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Veröffentlicht am 18.04.2018

Aufbruch

Schneckenmühle
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Sommer 1989: Jens, ein Berliner Junge im Teenageralter aus dem Osten der Stadt fährt, wie auch in den Jahren davor, ins Jugendlager Schneckenmühle. Und zwar mit gemischten Gefühlen: einerseits freut er ...

Sommer 1989: Jens, ein Berliner Junge im Teenageralter aus dem Osten der Stadt fährt, wie auch in den Jahren davor, ins Jugendlager Schneckenmühle. Und zwar mit gemischten Gefühlen: einerseits freut er sich, viele Freunde wiederzutreffen, andererseits hadert er mit dem Ungewissen. Wie wird es dort dieses Jahr, das zudem sein Letztes ist? Außerdem ist er kein Durchschnittsbürger: er hat durch Verwandtschaft viel Westkontakt und ist zudem "kirchlich" - seine Eltern sind also Christen. Das unterscheidet ihn in einigem von anderen, verleiht ihm eine teilweise distanziertere, teilweise aber auch naivere Sichtweise.

Dieses Buch thematisiert den Aufbruch und zwar in unterschiedlicher Hinsicht: aus Jens' ganz eigener Perspektive den ins Erwachsenenleben, aus der Sicht seiner Familie den in ein neues, anderes Leben im Westen, aus politischer Sicht den Aufbruch in eine andere Zeit mit neuen Strukturen, neuen Grenzen. Das alles ist, da aus Jens' Sicht dargestellt, unglaublich subtil geschildert - auch wenn es der Blickwinkel eines ganz normalen, frechen Jugendlichen ist, wirkt es sehr zart, sehr empfindsam.

Ein Buch für Erwachsene? Schwer zu sagen. Ein Jugendbuch? Ganz bestimmt nicht! Was ist es denn und für wen ist es gedacht? Nun, in erster Linie ein toll geschriebener Roman, deutsche Gegenwartsliteratur zum Genießen. Aber auch eine Dokumentation einer ganz wichtigen, ja der wichtigsten Veränderung in Deutschland in den letzten 50 Jahren. Also etwas für jeden, der sich für das Thema "Wende" und "Wiedervereinigung" interessiert und nicht nur reine Fakten, sondern auch Stimmungen erfassen will. Das nämlich ist durch dieses Buch möglich: eine besondere Gabe des Autors und ein Geschenk für die Leser - jedenfalls für diejenigen, die einen Sinn für so etwas haben.

Veröffentlicht am 18.04.2018

Luder unterschiedlichster Couleur

Luderplatz
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Luder unterschiedlichster Couleur tummeln sich im "Luderplatz" - Sie haben richtig gelesen, im und nicht am besagten Platz, denn hier handelt es sich um den Titel des neuen Krimis von Katrin Jäger, des ...

Luder unterschiedlichster Couleur tummeln sich im "Luderplatz" - Sie haben richtig gelesen, im und nicht am besagten Platz, denn hier handelt es sich um den Titel des neuen Krimis von Katrin Jäger, des zweiten Bandes um die Protagonistin Viktoria Latell. Und es geht rund: sowohl ihre große neue Liebe Kai als auch Fotograf Mario, ihr langjähriger Begleiter in allen - zumeist, aber nicht ausschließlich, beruflichen- Lebenslagen wie auch etliche andere Protagonisten scheinen sich als Luder zu entpuppen, nicht zuletzt die verschollene Blondine Nana - selbst Viktoria wird zum Luder, wenn es vonnöten ist - vor allem, um an eine gute Story zu kommen: und diese weist, wie bereits in "Schützenkönig", Viktorias erstem "Fall", ins Münsterland. Hier geht es nicht nur darum, Nana zu finden, sondern auch um das Aufdecken von Geheimnissen rund um das Berliner Promipärchen Rudolfo und Rita Rose - alles für einen tollen Zeitungsartikel, versteht sich!

Sie sehen schon, "Luderplatz" ist kein Ort für Langeweile, aber hier finden sich durchaus nicht nur die bereits erwähnten schrägen, sondern auch eher ruhige (Krimi)Töne - beispielsweise, wenn es um den seit fünf Jahren in Berlin vermissten Jungen Florian geht, einem Fall, den Viktoria von Beginn an verfolgt und der ihr sehr zu Herzen geht.

