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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.03.2021

So ist es geschehen - oder nicht?

Der Solist
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Herbst 2017: Neumann ist ein "Bulle" aus Frankfurt, der zur Berliner "Sondereinheit Terrorabwehr", einem ganz neuen Gebilde, abgerufen wird. Er kommt als Außenseiter daher, siezt alle, wohnt ...

Herbst 2017: Neumann ist ein "Bulle" aus Frankfurt, der zur Berliner "Sondereinheit Terrorabwehr", einem ganz neuen Gebilde, abgerufen wird. Er kommt als Außenseiter daher, siezt alle, wohnt im Hotel Mercure und kann sich so einiges leisten. Mit seiner Teampartnerin Suna-Marie, genannt Grabowski, kommt er nach Anfangschwierigkeiten ganz gut klar und das muss er auch - denn als Berliner Kindl kennt sie sich ganz gut aus.

Die Aufgabe der beiden: den Kreis um den im vorigen Dezember bei seiner Flucht zu Tode gekommenen Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri aufzudecken.

Dann gibt es einige Tote, die so richtig nicht zusammenpassen und keiner hält zu Neumann. Außer Suna-Marie.

Kurz und knackig ist der Fall, in dessen Verlauf deutlich wird, wie weit so ein Geflecht des Terrors reichen kann. Wie immer bei Jan Seghers säumen interessante Figuren die Lektüre des Lesers, auch die Handlung ist spannend - wenn auch aus meiner Sicht diesmal nicht so ganz logisch.

Wie auch immer, es ist ja "nur" eine von vielen Möglichkeiten, die der Autor uns hier vorführt.

Ich jedenfalls hatte mir von diesem vielversprechenden Fall etwas mehr versprochen, aber Seghers schreibt zu gut, als dass mein flaues Gefühl sich zu einer Riesenenttäuschung auswachsen könnte.

Veröffentlicht am 01.03.2021

Nicht DER Adam Riese

Die Erfindung der Sprache
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Also nicht der vielzitierte Vater des modernen Rechnens, sondern einer, der einfach denselben Namen trägt, steht im Fokus dieses Romans. Er lebt auf der ostfriesischen Insel Platteoog, die etwas ...

Also nicht der vielzitierte Vater des modernen Rechnens, sondern einer, der einfach denselben Namen trägt, steht im Fokus dieses Romans. Er lebt auf der ostfriesischen Insel Platteoog, die etwas ganz Besonderes ist - der Leser wird sukzessive mit deren Bewohnern, vor allem jedoch mit Adams Familienmitgliedern bekannt gemacht. Wir erhalten ausführlichen Einblick in seine Familiengeschichte, zumindest mütterlicherseits. Väterlicherseits hingegen bleibt vieles nebulös, denn sein Vater Hubert taucht dort eines Tages auf, um sich des Leuchtturms anzunehmen und bleibt vor allem wegen Oda. Einige Jahre später werden die beiden Adams Eltern und weitere Jahre später verschwindet Hubert spurlos.

Während aus Adam, der gewissermaßen ein Sonderling ist - es ist, so denke ich, nicht ganz verkehrt, ihn als eine Art Autisten zu bezeichnen, ein Sprachwissenschaftler wird, verzweifelt seine Mutter am Verschwinden ihrer großen Liebe . Und zwar so sehr, dass sich irgendwann für Adam die Notwendigkeit zu handeln ergibt. Und die führt ihn aus Berlin, wo er mittlerweile lebt und an der Uni arbeitet, fort in die große weite Welt - zuletzt in die Bretagne. Wo er vieles erfahren und manches regeln kann und lernt, dass Familie auch ein Gefühl sein kann.

Ein bisschen hat der Roman etwas von einem Kinderbuch für Erwachsene - die Handlung ist wild, verwegen und frech, ebenso wie Sprache und Stil. Gewissermaßen etwas von einer männlichen Pippi Langstrumpf mit deutlich mehr Nebencharakteren. Meiner Ansicht nach schießt Autorin Anja Baumheier jedoch nicht nur einmal über das Ziel hinaus, denn Romane für Erwachsene dürfen zwar natürlich auch wild und verwegen sein, es sollte aber alles passen, Struktur haben und gewissermaßen zielführend sein. Das ist es aus meiner Sicht hier nur teilweise, wobei auch einige Erzählstränge für mich keinen richtigen Sinn ergeben. Anja Baumheier pflegt zudem einen sehr originellen Sprachstil, der teilweise amüsant, oft aber auch einfach nur anstrengend ist, wie ich finde.

Ein Roman mit spannenden und vielversprechenden Ansätzen, der jedoch deutlich zu viele Purzelbäume schlägt!

Veröffentlicht am 26.02.2021

Vestas Welt

Der Tod in ihren Händen
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Diese befindet sich nun, nach dem Tode ihres Mannes mitten in einem einsamen Wald. Vesta ist dort allein mit ihrem Hund und ihren Gedanken. Und findet Hinweise auf eine tote Frau - Magda nämlich.

Ich ...

