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Veröffentlicht am 26.03.2018

Habe ich gerne gelesen

Mein Sommer auf dem Mond
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Das Buch mit dem coolen Titel “Mein Sommer auf dem Mond” ist das neueste Buch der Münchener Autorin Adriana Popescu. Ein Roman über vier Jugendliche, die ihren Sommer in einer psychiatrischen Klinik verbringen, ...

Das Buch mit dem coolen Titel “Mein Sommer auf dem Mond” ist das neueste Buch der Münchener Autorin Adriana Popescu. Ein Roman über vier Jugendliche, die ihren Sommer in einer psychiatrischen Klinik verbringen, um dort ihren Problemen auf den Grund zu gehen. Eine Geschichte über Freundschaft, Mut und die Chance gemeinsam stark zu sein. Für alle Fans von “Der Club der roten Bänder”. Mit einer gewissen Leichtigkeit erzählt trotz ernster Thematiken — gleichzeitig zutiefst ergreifend und emotional. Für Jugendliche ab 14 Jahren.

Für ihre Mutter sieht es aus wie ein Internat aus einem Enid Blyton-Roman, für ihren Vater wie Hogwarts. Doch für die 16-jährige Franziska, die von allen Fritzi genannt wird, ist es nur eine Einrichtung für psychisch Kranke auf der Insel Rügen, auf der sie nun ihren Sommer verbringen wird. Denn Fritzi wird immer wieder von Panikattacken überfallen — etwas, das ihr gar nicht gefällt: “Weil ich ständig Angst habe, dass es wieder passiert, und ich irgendwann gar nichts mehr kann. […] Ich will einfach nur normal sein. Ich will mich nicht in meinem Zimmer verstecken müssen, weil ich nur dort sicher bin.” (Zitat aus “Mein Sommer auf dem Mond” S.134ff) Nun ist sie hier und landet in einer Gruppe mit Adriana Popescu - Mein Sommer auf dem Monddrei anderen Patienten, die sich die “Astronauten” nennen. Darunter ist auch der 16-jährige Bastian, der immerzu versucht einzuschätzen, warum sie denn wohl hier ist. Hat sie eine Essstörung? Oder einen Zwang zum Lügen? Am Anfang ist Fritzi noch genervt von ihm. Doch dann kommen sich die beiden langsam näher. “Nicht, dass ich genau hingesehen hätte, als sie gedankenverloren mit ihren Fingern die Buchseiten gestreichelt oder bei manchen Passagen des Buches geschmunzelt hat. Auf gar keinen Fall habe ich sie so genau beobachtet. Irgendwas an ihr ist anders, spannender und aufregender als bei den anderen Mädchen hier. Ich will wissen, was es ist.” (Zitat S.43) Auch die anderen zwei Mitglieder ihrer Gruppe tauen allmählich auf: Tim, der Schönling, der glaubt bald nach Hause gehen zu dürfen und sich völlig fehl am Platz fühlt. Und Sarah, die kaum ein Wort sagt, aber überraschend gut segeln kann. Denn segeln lernen, das hat ihr Betreuer der Gruppe zur Aufgabe gemacht. Denn neben dem gemAdriana Popescu - Mein Sommer auf dem Mondeinsamen Bestehen in einem Klettergarten, Fahrradtouren und Gesprächen unternehmen die Vier bald alles zusammen. Öffnen sich und lassen einander in die Abgründe ihrer Seele blicken. Denn fast jeder von ihnen hat etwas zu verbergen. Vor allem Bastian…

