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Veröffentlicht am 21.12.2017

Eine Familie, die in Blut schwimmt

Die gute Tochter
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Karen Slaughter ist immer mal wieder für was Neues gut - es wird dem ein oder anderen hartgesottenen Thrillerfan schwer fallen, das vorliegende Buch, in dem es um die Tragödie(n) der Familie Ouinn geht, ...

Karen Slaughter ist immer mal wieder für was Neues gut - es wird dem ein oder anderen hartgesottenen Thrillerfan schwer fallen, das vorliegende Buch, in dem es um die Tragödie(n) der Familie Ouinn geht, in ebendieses Genre einzuordnen, aus meiner Sicht passt es aber wie die Faust aufs Auge!

Vater Rusty Quinn verteidigt als Anwalt diejenigen, die es aus Sicht vieler nicht verdienen, Verbrecher nämlich, darunter auch richtig schwere Jungs und steht daher in seinem Umfeld ständig unter Beschuss, was ihn persönlich jedoch nicht weiter stört. Bis zu dem Tag, an dem seine Familie daran zerbricht.

Aber dennoch macht er weiter und wird nach wie vor ständig angefeindet, nicht so sehr von den Opfern wie von den Verbrechern selbst, die aus unterschiedlichsten Gründen Rache an ihm nehmen wollen. Seine jüngere Tochter Charlie, die inzwischen selbst Anwältin, allerdings eher im Familienbereich ist, ist stets an seiner Seite.

An dem Tag jedoch, an dem es in der Schule knallt und die minderjährige Schülerin Kelly des Verbrechens beschuldigt wird, ist jedoch sie selbst Augenzeugin. Und - wie könnte es anders sein - übernimmt Vater Quinn mal wieder die Verteidigung. Und dann knallt es wieder und die Familie muss mehr denn je für einander einstehen, damit sie nicht wieder einmal wie schon vor vielen Jahren im eigenen Blut schwimmt und diesmal möglicherweise komplett weggeschwemmt wird.

Karin Slaughter ist nicht umsonst seit Jahren eine der ganz Großen der amerikanischen Thrillerlandschaft: sie schreibt wie keine Zweite, entwirft ein packendes Szenario, vielschichtige Charaktere, die der Leser quasi gleich vor Augen hat und sorgt für die ein oder andere Überraschung. Zudem hat sie stilistisch und sprachlich einiges drauf und kann dem ein oder anderen Kollegen, der sich als Autor der so genannten höherwertigen Literatur versteht, noch einiges vormachen.

Im Gegensatz zum Vorgänger der "Einzelfälle" Slaughters, Pretty Girls, gibt es aus meiner Sicht diesmal keine Längen, allerdings sind ein paar Charaktere - allen voran Rusty, aber auch Kelly ziemlich überzeichnet, wie auch einige Erzählstränge ein wenig zu klischeebehaftet daherkommen.

Dennoch emfehle ich dieses Buch von ganzem Herzen als süffigen Thriller mit Tiefgang. Der ein oder andere Freund hochwertiger Thriller wird vielleicht das ein oder andere Mal die Augenbrauen hochziehen (wenn auch nur ein bisschen). Doch wer solide, gut geschriebene Thriller mag, die blutig, aber alles andere als billig sind, ist hier durchaus gut bedient!

Veröffentlicht am 21.12.2017

Ein Glücksritterhttps://www.lesejury.de/rezensionen/verfassen/2273804

Mein Leben als Hoffnungsträger
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ist das, was aus dem Protagonisten Philipp, zunächst als Hoffnungsträger bezeichnet, im Laufe des Buches wird. Und zwar im allerallerpositivsten Sinne! Denn diese Entwicklung hat mit Freiheit zu tun und ...

ist das, was aus dem Protagonisten Philipp, zunächst als Hoffnungsträger bezeichnet, im Laufe des Buches wird. Und zwar im allerallerpositivsten Sinne! Denn diese Entwicklung hat mit Freiheit zu tun und an ihr sind Menschen beteiligt, die mir im Laufe der Lektüre ans Herz gewachsen sind - allesamt.

Philipp ist einer von denen, sie sich treiben lassen durch ihr Leben. Seine Lehre als Mechatroniker beendet er nicht, auch seine WG-Karriere ist zeitlich beschränkt - er hängt herum. Bis er von Uwe eingesammelt wird, dem Chef eines Recyclinghofes, der ihn gleich als Hoffnungsträger sieht.

Doch auch privat gibt es Entwicklungen - solche, die durch neue Menschen in Philipps Leben herbeigeführt werden, wie Mila, die von allen Bewunderte, die sich dennoch für ihn entscheidet. Und durch solche, die er wiederfindet wie seinen alten Schulkameraden Jonas.

