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Veröffentlicht am 01.04.2019

Bitte bring mich zum Beben" (S.153)

Kaschmirgefühl
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Dieser Satz fällt während eines Gesprächs bei einer Sexhotline. Es ist kein gewöhnliches Gespräch,denn beide Teilnehmer haben Namen: Yvonne und Joe nämlich. Ach nein, heißen sie doch Marie und Gottlieb?

Was ...

Dieser Satz fällt während eines Gesprächs bei einer Sexhotline. Es ist kein gewöhnliches Gespräch,denn beide Teilnehmer haben Namen: Yvonne und Joe nämlich. Ach nein, heißen sie doch Marie und Gottlieb?

Was stimmt, was ist wahr, was erfunden? Diese Frage stellt sich der Leser nicht nur an diesem Punkt, nein, eigentlich ist jede Aussage der beiden Telefonpartner fragwürdig.

Es ist zunächst ein unverbindliches Geplänkel, aus dem irgendwann mehr wird. Ein "Mehr", das man als alles Mögliche bezeichnen kann, nur nicht als Telefonsex. Oder wenn, dann nur am Rande.

Worauf die beiden bzw. der Anrufer; nennen wir ihn nun Gottlieb, hinauswollen? Verrate ich Ihnen nicht, nur so viel, es kommt noch eine zweite Marie im Gespräch vor, ein Kind, eine Lehrerin und ein Hausmeister. Hilft Ihnen nicht viel weiter?

Soll es ja auch nicht, denn so ein kurzer Text ist schnell gelesen, sofern Sie sich dazu entschließen. Keine Frage, es ist eine kurzweilige Lektüre, denn Bernhard Aichner schreibt gewohnt leichtfüßig und eloquent. Weswegen ich ihn ja auch sehr schätze.

Allerdings macht es für mich einen Unterschied, ob er diese Fertigkeiten in das eher schwere, düstere Setting seiner Krimis steckt oder in eine von Beginn an federleichte Geschichte, in eine Geschichte mit Kaschmirgefühl. Das stelle ich mir vor als das ultimative Wohlfühlgefühl, eines, in das man während des Lesens einsinkt, um sich nie wieder davon lösen zu wollen.

Dafür war mir die Geschichte zu dünn: anfangs zu belanglos, später dann zu wenig überraschend. Auch wenn ein Roman von Bernhard Aichner natürlich immer lohnenswert ist in dem Sinne, dass er keine verschwende Lebens- und Lesezeit darstellt. Wenn Sie bspw. unbedingt erfahren wollen, wer wen zum Beben bringen soll und warum. Oder auch aus einem anderen Grund. Aichner geht immer - aber sein bester ist das hier nicht. Finde ich zumindest.

Veröffentlicht am 29.03.2019

Spanische Schwestern in der neuen Welt

Eine eigene Zukunft
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Ein dramatisches Ende markiert den Beginn. Und zwar das des Familienoberhauptes Emilio Arenas, fern der spanischen Heimat. In New York sind die Mutter und die drei Töchter, gerade erst dort angekommen, ...

Ein dramatisches Ende markiert den Beginn. Und zwar das des Familienoberhauptes Emilio Arenas, fern der spanischen Heimat. In New York sind die Mutter und die drei Töchter, gerade erst dort angekommen, ganz auf sich gestellt.

Eindringlich und mitreißend geschrieben ließen mich die ersten Seiten des Romans werden auf den weiteren Verlauf der Geschichte. Und man kann sich warm anziehen: der Unfalltod des Vaters, die ersten selbstständigen Schritte von Mutter und Töchtern in New York: das alles ist noch gar nichts im Vergleich dazu, was nun folgt.

Eine Art City-Western nicht nur, aber hauptsächlich unter emigrierten Spaniern ist dies, in dem sich unterschiedliche Parteien um das Erbe der Familie Arenas streiten, in dem die Töchter - jede auf ihre Art - flügge werden und dem Leben in der urbansten aller Städte der damaligen Zeit - man schreibt die Mitte der 1930er Jahre auf verschiedene Art und Weise zu begegnen versuchen.

Bald schon sind sie umringt von Männern. Manche wollen ihr vermeintliches Erbe, doch den meisten geht es um die Mädchen selbst.

