Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
offline

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.03.2022

Wieder daheim - so gut wie

Nordwestnacht
0

So fühle ich mich nach der Lektüre dieses Krimis - auch wenn Dienststellenleiter Hendrik Norberg und seine Mitarbeiterin Anna Wagner vor nicht gerade leichten Aufgaben stehen und es auch privat ...

So fühle ich mich nach der Lektüre dieses Krimis - auch wenn Dienststellenleiter Hendrik Norberg und seine Mitarbeiterin Anna Wagner vor nicht gerade leichten Aufgaben stehen und es auch privat bei beiden nicht geradlinig läuft, ist es für mich ein Treffen mit alten Freunden in vertrauter Umgebung. Also wie ein kleines Zuhause - fast jedenfalls. Auch wenn der junge Mitarbeiter Nils sich noch ganz gehörig die Hörner abstoßen muss, um eine vollwertige Unterstützung für die beiden erfahrenen Kollegen zu bieten.

Vor allem, weil ihm die in Fall Verwickelten nicht gerade unbekannt sind. Denn es ist ein Filmteam, das eine neue Staffel einer beliebten Krimiserie fürs Fernsehen dreht. Ein Toter, eine Vermisste - und die ist der große Schwarm von Nils, weswegen er alles andere als neutral agiert.

Dazu kommt, dass auch die anderen Mitarbeiter der Dienststelle - Hendrik und Anna eingeschlossen - nicht gerade einfache Charaktere sind. Autorin Svea Jansen gelingen besonders die Personendarstellungen sehr gut, was bei einem Krimi, der vor allem durch seine Figuren getragen wird, ebenso wichtig wie lobenswert ist.

Es kommt auch ordentlich Spannung auf, denn es gibt zahlreiche potentielle Lösungsansätze für dieses Verbrechen, wie Anna und Hendrik - und allmählich auch Nils - nach und nach herausfinden. Ein schöner Krimi und mittlerweile der dritte Fall des Teams von Schleswig Holsteins Nordseeküste, den ich sehr genossen habe. Ich freue mich schon auf den nächsten Band!

Veröffentlicht am 13.01.2022

Ungewöhnlich und atmosphärisch

Gefrorenes Herz
0

Eine Polizeihistorikerin im Mittelpunkt - wie vielversprechend. Mir war nie in den Sinn gekommen, dass es ja auch solche Personen geben muss, die die geschichtliche Entwicklung der Polizei eines Landes, ...

Eine Polizeihistorikerin im Mittelpunkt - wie vielversprechend. Mir war nie in den Sinn gekommen, dass es ja auch solche Personen geben muss, die die geschichtliche Entwicklung der Polizei eines Landes, Bereiches oder Themas begleiten. Als Historikerin, die schon lange nicht mehr in ihrem eigentlichen Berufsfeld arbeitet, wurde ich richtiggehend neidisch auf Maria Just, denn das wäre definitiv auch was für mich! Obwohl ich nicht glaube, dass ich so viel zu einem aktuellen Fall beitragen könnte, wie sie es tut - meine Gehirnzellen funktionieren deutlich weniger flott und übergreifend!

Neben Maria Just wirken zwei Experten mit, die mit der Auflösung des aktuellen Falles - der Generalsekretär des dänischen Roten Kreuzes wurde auf überaus brutale Weise ermordet - betraut sind. Nämlich Mikael Dirk - ein erfahrener Ermittler, den seine Frau verlassen hat und der junge Kollege Frederik Dahlin, dessen Frau gerade versucht, schwanger zu werden - und zwar auf Gedeih und Verderb.

Maria nimmt Kontakt zu ihnen auf, da sie Parallelen zu einem Fall entdeckt hat, der vor rund fünfzig Jahren geschah. Es werden erschütternde Aspekte der neuesten Geschichte Dänemarks zutage gefördert, die wirklich starker Tobak sind. Also thematisch, denn sonderlich blutig ist dieser Krimi nicht. Was mir sehr zugesagt hat.

