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Veröffentlicht am 03.07.2018

Lebenspläne und reale Entwicklungen

Das weibliche Prinzip
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Greer könnte nach dem Schulabschluss auf einem der Ivy-Colleges starten: das Zeug dazu hat sie. Aber nicht das Geld, bzw. die Eltern. Die nämlich haben sich nicht genug Mühe gegeben mit den Anmeldeunterlagen ...

Greer könnte nach dem Schulabschluss auf einem der Ivy-Colleges starten: das Zeug dazu hat sie. Aber nicht das Geld, bzw. die Eltern. Die nämlich haben sich nicht genug Mühe gegeben mit den Anmeldeunterlagen fürs College und so landet sie im allenfalls mittelmäßigen Ryland College, während ihr Liebster Cory, Weggefährte und gleichzeitig Konkurrent schon an der High School, in Princeton brillieren darf.

Bald schon trifft Greer auf einer College-Veranstaltung die bekannte Feministin und Frontfrau eines feministischen Magazins Faith Frank, sozusagen die amerikanische Alice Schwarzer, die bei ihr einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Dass das auch umgekehrt der Fall ist, wird sich erst Jahre später zeigen, als sie sich bei Faith, die ihr schon damals eine Visitenkarte hinterlassen hat, meldet.

Die junge und später nicht mehr ganz so junge Greer steht im Mittelpunkt dieses Romans, aber das tut sie nicht allein: auch ihr Freund Cory und ihre College-Freundin Zee sind wichtige Protagonisten, deren Lebenswege und Sichtweisen immer wieder in den Fokus gerückt werden. Wobei deutlich wird, dass nicht immer nur die Vor- bzw. Startbedingungen, also bspw. welches College man besucht hat, im Vordergrund steht, eine Rolle spielt, sondern immer auch wieder Extremsituationen; prägende Erlebnisse, die auf den Charakter wirken, sogar eine Wende oder einen entscheidenden Schritt im Lebensweg bewirken können. Immer wieder wird deutlich, wie sehr Lebenspläne von den realen Lebenswegen, deren Wendungen und Einschnitten, abweichen können. So gut man auch alles durchplant, es kommt immer wieder anders. Und nicht nur in negativer Hinsicht. Nein, auch große "Brocken", gegen die man sich machtlos wähnte, werden unbedeutend: entweder durch äußere Einflüsse oder auch durch eigene innere Entwickungen bzw. Reifungen.

Ja, Meg Wolitzer verleiht ihren Figuren Farbe und vor allem Leben, sie alle sind "Typen", eindringlich wirkende Gestalten, von denen keine im Roman fehlen dürfte. Doch leider tut sie das auf eine aus meiner Sicht etwas umständliche, ja ausschweifende Art und Weise - es sind mir einfach zu viele Worte in diesem Roman. Auch wenn ich ihn sehr, sehr gerne las, kam ich nicht umhin, mich stellenweise zu langweilen. Vor allem, weil Situationen und auch innere Spannungen der jeweils im Vordergrund stehenden Figur viel zu detailliert dargestellt wurden - ich fühlte mich beim Lesen von der Flut der Informationen und Eindrücke schlicht überrollt.

Farbig, schillernd, einladend (auch wenn nicht alles positiv ist), prall und sehr präsent: das ist die Welt von Meg Wolitzer: Es sind schöne Worte, treffende Sätze, die die Autorin formt, doch sie würden mir noch besser gefallen, wenn sie sie etwas sparsamer einsetzen würde!

Dann würden die bedeutungsvollen Inhalte wesentlich besser zur Geltung kommen, die Botschaft der Autorin, dass man im Leben nicht immer nur nach vorne schauen sollte, nein, links, rechts und sogar im Rückwärtsgang kommt man durchaus manchmal weiter im Leben. Denn die gewohnte Umgebung, Menschen, die man sein ganzes Leben lang kennt, die können manchmal beim entscheidenden Schritt, bei der bahnbrechenden Erkenntnis - die auf andere ganz alltäglich wirken kann - eine wichtige, nein, die entscheidende Rolle spielen.

Ein lohnenswertes, ein wichtiges Buch, das ich mir nicht ohne Anstrengung, ohne vollen Einsatz von Geist und Seele erobern konnte!

Veröffentlicht am 02.07.2018

Ein ganz besonderer Typ

Stille Feinde
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ist Isajah Quintabe: chinesischstämmig, explosiv, mit Herz, an der Ermordung seines Bruders wie an einer unerfüllten Liebe knabbernd. Vor allem ist er aber Privatdetektiv ohne Lizenz: einer, der sich auch ...

ist Isajah Quintabe: chinesischstämmig, explosiv, mit Herz, an der Ermordung seines Bruders wie an einer unerfüllten Liebe knabbernd. Vor allem ist er aber Privatdetektiv ohne Lizenz: einer, der sich auch mal für die einfachen Leute, für eine ungewöhnliche Klientel wie eine Gruppe von Schülern oder eben auch seine große Liebe (aus der Ferne sozusagen) einsetzt: dann durchaus auch mal ohne Entlohnung. Obwohl es dazu eigentlich selten kommt, dazu sind ihm seine Klienten zu dankbar: doch allemal gibt es öfter mal ein Entgelt der äußerst ungewöhnlichen Art, das kann Mitarbeit sein oder auch ein Sachwert.