Was zunächst als spannendes Epos beginnt, wird aus meiner Sicht im Handlungsverlauf zu einem ziemlich wirren und überladenen Durcheinander - es ist eindeutig zu viel Personal vorhanden in diesem Roman. Personal, das - wie beispielsweise ein abgesetzter spanischer Thronfolger - die Ereignisse eher verwirrt als vorantreibt.

Das Schicksal der drei Schwestern Victoria, Mona und Luz lag mir bis zum Ende am Herzen, doch hätte ich mir hier eine wesentlich stringentere Handlung und ein klareres Ende gewünscht. Ich habe das Buch ganz gerne gelesen, frage mich jedoch nach der Beendigung: "Wozu das Ganze?". So richtig etwas dabei rumgekommen ist aus meiner Sicht nämlich nicht.

Veröffentlicht am 28.03.2019

Der Urvater aller Nerds

Beifang
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Unzuverlässig, extrem launisch und kein bisschen berechenbar: ein solcher Eindruck entsteht während der Lektüre dieses Buches von Steve Jobs als Vater.

Lisa Brennan-Jobs ist die Autorin, Jobs' Tochter ...

Unzuverlässig, extrem launisch und kein bisschen berechenbar: ein solcher Eindruck entsteht während der Lektüre dieses Buches von Steve Jobs als Vater.

Lisa Brennan-Jobs ist die Autorin, Jobs' Tochter aus einer Beziehung, die bereits vor ihrer Geburt eine gescheiterte war, zunächst hat er sie nicht einmal offiziell anerkannt.

Und auch, nachdem dies geschehen ist, erleben wir ihn als überaus schwankende Persönlichkeit gerade in dieser Rolle. Aber mal ehrlich: hätte jemand etwas anderes vom Urvater aller Nerds (so sehe ich ihn) erwartet? Für mich ist dieses Buch die Bestätigung eines Klischees.

Und dafür ist es eigentlich ganz gut geworden, denn Lisa Brennan rechnet nicht ab mit ihrem Vater bzw. ihren Eltern. Sie berichtet. Wenn auch alles andere als emotionslos, was bei diesem Thema auch mehr als verständlich ist, ich könnte da auch nicht sachlich (oder was ich dafür halte) bleiben).

Somit ist dies keine warmherzige Familienbiographie geworden, aber auch keine ununterbrochene Auflistung von Missständen. Ob es jemanden interessiert hätte, wenn es hier nicht um Steve Jobs gegangen wäre?

Nun, es wäre sicher kein Bestseller geworden, aber ich hätte es - wenn ich dann überhaupt davon gehört hätte - auch so gern zur Hand genommen, weil ich mich einfach für Kindheitserfahrungen interessiere. Tun aber nicht viele, weswegen die öffentliche Aufmerksamkeit dem Buch sicher versagt geblieben wäre.

In gewisser Weise wird der Leser in seiner Wahrnehmung bestimmter Ereignisse manipuliert. Bspw. hat Steve Jobs jahre- wenn nicht jahrzehntelang behauptet, dass er den Apple Lisa, einen der ersten PCs überhaupt, nicht nach seiner Tochter benannt hat. Nur während eines gemeinsamen Besuchs bei U2-Sänger Bono - Lisa ist längst erwachsen - gibt er es auf dessen Nachfrage endlich zu. Schreibt Lisa Brennan-Jobs. Vielleicht behauptet er es ja auch nur.

Wie bereits erwähnt, ist dies ein sehr persönliches Werk. Eines mit so einigen Längen. Eine unbedingte Empfehlung gibt es von mir nicht, nur so viel: ich bereue die Lektüre nicht und Apple-Fans oder auch Altersgenossen der Autoren lesen das Buch eventuell mit mehr Begeisterung.

Veröffentlicht am 28.03.2019

Erfolgsgeschichte schreiben

Mein Jahr mit Dir
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das will die junge Amerikanerin Ella mit ihrem Leben anstellen und auch der Leser ist ohne weiteres überzeugt, dass sie dies schafft, denn auf der Reise zu ihrem einjährigen Aufenthalt in Oxford als Begünstigte ...

das will die junge Amerikanerin Ella mit ihrem Leben anstellen und auch der Leser ist ohne weiteres überzeugt, dass sie dies schafft, denn auf der Reise zu ihrem einjährigen Aufenthalt in Oxford als Begünstigte eines außerordentlich prestigeträchtigen Stipendiums wird sie von einem der ersten Politikmanager der Vereinigten Staaten angerufen und mehr oder minder auf Knien angefleht, die Wahlkampagne für die Kandidatin der Demokraten zu übernehmen.