“Mein Sommer auf dem Mond”, das mit einem hervorragenden Titel aufwartet, der perfekt zum Kontext der Geschichte passt, wird aus zwei Erzählperspektiven erzählt: aus Fritzis und aus Bastians Sicht. Die Kapitel beginnen mit dem jeweiligen Namen der Person und einer Überschrift, die zugleich der Titel eines Films oder ein Filmzitat ist. Dies bezieht sich auf Bastians Krankheit, der immer wieder eine Stimme hört und einen Film- oder Comicbösewicht auftauchen sieht, der mit ihm sein Leben ausdiskutiert und ihn zu den schlimmsten Dingen überreden will. Am Anfang wirken diese Gespräche etwas befremdlich, passen aber sehr gut zu seinem Krankheitsbild (nur das Ende fand ich in dieser Hinsicht etwas theatralisch mit den nebeneinander aufgestellten Figuren am Strand). Was zu Beginn auch richtig viel Spaß macht in dem Roman sind die feurigen, flotten Dialoge zAdriana Popescu - Mein Sommer auf dem Mondwischen Bastian und Fritzi, die sich bald näher kommen — Liebesgeschichte somit inklusive. Mitzuerleben wie sämtliche “Astronauten” (eine gelungene Bezeichnung) sich Stück für Stück öffnen und eine Wandlung durchmachen, liest sich sehr berührend. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und jeder versucht anfangs möglichst wenig von sich preiszugeben. Von Sarahs und Tims Krankengeschichte weiß man so gut wie gar nichts und auch wenn das Buch aus den Perspektiven von Fritzi und Bastian erzählt wird, so muss man sich ebenfalls an ihre Geschichten langsam herantasten (die Autorin leidet übrigens seit über 10 Jahren selbst an Panikattacken). Wenn dann Mauern allmählich fallen, Vertrauen gefasst wird, die richtigen Fragen gestellt werden, aber auch mal die falschen und es wieder einen großen Schritt zurückgeht, befindet man sich bereits mitten in einer Achterbahn der Gefühle und ist kaum in der Lage das Buch aus den Händen zu legen! “Die Angst hat sich um mein ganzes Leben gesponnen und ich […] habe Angst, dass etwas passiert, und probiere es vorsichtshalber gar nicht erst aus.” “So verpasst du dein Leben, das ist dir schon klar, oder?” Etwas in Tims Stimme lässt mich ahnen, dass er nur zu genau weiß, wovon ich spreche. Leidet er auch an solchen Attacken? […] “Du sprichst aus Erfahrung?” “IcAdriana Popescu - Mein Sommer auf dem Mondh denke nur, wenn man zu viel nachdenkt, verpasst man vielleicht die Chance, das Leben zu genießen.” (Zitat S.88) Wie zarte Pflanzen entblättern sich die Protagonisten Blatt für Blatt, Blüte für Blüte, und man dringt vor zu ihrem Kern, zu der Wahrheit, die sie vor den anderen verbergen, aber manchmal auch vor sich selbst. Der Erzählstil ist locker, am Anfang fast schon ein wenig zu sarkastisch, aber dann transportiert er einfach nur sehr gut die Empfindungen der Hauptfiguren. Das Ende macht Hoffnung und zeigt, dass man manchmal viel stärker ist, als man denkt, und dass gerade zusammen alles viel leichter ist!

Fazit: Eine Geschichte, die ich — trotz minimaler Kritikpunkte — wirklich sehr gerne gelesen habe!

Veröffentlicht am 26.03.2018

Schöner Lesespaß

#famous
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“Famous” von der amerikanischen Autorin Jilly Gagnon ist ein Roman über ein verhängnisvolles Foto, das plötzlich um die Welt geht. Eine Geschichte über unerwartete Berühmtheit, Mobbing und die Liebe in ...

Famous” von der amerikanischen Autorin Jilly Gagnon ist ein Roman über ein verhängnisvolles Foto, das plötzlich um die Welt geht. Eine Geschichte über unerwartete Berühmtheit, Mobbing und die Liebe in Zeiten von Social Media. Eine turbulente, unterhaltsame Lektüre. Für Mädchen ab 12 Jahren und interessierte Erwachsene.

Schon seit Ewigkeiten schwärmt die junge Rachel für den 18-jährigen Kyle aus der 12.Klasse. Es gibt nur eine einzige Überschneidung ihrer beider Leben: der Kurs “Kreatives Schreiben”, den sie beide besuchen. Umso überraschter ist Rachel, als sie Kyle eines Tages im Einkaufszentrum entdeckt — als Mitarbeiter eines Fastfoodrestaurants: “Und dann sah ich ihn. Kyle Bonham. Instinktiv senkte ich den Kopf, drehte mich zur Seite und tat so, als sei ich voll und ganz in mein Handy vertieft, damit nur ja nicht der Eindruck entstand, ich würde ihn anstarren. In Wahrheit tat ich genau das — Kyle musste man einfach anstarren.” (Zitat aus “

Famous” S.10) Heimlich macht Rachel ein Foto von ihm, um es ihrer besten Freundin Monique zu schicken. Und zwar über die Plattform Flit, auf der sie ihr sonst auch ihre Bilder schickt. Darunter schreibt sie: “Echt lecker, was die bei Burger Barn heute im Angebot haben.

