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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.04.2021

Vermisst in Sankt Peter Ording

Nordwesttod
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wird Nina Brechtmann, eine Umweltaktivistin, die ihre Überzeugung sowohl privat als auch beruflich auslebt. Damit stellt sie sich gegen ihre Familie (jedenfalls aus deren Sicht), die die bauliche Erweiterung ...

wird Nina Brechtmann, eine Umweltaktivistin, die ihre Überzeugung sowohl privat als auch beruflich auslebt. Damit stellt sie sich gegen ihre Familie (jedenfalls aus deren Sicht), die die bauliche Erweiterung ihrer Hotelkette plant: durch nicht nur einen Riesenbau direkt am Meer. Mutter und Schwester reagieren bei Befragungen höchst merkwürdig, aber sie sind nicht die Einzigen.

Und das Ermittlungsteam muss sich auch erst zusammenraufen, besteht es doch aus dem frisch ernannten Dienststellenleiter Hendrik Norberg und aus Anna Wagner, einer Expertin für Vermisstenfälle, die gerade erst aus Bayern an die Nordsee gezogen ist. Und beide haben privat nicht gerade kleine Päckchen zu tragen!

Dazu kommt, dass auf der Dienststelle nicht nur einfache Charaktere tätig sind. Autorin Svea Jansen gelingen besonders die Personendarstellungen sehr gut, was bei einem Krimi, der vor allem durch seine Figuren getragen wird, ebenso wichtig wie lobenswert ist.

Es kommt auch ordentlich Spannung auf, denn es gibt zahlreiche potentielle Täter, wie Anna und Hendrik nach und nach herausfinden. Ein schöner Krimi, dem ein paar Nebenschauplätze weniger nicht geschadet hätten - so wurde es stellenweise recht unübersichtlich.

Insgesamt jedoch habe ich diesen ersten Fall des Teams von Schleswig Holsteins Nordseeküste sehr genossen und freue mich schon auf den nächsten Band mit Hendrik und Anna!

Veröffentlicht am 21.04.2021

Zu Zwillingen zusammenwachsen

Sternzwillinge
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Alex hat ja schon einiges erlebt in letzter Zeit und vor allem der Tod ihres Großvaters hat ihr ganz schön zugesetzt. Und jetzt muss sie sogar noch in dessen Bett schlafen - die erste Nacht war ziemlich ...

Alex hat ja schon einiges erlebt in letzter Zeit und vor allem der Tod ihres Großvaters hat ihr ganz schön zugesetzt. Und jetzt muss sie sogar noch in dessen Bett schlafen - die erste Nacht war ziemlich gruselig. Aber sie hat ja ihre Clique, mit der sie durchs Dorf turnt und Spaß hat - außer, wenn sie, wie jetzt, eine Mutprobe bestehen muss.

Das schafft sie nicht direkt, aber Klaus, der Anführer der Dorfclique, hat so einige Ideen und so landen sie in einem alten Haus mit fehlender Außenwand, in dem alle zusammen eine Nacht verbringen. Aber warum Alex als Einzige wach bleibt und Klara kennen lernt, die offenbar in dem Haus wohnt - das ist ihr schleierhaft, vor allem, weil sie dieses sehr nette und dennoch ziemlich eigenartige Mädchen den anderen vorstellen möchte.

Und dann soll sie noch mit jemandem gemeinsam ein Werk vollenden, das vor langer Zeit von Zwillingen begonnen wurde - dabei ist sie gar kein Zwilling. Macht nichts, sagt einer von denen, die ihr auf dem Weg dorthin zu Gefährten werden: ihr werdet zusammenwachsen. Und das kann Alex sich so gar nicht vorstellen, vor allem, als sie erfährt, um wen es geht!

Autorin Monika Spang hat ein besonderes und ziemlich ungewöhnliches Kinder- und Jugendbuch geschrieben. Ich war sehr gespannt auf diese sehr eigene Geschichte, musste dann aber erkennen, dass sie nur in Teilen spannend war - aus meiner Sicht gibt es stellenweise Längen, anderswo geht es zu schnell voran, so dass ich zeitweilig die Übersicht verloren und das Buch erst mal zur Seite gelegt habe.

Der Schluss hat mich dann mit einigem versöhnt - nicht nur ist er rund, nein, er beinhaltet auch eine sehr schöne Botschaft, die wir uns alle hinter die Ohren schreiben sollten.