IQ, wie dieser ganz spezielle Typ genannt wird, ermittelt in "Stille Feinde" bereits in seinem zweiten Fall und ein großes Manko dieses Bandes ist, dass man ihn schlecht isoliert vom ersten lesen kann - so wie ich es offen gestanden getan habe.

Denn IQ kennt eine ganze Menge Leute, die in den unterschiedlichsten Zusammenhängen auftauchen - eine höchst verwirrende Angelegenheit in einem sehr persönlichen Fall: nämlich der Ermittlung im Mordfall seines geliebten Bruders Marcus, der bald von einer ganzen Reihe von Nebenbaustellen umgeben ist, die zumindest mich beim Lesen sehr irritiert haben.

Doch sind IQ wie auch sein - wie soll man ihn nennen - Kumpel? Sidekick? - Dodson so spezielle, gewissermaßen auch liebenswerte Typen, dass man das Buch nicht aus der Hand legen will, bevor man ihr Schicksal bis zum Ende mitverfolgt hat. Bis zum Ende dieses Bandes, wohlgemerkt, nicht mehr.

Ja, auch wenn der eigentliche Fall ein wenig auseinanderwabert, ist dies doch eine ganz besondere Story, die von ihren Protagonisten lebt - hart, aber herzlich, würde ich sagen - und mit einer Menge Charme. Auch wenn mich die Entwicklungen als solche immer wieder ganz schön verwirrt haben. Aber wer einen Thriller bzw. eine neue Reihe der ganz speziellen Art kennenlernen will, der wird - genau wie ich auch - seine helle Freude daran haben!

Veröffentlicht am 01.07.2018

Neuen Schwung in ihr Leben bringen

Das Paar aus Haus Nr. 9
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Das möchte Sara schon länger - ihr Leben in einer englischen Kleinstadt, als Mutter und Ehefrau kommt ihr schon länger ziemlich trist und öde vor. Die Paare, die um sie herum leben, wobei vor allem die ...

Das möchte Sara schon länger - ihr Leben in einer englischen Kleinstadt, als Mutter und Ehefrau kommt ihr schon länger ziemlich trist und öde vor. Die Paare, die um sie herum leben, wobei vor allem die Frauen ein freundschaftliches und vertrauensvolles Miteinander pflegen, empfindet sie als wenig inspirierend, ja langweilig!

So ist sie froh über ihre neuen Nachbarn Lou und Gavin, die die andere Hälfte ihres Doppelhauses bewohnen: ein Künstlerpaar, gänzlich unkonventionell, lässig, ein wenig frivol - und ausgesprochen anziehend sowohl für Sara als auch für ihren Ehemann Neil. Bald schon gibt es nicht nur regelmäßige abendliche Treffen zwischen den Ehepaaren, auch beim Beaufsichtigen der Kinder wechseln sich beide Familien ab. Und bald greift die Verbundenheit noch weiter, denn Sara und Lou beschließen, ihre Kinder nicht mehr in die wenig erquickliche lokale Schule zu schicken, sondern selbst zu Hause zu unterrichten, was juristisch offenbar möglich ist.

Ein gewagtes Miteinander, in dem es bald zu einigen Mißverständnissen und Zwistigkeiten kommt. Wird die enge Freundschaft der beiden Paare bestehen können, werden die beiden Familien möglicherweise sogar aneinander wachsen?

Eine interessante, stellenweise auch spannende Gesellschaftsstudie durchaus nicht ohne gewisse ethische Komponenten. Ich habe das Buch gerne gelesen, auch wenn mich an einigen Stellen Saras Selbstverständnis, das auch nicht von der Autorin infrage gestellt wurde, doch sehr störte. Mitunter wurde mir das Treiben zudem dann doch zu bunt, das passte nicht so ganz in den gesamten Rahmen, es wirkte überzogen.

Doch insgesamt hat mir der Roman, in dem deutlich wird, wozu Hoffnungen wie auch überzogene Erwartungen, möglicherweise auch noch ein verqueres Selbstverständnis führen können, wirklich gut gefallen. Ein leicht zu lesender Roman, der dennoch einen schalen Nachgeschmack hinterlässt, ja gar beklemmend (nach)wirkt - und damit ziele ich keineswegs auf die Qualität des Buchs, sondern auf die Botschaft, die es mir übermittelt hat. Durchaus lesenswert, wenn man bereit ist, sich stellenweise ein bisschen nerven zu lassen - auf hohem Niveau selbstverständlich!

