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Veröffentlicht am 30.12.2017

Erinnert zu sehr an Flavia de Luce

Die Eistoten
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Keine Frage, Christian Buder kann schreiben - glatt und elegant gleitet man förmlich in die Geschichte der 11jährigen - die Zahl 11 wird in dem Buch noch eine herausragende, sehr geheimnisvolle Rolle spielen ...

Keine Frage, Christian Buder kann schreiben - glatt und elegant gleitet man förmlich in die Geschichte der 11jährigen - die Zahl 11 wird in dem Buch noch eine herausragende, sehr geheimnisvolle Rolle spielen - Alice, die hochbegabt ist, sich mit Wittgenstein austauscht, in der eigenen Familie jedoch nicht immer auf Verständnis stösst, hinein. Der Stil ist anspruchsvoll, die Figuren witzig, der Rahmen - ein winziges Dorf im Allgäu in der allerkältesten Jahreszeit - originell und gut gewählt, zudem verwöhnt uns der Autor mit Sätzen wie "Auch Bücher sterben ...nur viel langsamer. Und selbst sterbend hatten sie noch viel zu erzählen! (S.24)"

Alice selbst ist eine ungewöhnliche, facettenreiche Figur, die nicht nur Wittgenstein, sondern auch auf andere Gestalten wie bspw. Sokrates trifft. Sie hat es nicht einfach: der Vater ein verschlossener Kommissar, die Mutter vor Jahren am Tag vor dem Heiligen Abend verstorben - ermordet, meint Alice, die Schwester ein nerviger Teenie... der Großvater ist schon auf ihrer Seite, kann aber nicht immer mithalten... Es geht um eine Reihe an Toten, die immer am 23. Dezember auftauchen - seit 10 Jahren wiederholt sich dies in jedem Jahr, doch gibt es noch mehr Tote. Auch Alice scheint in Gefahr zu sein und dann steht auch noch ihr geliebter Großvater unter Verdacht...

Trotz aller Schwierigkeiten, die sich ihr in den Weg stellen, kämpft Alice weiter und arbeitet verbissen an der Lösung des Falles.

Leider schwächelt das Buch am Ende: das ist vor allem sehr absehbar: ich hatte den Mörder ab dem 2. Drittel des Buches zumindest als möglichen Täter, auf jeden Fall aber als jemanden, der ziemlich tief mit drinhängt, im Blick und normalerweise tue ich mich beim Finden solcher Lösungen eher schwer.

Wunderschön geschrieben und anfänglich auch spannend - doch leider ist mir alles viel zu nahe dran an der großartigen Flavia de Luce, der Serienfigur in den Büchern von Alan Bradley : Buders Buch spielt zwar in Deutschland und in der Gegenwart, aber es gibt massenweise Parallelen - beide Protagonistinnen leben ausgesprochen ländlich und sind ungewöhnlich helle für ihr Alter, haben nervige Schwestern: hier eine, da zwei, beide Mütter leben nicht mehr, die Schwestern geben Alice/Flavia die Schuld daran....auch das Alter stimmt mehr oder weniger überein - und die Schwestern sind jeweils älter.

Obwohl Überirdisches vorkommt - in Form von Alices Erscheinungen, die jedoch genauso gut der Fantasie eines unterforderten Mädchens entspringen können - hat die Geschichte für mich nichts mit herkömmlichem Fantasy zu tun. Die Verbindung zu Wittgenstein hätte eleganter herausgearbeitet werden können, um auch eine Distanz zu Flavia de Luce herzustellen, die aus meiner Sicht überhaupt nicht gegeben war.


Was mir gefiel - das Lokalkolorit war gut hineingebracht, teilweise war die Handlung auch wirklich sehr spannend - aber irgendwann kam dann nichts Neues mehr.

Trotzdem würde ich auch das nächste Buch der Serie lesen wollen - der Stil gefällt mir wirklich gut und vielleicht kommen noch ein paar Alice-spezifischere Eigenschaften zum Tragen. Und... möglicherweise kann das Ende dann überraschen!