Veröffentlicht am 18.04.2021

Den Fluss Ouse entla(i)ng

Zum Fluss
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Dieses Buch hat mir mitten in der Corona-Krise etwas ganz Besonderes geschenkt: nämlich eine Wanderung entlang des südenglischen Flüsschens Ouse - des Flusses, den sich Virginia Woolf selbst zum Totenbett ...

Dieses Buch hat mir mitten in der Corona-Krise etwas ganz Besonderes geschenkt: nämlich eine Wanderung entlang des südenglischen Flüsschens Ouse - des Flusses, den sich Virginia Woolf selbst zum Totenbett erwählte.

Mein Gepäck? Ein wacher Geist, die Bereitschaft, neue Wege zu gehen - und ein schneller Browser!

Denn Autorin Olivia Laing, Kultur- und Literaturwissenschaftlerin, hat mich nicht nur begeistert: nein - sie hat mich auch gefordert. Denn natürlich wusste ich, wie tragisch das Leben der großen Autorin Woolf endete - aber wo dies geschah, davon hatte ich bislang keine Ahnung. Und auch nicht von all dem, was den Fluss Ouse sonst noch so prägt.

Olivia Laing bricht in einer persönlichen Lebenskrise zu einer Wanderung entlang der Ouse auf - Ende Juni, genau zu Mittsommer, macht sie sich auf den Weg, der eine Woche dauern wird. Sie hastet nicht, sie nimmt uns Leser mit auf einen entspannten Weg voller kluger Gedanken.

Ich betone: ihr Weg ist entspannt, ihre Gedanken sind von einem solchen Reichtum von Wissen und Kreativität geprägt, dass ich längst nicht mithalten kann, doch durch ihren leisen, persönlichen, offenen und eindringlichen Stil erreicht sie, dass ich mich an keiner Stelle erschlagen fühle.

Im Gegenteil, ich empfinde während der Lektüre das Buch wie für mich gemacht; ihre bildhafte Art des Erzählens bringt mich selber an die Ouse, lässt mich schnuppern, lauschen, sehen, fühlen. Ja, es ist eine sehr lebendige Reise, die mir hier mitten im Lockdown auf dem heimischen Sofa geschenkt wird.

In der Tat ist es Virginia Woolf zusammen mit ihrem Ehemann Leonard Woolf, die uns hier den ganzen Weg entlang des Flusses begleiten: sie haben lange Jahre hier gelebt, in einem Cottage, das leider der späten Industrialisierung, wenn man es so nennen will, zum Opfer fiel und daher nicht mehr besichtigt werden kann. Doch Olivia Laing lässt die beiden wieder und wieder lebendig werden in ihren Gedanken - schon der Quell des Flusses weist eine Vebindung zum Beginn der ungewöhnlichen und absolut unkonventionellen Ehe der Woolfes auf.

Und es sind andere Paare der Literaturgeschichte, die Erwähnung finden: auch Iris Murdoch und John Bayley haben ihre Spuren hier an der so zauberhaften, gleichwohl stellenweise überaus alltäglichen und damit wenig eindrucksvollen Ouse hinterlassen. Olivia Laing schenkt ihren Lesern ganz besondere Erlebnisse bzw. Ergebnisse ihrer Wanderung entlang der Ouse - Geschichten, Gedanken und Empfindungen, auf die man selbst - ich zumindest - im Leben nicht kommen würde.

Die Ouse hat so einiges verschlungen im Laufe der Jahrhunderte - abgesehen von Virginia Woolf, ihrem berühmtesten Opfer, unter anderem Tausende von Soldaten in der Schlacht von Lewes 1264, denen vor allem der morastige Grund des Flusses zum Verhängnis wurde.

Trotz bzw. vielleicht auch gerade wegen solcher Greuelgeschichten - es sind nur wenige - ist es eine wahre Wonne, die Autorin auf ihrem Weg zu begleiten. Ihre klugen, scharfsinnigen, dabei überaus unterhaltsamen Überlegungen sind ein Genuss und rücken die Landschaft und ihre Verwurzelung in Geschichte und Kultur derart bildhaft vor mein inneres Auge, dass ich tatsächlich das Gefühl habe, vor Ort zu sein, die reichhaltige Vegetation eines englischen Mittsommers sehen und riechen zu können. Eine ausgesprochen intensiver literarischer Ausflug, von dem ich noch lange zehren werde!