DAZUhätteichgernPommes”. (Zitat S.20) Doch dann bekommt sie schlagartig Panik: “Was, wenn er es sah? Er würde sofort wissen, dass es von mir kam. Aber das würde nicht passieren. Ich hatte vielleicht zehn Follower — und Kyle war nicht darunter. Seit Monaten schickte ich Monique Bilder, und bis jetzt schien das niemand großartig bemerkt zu haben.” (Zitat S.19) Doch dann passiert genau das, womit Rachel niemals gerechnet hätte, ihr Foto wird geteilt. Und wieder geteilt. “Dann ging die Sache richtig durch die Decke. Es sah aus, als würde die gesamte Schule das Foto reflitten. Erst die Mädchen, die mit Erin im Tanzteam waren, dann ein paar von den Leichtathleten und dann lauter Namen, die ich noch nie im Leben gehört hatte.” (Zitat S.37) Stunde um Stunde wird es heftiger: “1.385 Benachrichtigungen. Beinahe hätte ich mich an meiner Kirschtomate verschluckt. Das waren mehr Leute, als es Schüler an der Apple Prairie High gab. Ohne nachzudenken klickte ich auf “Öffnen”. Ich musste einfach wissen, was über mich geschrieben wurde.” (Zitat S.42) Und es sind nicht wirklich positive Dinge, die über Rachel geschrieben werden. Sie wird beschimpft, als fett und hässlich bezeichnet und das sogar von wildfremden Menschen. Auch Kyle wundert sich, was da während seiner Schicht im Fastfoodrestaurant abgeht: “Ich hatte in meinen Leben noch nie so viele Mädchen Pommes bestellen sehen. […] Normalerweise war während meiner gesamten Schicht tote Hose. Doch heute waren bereits um Viertel vor sechs alle Pommes ausverkauft. Das war uns noch nie passiert.” (Zitat S.23) Und jedes Mädchen, in der endlosen Schlange, die seltsamerweise auch ein Foto von ihm machen wollen, bestellt ihre Pommes mit dem Spruch: “Dazu hätte ich gerne Pommes.” Als er schließlich sein Handy in die Hand bekommt und seine Benachrichtigungen entdeckt, wird ihm endlich klar, warum. “Ich spürte, wie mein Herz zu rasen begann. Es hämmerte regelrecht gegen meinen Brustkorb. Was war hier los? Warum teilte plötzlich die halbe Welt ein Foto von mir?” (Zitat S.29) Doch während Rachel immer mehr Opfer gemeiner Mobbingattacken wird, wird Kyle über Nacht zum gefeierten Star. Bis eines Tages sogar das Fernsehen vor seiner Türe steht und er in einer Show auftreten soll. Das verändert alles. Denn auf einmal soll auch Rachel dabei eine Rolle spielen…

