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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.05.2020

It must be magic

Da sind wir
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Hier schreibt Graham Swift von Zauberern und anderen bunten Vögeln. Auch wenn es zunächst gar nicht so schillernd losgeht in diesem kurzen Roman, der doch alles beinhaltet, was man sich nur wünschen kann! ...

Hier schreibt Graham Swift von Zauberern und anderen bunten Vögeln. Auch wenn es zunächst gar nicht so schillernd losgeht in diesem kurzen Roman, der doch alles beinhaltet, was man sich nur wünschen kann! Vor allem eine glasklare Sprache und einen stimmigen, fesselnden Stil, beides bleibt in der exzellenten Übersetzung bestens erhalten!

Im Mittelpunkt steht Ronnie, zunächst ein kleiner, verschüchterter Junge, den es zu Beginn der Bombardierungen auf London im Zweiten Weltkrieg - was mehr oder weniger gleichbedeutend mit dem Beginn des Krieges selbst ist - aufs Land verschlägt. Er wird, wie Abertausende anderer britischer Kinder auch, evakuiert und wird von seinen Gasteltern mehr oder weniger verzaubert - denn er kommt mehr oder weniger in ein Paradies. In dem er auch noch das Zaubern lernt.

Diese Fertigkeit will er Jahre später zu seinem Beruf machen - gemeinsam mit Jack, seinem Freund aus Armeezeiten, träumt er von einer Karriere auf der Bühne. Zu der dieser ihm irgendwann, mittlerweile zum Moderator einer kleinen Show geworden, ihm tatsächlich verhilft. Und fast auch noch zu einer Braut. Aber eben nur fast.

Warum das so ist und wie es kommt, dass Jack ebenso plötzlich von der Bühne verschwindet wie er auf ihr landet - das beschreibt Graham Swift ebenso lakonisch wie fesselnd. Und das Publikum - in diesem Falle wir, die Leser - bleibt mindestens ebenso nachdenklich zurück wie Evie, Ronnies Fast-Ehefrau...

Ein überaus lohnendes Stück englischer Literatur, das aus meiner Sicht nur einen einzigen Mangel aufweist: es ist viel zu schnell zu Ende!

Veröffentlicht am 20.05.2020

Born to be wild

Blutige Düne
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Dieses wilde Leben wurde ihm zum Verhängnis. Oder doch nicht?

Rocco, ein langjähriges Mitglied der norddeutschen Rockerszene, das seine Finger in allen möglichen dunklen Geschäften hatte, ist tot. Ganz ...

Dieses wilde Leben wurde ihm zum Verhängnis. Oder doch nicht?

Rocco, ein langjähriges Mitglied der norddeutschen Rockerszene, das seine Finger in allen möglichen dunklen Geschäften hatte, ist tot. Ganz klar ermordet. Aber: bald darauf wird ein junger Mann angegriffen, ein Idealist, dessen Lebensinhalt der Naturschutz, vor allem der Schutz des Meeres und seiner Umgebung ist. Ein Typ, der alles andere als wild ist. Doch beide Übergriffe tragen dieselbe Handschrift. Was um alles in der Welt können diese beiden Personen miteinander zu tun haben?

Sehr langsam, schrittchenweise, zeigen sich mögliche Zusammenhänge - alle äußerst überraschend, wie ich finde.

Auch diesmal steht das Privatleben der Ermittlerin Liv Lammers klar im Vordergrund. Ihr Vater, mit dem sie ja schon lange gebrochen hat, zeigt sich mal wieder von seiner ganz fiesen Seite und auch dieser familiäre Teil trägt diesmal nicht unwesentlich zur Spannung bei. Ich finde, diese familiären Ränke passen gut zu dem Setting und dadurch intensiviert sich auch ein anderer Eindruck von Sylt: nämlich das Bild als Nicht-Nur-Touristen-Insel.

