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Veröffentlicht am 20.12.2017

Belleville - ein fremdenfeindliches Dorf

In tiefen Schluchten
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Auch wenn es auf den ersten Blick alles andere zu sein scheint, denn Touristen sind gerne gesehen. Auch Tori Godon, die zusammen mit ihrem leider inzwischen verstorbenen Mann Carl, einem Nachfahren von ...

Auch wenn es auf den ersten Blick alles andere zu sein scheint, denn Touristen sind gerne gesehen. Auch Tori Godon, die zusammen mit ihrem leider inzwischen verstorbenen Mann Carl, einem Nachfahren von Hugenotten, die auch gerade dort in der Umgebung, in der Ardeche, ansässig waren, bevor sie vertrieben wurden, hatte bislang nur Gastfreundlichkeit erfahren.

Bis sie Näheres erfahren möchte, um einige Dinge zu klären. Adriaan, ein holländischer Höhlenforscher, ist nämlich einfach verschwunden, ganz sang- und klanglos. Und dann stirbt auch noch Didier, ein recht gesprächiger, ja schwatzhafter alter Mann.

Dann nämlich werden die Leute auf einmal schweigsam und wenden sich ab - warum wohl? Gut, dass es ein paar andere Deutsche im Dorf gibt, die Tori bei ihren Nachforschungen zur Seite stehen!

Anne Chaplet schreibt fesselnd, literarisch anspruchsvoll und mit großer Kenntnis der internationalen Zeitgeschichte, daher ist auch ihr neues Werk auf sprachlicher Ebene ein Genuss und setzt sich wohltuend von der Masse deutscher Krimis ab. Der Plot dieses Krimis, durch den eine neue Reihe eingeleitet werden soll, vermag durchaus Schritt zu halten mit den schriftstellerischen Fähigkeiten der Autorin. Allerdings bleiben gerade zum Ende hin, wo doch eigentlich aufgelöst werden sollte, im letzten Drittel ziemlich viele Dinge offen. Stört mich nicht, wenn die Reihe, die hier angefangen wird, im Laufe der Zeit das ein oder andere auflöst, auch wenn ich es insgesamt dann doch ein wenig ergebnisorientierter bevorzuge.

Wunderbar hingegen die herrlichen Schilderungen der Landschaft, der Atmosphäre und insgesamt des südlichen Frankreich, nicht der Küste, sondern der Berglandschaft, der Cevennen. Fernab von touristischen Prospekten tut sich hier eine Welt auf, die vom Leser verlangt, sie in Gänze zu erfassen - Anne Chaplet bietet dafür die besten Voraussetzungen. Ich habe schon einige der Krimis der Autorin gelesen, die teilweise in Lateinamerika spielen - ich finde, dort wurde die Stimmung nicht ganz so einfühlsam eingefangen, wie es hier in Frankreich der Fall ist. Ich empfehle das Buch für Frankreichfans, für Leser, die nicht auf actionreiche, sondern eher auf stimmungsvolle Spannung stehen und für diejenigen, die das Genre "Krimi" nicht zu eng fassen.

Veröffentlicht am 20.12.2017

Nicht ohne den ein oder anderen Einschlag

Zartbitter ist das Glück
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haben die fünf Freundinnen aus Schultagen Kat, Ingrid, Maya, Lisbeth und Sina ihr Leben verbracht, als sie sich im Alter - naja, mit Ü60 hat man die Lebensmitte zumindest schon überschritten - auf Fidschi ...

haben die fünf Freundinnen aus Schultagen Kat, Ingrid, Maya, Lisbeth und Sina ihr Leben verbracht, als sie sich im Alter - naja, mit Ü60 hat man die Lebensmitte zumindest schon überschritten - auf Fidschi wiedersehen und zwar nicht nur für wenige Tage. Auf Initiative von Kat, die mit ihrem kürzlich verstorbenen Mann Niklas ein Leben als Globetrotterin verbrachte und zuletzt mit ihm auf Fidschi mehr oder weniger sesshaft wurde, wollen sie ausprobieren, ob ein gemeinsames Leben im Alter unter tropischer Sonne für sie in Frage kommt.

Es muss gesagt werden, dass nicht alle Frauen untereinander so freundschaftlich verbunden sind wie Kat es gerne sehen würde - es gibt Animositäten, von denen einige nichts ahnen, aber auch unterschwellige Vorbehalte und Missstimmungen.