Diese befindet sich nun, nach dem Tode ihres Mannes mitten in einem einsamen Wald. Vesta ist dort allein mit ihrem Hund und ihren Gedanken. Und findet Hinweise auf eine tote Frau - Magda nämlich.

Ich habe mich sehr schwer damit getan, in diesen Roman, in Vestas Welt also, einzudringen, auch wenn das Buch etwas hatte. Aber ich konnte den Sog, den die englischsprachige literarische Welt in ihren Rezensionen verhieß, nicht wahrnehmen.

Ich empfand die Geschichte vielmehr als verwirrend und irritierend. Ist Vesta Regisseurin oder Spielfigur? Oder etwas dazwischen? Ein Roman, der irgendwie an mir vorbei ging.

Veröffentlicht am 19.02.2021

Meine erste Bekanntschaft mit Rabbi Klein

Der böse Trieb
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2021
Dieser Band, mittlerweile der sechste um den Zürcher Rabbi, war mein erster, somit ist meine Bekanntschaft mit ihm auch sehr frisch. Rabbi Klein ist ein ungewöhnlicher Typ, der zuhört. Und der einen ...

2021
Dieser Band, mittlerweile der sechste um den Zürcher Rabbi, war mein erster, somit ist meine Bekanntschaft mit ihm auch sehr frisch. Rabbi Klein ist ein ungewöhnlicher Typ, der zuhört. Und der einen ganz speziellen Blick auf seine Mitmenschen richtet.

Hier geht es um einen jüdischen Zahnarzt, nämlich Viktor Ehrenreich, der schon seit einigen Jahren immer wieder, einemal im Jahr, zu einem vertraulichen Gespräch zu ihm kommt. Nun ist er in seinem eigenen Haus ermordet aufgefunden worden. Seine Witwe Sonja ist sich sicher, dass der Schuldige der Sohn eines Patienten war, dem er eine Wiedergutmachung verweigert hat. Doch auch sie selbst hatte nicht das beste Verhältnis zu ihrem Mann, da er sein Leben nicht ihrem schon an Fanatismus grenzenden Kinderwunsch nicht unterordnen wollte. Oder gibt es hier andere Möglichkeiten.

Ich habe mich mit diesem Buch - das in wunderschöner Aufmachung im Kampa Verlag erschienen ist - etwas schwer getan. Diese ganze jüdische Gemeinschaft, sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland, wurde aus meiner Sicht eher schwerfällig vermittelt. Und ich habe schon etliche Bücher zu dem Thema gelesen, wo das kein Problem war. Auch wenn Rabbi Klein ohne Frage eine charismatische Gestalt ist - er lenkt nicht genug ab vom Bild der Frauen in diesem Roman, das aus meiner Sicht nicht gerade zeitgemäß ist. Diese sind - außer einer Forscherin, die aber nicht sehr weiblich wirkt - ausgesprochen abhängig von ihren Männern. Ein weiteres Problem hatte ich mit den zahlreichen jiddischen Begriffen, von denen einige übersetzt waren, andere wieder nicht. Und das waren keineswegs Wörter bzw. Redewendungen, die in aller Munde sind.

Schade, dass ich dadurch der spannenden Geschichte nicht so gebannt folgen konnte wie von mir angestrebt!

Veröffentlicht am 12.02.2021

Victoria heißt Sieg

Aufgetaucht
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Und doch erlebt dieses Mädchen im Alter von elf Jahren eine ungeheure Niederlage ihres Körpers, der sie für vier Jahre komplett im Stich lässt. Ihre beiden Drillingsbrüder entwickeln sich normal weiter, ...

Und doch erlebt dieses Mädchen im Alter von elf Jahren eine ungeheure Niederlage ihres Körpers, der sie für vier Jahre komplett im Stich lässt. Ihre beiden Drillingsbrüder entwickeln sich normal weiter, doch Victoria kann sich auf einmal nicht mehr bewegen, nicht sprechen - gar nichts mehr!

Doch ihr Bewusstsein funktioniert wie gehabt und sie erlebt mit, wie schnell die Ärzte resignieren. Und nicht nur das - sie wird in Heil- und Pflegeeinrichtungen auch gequält - man stelle sich vor, dort, wo ihr geholfen werden müsste!

Doch Victoria kämpft und zwar auf Gedeih und Verderb im wahrsten Sinne des Wortes. Von diesem Kampf wird ihr ganzes Buch getragen und ich freue mich sehr, dass sie gewonnen hat, dass sie in ihren Körper zurück gefunden hat und mehr noch - sie ist wieder eins mit ihm in jeder Hinsicht, sie hat Siege errungen, von denen anderen Menschen nur träumen.

Ein Buch, das ich mit sehr gemischten Gefühlen las. Wenn ich jemanden kennen würde, der einen solchen Kampf oder ähnliches verloren hat, würde ich alles tun, das er "Aufgetaucht" nicht in die Finger bekommt. Denn es könnte ihn unheimlich frustrieren , ihm ein Bewusstsein eigener Unfähigkeit vermitteln. Denn hier gilt nur eines: nämlich Sieg!