Aus meiner Sicht der bisher beste Teil der Reihe: hier zog sich die Spannung von Anfang bis zum Ende durch, ich konnte das Buch gar nicht aus der Hand legen! Dies ist definitiv eine Reihe, bei der ich am Ball bleibe, bei der sich die Protagonistin von der Masse absetzt dank verschiedener Alleinstellungsmerkmale. Ich mag Liv sehr gern, sie ist so authentisch und einfach ein Typ. Kein unkomplizierter, aber ganz klar ein liebenswerter. Ich mag besonders gern an ihr, dass sie kein bisschen zickig ist und dass sie ein ebenso guter Kumpel für Männer wie für Frauen ist - wenn man sie lässt. Da verzeihe ich auch ihrer großartigen Autorin Sabine Weiss den ganz, ganz dicken Cliffhanger am Ende des Krimis - und freue mich wie Bolle auf den nächsten Teil!

Veröffentlicht am 18.05.2020

Ein Fest des Verzichts - aber nicht nur!

Flow flow flow mit Ayurveda
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Belebend und ermutigend in jeder Lebenslage. Ich habe mir immer vorgestellt, dass Ayurveda genau so sein sollte - und bin doch jedes Mal, wenn ich wieder anfing, mich damit zu beschäftigen, verwirrt oder ...

Belebend und ermutigend in jeder Lebenslage. Ich habe mir immer vorgestellt, dass Ayurveda genau so sein sollte - und bin doch jedes Mal, wenn ich wieder anfing, mich damit zu beschäftigen, verwirrt oder sogar rausgerissen worden. Und zwar durch irgendwelche Umständlichkeiten und/oder Komplikationen, die mir so gar nicht ins Konzept passen wollten - weder in das bestehende noch in das zu ändernde. In vielerlei Hinsicht geht es nämlich um Einschränkung, ja sogar um Verzicht, vor allem im Hinblick aufs Essen.

Und genau das war es, was mich daran störte. Denn Ayurveda soll ja etwas sein, das mein Leben, meinen Alltag erleichtert und das bringe ich persönlich nur mit Positivem in Verbindung.

Bei diesem Buch war es mir zum ersten Mal möglich, mich voll und ganz auf das Konzept einzulassen. Bei der Lektüre, wohlgemerkt. Denn in mein Leben einfügen möchte ich nur einige wenige Glaubenssätze und Praktiken - und mehr war auch nie mein Ziel, denn es gibt auch noch anderes, womit ich mich beschäftige, bspw. Traditionelle chinesische Medizin (TCM) zum Beispiel - insbesondere Qi Gong - und Meditation. Dieses schöne Buch hilft mir auf dem Weg dahin

Denn ich finde es toll, wenn mir ermöglicht wird, verschiedene Bausteine miteinander zu kombinieren - und genau das ist mithilfe dieses Buches total einfach! Man ermittelt fix seinen Typ, Dosha heißt das in der Ayurveda-Begrifflichkeit - jedenfalls im Großen und Ganzen. Mit dem muss man dann leben, ob man wil oder nicht. In meinem Fall ganz klar das Letztere, denn ich bin - konnte ich mir ja eigentlich schon denken - genau der Typ, der ganz, ganz viel Verzicht üben muss. Auf die Dinge jedenfalls, die ich gerne mache und vor allem esse! Dieses Buch erleichtert mir das, denn es ermutigt zum schritt- oder auch zum teilweisen Einstieg ins Ayurveda. Und das ist auf einmal gar nicht mehr so abschreckend.

Wobei nochmal ganz klar darauf hinzuweisen ist, dass das Buch an sich ganz und gar nicht abschreckend ist, sondern im Gegenteil ganz liebevoll gestaltet und aufbereitet ist. Quasi ein Fest des Verzichtes. Eines, das ich immer und immer wieder zu feiern bereit bin - mit den Vorschlägen von Lisa Fengler und den Zeichnungen von Mareike Engelke!

Veröffentlicht am 16.05.2020

Nach dem Krieg

Ein Traum vom Glück
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Es ist für mich immer spannend zu lesen, wie es den Menschen nach dem Krieg erging. Die meisten von ihnen mussten quasi aus dem Nichts neu starten, egal ob an ihrem Heimatort oder aber - und das traf nicht ...

Es ist für mich immer spannend zu lesen, wie es den Menschen nach dem Krieg erging. Die meisten von ihnen mussten quasi aus dem Nichts neu starten, egal ob an ihrem Heimatort oder aber - und das traf nicht gerade wenige - nach einer aufreibenden Flucht mit häufig großen Verlusten in einer ganz anderen Ecke Deutschlands. Und oft genug waren Teile der Familie weggebrochen, es war aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich, den angestammten Beruf wieder aufzunehmen und, und, und.

