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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.09.2021

Verhängnisvolle Rumspringa

Blutige Stille
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Auch der zweite Teil der Serie um Kate Burkholder, Polizeichefin von Painter Mills, Ohio, ist wie bereits der erste "Die Zahlen der Toten" ein absolutes Kleinod der amerikanischen Spannungsliteratur. Nicht ...

Auch der zweite Teil der Serie um Kate Burkholder, Polizeichefin von Painter Mills, Ohio, ist wie bereits der erste "Die Zahlen der Toten" ein absolutes Kleinod der amerikanischen Spannungsliteratur. Nicht nur die Krimi- bzw. Thrillerelemente der Story erfüllen höchste Ansprüche - nein, auch die Rahmenhandlung, in der der hohe Anteil der Amish-Bevölkerung der Gemeinde eine nicht geringe Rolle spielt, ist der Knaller schlechthin.

Painter Mills ist Kate Burkholders Geburtsort - auch sie war eine Amish, die sich in ihrer "Rumspringa" - der Zeit, in der Spätpubertierende eine Entscheidung in bezug auf ihre religiöse Zukunft und damit auf ihr ganzes weiteres Leben treffen können - gegen das "schlichte" Leben entschieden hat.

Parallelen zu ihrem eigenen Schicksal weist der neueste, besonders tragische Fall auf, in dem die siebenköpfige Amish-Familie Plank auf brutalste Weise ermordet, teilweise gar gefoltert wurde, auf. Schnell zeigt sich, dass der Dreh-und Angelpunkt die fünfzehnjährige Mary ist, die ihre erste Liebe erlebte und drauf und dran war, sich für ein Leben "draußen" zu entscheiden.

Kate ermittelt unter alten Bekannten aus ihrem früheren Leben als Amishe, doch auch unter Fremden: Mary hat in einem Laden gejobbt: könnte das ein Hinweis sein? Doch auch Jungs aus ihrer Gemeinde haben für sie geschwärmt - könnte tatsächlich einer der pazifistischen Amish durchgedreht sein? Zudem taucht noch der älteste Sohn der Familie Plank auf - auch er ein Abtrünniger mit einer gewissen Vergangenheit und mit tiefen Wunden.

Linda Castillo schreibt fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite. Kleines Manko aus meiner Sicht: die Figuren werden oft nur vage skizziert - so bleibt das Wesen von Marys ebenfalls ermordeten Geschwistern völlig im Dunkeln. Doch das sind nur winzige Abstriche in einem anspruchsvollem und inhaltsreichen Thriller, den ich bedingungslos einer großen Lesergemeinde - alt und jung, Mann und Frau, Krimi- oder Thriller-Liebhaber - ans Herz legen möchte.

Veröffentlicht am 17.09.2021

Kampf hessischer Don Quichotes gegen Windmühlen, ähm... Windräder

Wer Wind sät
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"Wer Wind sät": eine weitere Perle in der Taunus-Reihe der unnachahmlichen Nele Neuhaus. Die Serie um die Kommissarin Pia Kirchhoff und ihren Chef Oliver von Bodenstein hat mit herkömmlichen deutschen ...

"Wer Wind sät": eine weitere Perle in der Taunus-Reihe der unnachahmlichen Nele Neuhaus. Die Serie um die Kommissarin Pia Kirchhoff und ihren Chef Oliver von Bodenstein hat mit herkömmlichen deutschen Regionalkrimis à la Manfred Bomm und Regine Kölpin nichts zu tun und kann mit den skandinavischen Krimiserien von Autorinnen wie Helene Tursten und Anne Holt sowie mit angelsächischen Vorbildern wie Marcia Muller locker konkurrieren - der neue Band reiht sich vielversprechend in diese Serie ein, auch wenn er nicht ganz mit den Glanzlichtern der Serie "Tiefe Wunden" und "Schneewittchen muss sterben" mithalten kann.

Gleich mehrere Erzählstränge verwirren den geneigten Leser zunächst - es gibt einen toten Nachtwächter in einer Firma, einen schießwütigen Waldfreund und eine Gruppe von tierlieben Umweltaktivisten, die gegen einen im Taunus geplanten Windpark kämpft - fügen sich dann jedoch schlüssig und auf absolut unerwartete Weise ineinander. Rund um die eigentliche Krimihandlung rankt sich natürlich wie gewohnt das Wohl und Wehe der Ermittlertruppe um Bodenstein, die an sich schon für genug Spannung und Vielschichtigkeit sorgt. Nele Neuhaus schreibt packend und fesselnd und verliert sich nur gelegentlich zu sehr in der Rahmenhandlung. Diese kleinen Beeinträchtigungen nimmt der Leser des mitreißenden Taunus-Krimis jedoch gerne in Kauf. Weniges ist, wie es scheint - es tun sich wahre Abgründe auf und die seltsamsten Verbindungen wer

Diese Serie ist ein absolutes Muss für alle Freunde und vor allem Freundinnen hochkarätigerdeutscher Krimis mit Spannungsgarantie wie der Reihe um den auch in räumlicher Nähe - nämlich in Frankfurt - angesiedelten Hauptkommissar Marthaler von Jan Seghers. Man kann ihn "Wer Wind sät" sicher isoliert von den anderen Krimis dieser Reihe lesen, doch wird es nur wenige geben, die sich nach dem Genuss dieser Lektüre nicht auch die vorherigen Bände gönnen möchten.

