee dahinter erkannt. Von Anfang an hat mich die KI MARFA als lebenserhaltendes System fasziniert, vor allem die Gespräche mit Rüd. Auch die Fleischproduktion für den Verzehr oder das Überwinden der fehlenden Gravitation sind tolle Ideen des Autors. Außerdem wurde hier natürlich auch auf den Unterschied einer KI zu Menschen thematisiert. Wobei ich finde, dass nicht nur auf die ethische Frage eingegangen wird, ab wann eine KI als menschlich angesehen werden kann, sondern dass Zack hier wegen ihres Hologramms und erlernten Kommunikation von den Mönchen z. B. als Wesen mit Seele angesehen wurde und ich oft auch vergessen habe, dass sie quasi nur eine Maschine ist. Ich habe mich beim Lesen häufiger darüber aufgeregt, wie Zack sexuell belästigt wurde, aber sie verspürt diesbezüglich nunmal keine Gefühle. Ich habe ihr auch öfter Charaktereigenschaften zugesprochen, als sie Schlussfolgerungen trifft, die zu Rüds Wohl beitragen.


Fazit:
Dieses Buch könnte richtig toll sein! Ein faszinierender Weltenaufbau mit KIs als wichtige Rolle, geniale Ideen und ein spannender Plot; doch leider muss eine Geschichte ihre Geschehnisse selbst erklären können, was hier bei wichtigen Situationen nicht immer der Fall war. Ein wenig mehr Erklärungen und ein längeres Glossar hätten dieses Buch für mich besser verständlich und damit grandios gemacht.