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Veröffentlicht am 20.03.2021

Born to be alive!

Wohin die Reise geht
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Es geht los mit Jakob, der bereits so einiges mitgemacht hat in seinem Leben - er ist durch den Verlust seines Kaffeegeschäfts, seines Vermögens und nicht zuletzt seiner Frau durch schwere Zeiten gegangen. ...

Es geht los mit Jakob, der bereits so einiges mitgemacht hat in seinem Leben - er ist durch den Verlust seines Kaffeegeschäfts, seines Vermögens und nicht zuletzt seiner Frau durch schwere Zeiten gegangen. Doch Jakob ist ein Typ, der sich die schönen Seiten des Lebens erhalten hat, er ist ein großer Fan klassischer Literatur, singt im Männerchor und hat einen Freund. Den deutlich jüngeren Polizisten Matthias nämlich, einen Chorbruder, mit dem er jede Woche nach der Probe einen heben geht - mit Stil natürlich.

So gern er ihn auch mag, mit auf die Reise, die sich ihm plötzlich auftut, will er ihn doch nicht nehmen. Jakobs Sohn bittet seinen Vater nämlich darum, für ihn eine Million Schwarzgeld in die Schweiz zu schmuggeln. Dafür ist Jakob überhaupt kein Typ, aber seinem Sohn mag er auch nichts abschlagen. Ebensowenig Matthias, der sich - und seinen Schäferhund Eddie - als Reisebegleitung anbietet. Oder vielmehr aufdrängt.

Und so finden sich in Kürze Jakob, Matthias und Eddie auf dem Weg in die Schweiz - und zwar in Matthias' Wohnmobil, einem bereits geschichtsträchtigen Fahrzeug.

Während einer Pause, in der Matthias sich um Eddie kümmert, lernt Jakob bei der für ihn unvermeidlichen Tasse Kaffee Tilda kennen, eine durchaus glamuröse, aber reichlich verwirrte Dame etwa in seinem Alter, die ihm auf Anhieb sympathisch ist. Und dabei bleibt es nicht, denn Alex - ein junges Mädchen, das seit einigen Monaten auf der Straße lebt und sie für ein Ehepaar hält, gesellt sich dazu.

Es kommt, wie es kommen muss: Jakob präsentiert Matthias zwei neue Reisegenossinnen, auf die dieser gut verzichten könnte. Da das jedoch unmöglich ist, geht die Reise zu viert weiter und bald schon wird sie zu einem Roadtrip, den als abenteuerlich zu bezeichnen die Untertreibung des Jahres wäre.

Die vier Reisegenossen haben so einiges zu verbergen voreinander und es zeigen sich auch diverse Einwirkungen von Außen. Und obwohl jeder von ihnen so sein Päckchen zu tragen hat, zeigt sich am Ende der Reise, dass das Motto "Born to be alive" auf sie alle zutrifft. Zumindest jetzt, also nach der Reise und in dieser Vierer-Konstellation!

Marlies Ferber hat mit "Wohin die Reise geht" einmal mehr einen ebenso warmherzigen wie unterhaltsamen Roman nicht ohne Tiefe vorgelegt. Ich habe außer ihrem ersten "0070"-Band alles von ihr gelesen und bin ein Riesenfan! Und ich bin sicher, dass noch etliche dazu kommen, wenn sie erst die Bekanntschaft mit dieser Autorin, der ein Hang zu schwarzem Humor sicher zuzusprechen ist, gemacht haben. Und warum nicht gleich mit diesem Roman?

Veröffentlicht am 14.03.2021

Ein Name für jede Pflanze

Was blüht denn da - Fotoband
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Ich liebe Lexika und ich liebe Natur, auch wenn ich mich nicht besonders gut auskenne. Wir hatten nie einen Garten und auch jetzt kaufe ich eher nach Aussehen oder Typ. Aber zu gerne erfahre ich mehr ...

Ich liebe Lexika und ich liebe Natur, auch wenn ich mich nicht besonders gut auskenne. Wir hatten nie einen Garten und auch jetzt kaufe ich eher nach Aussehen oder Typ. Aber zu gerne erfahre ich mehr über jede einzelne Pflanze und hier findet eine jede ihre Bestimmung. Da das der Fotoband ist, auch noch mit besonders prächtigen Abbildungen dazu!

Was ich witzig finde: die Blumen sind nach Farben sortiert, dabei gibt es doch etliche in ganz unterschiedlicher Couleur. Darunter werden sie genauer einsortiert und zwar nach Menge und Anordnung der Blütenblätter. Vorne gibt es einige allgemeine Erläuterungen zu Formen und Farben - ja, und dann kann der Blumenfreund eintauchen in die Farben- und Formenpracht.