Veröffentlicht am 30.12.2017

Ein Rabbi mit Macken

Der Rabbi und das Böse
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Ein Rabbi steht im Mittelpunkt des zweiten Krimis um Kommissar Assaf Rosenthal - und er lebt nicht nicht lange: nein, auf den ersten Seiten des überaus spannenden Krimis wird er vor den Augen Tausender ...

Ein Rabbi steht im Mittelpunkt des zweiten Krimis um Kommissar Assaf Rosenthal - und er lebt nicht nicht lange: nein, auf den ersten Seiten des überaus spannenden Krimis wird er vor den Augen Tausender auf einer Kundgebung umgebracht - ausgerechnet von einem Weihnachtsmann! Schnell stoßen die Ermittler auf Einiges im nunmehr vergangenen Leben des Rabbi, dem es wert ist, nachzuspüren und ermitteln nicht nur in eine Richtung.

Die junge Autorin Katharina Höftmann bietet ihren Lesern erneut einen klassischen Whodunnit mit allem Zipp und Zapp in in Tel Aviv, der inoffiziellen Hauptstadt Israels, die wir diesmal von ihrer religösen Seite erleben - auch das Leben der Palästinenser ist diesmal Thema.

Wie auch in Höftmanns erstem Krimi gibt es markante Charaktere mit Wiedererkennungswert - nicht nur Assaf, auch seine Kollegen sind mir aus dem Vorgänger, der "letzten Sünde" nachhaltig im Gedächtnis haften geblieben - wahrlich versteht es die Autorin, eine Figur mit wenigen Sätzen so hinzuwerfen, dass sie nicht nur Hand und Fuß hat, sondern durch hervorstechende, aber keineswegs übertriebene Eigenschaften und Merkmale im Gedächtnis - und nicht selten auch im Herzen - der Leser haften bleibt.

Bereits jetzt, im zweiten Teil, hat Höftmann für die Etablierung ihrer Serie gesorgt und einige Mängel aus dem ersten Teil elimiert. So ist hier durchgehend für Spannung gesorgt, wobei tiefgründigere Details und Hintergrundinfos zu Israel - aus meiner Sicht zeigen sich hier die wahren Qualitäten der Autorin - zu keiner Zeit auf der Strecke bleiben. Auch wenn sich auch diesmal die Lösung , bzw. zumindest Teile davon früh abzeichnen, gibt es einige überraschende Wendungen - und zumindest in den ersten zwei Dritteln durchaus ein paar falsche Fährten.

Bereits nach dem ersten Band um Assaf Rosenthal war ich zum Fan dieser Reihe geworden, dies hat sich jettz noch gesteigert! Höftmann hat ein Setting mit einer ganzen Anzahl von Alleinstellungsmerkmalen geschaffen, die sicher dafür sorgen werden, dass Assaf Rosenthal in der deutschen Krimilandschaft in einigen Jahren ähnlich bekannt ist wie Lisbeth Salander! Ein kleiner Tipp für alle, die Stoff für Verfilmungen suchen: dieser eignet sich bestens - Assaf wird sich - wenn er passend besetzt wird - sicher mit atemberaubender Schnelligkeit zum Liebling vieler weiblicher Zuschauer aufschwingen!

Wer packend und eloquent formulierte, atmosphärische Krimis liebt, der ist auch mit Höftmanns zweitem Krimi bestens bedient.

Veröffentlicht am 30.12.2017

Grün, grün, grün ist alles, was ich habe

Grün. Le vert de la Provence
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nur leider hatte dieser Krimi außer provencalischem Grün nicht viel für mich zu bieten - genauer gesagt, wurde ich nicht so recht warm mit ihm.

Dabei begann alles so spannend: der deutsche Verleger Edgar ...

nur leider hatte dieser Krimi außer provencalischem Grün nicht viel für mich zu bieten - genauer gesagt, wurde ich nicht so recht warm mit ihm.

Dabei begann alles so spannend: der deutsche Verleger Edgar Baumann - ein bereits älterer Herr - wird tot in seinem Pool aufgefunden: Herzversagen! Dabei war alles ganz, ganz anders und hatte mit seiner Leidenschaft für Frauen - leider nicht für seine eigene - zu tun. Edgars Witwe Valerie bittet Anselm Bernhard, einen der Autoren ihres Mannes, um Unterstützung.

