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Veröffentlicht am 10.01.2018

Ein Leben wie ein Roman

Die amerikanische Prinzessin
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Oder wie ein Märchen, wenn auch keines der Brüder Grimm, denn die lösen sich zumeist in Wohlgefallen oder doch zumindest in Gerechtigkeit auf! Die Lebensgeschichte der Allene Tew bzw. von Kotzebue, ...

Oder wie ein Märchen, wenn auch keines der Brüder Grimm, denn die lösen sich zumeist in Wohlgefallen oder doch zumindest in Gerechtigkeit auf! Die Lebensgeschichte der Allene Tew bzw. von Kotzebue, wie sie zuletzt hieß, ähnelt eher dem tragischen Schicksal einer Figur aus der Feder von Christian Andersen oder gar aus 1001 Nacht!

Die junge Allene führt ein geborgenes, jedoch keineswegs komfortables Leben und lernt früh, dass man seinem Glück auf die Sprünge helfen muss. So kommt sie durch zwei Ehemänner schon früh zu Geld und bald auch zu einem dritten Gatten, durch den sie erfährt, was wahre Liebe und Partnerschaft in der Ehe eigentlich bedeuten. Doch auch dieses Glück ist endlich und so macht sich die frischgebackene Witwe auf nach Europa auf der Suche nach einem neuen Leben, das sie an der Seite des adligen Prinzen Reuß findet, der sie bereitwillig zur Frau nimmt - allerdings nur ihres Geldes wegen.

Doch öffnet ihr diese Verbindung einige Türen bspw. die zum niederländischen Königshaus. Sie wird Patentante der späteren Königin Beatrix und entert damit langfristig die Bühnen der adligen Welt - zusammen mit dem russischstämmigen Adligen Paul von Kotzebue, der ihr fünfter Ehemann wird.

Ja, es ist ein Lebenwie ein Traum, von dem die niederländische Historikerin Annejet van der Zijl hier erzählt und das Wichtigste: alle Fakten sind wahr und überaus sorgfältig recherchiert.

Die Erinnerungen an ein fernes Leben, die hier so professionell und im Prinzip auch sehr eloquent - tatsächlich fast wie ein Roman - dargestellt werden, kommen stellenweise ein wenig umständlich und komplex daher, an anderen Stellen wird der Sachstand dann doch sehr verkürzt dargestellt. Doch bei der ungeheuren Masse an Quellen wie auch an Sekundärliteratur - alles ist am Ende des Buches ausgesprochen sorgfältig und professionell aufbereitet worden - ist dies wohl nicht anders möglich. In weiten Teilen ist dies eine generationenübergreifende Familiengeschichte, die entlang zentraler historischer Entwicklungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dargestellt wird.

Wer also wie ich gern Biographien von Menschen liest, die nicht jeder kannte, die aber auf ihre Weise etwas ganz Besonderes sind, dem empfehle ich dieses sowohl informative als auch unterhaltsame Buch!

Veröffentlicht am 08.01.2018

Weit hinaus über das Meer

Das Erbe der Rosenthals
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und die Ozeane geht es im Jahr 1939 für die elfjährige Hannah Rosenthal. Man kann es sich schon denken: dies ist mitnichten eine Vergnügungsreise, nein, ganz im Gegenteil: sie und ihre Eltern sind Juden, ...

und die Ozeane geht es im Jahr 1939 für die elfjährige Hannah Rosenthal. Man kann es sich schon denken: dies ist mitnichten eine Vergnügungsreise, nein, ganz im Gegenteil: sie und ihre Eltern sind Juden, die vor dem nationalsozialistischen Regime in Deutschland fliehen. Doch Ende der Dreißiger Jahre ist die Welle der fliehenden Juden so riesig, dass viele Staaten keine Flüchtlinge mehr aufnehmen, egal, wie verzweifelt deren Situation ist.

Kuba ist das Land, auf das die Familie Rosenthal ihre Hoffnungen setzt und ihre Reise mit dem Schiff St. Louis basiert auf realen Begebenheiten: dieses Schiff, das mit Hunderten von Flüchtenden Kuba ansteuerte, gab es wirklich.