Veröffentlicht am 18.04.2021

Eine neue Welt für Ware

Hier im echten Leben
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Aber zunächst ist Ware stinksauer, soweit dem sensiblen Jungen das überhaupt möglich ist: dass seine Ferien bei der Großmutter abrupt enden, weil sie sich bei einem Sturz verletzt, das kann er sehr gut ...

Aber zunächst ist Ware stinksauer, soweit dem sensiblen Jungen das überhaupt möglich ist: dass seine Ferien bei der Großmutter abrupt enden, weil sie sich bei einem Sturz verletzt, das kann er sehr gut nachvollziehen, aber dass er ins verhasste Feriencamp seiner Heimatstadt abgeschoben wird, weil seine Eltern keine Zeit für ihn haben - das findet er alles andere als toll.

Wobei ich ihn gut verstehen kann, in dem Camp passiert eigentlich überhaupt nichts spannendes - es wird marschiert und gelaufen, es finden sportliche Spiele statt - und viel mehr wird da nicht geboten. Das hätte mir auch nicht besser gefallen, als es bei Ware der Fall ist.

Aber dann entdeckt er etwas Spannendes: gleich neben dem Gelände, auf dem das Camp stattfindet, liegt eine Kirchenruine. Und da drin werkelt ein Mädchen, Jolene - was sie Ware aber erst nach einiger Zeit verrät. Denn Ware wechselt vom Camp in die Kirche. Jolene schafft dort einen ganz besonderen Garten und macht zunächst keinen Hehl daraus, dass sie das allein machen möchte. Doch Ware bleibt hartnäckig und lässt sich nicht vertreiben - langsam nähern sie sich einander an und irgendwann sind sie ein Team. Zu dem gelegentlich auch das Mädchen Ashley stößt, das leider Schlimmes zu berichten weiß - die Kirche soll vollkommen abgerissen, das Grundstück für andere Zwecke genutzt werden.

Ware und Jolene versuchen alles, um das Grundstück zu retten - wird es ihnen gelingen?

Ein Buch, das zeigt, dass etwas Schönes entstehen kann, auch wenn nicht alles so klappt, wie man es sich erhofft. Und natürlich, dass man im Team stärker ist als allein.

Und Ware erfährt auch, dass er auf seine Lieben bauen kann, wenn es wirklich mal brennt.

Ein Buch zu einem interessanten Thema, das sich leider über lange Strecken ziemlich langwierig und leider auch langweilig entwickelt, allerdings wird der Leser, der am Ball bleibt, durch die Ereignisse am Ende reich belohnt. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das ein jeder schafft!

Veröffentlicht am 18.04.2021

Ein märchenhaft langer Schlaf

Der ehemalige Sohn
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fast wie bei Dornröschen, wird dem Musikschüler Franzisk, genannt Zisk zuteil. Allerdings liegt er nach einem dramatischen Unfall im Koma und niemand außer seiner Großmutter kümmert sich um ihn. Im Gegenteil: ...

fast wie bei Dornröschen, wird dem Musikschüler Franzisk, genannt Zisk zuteil. Allerdings liegt er nach einem dramatischen Unfall im Koma und niemand außer seiner Großmutter kümmert sich um ihn. Im Gegenteil: diese muss ordentlich aufpassen, dass man ihn nicht für Organentnahmen missbraucht oder ihn gar einfach abmurkst, weil mit dem ja eh nichts mehr los ist.

Pustekuchen! Zisk wacht nach rund zehn Jahren auf und findet sich in einer anderen Welt wieder. Zumindest, was sein privates Umfeld angeht: seine Mutter hat inzwischen den Oberarzt der Klinik geheiratet und hat einen neuen Sohn. Zisk wird zum ehemaligen Sohn degradiert und muss sehen, wo er bleibt.

Sonst hat sich nicht viel geändert in Belarus. Es gibt immer noch nicht viel Hoffnung auf ein normales Leben.

Auch wenn Autor Sascha Filipenko einiges im Unklaren lässt - so fällt bspw. der Name Lukaschenko kein einziges Mal - weiß man als Leser genau, was er meint. Auch wenn durchgehend Ironie im Spiel ist: Die ganze Geschichte ist eher zum Weinen als zum Lachen. Nach diesem beeindruckenden Roman, der zwar stellenweise Längen aufweist, mich als Leserin dennoch bis ins Mark getroffen hat, wünscht man sich, dass Zisk die Möglichkeit erhält, seinen Weg zu gehen. Wie und wo auch immer.