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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.01.2021

Einfach nur so

Die Farbe von Glück
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Eine Mutter lässt ihr Kind stehen und geht - ja, Sie verstehen richtig, für immer. Das Kind ist gerade mal fünf Jahre alt. Glaubwürdig? Nein. Jedenfalls nicht aus meiner Sicht. Sie hätte es sanft ...

Eine Mutter lässt ihr Kind stehen und geht - ja, Sie verstehen richtig, für immer. Das Kind ist gerade mal fünf Jahre alt. Glaubwürdig? Nein. Jedenfalls nicht aus meiner Sicht. Sie hätte es sanft darauf vorbereitet und versucht, ihm den Schrecken dadurch zu nehmen, dass sie ihn keiner vollkommen befremdlichen Situation aussetzt. Das ist hier aber so. Einfach so.

Es findet sich Charlotte, die das Kind zu sich nimmt - ein Glück für beide. Aber das passiert einfach so.

Zwei Jahre später erpresst Richter Jules Charlotte, die rein zufällig Krankenschwester auf einer Geburtsstation ist. Und sie lässt es mit sich machen und vertauscht zwei Neugeborene. Einfach so.

Sowohl Jules als auch Charlotte müssen mit den Folgen leben - wen wundert das? Das Leben geht seine Wege, wirbelt alle Akteure durcheinander und schlussendlich diejenigen, die wirklich zusammengehören zu einander. Einfach so.

Richtig, dies ist eines dieser Glücksbücher, die manche Leute so schätzen. Die aus ihrer Sicht Lebensweisheiten beinhalten, aus der Sicht manch anderer einfach nur Stuss, da die Handlung absolut konstruiert erscheint. Dreimal dürfen Sie raten, zu welchen ich gehöre.

Dann noch zum Schreibstil - er ist viel gelobt worden, man könnte ihn jedoch auch als kitschig bezeichnen. Und das Buch zuklappen und zur Seite legen. Endgültig. Einfach nur so.

Veröffentlicht am 14.01.2021

Die Queen als bewährte Ermittlerin

Das Windsor-Komplott
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Richtig. Sie haben verstanden: DIE Queen ist gemeint: die britische "Lisbeth", die ein bisschen auch die unsrige ist. Mit starken deutschen Wurzeln versehen, deutet zumindet die Pünktlichkeit ...

Richtig. Sie haben verstanden: DIE Queen ist gemeint: die britische "Lisbeth", die ein bisschen auch die unsrige ist. Mit starken deutschen Wurzeln versehen, deutet zumindet die Pünktlichkeit als eine ausgesprochen deutsche Eigenschaft auf diese Herkunft hin. Doch nun, als Königin, ist sie Britin mit Haut und Knochen, wie wir alle wissen. Und hat durchaus ihren eigenen Kopf. Das wussten wir schon immer, aber in diesem Roman bzw. Krimi erfahren wir Genaueres.

Nämlich, dass sie bereits seit Jahren, nein: Jahrzehnten fleißig ermittelt und ihre Nase in alles steckt, was sie nichts angeht. Obwohl: eigentlich ja doch, denn es ist ihr Staat und in diesem speziellen Fall auch ihr Terrain, auf dem die Verbrechen stattfinden.

Es gab nämlich ein flottes Fest zur Osterzeit auf Schloss Windsor: Charles - richtig, der Kronprinz, sie kennen alle diesen Hallodri und Ehebrecher früherer Zeiten - genau DER hatte seine Mutter darum gebeten, mal zum Thema Russland einzuladen. Weil er diesbezüglich Kontakte benötigte. Und hat sich dann selbst verdünnisiert.

Was eigentlich kein Problem war, denn Her Majesty the Queen hat sich königlich - wie denn auch anders - amüsiert. Grund dafür war ein begnadeter Pianist - Russe seines Zeichens, der sie nach musikalischen Genüssen auch noch weiteren zugeführt hat. Sie haben nämlich getanzt, als wenn es kein Morgen gäbe und dabei steht die Königin kurz vor ihrem Neunzigsten.