Diese Kosmos-Führer sind einfach großartig, sie bringen auf kleinem Raum so viel nahe, sind reich bebildert - sowohl mit Zeichnungen als auch mit Fotos und beinhalten genau die richtige Menge an Definitionen. Es findet sich sowohl Bekanntes wie Waldmeister und Kornblume, aber man trifft auch auf spannende Gesellen wie die Vierblättrige Einbeere, den Augentrost und Gauchheil. Ja, es ist ein wahres Eldorado - wenn ich einmal anfange, lege ich das Büchlein so schnell nicht aus der Hand!

Veröffentlicht am 11.03.2021

Nach dem Krieg

Abels Auferstehung
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Wir befinden uns im Jahr 1920 und es herrscht ein Chaos. Nach dem Ersten Weltkrieg ist noch längst nicht jeder an seinen Ort der Bestimmung zurückgekehrt. Kommissar Paul Stainer aber schon. Im Privatleben ...

Wir befinden uns im Jahr 1920 und es herrscht ein Chaos. Nach dem Ersten Weltkrieg ist noch längst nicht jeder an seinen Ort der Bestimmung zurückgekehrt. Kommissar Paul Stainer aber schon. Im Privatleben ist ihm Schreckliches widerfahren, aber auch im Präsidium hat er es nicht gerade leicht. Er wird von etlichen Kollegen angefeindet und diese tun alles, um ihn vom Thron zu stürzen.

Es geht um den Tod eines jungen Soldaten, dem bald ein weiterer folgt. Haben diese beiden miteinander zu tun? Im Laufe der Ermittlungen bekommt Stainer es nicht nur mit dem Militär, sondern auch mit studentischen Verbindungen, ungewöhnlichen Frauen und sozial benachteiligten Kreisenzu tun.

Ich kenne Leipzig einigermaßen und dank der anschaulichen Art des Autors, die Stadt von vor hundert Jahren heraufzubeschwören, konnte ich knietief in die Vergangenheit eintauchen. Mindestens. Wenn nicht sogar bis zur Hüfte oder zum Hals!

Ein sehr atmosphärischer Krimi, dem einzig zum Ende hin ein wenig die Spannung ausgeht - auch ca. 100 Seiten vor dem Schluss ist dieser bereits einigermaßen vorhersehbar.

Doch hat mich das nur wenig gestört: Ich erlebe es leider zu selten, dass sich ein Mann der Frauenfiguren so liebevoll annimmt wie das hier der Fall ist.Gerade das weibliche Personal wird mit einer besonderen Warmherzigkeit dargestellt.

Aber alle Figuren, auch die männlichen, sind dem Autor Thomas Ziebula außerordentlich gut gelungen und ich bin begeistert. Die Handlung ist absolut rund, da muss auch in einem Krimi die Spannung nicht ganz bis zum Ende gehalten werden. Ich hätte ja sehr gerne gewusst, ob Kilian jetzt endgültig das Handwerk gelegt wurde, aber das erfährt man dann leider wohl erst im nächsten Band.

Was für ein Leseerlebnis! Wirklich toll und ein Muss für Liebhaber historischer Krimis!

Veröffentlicht am 08.03.2021

Aufstieg und Fall eines Familien-Imperiums

Wo wir Kinder waren
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Die Familie Langbein ist als Spielzeughersteller tätig - wie so viele Bewohner der Stadt Sonneberg im schönen Thüringen. Nachdem der Familienbetrieb immer erfolgreicher wird, wagt das Ehepaar ...

Die Familie Langbein ist als Spielzeughersteller tätig - wie so viele Bewohner der Stadt Sonneberg im schönen Thüringen. Nachdem der Familienbetrieb immer erfolgreicher wird, wagt das Ehepaar Alfred und Miene Langbein den Schritt zur Gründung einer eigenen Firma. Einer Firma, die sie vor dem Ersten Weltkrieg so richtig reich macht, dann jedoch, der Weltschichte geschuldet, wieder abstürzen lässt.

Es folgt die unruhige Zeit der Weimarer Republik, doch mit Unterstützung der Kinder gelingt es, die Firma zu halten, selbst im Nachkriegdeutschland, also in der DDR, sind Sohn Otto und dessen Frau Flora zunächst die Chefs.

Erzählt wird auf zwei Ebenen - aus der Perspektive von Eva, der Urenkelin der Firmengründer erfolgt die Schilderung der Gegenwart, in der sie sich zusammen mit Cousin und Cousine des Familienerbes annimmt.

Der Leser erkennt, dass diese kleine persönliche Welt alles für die Familie. Es ist ihr ureigenes kleines Imperium, mit dem sie aufsteigen und sinken, sich aber nicht unterkriegen lassen!