Eine der Stärken ist definitiv die Darstellung der Charaktere, alle, auch die größeren Nebenfiguren, haben Wiedererkennungswerte, die man sich sofort merken kann. Ein kleines Manko dagegen - allerdings eines, das ich gern in Kauf nehme, während ich auf den versprochenen zweiten Fall warte - sind die immer wieder auftauchenden Längen. Mir hätte der Krimi noch besser gefallen, wäre er um etwa hundert Seiten gekürzt worden.

Insgesamt kann ich diesen Start in eine neue dänische Krimiserie aber von ganzem Herzen empfehlen und zwar vor allem an Leser*innen, die auch an Spannungsliteratur einen gewissen Qualitätsanspruch haben!

Veröffentlicht am 11.11.2021

Einmal etwas richtig Gutes aus dem katholischen Köln!

Waffeln, Brot und Gottes Glanz
0

Hier schreibt ein wahrer Nachfolger des kölschen Kardinals Frings, der in der Nachkriegszeit in und vor alle für Köln aktiv war, was man vom derzeitigen Amtsinhaber und dem davor in keinster Weise behaupten ...

Hier schreibt ein wahrer Nachfolger des kölschen Kardinals Frings, der in der Nachkriegszeit in und vor alle für Köln aktiv war, was man vom derzeitigen Amtsinhaber und dem davor in keinster Weise behaupten kann.
Frings hat nämlich, soweit es ihm möglich war, das Leben der Kölner in ihrer völlig zerbombten Stadt lebenswert gemacht und sogar Mundraub rechtfertigt! Er war so hochgeschätzt, dass sogar meine aus Überzeugung evangelische Mutter mit uns Kindern im Dezember 1978 in den Kölner Dom ging, wo der nach langem und wertvollen Leben im Alter von 91 Jahren verstorbene hohe Herr aufgebahrt war, um uns einem wirklich guten Menschen die letzte Ehre erweisen zu lassen. Wir mussten lange, lange in der Kälte anstehen und haben es mit Freuden getan!

Diese Ehre wird wohl leider dem Autor dieses Buches - dem ich aber natürlich noch ein sehr, sehr langes Leben wünsche - leider nicht zuteil werden, denn obwohl er derjenige ist, der das Ant des Kölner Kardinals von allen am allermeisten verdient und von der Basis sehr geschätzt wird, sitzen schon länger irgendwelche Heinis auf dem Kirchenthron.

Pfarrer Franz Meurer predigt schon lange Jahre in einem der sozialen Brennpunkte in Köln und nicht nur das - er schafft und lebt auch Wohltätigkeit im wahrsten Sinne des Wortes bspw. durch die Schaffung einer sozialen Einrichtung und immer wieder durch Aktionen mit Pfiff.

Hier erzählt Franz Meurer, wie er Kirche lebt und leben lässt und er tut es auf so liebenswerte, authentische und mitreißende Art, dass man immer weiter lesen könnte, auch wenn das Buch schon zu Ende ist. Genau so und keinen Deut anders sollte die katholische Kirche der Gegenwart sein!

Veröffentlicht am 09.10.2021

Leader of the Pack

2001
0

Das wird Julia, deren Traumjob Rapperin ist, wohl nie sein, aber dafür hat sie ihre Crew um sich, die fest zusammenhält. Und die Tage fast zwangsläufig zusammen verbringt, da die meisten von ihnen zum ...

Das wird Julia, deren Traumjob Rapperin ist, wohl nie sein, aber dafür hat sie ihre Crew um sich, die fest zusammenhält. Und die Tage fast zwangsläufig zusammen verbringt, da die meisten von ihnen zum sogenannten "Restmüll" der örtlichen Hauptschule gehören; zu denen, aus denen nichts wird.

Obwohl - Bene, Julias Freund seit Kindertagen und Melli, die sie auch schon ihr Leben lang kennt, haben doch ein paar Chancen: Bene ist schlau und Melli sieht einfach Hammer aus.

Man schreibt das Jahr 2001 und sie alle wachsen in der tiefsten Einöde nahe der italienischen Grenze auf, wo es keine beruflichen Perspektiven gibt. Kein Wunder, dass sich Julias großer Bruder Michael und sein Freund Hannes, die das Glück haben, das Gymnasium zu besuchen, danach zum Studium nach Salzburg aufbrechen, ans andere Ende des Landes.