Es passiert nicht viel in diesem Buch - der Leser begleitet Philipp auf einem Stück seines Lebens, doch das geschieht mit so viel Empathie, auf eine derart entspannte und doch erbauliche Weise, dass jeder Satz, jede Seite ein wahrer Genuss ist.

Warmherzig und entspannt, dabei heiter: so schildert Jens Steiner das Leben derjenigen, die manch einer als Verlierer bezeichnen würde. Hier jedoch werden sie wertgeschätzt: als Menschen, die die Freiheit haben, über ihren Weg zu entscheiden, denen Achtung entgegengebracht wird - vom Autor, aber auch von ihren Mitmenschen, den weiteren Protagonisten im Buch.

Feinfühlig und mit Humor und Achtsamkeit entwickelt Jens Steiner seine Figuren - diese Charaktere, die hier aufeinandertreffen sind es, die das Buch zum Leben bringen. Ein wunderschönes Buch, das mich gut gelaunt zurückläßt - und das ich jedem empfehle, der ein bisschen Hoffnung gebrauchen kann.

Veröffentlicht am 21.12.2017

Ein Mordsdorf

Das Mädchen, das schwieg
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das ist Losvika, ein kleines Nest auf einer norwegischen Insel. Die Journalistin Kajsa und ihr Mann, der Polizist Karsten sind mit ihrer Patchworkfamilie dorthin gezogen, nachdem Karsten bei einem Einsatz ...

das ist Losvika, ein kleines Nest auf einer norwegischen Insel. Die Journalistin Kajsa und ihr Mann, der Polizist Karsten sind mit ihrer Patchworkfamilie dorthin gezogen, nachdem Karsten bei einem Einsatz schwer verletzt wurde - körperlich, aber auch seelisch. Und hier auf der Insel hat Kajsa die Möglichkeit, als Freelancer zu arbeiten und sie fühlt sich wohl hier, verbindet sie doch schönste Kindheitserinnerungen mit dem Dorf. Denn der Umzug wurde aufgrund eines Erbes möglich, das Kajsa von ihrer Tante erhielt. Sie hatte sie in Kindertagen oft besucht - und sommers wie winters paradiesische Zustände erlebt.

Diese allerdings sind jetzt so weit entfernt wie nur was - neben Eheproblemen, die ihren Grund vor allem in Karsten Zustand haben, hat es in letzter Zeit eine Menge Todesfälle gegeben. Eine alleinstehende Frau, noch jung, aber extrem einsam, wird ermordet in ihrem Haus aufgefunden, nachdem auch ihren Vater, einen Prediger, einige Monate zuvor dasselbe Schicksal ereilt hatte.

Kajsa ermittelt im Rahmen ihrer journalistischen Tätigkeit und hat auch bald schon ihren Mann zur Seite, der nach einer zweieinhalbjährigen krankheitsbedingten Pause quasi in den Beruf zurückgezwungen wird. Und bald schon offenbart sich ihnen Grauenvolles: neben Kindesmißbrauch sind jede Menge weiterer Brutalitäten im Spiel und als wäre das nicht genug, verschwindet auch noch Tone, die vierzehnjährige Nachbarstochter spurlos.

Hier geht es um das Leben im Dorf, aber auch in der Strenge einer christlichen Gemeinde, die aus meiner Sicht fast in die Nähe einer Sekte gerückt wird. Angenehmerweise wird diese von der Autorin jedoch nicht gebrandmarkt, nein, einfühlsam arbeitet sie den Zwiespalt heraus.

Insgesamt vermittelt dieser Krimi viele Eindrücke zum Leben im ländlichen Norwegen, dazu beinhaltet er auch Einblicke ins Familienleben, regelrechte Dramen. Abgesehen von einigen unlogischen "Hubbel" und dem aus meiner Sicht ein wenig übereilten und insgesamt unglücklichen Show-Down am Ende hat mir das Buch ganz ausgezeichnet gefallen und ich werde sicher noch "Totensommer", den ersten Band dieser Reihe, lesen. Und auf weitere Folgen freue ich mich auch sehr, denn mit Kajsa und Karsten hat Autorin Trude Teige ein durchaus untypisches Ermittlerpaar geschaffen, dem ich noch eine ganze Menge zutraue! Diese Reihe empfehle ich aus ganzem Herzen!

Veröffentlicht am 21.12.2017

Die Pariser Antwort auf Anita Berber

Die Tänzerin von Paris
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die Startänzerin der 1920er Jahre in Berlin? Nein, das war Lucia Joyce, Tochter des großen irischen Autors und mit ihren Eltern jahrelang im französischen Exil lebend, nicht ganz. Auch wenn es im englischsprachigen ...

die Startänzerin der 1920er Jahre in Berlin? Nein, das war Lucia Joyce, Tochter des großen irischen Autors und mit ihren Eltern jahrelang im französischen Exil lebend, nicht ganz. Auch wenn es im englischsprachigen Wikipedia-Eintrag zu ihr ein ungeheuer avantgardistisches Foto von ihr als Tänzerin gibt.