Famous” wird abwechselnd aus Kyles und Rachels Sicht in der Ich-Perspektive erzählt. Die Sprache ist locker und teilweise jugendsprachlich, aber passend. Der Roman enthält einige interessante Thematiken: Wie gehe ich mit unerwarteter Berühmtheit um? Was für Vorteile kann ich daraus ziehen? Das Buch zeigt aber auch die Schattenseiten des Ruhms: ungewollte Bekanntheit und Mobbing. Gerade Rachel macht dies sehr zu schaffen: “Beim Aufwachen hatte ich 23.208 weitere Benachrichtigungen gehabt (zusätzlich zu den vielen Loves und Reflits), und die meisten davon waren extrem gemein. Demnach war ich fett, hässlich, armselig und größenwahnsinnig. Nicht, dass ich so was nicht schon ab und zu selbst gedacht hätte, aber es von so vielen Leuten lesen zu müssen, war doch mal etwas ganz anderes. So, als würde es dadurch irgendwie wahr werden. Mir wurde richtig schlecht davon.” (Zitat S. 62) Es ist sehr bewegend zu lesen, wie der Alltag des jungen Mädchens sich verändert, wie sie, die eigentlich eher immer im Hintergrund bleiben wollte, plötzlich mitten auf den Präsentierteller gerät. Wie alte, peinliche Fotos von ihr auf einmal herausgekramt und veröffentlicht werden; wie ihr Spint verunstaltet wird; wie ihre Autoscheibe über und über mit Pommes dekoriert wird. Wie das Mobbing überhand nimmt: “Ich hatte immer gedacht, wenn ich mich mit einer Handvoll Künstlerfreunden umgab und am Rand aufhielt, könnte so etwas nicht mehr passieren. Aber Jessies Follower standen bereits in den Startlöchern. Möglichst unsichtbar zu sein, war mein persönlicher Schutzwall. Doch sie rollten wie ein Flutwelle darüber hinweg und ließen mich wehrlos zurück…” (Zitat S.40) Zur Verdeutlichung der Entwicklung in den sozialen Medien werden immer wieder Auszüge aus Flit zitiert oder Textnachrichten abgebildet, die Rachel verfasst oder bekommt. Das liest sich zwischendrin immer ganz angenehm, auch wenn die Bezeichnung der Nachrichten (“Von Mo” und “An Mo”) manchmal etwas verwirrend ist und eine schlichte Bezeichnung des Urhebers in beiden Fällen wohl einfacher gewesen wäre. Gut gefallen hat mir hingegen die Zeichnung mancher Charaktere — auch wenn diese in dem Buch natürlich eher etwas oberflächlicher sind — wie zum Beispiel den hippiehaften Eltern von Rachel, die von ihren Kindern nach einem Tag einfach mal Folgendes wissen wollen: “Jonathan, erzählt doch mal, wie du heute deine Persönlichkeit zum Ausdruck gebracht hast.” (Zitat S.42) Nach der Hälfte des Buches wird sich nach dem Mobbing-Schwerpunkt auf die entstehende Liebesgeschichte zwischen Rachel und Kyle konzentriert, was die romantische und zugleich ein wenig märchenhafte Facette des Romans hervorhebt. Denn wenn die unsichere Rachel, die sich nicht für schön hält, von Kyle gesagt bekommt, dass sie eben genau das ist, da kommen schon ein paar “vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan”- Sentimentalitäten auf. Besonders als Kyle sie schließlich im Auftrag des Fernsehsenders auf den Homecoming-Ball einladen soll, dort aber eigentlich seine On-Off-Freundin Emma mit ihm hingehen wollte, die plötzlich wieder Interesse an ihm zeigt… Zum Schluß hätte ich gerne noch etwas mehr über die (medialen/gesellschaftlichen) Auswirkungen der Liebesgeschichte gehört, da war das Buch leider etwas zu schnell zu Ende.

Fazit: Ein schöner Lesespaß für die Generation “Social Media” und die, die märchenhafte Liebesgeschichten mögen.

Veröffentlicht am 26.03.2018

Schillernd schön und schmerzvoll echt

Eine Handvoll Lila
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Dass die amerikanische Autorin Ashley Herring Blake tolle Familiengeschichten schreiben kann, hat sie bereits mit ihrem ersten Roman “Liebe ist wie Drachensteigen” unter Beweis gestellt. “Eine Handvoll ...

Dass die amerikanische Autorin Ashley Herring Blake tolle Familiengeschichten schreiben kann, hat sie bereits mit ihrem ersten Roman “Liebe ist wie Drachensteigen” unter Beweis gestellt. “Eine Handvoll Lila” ist ihr zweites und neuestes Buch, das übers Erwachsenwerden, über die Liebe zwischen zwei Mädchen und eine komplizierte Familiensituation berichtet. Berührend und besonders sensibel erzählt. Ein Feuerwerk der Emotionen! Für Jugendliche ab 14 Jahren und interessierte Erwachsene.