Was gerade für Julia ihre hoffnungslose Zukunft noch deutlicher werden lässt.

Autorin Angela Lehner versteht es, das Sujet weder als durchgehendes Trauerspiel noch als große Sartire zu präsentieren. Bereits in ihrem Erstling "Vater Unser" empfand ich ihren Stil als etwas Besonderes, hier ist dieser noch stärker mit der Handlung verbunden. Nichts wirkt daran lächerlich oder künstlich - Lehner versteht es, dem "Restmüll" eine Stimme zu geben und zwar nicht einfach irgend eine.

Ein Roman für alle, die sich für junge, vielversprechende deutschsprachige Autoren interessieren. Und natürlich auch für Leser, die gerne mal etwas aufregend Anderes, etwas komplett Neues lesen. Damit ist Ihnen hier auf jeden Fall gedient!

Veröffentlicht am 18.09.2021

Irgendwann rafft es auch Herr Schmidt

Barbara stirbt nicht
0

Dass nämlich seine Frau Barbara nicht mehr so wird, wie sie war. Auch, wenn er zunächst ihre Krankheit nicht wahrhaben wollte.

Aber komischerweise wissen ganz schön viele Menschen Bescheid. ...

Dass nämlich seine Frau Barbara nicht mehr so wird, wie sie war. Auch, wenn er zunächst ihre Krankheit nicht wahrhaben wollte.

Aber komischerweise wissen ganz schön viele Menschen Bescheid. Zumindest darüber, wer er ist und wer Barbara ist. Besonders Letzteres. Und sie sind bereit, ihm zu helfen. Ihm, der im Haushalt nie einen Finger gerührt hat. Ihm, der trotzdem immer alles besser wusste.

Und so lernt Walter kochen - für sich selbst. Naja, eigentlich auch für Barbara, aber sie mag nix. Bzw. träumt sie von dem russischen Zeug, das er immer so voll daneben fand. Denn: wenn man in Deutschland ist, dann isst man auch deutsch. Findet Walter.

Er macht weiter. Nicht nur mit Kochen. Nein, auch mit Backen. Denn es gibt massenweise Aktivitäten, in die Barbara eingebunden ist. Und - wie wir ja schon wissen - will Walter nicht wahrhaben, dass sie sich nicht mehr berappeln wird. Höchstwahrscheinlich jedenfalls. Aber was heißt schon höchstwahrscheinlich.

Und sie da - seinen Kuchen, den mag sie. Und zwar nicht nur sie. Denn Walter hat seine Begabung gefunden - köstliche Kuchen zu backen.

Wenn bloß nicht die Kinder wären, die immer zur Kontrolle vorbeischneien. Und ihn beraten - ungefragt natürlich.

Autorin Alina Bronsky legt mal wieder den Finger genau in die Wunde. Mitten rein. Und verschont keinen. Herrn Schmidt schon gar nicht. Wenn gleich zum Ende hin eine gewisse Milde waltet, denn Walter gibt sich ja Mühe, auch wenn er selbst es nicht wahrhaben will - niemals!

So schreibt nur Alina Bronsky. Sie wäre der Schrecken aller Spießbürger - wenn diese sie kennen würden. Denn Spießbürger lesen sowas nicht, bzw. legen es bald aus der Hand, weil es ihnen nicht ganz geheuer ist. Kein Wunder.

Wer Alina Bronsky schon kennt und schätzt, der greift sowieso zu. Und wer gerne ungeschminkte Wahrheiten liest, auch auf die Gefahr hin, dass ihm selbst mal der Spiegel vorgehalten wird - der ist hier an der richtigen Adresse. So etwas haben Sie garantiert noch nicht gelesen. Ich kann ihnen nicht garantieren, dass Sie sich danach noch pudelwohl fühlen werden - ins Grübeln kommen Sie in jedem Fall. Aber das kann ja auch mal ganz inspirierend sein!