Ja, Sie haben richtig gelesen, doch setzen wir uns darüber mal flink hinweg, wir wollen die hochstehende Dame doch keinen Peinlichkeiten aussetzen!

Jedenfalls: dieser junge Prachtkerl wird am nächsten Tag unter überaus delikaten Umständen tot aufgefunden. My God, alles deutet darauf hin, das er keines natürlichen Todes gestorben sein könnte!

Da die "Offiziellen" in eine ganz andere Richtung ermitteln als es der Queen im Sinn steht, nimmt sie selbst Ermittlungen auf - nicht zum ersten Mal. Und zieht zur Unterstützung ihre Privatsekretärin Rozie heran, die noch ziemlich neu in diesem Amt ist und für die diese spezielle Neigung Ihrer Majestät, auf eigene Faust zu ermitteln, eine große Überraschung bedeutet. Doch sie leckt schnell Blut.

Und dann gibt es für die beiden Damen kein Halten mehr, für uns Rezipienten bedeutet das ein grandioses Lesevergnügen. Natürlich bleibt die Queen auch als Ermittlerin ganz die Alte - wer meint, dass sie Rozie auf Augenhöhe begegnet, hat sich schwer getäuscht! Aber das wäre ja auch utopisch und für mich als Leserin war es sehr erquicklich, mich zusammen mit Rozie Schritt für Schritt der Auflösung zu nähern, auch wenn die Zusammenhänge noch nicht ersichtlich waren.

Ich hatte meinen Spaß, habe diesen herrlichen, vergnüglichen Roman bzw. Krimi regelrecht gefressen und empfehle ihn jedem weiter, der ein bisschen royale Leichtigkeit, aber auch Logik in seinem Leben gebrauchen kann! Man sollte sich aber bereits im Vorfeld vor Augen halten, dass die Autorin Britin (wie es scheint, mit ganzem Herzen) ist und somit kein negatives Wort über Her Majesty fällt! Andere Länder, andere Sitten....

Veröffentlicht am 07.01.2021

Eindringlich und lesenswert

Die Rattenlinie – ein Nazi auf der Flucht
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Ein irreführender Titel: es geht weniger um die Rattenlinie, nämlich den Weg der Nazis nach Lateinamerika als um die Geschichte des Otto Wächter und seiner Familie. Das Buch dringt tief in das Bewusstsein ...

Ein irreführender Titel: es geht weniger um die Rattenlinie, nämlich den Weg der Nazis nach Lateinamerika als um die Geschichte des Otto Wächter und seiner Familie. Das Buch dringt tief in das Bewusstsein und Gewissen Nachgeborener. Muss man unter allen Umständen zu seinen Vorfahren stehen, wie es Horst, der Sohn von Otto Maurer bedingungslos tut?

Eine spannende Auseinandersetzung mit ethischen Werten, aber auch mit der realen Vergangenheit.

Veröffentlicht am 06.01.2021

Ein Mann der Bücher

Vati
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Das ist Josef, der invalide Exsoldat. Also Vati, Monika Helfers Vater, den Grete Moosbrugger, ihre Mutter, sich im Lazarett schnappt und vom Fleck weg heiratet. So kommt er zur "Bagage", deren Teil Grete ...

Das ist Josef, der invalide Exsoldat. Also Vati, Monika Helfers Vater, den Grete Moosbrugger, ihre Mutter, sich im Lazarett schnappt und vom Fleck weg heiratet. So kommt er zur "Bagage", deren Teil Grete ist, eines der vielen Geschwister dieser Familie, die im Fokus des Vorgängerromans der Autorin steht. Auch er kommt vom Rand der Gesellschaft, auf eine andere Art und Weise allerdings. Und er liebt Bücher auf eine bedingungslose Art und Weise. Ihm geht es nicht nur ums Lesen, sondern auch ums Berühren, ums Besitzen.