Das alles wirkt wirr, ist es aber nicht, denn Katrin Jäger schreibt einfach toll: packend, witzig und unterhaltsam - mit dem ein oder anderen ernsten Unterton... und so entwirrt sie alle von ihr angelegten Stränge aufs Trefflichste. Es macht einfach Spass, diesen Krimi zu lesen und es wird deutlich, dass Krimis mit einer heiteren Note nicht unbedingt seicht sein müssen. Dieser ist es jedenfalls nicht, sondern garantiert besten Lesegenuss - für Krimifans, die bspw. die Reihe der Bochumer Autorinnen Minck& Minck um Maggie Abendroth schätzen, sehr zu empfehlen!

Veröffentlicht am 18.04.2018

Einen wirklich ungewöhnlichen Serienhelden

Roter Himmel
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Einen wirklich ungewöhnlichen Serienhelden bietet Renate Klöppel in ihren Freiburger Regionalkrimis mit dem Molekularbiologen und Lehrstuhlinhaber Alexander Kilian. Sein Beruf ist nicht das einzig Ungewöhnliche ...

Einen wirklich ungewöhnlichen Serienhelden bietet Renate Klöppel in ihren Freiburger Regionalkrimis mit dem Molekularbiologen und Lehrstuhlinhaber Alexander Kilian. Sein Beruf ist nicht das einzig Ungewöhnliche an ihm: alleine lebend ist er weit davon entfernt, alleinstehend zu sein - er hat eine Lebensgefährtin und eine achtjährige Tochter, ist zudem noch Witwer und bester Freund des komissars Jörg Gessler. "Blutroter Himmel" ist schon der sechste Krimi um Kilian, für mich war es jedoch der erste.

Der Beginn war gleich ein Knaller - ein lichterloher Brand in Kilians Institut - es gab eine - zunächst unbekannte - männliche Leiche... Kilians Sekretärin Beate und ihr indischer Lebensgefährte benahmen sich in diesem Zusammenhang von Beginn an ausgesprochen merkwürdig und machten sich verdächtig.

Begeistert vom ungewöhnlichen, für mich sehr passenden Setting - beruflich bin ich in der Förderung wissenschaftlicher Projekte tätig und habe viel mit Universitäten zu tun - machte ich mich ans Lesen, war aber leider bald ein wenig enttäuscht. Eine recht umständliche Darstellung gepaart mit der nicht vorhandenen Auflösung zahlreicher Erzählstränge und der nicht gerade bildhaften Darstellung der Charaktere ließ mich schon bald verzagen und nur lustlos weiterlesen. Schade - hier wurden Ideen vom Feinsten geradezu verschenkt und somit ist dieser Krimi wirklich nur ganz eingefleischten - und damit schmerzlosen - Freiburg-Fans zu empfehlen.

Veröffentlicht am 18.04.2018

Laufen?

Marathonduell
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Laufen??? Richtig, ein Krimi, der sich um einen Marathon rankt - ein raffiniertes Duell zwischen Täter und Ermittler, ein Marathonduell eben - so werden immer wieder Episoden aus dem Wien-Marathon, der ...

Laufen??? Richtig, ein Krimi, der sich um einen Marathon rankt - ein raffiniertes Duell zwischen Täter und Ermittler, ein Marathonduell eben - so werden immer wieder Episoden aus dem Wien-Marathon, der zur Tatzeit stattfand, quasi als Rückblenden eingeschoben.

Doch was genau ist passiert? Nun, eine Frau in bestem Alter, nicht gerade arm, wurde ermordet. Unter Verdacht steht ihr Verlobter, dem sie kürzlich eine veritable Summe überschrieben hat. Zudem gibt es einen nicht gerade sympatischen, durchaus am Besitz der Verstorbenen interessierten Bruder, eine Nachbarin, die sowohl auf Männer als auch auf Frauen anziehend wirkt - ja, und das unkonventionelle Ermittlergespann Mayer & Katz - Mayer, das sich erstmal zusammenraufen muss.