Veröffentlicht am 29.06.2018

Paris - die Stadt der Liebe und der Morde

Die Toten von Paris
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steht hier im Mittelpunkt und zwar in einer düsteren Zeit, nämlich im Jahr 1944, unmittelbar nach dem Ende der Vichy-Ära - die Deutschen und ihre Freunde sind zwar geschlagen, doch immer noch herrscht ...

steht hier im Mittelpunkt und zwar in einer düsteren Zeit, nämlich im Jahr 1944, unmittelbar nach dem Ende der Vichy-Ära - die Deutschen und ihre Freunde sind zwar geschlagen, doch immer noch herrscht Krieg und eine ziemliches Durcheinander in der Stadt. Und so richtig klar ist das mit den Gewinnern und den Verlierern sowieso noch nicht.

In dieser Zeit begegnen wir Pauline, einer Tochter der Stadt, die für die Résistance aktiv war und ist und in dieser Position aktuell dazu gezwungen ist, mit einem Nazi anzubandeln - und mehr. Der ist kurz darauf tot, ein Fall, der dem jungen Kommissar Ricolet, einem Südfranzosen, der neu in der Stadt und dazu noch Protestant ist, übertragen wird.

Schnell wird klar, dass möglicherweise eine Menge Geld im Spiel ist und zwar in Form von Kunst, also von Gemälden. Ricolet und Pauline hängen sich beide hinein in die Ermittlungen - und kommen sich näher.

Was aus meiner Sicht vollkommen überflüssig ist, denn ab hier verkommt der Fall und damit das bislang ganz spannende und vor allem atmosphärische Geschehen zum Schundroman. Pauline wird mehr und mehr zu einer Art kriegsgestählter Mata Hari und Ricolet geht das Ermitteln stellenweise so leicht von der Hand, dass eigentlich Zauberkräfte im Spiel sein müssten. Ich fühlte mich sehr stark an Hanni Münzer erinnert, die ich aus genau dem Grund seit längerem meide.

Aus meiner Sicht ein vielversprechender historischer Krimi, der leider nicht hält, was er verspricht, der aber dennoch vor allem für Frankophile und Parisreisende (wie mich) den ein oder anderen stimmungsvollen Moment birgt. Aber bitte nicht zu viel erwarten!

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Veröffentlicht am 13.06.2018

Ein Deutscher im australischen Busch

Die Schlingen der Schuld
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Und dazu noch tot! Dieter Schäfer, der seine besten Jahre bereits überschritten hat und als ehemaliger Polizist inzwischen in Australien seinen Ruhestand genießt, ist auf brutalste Weise ermordet worden. ...

Und dazu noch tot! Dieter Schäfer, der seine besten Jahre bereits überschritten hat und als ehemaliger Polizist inzwischen in Australien seinen Ruhestand genießt, ist auf brutalste Weise ermordet worden. Aber warum? Der Hamburger und bekennender HSV-Fan, der in der - zugegebenermaßen nicht gerade überbevölkerten - weiteren Umgebung bekannt war wie ein bunter Hund, war eigentlich recht beliebt und selbst denen, bei denen er nicht ganz so hoch im Kurs stand, kann Ermittler Clement beim besten Willen kein deutliches Mordmotiv sehen. Oder erkennt er da einige ganz wesentliche Zusammenhänge nicht?

Denn der Cop - seinerseits ganz klar im besten Mannesalter und nicht gerade unattraktiv - ist nicht immer ganz bei der Sache. Grund dafür ist die Trennung von seiner Frau Marilyn, an der er noch immer hängt - und vor allem das dadurch nicht mehr ganz unkomplizierte Verhältnis zu seiner Tochter Phoebe, an der er sehr hängt. Dass er ihre Entwicklung nun nicht mehr auf Schritt und Tritt begleiten kann - damit kommt er nur sehr schwer zurecht.

Zudem hat sein Vorgesetzter auch noch ein Auge auf ihn - die Sache ist also nicht ganz einfach. Es gibt eine Menge Zeugen und damit mögliche Tatverdächtige, so dass der Leser munter mit spekulieren kann.

Aber: so eindringlich, wie die Beschreibungen der australischen Landschaft und ihrer Bewohner sind, so behäbig gestaltet sich die Entwicklung des Kriminalfalls. Zumindest meiner Ansicht nach. Ich musste mich von Zeit zu Zeit sogar zum Weiterlesen zwingen, denn so richtig neugierig war ich trotz des durchaus sympathischen und attraktiven Protagonisten nicht immer.

Teile der Auflösung waren aus meiner Sicht dann auch durchaus vorhersehbar und diejenigen, die wirklich überraschend kamen, waren alles andere als spektakulär. Weit davon entfernt jedenfalls, mich für meine Geduld zu belohnen.

Aus meiner Sicht ein mittelmäßiger Krimi, der Australienfans aber sicher Spaß bringen wird!

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