Das Schaffen einer Bibliothek ist sein großes Werk, fast könnte man sagen, sein Lebenswerk, auch wenn es nicht für die Ewigkeit Bestand hat. Er wird nämlich zum Verwalter eines Kriegsopfer- Erholungsheimes, das über Jahre nur im Sommer belegt ist und so wachsen Monika Helfer und ihre Geschwister zunächst in schöner Natur und mit viel Platz auf. Sie können sich aussuchen, wo sie schlafen möchten - die meiste Zeit des Jahres jedenfalls. Josef leitet das Heim mit fester, aber nicht zu strenger Hand - sein Ein und Alles ist die von ihm begründete Bibliothek. Wer ihm da nicht rein redet bzw. sogar unterstützt, der hat anderweitig durchaus freie Hand.

Und dann ändert sich alles, die Mutter stirbt und auch das Erholungsheim verschwindet. Und leider auch Vati - zumindest aus dem Leben seiner Kinder Kinder - er wird zum Abwesenden.

Vati ist ein ganz schöner Brocken: einer, der seinen Kindern Wichtiges und Schönes näher bringt, Bücher vor allem. Doch er ist auch einer, der nicht immer zu ihnen steht, es in bestimmten Lebenslagen offenbar nicht kann. Ob es seiner eigenen Geschichte wegen ist? Denn auch seine Kindheit war keine einfache. Und er macht es seinen Kindern auch nicht gerade leicht.

Die Atmosphäre ist es, die mich als Leserin dies es eindringlichen Romans bis ins Innerste trifft und verfolgt, das Wiedererkennen nämlich. Das Erkennen von Aspekten des Lebens unter Kriegsversehrten, von bestimmten Ansätzen, die ich gar nicht so genau benennen kann, die mich eher emotional treffen und wohl in meine früheste Kindheit zurückführen ist, denn auch mein Vater war einer von ihnen. Dieser Punkt vor allem macht diesen Roman zu einem ganz besonderen Buch für mich, doch auch der Zugang der Autorin zum alles andere als einfachen Thema hat mich tief beeindruckt. Gewissermaßen gibt sie sich und ihre Familie ihren Lesern preis. Somit ist dieses Buch eine ganz besondere Art von Denkmal, das sie ihrem Vater setzt, eines mit Ecken und Kanten, aber auch mit viel Wärme!

Veröffentlicht am 03.01.2021

Das Schlimmste und das Beste

Erinnerungen aus Glas
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Hier begegnen sich Kindheitsfreunde in den Niederlanden unter schwierigsten Bedingungen wieder. Sie haben sich sehr von einander entfernt, Eliese hat ihre Freunde Josie und vor allem Samuel enttäuscht, ...

Hier begegnen sich Kindheitsfreunde in den Niederlanden unter schwierigsten Bedingungen wieder. Sie haben sich sehr von einander entfernt, Eliese hat ihre Freunde Josie und vor allem Samuel enttäuscht, indem sie ein Versprechen gebrochen und sich einem anderen Mann zugewandt hat. Und doch finden Eliese und Josie wieder zueinander, als es darum geht, Kinder - Juden wie sie selbst - vor dem Konzentrationslager und damit vor dem sicheren Tod zu bewahren.

Auf einer zweiten Erzählebene begegnet uns die junge Ava in der Gegenwart, eine Außenseiterin in der eigenen Familie. Auch, wenn hier eine große Liebe entsteht und Ava auch in anderer Hinsicht über sich selbst hinauswächst, empfinde ich ihn im Vergleich zur Vergangenheit als deutlich weniger eindringlich. Es herrscht ein gewisses Chaos und die Auflösung erfolgt aus meiner Sicht zu glatt.

Ja, in diesem Roman, der erstaunlicherweise auf wahren Begebenheiten basiert - erstaunlich, weil vieles so widersprüchlich und/oder unglaublich ist, dass man es kaum fassen kann, kommt das Schlimmste, aber auch das Beste im Menschen zum Vorschein. Ich hätte nicht geglaubt, dass Menschen so kaltblütig, so zynisch sein können. Auf der anderen Seite ist es aber noch viel erstaunlicher, wieviel Gutes ein Mensch - und noch mehr viele Menschen zusammen - unter allerschwierigsten Bedingungen und größten Opfern zustande bringen können.

Schade nur, dass das alles in einem recht chaotischen Stil erzählt wird, es hätte noch weitaus eindringlicher präsentiert werden können, als es ohnehin schon der Fall ist!