Dennoch - es zeigt sich, dass die Frauen in wichtigen Situationen gut zusammenhalten können.

Dem Leser wird auch ein Einblick in die Mentalität der Ureinwohner Fidschis gewährt - nicht zuletzt durch die immer wieder eingestreuten Einwürfe der Haushälterin Ateca, die das Zusammenleben der fünf Damen aus einem ganz eigenen Blickwinkel betrachtet.

Ein seichter Unterhaltungsroman ist es also sicher nicht, den wir mit "Zartbitter ist das Glück" in den Händen halten. Wobei die Unterhaltung ganz sicher nicht zu kurz kommt, es aber aus meiner Sicht ziemlich tiefgründig zugeht. Stimmungen auffangen, Charaktere zeichnen, aber auch verschiedene Mentalitäten darstellen: das alles sind Stärken der norwegischen Autorin Anne Østby, die zu einem besonderen Lesegenuss führen - wenn man sich nur darauf einlässt. Und das fällt dem Leser aus meiner Sicht leicht, da der neu gegründete Wunderraum Verlag mit seinem ersten Buch ein ganz besonderes Kleinod geschaffen hat, dass nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich - also in Bezug auf die Gestaltung - eine absolute Besonderheit darstellt.

Von mir gibt es hier eine Empfehlung auf der ganzen Linie!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Nur das Überleben zählt

Die Verschwörung von Shanghai
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und manchmal nicht einmal das im Shanghai der 1930er Jahre.

Zunächst treffen wir auf den Fotografen Hsueh, die quasi Hauptperson des Romans. Er hat nicht nur diesen einen Beruf, sondern verdient sein ...

und manchmal nicht einmal das im Shanghai der 1930er Jahre.

Zunächst treffen wir auf den Fotografen Hsueh, die quasi Hauptperson des Romans. Er hat nicht nur diesen einen Beruf, sondern verdient sein hauptsächliches Auskommen als Begleiter der Österreicherin Therese, die inzwischen verwitwet, in Shanghai gestrandet ist und die Geschäfte ihres Mannes übernimmt.

Dass dies ein Hauen und Stechen sondergleichen wird, schreckt die Geschäftsfrau, die sich schon bald als eiskalte Verhandlungspartnerin herausstellt, nicht. Nahtlos fügt sie sich in das in Shanghai vorherrschende "jeder gegen jeden und jeder für sich selbst" ein, das umso erschreckender erscheint, als dass der Autor Xiao Bai hier hauptsächlich wahre Ereignisse "verbraten" hat.

Spannend ist der Roman durch den unterkühlten Stil nur am Rande, doch gibt er einen treffenden Einblick in die Atmosphäre des Shanghai der frühen 1930er Jahre, man hat es bildlich vor sich und kann sich das Geschilderte auch gut als Film vorstellen.

Hsueh gerät ein bisschen aus dem Gleichgewicht, da er eine Frau auf einem Schiff entdeckt hat, die ihn verzaubert. Sie spielt in einer anderen Liga, nämlich der der Politik und ihr bedeuten Emotionen durchaus etwas. Werden sie ihr bzw. beiden möglicherweise zum Verhängnis?

Wer gerne in fremde Welten und Zeiten eintaucht sowie einen extrovertierten, dabei eloquenten Schreibstil zu schätzen weiß, wird sich möglicherweise von dem Buch einfangen lassen. Ein wenig Exotik im Alltag und eine fremde, ein wenig unheimliche Welt! Etwas für Liebhaber ungewöhnlicher Literatur und historischer Themen!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Einfach abhauen

Niemand verschwindet einfach so
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ist manchmal die einfachste Lösung und genau das tut Elyria. Zack! Ist sie weg aus ihrer New Yorker Wohnung, von ihrem um Einiges älteren Mann Charles, einem Professor und zack, ist sie sogar fort aus ...

ist manchmal die einfachste Lösung und genau das tut Elyria. Zack! Ist sie weg aus ihrer New Yorker Wohnung, von ihrem um Einiges älteren Mann Charles, einem Professor und zack, ist sie sogar fort aus den Vereinigten Staaten. Gen Neuseeland geht es mit dem Flugzeug, mit einem Ticket, das sie sich auf Kosten ihres Mannes hat ausstellen lassen. Wie sie ihr ganzes Leben in letzter Zeit auf seine Kosten gelebt hat - auch zu seinen Lasten?