In ihrem Roman "Ein Traum vom Glück" führt uns Eva Völler in die Zechenlandschaft des Ruhrgebietes, konkret nach Essen. Im Mittelpunkt steht Katharina, die mit zwei Töchtern aus dem zerbombten Berlin in den Westen geflüchtet ist, der Mann gilt als vermisst. Sie bringt ihre Töchter mit Schneiderarbeiten durch, als Johannes, der Sohn ihrer Schwägerin, aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurückkehrt und sich als Kumpel in der Zeche verdingt.

Die Autorin hat ihren Roman proppenvoll gepackt mit diversen Ereignissen, die typisch waren für die Nachkriegszeit und zu denen ich mich an dieser Stelle nicht im Detail äußern möchte, um künftige Leser nicht der Spannung zu berauben. Auf jeden Fall ist es mir persönlich des Guten zu viel. Beim Lesen entstand in mir der Eindruck, dass hier eine Vorlage für eine aus sehr, sehr vielen Teilen bestehende Fernsehserie geschaffen wurde. Für einen Roman und auch generell für menschliche Einzelschicksale wirkt diese Fülle an Schicksalsschlägen viel zu überladen, auch wenn das Leben im Ruhrpott durchaus atmosphärisch geschildert wird und auch der Dialekt durchaus authentisch rüberkommt. Wer sich in dieser Epoche nicht so gut auskennt, wird mit Sicherheit sehr viel Neues erfahren!

Veröffentlicht am 16.05.2020

Frauen hatten es nicht leicht

Die Tote in der Sommerfrische
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Nein, ganz und gar nicht. Vor allem nicht die, die am unteren Ende der sozialen Abstufung standen, doch nicht nur - auch diejenigen aus besseren Kreisen kamen oft nicht zu Potte. Wie hier Viktoria Berg, ...

Nein, ganz und gar nicht. Vor allem nicht die, die am unteren Ende der sozialen Abstufung standen, doch nicht nur - auch diejenigen aus besseren Kreisen kamen oft nicht zu Potte. Wie hier Viktoria Berg, die Lehrerin werden will. Genauer gesagt, ist sie das schon, denn ihre Ausbildung konnte sie durchsetzen. Auch wenn ihr Vater eigentlich eine lukrative Heirat für sie ins Auge gefasst hat und ihr deshalb noch vor Antritt der ersten Stellen einen schicken Urlaub - damals als Sommerfrische bekannt - auf Norderney spendiert.

Doch Viktoria wäre nicht sie selbst, wenn sie nicht ein Herz für Menschen hätte, die nicht so auf der Sonnenseite des Lebens stehen. So ist die Bekannte, die sie gleich zu Beginn ihrer Ferien trifft, auch keine Gleichgestellte, sondern ein Hausmädchen aus ihrem Hotel, dem sie früher das Lesen beigebracht hat. Wie furchtbar, dass diese kurz darauf tot aus dem Wasser gefischt wird! Und zwar von dem jungen Journalisten Christian Hinrichs, der ebenso wie sie selbst ein großes Interesse an der Aufklärung der Hintergründe dieses Todesfalls zu haben scheint!

Wundervoll spannend kommt dieser Krimi daher, in dem es Schlag auf Schlag geht - Autorin Elsa Dix legt auch im ruhigen Norderney ein gehöriges Tempo vor. Wobei sie jedoch, was die atmosphärische und historische Einbettung angeht, niemals aus dem Rahmen fällt. Nein, im Gegenteil: sehr gekonnt führt sie den Leser in die sozialen Verhältnisse im Jahre 1912 ein und lässt ihn ebenso versiert die Seeluft der damaligen Zeit schnuppern - ich habe mich während der gesamten Lektüre perfekt in die damalige Umgebung versetzt gefühlt.

Einfach herrlich, obwohl der Todesfall ein so trauriger ist. Aber Ella Dix versteht es, eine Leichtigkeit in die Handlung zu bringen, die an keiner Stelle oberflächlich ist und sogar - immer sehr passend - hier und da ein wenig Humor einbringt. Viel zu schnell musste ich das ausgelesene Buch aus der Hand legen und freue mich nun schon auf den nächsten Band - denn Viktoria Berg wird uns weiterhin als Krimiheldin erfreuen!