Danach pflastern weitere Leichen, deren Ableben definitiv keinen natürlichen Grund hatte, den Weg des Lesers. Es gibt verschiedene Hinweise - auf Pauline, eine ältere Kräuterkundlerin, die ganz dicke mit Edgar war, auf die deutsche Besatzungsmacht in der Provence während des zweiten Weltkriegs - und auf Edgars Bekanntenkreis, der vor allem auf seine Geschäftsinteressen fokussiert ist.

Spannende Erzählstränge - doch sind sie leider eher wirr aufeinander abgestimmt und enden teilweise abrupt. Die Figuren schwächeln, die wenigen besonderen Merkmale werden wieder und wieder erläutert, was sie nicht unbedingt lebendiger werden lässt. Und leider hapert es auch bzw. insbesondere am Erzählstil - wirklich wichtige Voraussetzungen werden irgendwann mitten im Buch erläutert, als sei es dem Autor gerade erst eingefallen, dass der Leser die entsprechenden Informationen zum Verständnis benötigt - dabei waren sie mindestens drei Kapitel vorher zum Verständnis erforderlich.

Nur die Provence selbst, ihre Landschaft, ihre Besonderheiten, wird würdig abgehandelt - grün und prall erstrahlt sie: und dieser Schein zieht sich durch das ganze Buch. Doch das reicht leider nicht und dementsprechend ratlos bleibe ich zurück. Empfehlen kann ich dieses Buch nur den allergrößten Provence-Fans, die wirklich jedes kleinste Fitzelchen darüber lesen möchten!

Veröffentlicht am 30.12.2017

Sie hat immer einen Plan

Der Verrat
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In die Welt drittklassiger Promis gerät die Autorin und Journalistin
Stephanie, die sich ihre Brötchen vor allem als Ghostwriterin für
Biographien verdient, unmittelbar, als sie darum gebeten wird, Scarlett
Higgins, ...

In die Welt drittklassiger Promis gerät die Autorin und Journalistin
Stephanie, die sich ihre Brötchen vor allem als Ghostwriterin für
Biographien verdient, unmittelbar, als sie darum gebeten wird, Scarlett
Higgins, einen wirklich drittklassigen C-Prominten, die durch eine
Reality-Show Berühmtheit erlangt hat und es schafft, diese auf einem
gewissen Level auch zu halten.

Das Unerwartete geschieht - die
beiden Frauen freunden sich an, Steph wird zu Scarletts Vertrauter auch
in einer ausgesprochen schweren Zeit, in der bei ihr Brustkrebs
festgestellt wird, der zunächst geheilt werden kann, dann jedoch ein
tödliches Ende nimmt. Denn Scarlett ist nicht so oberflächlich wie es
scheint: sie hat vielseitige Interessen und Kenntnisse - und vor allem
hat sie immer einen Plan.

Als klar wird, dass Scarlett nicht
überleben wird, vertraut sie Steph testamentarisch ihren 5jährigen Sohn
Jimmi anvertraut und die alleinstehende Steph zögert keine Sekunde, die
Verantwortung zu übernehmen, auch als herauskommt, dass Jimmi nicht ein
müdes Pfund erbt. Um das traumatisierte Kind und sich selbst auf andere
Gedanken zu bringen, plant Steph - durchaus unter größeren finanziellen
Mühen - einen Urlaub in Kalifornien. Und dann wird Jimmi bei der Ankunft
in den Staaten auf dem Flughafen entführt, für Steph folgt ein
intensives Verhör, in dessen Verlauf sie Scarletts, Jimmis und ihre
eigene Geschichte erzählt.

Ein toll geschriebenes, eindringliches
Buch mit intensiv und wirkungsvoll dargestellten Charakteren - keine
Frage, dass die seit Jahren erfolgreiche Autorin Val McDermid schreiben
kann wie sonst kaum eine.

Dennoch erlebte ich diesmal gleich aus
mehreren Gründen eine herbe Enttäuschung, obwohl ich das Buch bis zum
Ende mit Genuss gelesen habe. Der Hauptgrund - die Auflösung war einfach
viel zu absehbar und deutete sich für mich im großen und ganzen bereits
im ersten Drittel des Buches an.