Irgendwann geht das nicht mehr, denn irgendwann dreht Charles ihr den Geldhahn ab, nachdem sie sich Ewigkeiten nicht bei ihm meldet. Und als sie es dann doch tut, hat sie ihm nichts zu sagen. Nichts von Belang jedenfalls.

Warum das alles? Nun, Elyria hat ein ziemliches Trauma erlebt irgendwann und darüber dann auch zu ihrem Mann gefunden. Allerdings kann sie aus eigener Kraft nichts ändern und lässt auch Hilfe von außen nicht zu. Keine richtige jedenfalls. Denn unterwegs nimmt sie durchaus die Hilfe anderer Menschen an, wenn sie das gerade braucht.

Ich kann mir nicht helfen - ich mag Elyria nicht und ich habe auch nicht gern über sie gelesen, auch wenn Autorin Catherine Lacey zweifellos schreiben kann und ihr Porträt eines Menschen mit Vergangenheit, aber ohne Zukunft ein durchaus gelungenes ist. Aber nichts, was mich beim Lesen weiterbringt - ich könnte jetzt über den Sinn und das Sein von Elyria und ihrer Umgebung nachdenken, ich könnte versuchen, daraus Antworten auf meine Fragen zu entwickeln - wenn ich wollte. Will ich aber nicht. Ein solches Schicksal, bar jeder Energie bewirkt nichts bei mir, es zieht mich nicht einmal runter. Nein, es geht einfach an mir vorbei, dieses gut geschriebene Stück Literatur. Möge es anderen mehr bringen, ihnen besser gefallen.

Veröffentlicht am 20.12.2017

Nach über 2000 Jahren mal wieder nach dem Rechten schauen auf Erden

Chefvisite
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auf Erden - das tut Jeschua, der sich Oliver und dessen Frau Charlotte während ihres Israel-Urlaubs als Gottes Sohn outet und sich kurz darauf als Gast im heimischen Hannover einstellt. Nachdem er ein ...


auf Erden - das tut Jeschua, der sich Oliver und dessen Frau Charlotte während ihres Israel-Urlaubs als Gottes Sohn outet und sich kurz darauf als Gast im heimischen Hannover einstellt. Nachdem er ein paar grundsätzliche Details geklärt hat, glauben ihm Oliver und Charlotte, um alsbald in diverse Aktivitäten einbezogen zu werden. Mal kurz nach New York, um einen radikalen Taxifahrer zu bekehren, dann nach Rom, um den Papst auf einen guten Weg zu bringen (seien sie mal gespannt, ob das klappt) - Jeschua hat so einiges vor.

Aber auch für die Nöte seiner neuen Freunde hat Jeschua ein Ohr. Als nämlich die Tochter einer ehemaligen Schulkameradin von Charlotte verschwindet, ist er gleich dabei, um die Suche und vor allem die Rückkehr des Kindes zu unterstützen. Unterstützen - das heißt bei Jeschua, die Dinge zu regeln und so wundern sich Oliver und Charlotte nur (noch) wenig, als sie aufgefordert werden, Weihnachten nach Kanada zu reisen, wo sie neben Jeschua auf weitere himmlische Wesen treffen.

Albrecht Gralle kennt als Pfarrer sein Metier und bezieht locker-flockig Unübliches, ja Unkonventionelles mit ein und so bekommen wir es gar mit Außerirdischen zu tun.

Am Ende war es mir trotz des angenehmen Schreibstils und der orignellen Einfälle etwas zu viel des Guten!

Jesus came down from heaven to earth - um ein paar Dinge zu klären. Im Endeffekt hat es für mich mehr Fragen aufgeworfen als Klarheit gebracht! Aber ich kann gut verstehen, dass jemand, der den ganzen Tag an nichts anderes denkt - um es mal überspitzt auszudrücken - ein Pfarrer in seinem Job also - Lust bekommt, mal mit dem Thema zu spielen. Ein wagemutiger Versuch, der mit Sicherheit polarisieren wird! Für Leser, die den Glauben mal aus einer völlig anderen, sehr lässigen Perspektive erleben wollen, zumindest eine neue und originelle Perspektive!