Veröffentlicht am 17.09.2021

Soulfood versus Fake-Food

Teufelsfrucht
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Gerät Xavier Kieffer, der Koch und Besitzer eines traditionellen Luxemburger Lokals in einen Kampf der Kochgiganten um Sterne?

Zumindest bringt ein rennomierter Pariser Gastro-Kritiker einen Hauch von ...

Gerät Xavier Kieffer, der Koch und Besitzer eines traditionellen Luxemburger Lokals in einen Kampf der Kochgiganten um Sterne?

Zumindest bringt ein rennomierter Pariser Gastro-Kritiker einen Hauch von Welt und der längst vergessenen Nouvelle Cuisine - Kieffer hatte eine entsprechende Ausbildung in Frankreich genossen - in Kieffers kleines Lokal, um kurz darauf auf der Schwelle des Restaurants tot zusammenzubrechen. Kieffer fürchtet um seinen guten Ruf und beginnt unterstützt von seinem finnischen Freund Pekka, einem EU-Beamten, der ausgerechnet für den Agrar-Sektor zuständig ist, zu ermitteln. Dabei taucht er in die Vergangenheit ein, ihm erschliessen sich allerdings auch ganz neue Welten - solche, die aus seiner Sicht gar nicht existieren sollten.

Tom Hillenbrand schreibt mit Genuss und Humor - ein Leckerbissen für Freunde guten Essens und einer gemütlichen Atmosphäre. Ein unterhaltsamer Krimi, dessen Plus jedoch gleichzeitig sein Minus ist - zu behäbig kommt er zeitweise daher. Auch ist das Ende nicht ganz so rund, wie ich es mir wünschen würde.

Trotzdem ist dieser deutsche, vor allem in Luxemburg, doch auch in den benachbarten Ländern Frankreich und Deutschland sowie in der Schweiz spielende Roman durchaus zu empfehlen, lernt man doch einiges über gute Küchen - sowohl bodenständige als auch besternte und erfährt dies und das über das Großherzogtum Luxemburg und nicht zuletzt auch über seine Mitmenschen. Zudem ist der Arbeitsplatz EU - wenn er auch nicht im Mittelpunkt der Geschichte steht - ausgesprochen treffend dargestellt - auch ehemalige oder zukünftige EU-Beamte könnten also interessierte Rezipienten dieses Buches sein. Auch die Figuren, allen voran Xavier Kieffer und sein Kumpel Pekka, sind liebevoll und mit viel Humor gezeichnet und lassen auf den Ausbau dieses amüsanten Krimis zu einer Serie hoffen!

Veröffentlicht am 17.09.2021

Jerome Monk is watching you...

Verwesung
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Rückblende: Auf den Spuren von Jerome Monk befindet sich David Hunter zu Beginn des vorliegenden Falles - dieser mutmaßliche Serienmörder sitzt seit einem Jahr in Haft, obwohl man bisher keine Leiche gefunden ...

Rückblende: Auf den Spuren von Jerome Monk befindet sich David Hunter zu Beginn des vorliegenden Falles - dieser mutmaßliche Serienmörder sitzt seit einem Jahr in Haft, obwohl man bisher keine Leiche gefunden hat: abgesehen von der, bei deren Ermordung er quasi in flagranti ertappt, wenn auch nicht gleich gestellt wurde - seit dies endlich gelang, schweigt er sich bezüglich möglicher Fundorte der Opfer aus. Hunter wurde zu einem Leichenfund in Dartmoor gerufen - man hofft, endlich eines von Monks Opfern aufgespürt zu haben. Es stellt sich heraus, dass er von einem alten Bekannten empfohlen wurde - einem Ermittler, den er privat kennengelernt hat und der nicht gerade zu seinen liebsten Mitmenschen zählt. Es stellt sich jedoch heraus, dass auch innerhalb des lokalen Ermittlerteams, mit dem Hunter nun zusammenarbeiten wird, nicht gerade die beste Stimmung herrscht. Nichtsdestotrotz gelingt es, eine Leiche zu finden.