Ja, die Autorin Kati Naumann hat erneut eine Familiengeschichte der besonderen Art erschaffen; eine, die mich zutiefst berührt und gleichzeitig bestens unterhalten hat - und zwar auf hohem Nivau. Zudem taucht die Autorin so richtig tief in die Geschichte der thüringischen Kleinstadt Sonneberg ein, die eng mit der Entwicklung der deutschen Spielzeugindustrie verknüpft ist. Zudem nimmt Sonneberg eine besondere Stellung in der deutschen Nachkriegsgeschichte ein, da es durch seine unmittelbare Lage an der deutsch-deutschen Grenze im Sperrgebiet lag. Diese Umstände hat die Autorin einfühlsam in ihren Roman eingebaut und damit ein Gesamtwerk, nein: ein Gesamtkunstwerk geschaffen, das runder nicht sein kann. Wer einen richtig, richtig schönen und stimmigen historischen Roman zur neuesten deutschen Geschichte lesen möchte, der ist hier ganz und gar an der richtigen Adresse!

Veröffentlicht am 16.02.2021

Ein kleiner Mann mit Halbglatze und Brille

Auf Wiedersehen, Kinder!
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Das war Ernst Papanek, Sozialst und Pädagoge, mehr noch aber Freund und vor allem Fürsprecher der Kinder und zwar ALLER Kinder. Ein Mann, der mit den wichtigsten aller Welt verkehrte, dem über einen gewissen ...

Das war Ernst Papanek, Sozialst und Pädagoge, mehr noch aber Freund und vor allem Fürsprecher der Kinder und zwar ALLER Kinder. Ein Mann, der mit den wichtigsten aller Welt verkehrte, dem über einen gewissen Zeitraum eine ganze Menge Leute von Weltruhm zuhörten und dem dennoch nichts wichtiger war als das Wohl von Kindern. Vor allem von solchen, die aus unterschiedlichen Gründen in Not geraten sind. Er kümmerte sich in Österreich um Kinder aus bedürftigen Familien und in den Vereinigten Staaten um juvenile delinquents. Am meisten jedoch setzte er sich - und sein Leben und dazu das seiner gesamten Familie - für die ein, die eigentlich am Ende angelangt waren. Im Jahr 1939 schuf er vier Kinderheime in der Nähe von Paris für jüdische Kinder aus Deutschland und Österreich. Solche, deren Todesurteil eigentlich schon gefällt war und die ohne seine Hilfe und die seiner Mitstreiter gar nicht mehr aus ihrem jeweiligen Heimatland herausgekommen waren. Und die von ihren Eltern ausgeschickt worden waren, damit wenigstens sie überleben.

Also Kinder, die schwer traumatisiert waren, die in ihren jungen Jahren schon ungeheuer viel erlitten hatten. Ernst Papanek wollte viel mehr, als einfach nur ihr Leben retten. Er wollte sie - soweit möglich - heilen, ihnen helfen, ihr Leben wieder als lebenswert zu empfinden.

Und das hat er geschafft, für alle diese unterschiedlichen Kinder, denen er im Laufe seines Lebens so begegnete - zunächst noch vollkommen ohne pädagogische Ausbildung. Aber das hinderte ihn an überhaupt nichts, denn er war der geborene Pädagoge. Und ein Traumtänzer, dem allerdings - halten Sie sich fest - so mancher dieser Tänze auch gelang. Sozusagen ein Nurejew der Pädagogik. Einer, der viel angegriffen wurde, den man zu stoppen versuchte - und dem niemand nicht einmal annähernd das Wasser reichen konnte.

Wie ich dazu komme, ein derartiges Loblied auf Ernst Papanek, nein: Doktor und dann auch noch Professor Ernst Papanek, den viel zu wenig Leute kennen, zu singen?

Nun, ich möchte Sie dazu verführen, ihn ebenfalls kennen- und schätzen zu lernen: "To know, know, know him - is to love, love, love him" um mit seinen späteren Landsleuten, den Amerikanern zu sprechen.

Aber: und jetzt halten Sie sich fest - diese liegt in deutscher Sprache vor - verfasst - nein: erschaffen von der wunderbaren Historikerin Lilly Maier. Sie schreibt nicht über die von ihr ausgewählten Personen, sie streichelt sie mit ihren Worten. Denn sie widmet sich denen, über die es noch viel zu wenig zu lesen gibt - und ihre Recherchen sind unglaublich. Das Buch steckt voller Wissen, Fotos, weiterführender Ideen und ist spannender als jeder Roman!

Ich empfehle jedem, der einen wirklich guten und wertvollen Menschen auf die eindringlichste Art, die man sich vorstellen kann, kennenlernen möchte, diese wundervolle Lektüre. Sie werden sehen, Ernst Papanek war ein Mensch mit Ecken und Kanten, ein richtiger Typ, aber er war in jeder Lebenslage ein MENSCH, was man längst nicht von allen Menschen behaupten kann.

Ernst Papanek: das ist gelebter Sozialismus mit Herz, vor allem zum Wohle von Kindern! Der Wiener Historikerin Lilly Maier ist eine mehr als lesenswerte Biographie gelungen!

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