Sie war eine junge Frau mit vielen Träumen, die in vielem scheiterte - und irgendwann zu alt dafür war. Doch das vorliegende Buch der Britin Annabel Abbs behandelt ihr Leben in Paris - und in Zürich, wo sie Patientin von C.G. Jung war.

Also kein glückliches Leben? Lesen Sie selbst über ihre Erfolge und ihr Scheitern, ihr Leben und Lieben - Samuel Beckett war der Mann ihrer Begierde - doch machen Sie sich gefasst auf ziemliche Längen.

Literaturfreunden würde ich eher zu einer Biografie über James Joyce, die auch seine Familie umfasst, raten, denn hier habe ich den verdacht, dass doch recht vieles der Phantasie der Autorin entspringt. Ist ja auch vollkommen legitim für einen Roman, aber der ein oder andere Leser dürfte andere Erwartungen haben - ich zugegebenermaßen auch, wenn auch nur in Form einer Zeittafel zur Familie Joyce, eines Personenregisters und eines ausführlichen Nachworts. Gibt es alles nicht - nun ja, das Nachwort schon, aber es ist wirklich nur kurz und gewährt keinen "ordentlichen" Einblick. Im Gegensatz zum langatmigen und oft ermüdenden Stil der Autorin.

Nein, leider keine Empfehlung von mir, auch wenn es stellenweise recht unterhaltsam war - aber wirklich nur punktuell!

Veröffentlicht am 21.12.2017

Ein kleiner Buchladen mitten in den Cotswolds

Liebe zwischen den Zeilen
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unweit von Oxford - das ist Emilias Erbe, das sie von ihrem viel zu früh verstorbenen Vater Julius erhält. Ein wunderbarer Mensch war er, der ihr eine herrliche Kindheit und Jugend ermöglicht hat. Dass ...

unweit von Oxford - das ist Emilias Erbe, das sie von ihrem viel zu früh verstorbenen Vater Julius erhält. Ein wunderbarer Mensch war er, der ihr eine herrliche Kindheit und Jugend ermöglicht hat. Dass Julius dennoch nicht perfekt war, erfährt sie nur allzu bald. Denn Finanzen waren im Gegensatz zu Menschen und Büchern seine Sache nicht. Aber Emilia merkt schnell, dass sie nicht allein ist - ihr charismatischer Vater hatte einen Kreis ganz besonderer Menschen um sich versammelt, der sich auch ihr zur Verfügung stellt. Und es kommen weitere hinzu.

Ja, die Menschen und ihre Schicksale - man merkt schnell, dass Autorin Veronica Henry ein ganz besonderes Händchen für sie hat. Nicht nur die Figuren sind liebevoll und warmherzig gezeichnet, nein, hinter jeder steht auch eine individuelle Geschichte, die dem jeweiligen Charakter in wenigen Sätzen einen so stabilen Hintergrund verleiht, wie ich es selten in einem Unterhaltungsroman wie diesem erlebt habe!

Auch die Umgebung - zwar nicht die Cotswolds, wohl aber der Buchladen und weitere Settings sind überaus atmosphärisch dargestellt.

Ganz klar ist dies ein Roman, der dazu einlädt, es sich mit ihm gemütlich zu machen, auf der Couch, auf einer schattigen Bank im Grünen, im Strandkorb oder aber auch am Kaminfeuer oder bei Kerzenschein. Ja, wenn ich es mir genauer überlege, passen die beiden letzten Settings doch mit Abstand am besten, denn wenn ich ihn auch im Sommer mit Genuss gelesen habe, ist dies doch eigentlich ein perfekter Winterroman und damit auch als Weihnachtsgeschenk von ganzem Herzen zu empfehlen. Schenken sie es denjenigen, denen sie ein wohliges, warmes Gefühl vermitteln wollen, denen, die ihnen besonders am Herzen liegen. Denn neben Gemütlichkeit vermittelt dieser Roman mit seinen Auf und Abs eine Menge Herzenswärme. Ich habe ihn in wenigen Stunden durchgehabt - und bin nun wirklich traurig, dass es schon vorbei ist!

Seien Sie froh, es noch vor sich zu haben und wählen Sie für Ihre Lektüre einen ganz besonderen Zeitraum aus, in dem sich selbst etwas Gutes tun möchten! Machen Sie es sich bequem in jeder Hinsicht - und ich bin sicher, dass Sie sich zu einem Erlebnis verhelfen, an das sie noch lange gern zurückdenken.