Um die Ahnungen der Interessierten nicht über Gebühr zu strapazieren: das Schicksal der St. Louis und auch der Familie Rosenthal ist ein tragisches. Familien werden getrennt, Freunde sowieso und auch der Staat Kuba kommt in diesem Buch nicht gut weg - unter den unterschiedlichen Regierungen, kann man erlesen, war das Leben dort für viele - gerade auch für Fremde - kein Leichtes.

Im Roman werden verschiedene Stationen im Leben von Hannah beschrieben: das Leben in Berlin und dessen abruptes Ende, die Fahrt mit der St. Louis und verschiedene Passagen ihres Lebens auf Kuba. Und es gibt eine Parallelgeschichte - die des Mädchens Anna in New York. Wie sich das wohl zusammenfügt?

Ein bemerkenswertes Buch, das gleichwohl seine Schwächen hatte, fand ich jedenfalls. Für mich stellten die frühen Jahre - die Flucht aus Berlin, die Reise der Familie Rosenthal auf der St. Louis eindeutig den stärkeren Part dar - die Zeit in Kuba wirkte dann zerfasert und teilweise nicht ausreichend erläutert. Ganz so, als konnte oder durfte der Autor nicht zu viel schreiben. Dennoch habe ich den Roman sehr gerne gelesen, wobei mich vor allem die angehängten Erläuterungen über das wahre Schicksal des Schiffes St. Louis und seines Kapitäns sehr faszinierten.

Ein Roman, den ich jedem ans Herz lege, der das tragische Schicksal der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus in all seinen Facetten erfassen will. Hier wird ein weiterer Baustein dazu geliefert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Authentizität
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 06.01.2018

Eine Weihnachtsgeschichte der mörderischen Art

Geheimnis in Rot
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hat die britische Autorin Mavis Doriel Hay mit "Geheimnis in Rot" bereits in den 1930er Jahren verfasst - erst 2017 erfolgte die erstmalige Übersetzung ins Deutsche - eine sehr lohnenswerte, ...

hat die britische Autorin Mavis Doriel Hay mit "Geheimnis in Rot" bereits in den 1930er Jahren verfasst - erst 2017 erfolgte die erstmalige Übersetzung ins Deutsche - eine sehr lohnenswerte, wie ich finde!

Herrlich! Und very british! Jedenfalls meistens - an einigen wenigen Stellen wirkte die Geschichte für mich als Leserin des 21. Jahrhunderts dann doch ein wenig kleinteilig und auch behäbig. Und es war extrem früh zu erahnen, wer der Täter ist.

Dennoch: "Geheimis in Rot" ist ein überaus stilvoller Weihnachtskrimi mit allem Zipp und Zapp, der auch über die Feiertage hinaus noch lesenswert ist. Die Autorin Mavis Driel Hay schreibt atmosphärisch und mit ausgesprochen sarkastischem Anklang, wenn auch einem milden. Very british indeed. Es handelt sich hier um einen klassischen Whodunnit um die Familie Melbury und ihr Umfeld, eine personelle Konstellation, die einige Ecken und Kanten aufweist. Ein Mord findet statt, ausgerechnet zu Weihnachten und (fast) jeder könnte es gewesen sein.

Wie gesagt, das mit dem "fast jeden" erledigt sich sehr schnell, aber wer der klassischen britischen Krimiliteratur zugetan ist, wird dennoch seine Freude mit dem Buch haben!

Veröffentlicht am 05.01.2018

Ein sehr trauriges Mädchen

Love & Gelato
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ist es, das da aus Seattle kommend in der Toskana, die ihre neue Heimat werden soll, landet: Lina hat nach kurzer und schwerer Krankheit ihre Mutter verloren und soll nun bei ihrem Vater in Italien leben, ...

ist es, das da aus Seattle kommend in der Toskana, die ihre neue Heimat werden soll, landet: Lina hat nach kurzer und schwerer Krankheit ihre Mutter verloren und soll nun bei ihrem Vater in Italien leben, von dem sie bis vor Kurzem noch überhaupt nichts wusste.

Und zunächst mag sie dort auch überhaupt nicht bleiben, ist ihr neuer Wohnort doch - gerade in ihrer aktuellen Situation - ein äußerst morbider: sie lebt auf einem amerikanischen Soldatenfriedhof, einer Gedenkstätte also. Außerdem ist ihre beste Freundin tausende von Kilometern entfernt, überhaupt alle Menschen, die sie kennt, auch ihre Großeltern.