Acht Jahre später - Hunter hat Frau und Kind bei einem Verkehrsunfall verloren und lebt nur noch für die Arbeit - ist Jerome Monk ausgebrochen und rächt sich an allen, die bei den früheren Ereignissen eine Rosse spielten. Es gibt ein Wiedersehen mit allen Akteuren von damals, auch die Animositäten unter den damaligen Kollegen kommen wieder zum Vorschein. David Hunter versucht ihn zusammen mit der früheren psychologischen Ermittlungsberaterin Sophie Keller dingfest zu machen, kann ihn jedoch vor weiteren Schreckenstaten nicht abhalten.

Eine ungeheuer spannende Story? Nur bedingt: Simon Beckett schreibt zwar gekonnt und faszinierend und schafft es allein dadurch, den Leser in seinen Bann zu bringen, es gelingt ihm aber inhaltlich nicht ganz, den vielversprechenden Aussichten auf einen spannenden Thriller gerecht zu werden. Ein wenig gemahnten mich die gelesenen Zeilen an die ähnlich beindruckenden Sowjetthriller "Kind44" und "Kolyma" von Tom Rob Smith, auch finden sich Parallelen zu Jeffery Deavers Erzählstil mit immer neuen, überraschenden Wendungen, doch ahnt der Leser früh, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln wird. Nicht gerade das Highlight der Serie um David Hunter, doch in diesem Kontext trotzdem ein Muss für Freunde dieser anspruchsvollen Spannungsliteratur!

Veröffentlicht am 17.09.2021

Die ganze Affenbande brüllt? Nein, sie spricht!

Das Affenhaus
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Zunächst tut sie das in einem Sprachlabor, wo sie von den Mitarbeitern liebevoll gefördert wird: vor allem durch die Wissenschaftlerin Isabel Duncan, die ihre Wünsche erfüllt, trotzdem darauf achtet, dass ...

Zunächst tut sie das in einem Sprachlabor, wo sie von den Mitarbeitern liebevoll gefördert wird: vor allem durch die Wissenschaftlerin Isabel Duncan, die ihre Wünsche erfüllt, trotzdem darauf achtet, dass die Gesundheit nicht leidet und sie vor allem vor einer zu großen Öffentlichkeit abschottet, die ihnen zu sehr auf den Leib rückt und die Privatsphäre verletzt. Ausgewählt werden nur wenige vertrauenserweckende Journalisten - hier bestimmen die Affen mit, indem sie ihre Zuneigung signalisieren und der von ihnen am meisten geschätzte ist John Thigpen, dem sie auch nach der Explosion des Labors und dem Verlust der Affen an einen Reality-Fernsehsender die Treue hält.

Sara Gruens Romane handeln von Menschen mit ungewöhnlichen Lebenswegen. Diesmal stehen die junge Wissenschaftlerin Isabel Duncan und der vom Unglück gebeutelte Journalist John Thigpen im Mittelpunkt: Isabel erforscht die sprachliche Kommunikation von Bonobos, ausgesprochen intelligenten Affen - eine Person, die für ihre Arbeit und mit "ihren" Affen lebt, sich im Umgang mit ihren Mitmenschen jedoch recht schwer tut. Sie erhält im Labor Besuch von John, der von den Affen, ohne es zu merken, auf die Schippe genommen wird und von der Kommunikation Isabels mit den Affen - diese verstehen Englisch und können in der amerikanischen Gebärdensprache ASL antworten - mehr als beeindruckt ist. Doch nicht alle sind so positiv gegenüber Isabels Arbeit eingestellt - täglich wird das Labor von Demonstranten belagert, die gegen Tierquälerei protestieren.

Während sich die John noch auf dem Heimflug befindet, fliegt das Labor in die Luft! Isabel wird schwer verletzt, die Affen finden sich nach längerer Suche in der o.g. Reality-Show. Wer ist schuld an dem Dilemma? Johns Leben, seine berufliche Laufbahn, die unter einem unglücklichen Stern zu stehen scheint und seine Ehe mit der liebevollen, aber beruflich ebenfalls erfolglosen Schriftstellerin Amanda bildet den zweiten Erzählstrang.

Sara Gruen schreibt so faszinierend, dass der Leser quasi nach der weiteren Entwicklung des Romans lechzt. Wie geht es nach der Katastophe weiter, welche Rolle spielt John, der Journalist, der von Isabels Arbeit so beeindruckt war?

Bei "Wasser für die Elefanten" konnte ich die allgemeine Begeisterung nicht so recht nachvollziehen - hier dagegen bin ich Feuer und Flamme. Ein fulminanter Einstieg in die Story, ein grandioser Roman - einzig die nicht immer bis zum Ende ausführten Erzählstränge, die mich als Leserin ein kleines bisschen unbefriedigt zurückließen, sind Anlass für eine - allerdings geringfügige - Beeinträchtigung des Lesegenusses.