Dass "Der Verrat" kein
knallharter Thriller, sondern eher eine sich ruhig entwickelnde
Charakter- und Milieustudie ist, hat mich hingegen kein bisschen
gestört - ein Profi, eine Autorin der Extraklasse wie Val McDermid kann
sich sowas leisten.

Doch ein bisschen erinnert es mich an die
letzten Werke ihrer Landsmännin Barbara Vine, wo inhaltlich einfach
schon die Luft raus ist, das aufgebaute Konstrukt von "Suspense" - um
einmal den berühmten, von Hitchcock geprägten Begriff zu bemühen - und
Spannung nicht aufrecht erhalten werden kann und irgendwann wie eine
Seifenblase platzt. Mit Sicherheit keines von McDermids Paradestücken.
Wer jedoch gut geschriebene Spannungsliteratur liebt, der kann mit
diesem Buch nichts falsch machen.

Veröffentlicht am 30.12.2017

Mutterliebe

Das Licht zwischen den Meeren
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... das ist nicht das einzige, aber eines des zentralen Themen, um die es in diesem Buch geht. Die anderen sind Verlust, Glück, Lüge, Verrat und vor allem Gewissen und Liebe ganz im Allgemeinen.

Die Geschichte ...

... das ist nicht das einzige, aber eines des zentralen Themen, um die es in diesem Buch geht. Die anderen sind Verlust, Glück, Lüge, Verrat und vor allem Gewissen und Liebe ganz im Allgemeinen.

Die Geschichte ist eine alltägliche, ja fast beiläufige: Auch Australien hat unter dem ersten Weltkrieg gelitten und viele seiner Söhne verloren. Die, die zurückkehren, tragen häufig eine schwere Last wie auch Tom Sherbourne, der durch einen Zufall Leuchtturmwärter wird und entdeckt, dass dies nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung sein kann: besonders, als die Liebe bei ihm einkehrt und er sich mit seiner Frau Isabelle eine gemeinsame Existenz auf der kleinen Insel Janus Rock aufbaut. Es folgen Tage der Zweisamkeit, Tage voller Glück - bis Isabelle eine Fehlgeburt nach der anderen erleidet und zunehmend an ihrer Kinderlosigkeit verzweifelt. Bis eines Tages ein Boot mit der Leiche eines Mannes und mit einem sehr lebendigen Baby angeschwemmt wird. Aus dem kleinen Mädchen wird Lucy, aus dem Ehepaar eine Familie... doch dieses Glück, das auf einer Lüge basiert, hat keinen Bestand...

Häufig mitreißend, hin und wieder an der Grenze zum Kitschigen vorbeistreifend und nicht ohne teilweise erhebliche Längen erzählt die australische Autorin M.L. Sherman die Geschichte von Tom, Isabelle und Lucy... und von Hannah, Lucys wahrer Mutter. Die Stärke der Autorin liegt in der Kraft ihrer atmosphärischen Schilderungen, mit denen sie den Leser mühelos in das Australien der späten 1920er Jahre versetzt und ihm scheinbar nebenher eine Reihe interessanter und relevanter historischer Informationen vermittelt. Die Geschichte selbst hätte von Zeit zu Zeit ein wenig mehr Kraft gebrauchen können, doch insgesamt ist die behutsame Schilderung der verschiedenen Positionen, der Begründung der unterschiedlichen Handlungsweisen aller beteiligten Charaktere durchaus gelungen. Der Leser muss sich zunächst daran gewöhnen, dass die Autorin die Figuren nicht nach ihren Charakteren, sondern durch ihre Handlungsweisen, ihre Motivation beschreibt. Ein interessanter Ansatz - wenn man sich denn an ihn gewöhnt hat. Was ist richtig - was ist falsch? Das ist hier die zentrale Frage, die sich für nahezu jede Figur unterschiedlich beantworten lässt.

Ein Roman, der zum Nachdenken veranlasst und insgesamt ein lesenswertes Buch über die großen Gefühle im Leben eines jeden Menschen - nicht nur in Australien!