Doch langsam freundet sie sich mit ihrer Umgebung an und lernt nicht nur ihren Vater zu schätzen, sondern auch das Umfeld - es zeigt sich, dass es sehr attraktive Jungs in der Toskana gibt, die auch gar nicht abgeneigt sind, mit Lina Zeit zu verbringen.

Wenn sie mal dazu kommt, denn sie ist an das Tagebuch ihrer Mutter aus deren Italienzeit gekommen und an deren Geschichte ist so einiges ziemlich fragwürdig. Allmählich tastet sich Lina vor, nicht ohne Hilfe der neuen Bekannten.

Ein schönes Jugendbuch, das auch sehr eindringlich die Stimmung in der Toskana spiegelt und nur gelegentlich zu sehr an der Oberfläche bleibt.

Sommerlektüre fürs Gemüt nicht nur für junge Italienurlauberinnen!

Veröffentlicht am 05.01.2018

Nur noch das Jankele

Solange die Hoffnung uns gehört
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ein jiddisches Kinderlied, das sie Abend für Abend mit ihrer Tochter singt, ist der Opernsängerin Anni Kluger geblieben.

Das Grauen der Judenverfolgungen im Zweiten Weltkrieg durch die Nationalsozialisten ...

ein jiddisches Kinderlied, das sie Abend für Abend mit ihrer Tochter singt, ist der Opernsängerin Anni Kluger geblieben.

Das Grauen der Judenverfolgungen im Zweiten Weltkrieg durch die Nationalsozialisten wird bereits in vielen Romanen thematisiert (wobei es aus meiner Sicht nicht genug geben kann), wobei es aber immer noch Aspekte gibt, die nicht ganz so ausführlich beleuchtet wurden.

Hier hat die Autorin Linda Winterberg aka Nicole Steyer das Thema Kindertransporte in einem packenden Roman verarbeitet, in dem die Geschichte des Mädchens Ruth erzählt wird, die mit ihrer Mutter, der berühmten Sopranistin und Solistin der Frankfurter Oper Anni Kluger, durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten aus einem überaus angenehmen Leben mit viel Musik gerissen wurde.

In einer hoffnungslosen Situation - die Mutter hat in der Annahme, es könne so schlimm nicht kommen, die Ausreise so lange aufgeschoben, bis es zu spät war - gibt es für Ruth doch noch eine Chance. Einige Monate nach der Reichskristallnacht kann sie mit einem Kindertransport nach England reisen und dort ihre Schulausbildung fortsetzen - allerdings ohne ihre Mutter.

Die Autorin schreibt gekonnt und hat mich mit ihrer Geschichte so fesseln können, dass ich das Buch - das kein dünnes ist - in weniger als zwei Tagen durchgelesen hatte. Für Leser, die wie ich nicht vom Thema Zweiter Weltkrieg in allen Varianten lassen können, ist es ein gefundenes Fressen, vor allem, da auch weitere Schicksale, bspw. von Annis Kollegen und Ruths Freunden thematisiert werden und die Darstellung dadurch eine ziemliche Bandbreite und Weitläufigkeit erhält.

Wir folgen dem Schicksal von Ruth bis in die 1950er Jahre und es ist eine sehr wechselhafte und für meinen Geschmack zeitweilig zu aktionsreiche Geschichte, in der auch leider nicht alle Charaktere so eindringlich dargestellt werden, wie sie es verdient hätten und wie es die Autorin auch vermag. Dies hat man bspw. an der Figur von Annis Weggefährten Georgina/Norbert aus der Oper gesehen, einer überaus faszinierenden Persönlichkeit, aus meiner Sicht DEM Sympathieträger im Roman.

Etwas fürs Herz ist dieser Roman, denn es geht viel um Leidenschaften und Sehnsüchte, wobei aber die historischen Ereignisse an keiner Stelle außer Acht gelassen werden. Als faszinierend empfand ich die Einbindung zahlreicher wahrer Begebenheiten aus dem Frankfurt der 1930er und 1940er Jahre. Keine Frage, bei der Recherche hat Linda Winterberg ganze Arbeit geleistet und die Geschehenisse gelungen in ihre Geschichte eingearbeitet, wenn es auch an manchen Stellen einfach zu viele sind.

Dennoch ein überaus lesens- und empfehlenswerter Roman, den ich nicht aus der Hand legen konnte!