Wohlgemerkt während des Studienjahrs in Oxford, das sie bitteschön so intensiv wie nur möglich genießen soll. Ein bisschen wie im Märchen? Das empfand ich auch beim Lesen!

Und so geht es auch weiter: gleich am ersten Tag dort lernt sie wundervolle Freunde kennen, die mit ihr durchs Feuer gehen (quasi ab dem ersten Tag ihrer Bekanntschaft) und einen absolut heißen Typen namens Jamie, der sich als ihr Dozent entpuppt. Der hat allerdings ein Geheimnis, ein ziemlich heftiges sogar.

Aus meiner Sicht flacht die Geschichte relativ schnell ab und wird zudem total unrealistisch. Aber es gibt einen Faktor, den ich sehr goutiert habe: die Stadt Oxford ist quasi die schillerndste Figur in dem Buch, sie wird wirklich sehr atmosphärisch beschrieben und wer schon mal dort war, wird auf vielen Seiten auf Bekanntes stoßen, was für mich wirklich ein Genuss war und mich ein stückweit mit dem Buch versöhnte.

Aber dennoch ist es für mich nicht der Tipp des Jahres, sondern ganz einfach nur gute, amüsante Unterhaltung mit ein bisschen zu viel Tragik und Wagemut - beides ist in dem Ausmaß unrealistisch, finde ich.

In diesem Sinne wünsche ich allen Oxford-Fans ganz viel Spaß mit einem Roman der Marke Federleicht!

Veröffentlicht am 21.02.2019

Frauen, die ihre innere Zerrissenheit zelebrieren

Die Liebe im Ernstfall
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Auf der Suche nach Erfahrungen sind die fünf Frauen, um die es in Daniela Kriens Roman "Die Liebe im Ernstfall" geht. Für mich ist es eher eine Sammlung von fünf (längeren) Kurzgeschichten, denn ...

Auf der Suche nach Erfahrungen sind die fünf Frauen, um die es in Daniela Kriens Roman "Die Liebe im Ernstfall" geht. Für mich ist es eher eine Sammlung von fünf (längeren) Kurzgeschichten, denn jede der hier vorgestellten Frauen hat ihre Geschichte - und diese haben nur bedingt miteinander zu tun. Denn es ist nicht so, dass sich alle fünf Frauen kennen - jede kennt manche davon und nur Judith kennt alle - die meisten allerdings im Rahmen ihrer Tätigkeit als niedergelassene Hausärztin.

Und alle diese Frauen haben Wünsche und Sehnsüchte, vor allem aber Erfahrungen. Erfahrungen in einem Bereich, nämlich in der Liebe. Um sie geht es hier und zwar nicht nur im Ernstfall.

Ich muss gestehen, ich bin nicht zum Fan dieses Romans geworden: vor allem deswegen, weil die Frauen nicht eindringlich genug charakterisiert wurden. Und ihre Liebesgeschichten - von denen durchaus viele Folgen hatten - waren aus meiner Sicht nur selten Ernstfälle. Oftmals mit unsympathischen Männern. Oder auch die Frauen wurden in der Konfrontation der bestehenden oder vergehenden Liebe zu Unsympathinnen.

Hier rein, da raus - das ist leider mein Fazit dieser Lektüre, die - durchaus gefällig geschrieben - sich nicht allzu tief in meinem Bewusstsein eingenistet hat - ich habe fast schon während des Lesens vergessen, was es mit der vorherigen Frau eigentlich auf sich hatte.

Für mich sind alle fünf Frauen, die ihre innere Zerrissenheit zelebrieren, jede auf ihre eigene Art und teilweise auch nur zu einem bestimmten Zeitpunkt ihres Lebens. Das kann spannend sein, doch die verlorenen Chancen, die bei einer Monika Zeiner oder Vea Kaiser witzige, spritzige oder auch tiefgründige Folgen haben, verpuffen hier vielfach im Nichts.