Klingt gut? Nun, zumindest überaus ungewöhnlich! Für mich war zu viel sexuelle Spannung im Spiel, der ganze Krimi ist quasi davon durchzogen. Wiener Lokalkolorit? Nun, auf äußerst ungewöhnliche Art - den ein oder anderen mag es ansprechen, mir war es zu speziell. Zudem stehen die persönlichen Affinitäten der Ermittler im Vordergrund - auf eine Art, die ich während der Lektüre als eher störend empfand. Und nicht zuletzt war aus meiner Sicht relativ schnell klar, wer der Täter ist - es ging eher darum, ihn einzukreisen...

Wer das mag, dem ist dieser Krimi durchaus zu empfehlen, denn Sabina Naber schreibt anspruchsvoll und ungewöhnlich. Ich selbst werde wohl andere (kriminelle) Wege einschlagen und Mayer und Katz bei ihrem nächsten Fall ohne mich ermitteln lassen!

Veröffentlicht am 18.04.2018

Wellness in Düsseldorf

Frösche, die quaken, töten nicht
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Wellness in Düsseldorf - und zwar vom Feinsten: das ist das Setting, in dem dieser handlungsreiche, humorvolle und unterhaltsame Krimi der Autorin Vera Sieben spielt.
Das Setting: die Düsseldorfer Kriminalreporterin ...

Wellness in Düsseldorf - und zwar vom Feinsten: das ist das Setting, in dem dieser handlungsreiche, humorvolle und unterhaltsame Krimi der Autorin Vera Sieben spielt.
Das Setting: die Düsseldorfer Kriminalreporterin Liv Oliver braucht Erholung und hat beschlossen, dass sie diese am effizientesten in einem Wellnesstempel in ihrer Heimatstadt erlangen kann und sich kurzerhand für ein paar Tage eingecheckt. Doch bereits am ersten Morgen wird sie Zeugin eines Todesfalles: an einem der Nachbartische stirbt ein älterer Herr, der sich als Besitzer der Wellnessanlage herausstellt - wohlgemerkt als nicht gerade beliebter Chef bei den ehemaligen Mitarbeitern. Er hinterlässt: eine getrennt lebende Ehefrau, 2 erwachsene Kinder aus erster Ehe, die im Betrieb mitarbeiten und eine knackig-junge Geliebte. Sie alle spekulieren aufs Erbe, sind damit verdächtig, einen Mord begangen zu haben. Dazu kommt noch eine Reihe von Hotelangestellten mit eigenen Interessen... und prompt verwandelt sich Livs Erholungsurlaub in einen von einer Zeitung finanzierten Arbeitsaufenthalt. Trotzdem lässt sie sich die Butter nicht vom Brot nehmen, ermittelt vor, während und nach der Anwendungen, die sie nun auf Zeitungskosten genießt ... und konkurriert bzw. kooperiert dabei - man kann es unterschiedlich sehen - mit ihrem ehemaligen Freund Frank, der als ermittelnder Kommissar für den Fall zuständig ist....

Ein spannend angelegter Krimi, in dem das Düsseldorfer Lokalkolorit aus jeder Zeile springt und der Nicht-Düsseldorfern gut als Ergänzung zum Reiseführer bei einem Stadtbesuch dienen kann: enthält er doch neben Beschreibungen diverser Sehenswürdigkeiten auch Hinweise auf kulinarische Düsseldorfer Spezialitäten und das nicht zu knapp: das beste Düsseldorfer Alt, der scharfe Löwensenf, die berühmte Konditorei Heinemann mit ihren Pralinen - das alles wird so anschaulich dargestellt, dass man es als Schleichwerbung sehen kann - für mich waren es gute Tipps, so anschaulich beschrieben, dass mir das Wasser im Munde zusammenlief und der nächste Trip nach Düsseldorf bereits in Planung ist.

Ein rundes Ding also - der neue Krimi von Vera Sieben? Naja, sagen wir, ein ovales, das Ende war dann doch ein bisschen ohne "Schmackes", wie der Rheinländer zu sagen pflegt und der ein oder andere Erzählstrang blieb unaufgelöst. Nichtsdestotrotz von mir eine klare Leseempfehlung mit einprägsamen Hinweis zum Schluss:

Willst Du Dich in Düsseldorf verlieben
lies den Krimi von Vera Sieben!