Cape Katherine. In einem kleinen (fiktiven) Örtchen in Neuengland. Noch ein kleines Kind war Grace, als ihr Vater, an den sie sich kaum mehr erinnern kann, in Afghanistan starb. Seitdem lebt sie mit ihrer Mutter mal hier, mal dort. Je nachdem mit welchem Mann diese gerade liiert ist: “Ich habe schon lange den Überblick verloren, mit wie vielen Typen Mom in den seitdem vierzehn Jahren “zusammen war”. Und die durch die Bank weg alle die Ehre hatten, ungefähr zehn Minuten lang “Der Richtige” zu sein.” (Zitat aus “Eine Handvoll Lila” S.10) Jetzt ist Grace gerade von einem zweiwöchigen Klavier-Workshop aus Boston zurückgekehrt und schon hat ihre Mutter wieder deAshley Herring Blake - Eine Handvoll Lilan Wohnort gewechselt. Sie wohnen nun bei Pete und seinem Sohn Julian. Neben einem Leuchtturm. “Ich habe diesen Leuchtturm immer geliebt. Als ich sechs oder sieben war, kam er mir magisch vor. Allerdings verliert das Leben jedes Mal ein wenig an Zauber, wenn man seiner eigenen Mutter die Haare zurückhält, während sie Wodka auskotzt. Und das musste ich oft.” (Zitat S.18) Denn Graces Mutter ist nicht wie andere Mütter. Und Grace musste schon früh lernen Verantwortung zu übernehmen: “Ich bin schon vor langer Zeit erwachsen geworden, damals, als ich das erste Mal ins Wohnzimmer kam und sie bewusstlos mit einer Flasche Wodka auf der Couch fand. Das war ich acht. Und es war mein Geburtstag.” (Zitat S.51) Bereits mit jungen Jahren hat Grace einen Nebenjob angenommen, um zu verhindern, dass ihnen der Strom abgestellt wird. Denn der Onlineverkauf von selbstgemachten Schmuck, den ihre Mutter herstellt, wirft nicht gerade viel ab. Und wenn ihre Erzeugerin mal wieder aus der Wohnung geworfen wurde oder ihre neueste Beziehung in die Brüche ging, kann es schon mal sein, dass Grace sie mitten aus einer Kneipe zerren und zum Ausnüchtern nach Hause bringen muss. Daher lässt sie — außer ihren besten Freund Luca — auch niemanden an sich heran. “Eine Zeit lang war ich ein ziemlich normales, nettes Mädchen. Ich hatte sogar eine Handvoll Freunde hier und da, aber bei dem ganzen Auf und Ab in meinem Leben war es einfacher, meine Welt so klein wie möglicAshley Herring Blake - Eine Handvoll Lilah zu halten. Weniger Erklärungen. Weniger Lügen, um zu verbergen, warum ich schon wieder umgezogen war. […] Mom ist nicht immer eine Katastrophe. Sie hat auch ihre guten Tage. Gute Monate sogar. Ich weiß bloß nie, wann ein guter Tag sich plötzlich in ein totales Desaster verwandelt.” (Zitat S.39) Als Grace die junge Eva kennenlernt — ein Mädchen, das Lucas Familie bei sich aufgenommen hat, weil ihre Mutter vor Kurzem gestorben ist — will sie auch Eva eigentlich auf Abstand halten und ihr so wenig wie möglich über sich erzählen. Doch Eva ist irgendwie anders. Faszinierend. Und sie steht auf Mädchen. So wie Grace, die neben einer Beziehung mit einem Jungen, ebenfalls schon mal in ein Mädchen verliebt war. “Ihr Blick wandert zu mir, und ich merke, dass ich wieder starre. Kein Wunder bei ihrem Gesicht, vertraut und neu zugleich. Und schön. Ich zwinge mich wegzusehen.” (Zitat S.47ff) Aber auch Graces Mutter hat Eva zu ihrem persönlichen “Projekt” auserkoren und will sie unbedingt von der Trauer um ihre verstorbene Mutter befreien: “Und jetzt sitzt sie hier und ist drauf und dran, sich ein Bein auszureißen und Geld auszugeben, das wir nicht haben, und das alles für ein Mädchen, das sie kaum kennt. Plötzlich schrumpft diese Welt auf die Größe einer Erbse und ich bin zu klein darin. Zu klein für meine Mutter.” (Zitat S.95) Das erzeugt äußerst widersprüchliche Gefühle bei Grace…

Ashley Herring Blake - Eine Handvoll Lila“Eine Handvoll Lila” wartet mit einem faszinierenden Cover auf. Doch in dem Buch steckt viel mehr als eine Geschichte über die Musik, wie die Abbildung suggeriert. Es ist die Geschichte eines Mädchens, das mit einer labilen Mutter und in äußerst zerrütteten Verhältnissen aufwachsen muss. Die Musik und das Spielen auf dem Klavier ist für Grace wie eine Zuflucht, wie ein kleines Zuhause, das sie von Zeit zu Zeit aufsuchen muss. Ihr bester Freund hat ihr geholfen ein Demovideo in einem richtigen Tonstudio aufzunehmen, das sie an eine Musikhochschule gesandt hat. Und die Manhattan School of Music, bei der man sich nicht einfach bewerben kann, sondern bei der man so gut sein muss, dass man eingeladen werden muss, hat ihr tatsächlich einen Termin für ein Vorspielen geschickt. Doch Graces Wunsch nach einer großen Zukunft steht immer wieder in Konflikt mit dem Zustand ihrer Mutter. Kann sie sie überhaupt alleine lassen? Oder bekommt sie dann gar nichts mehr auf die Reihe? “Eine Handvoll Lila” ist ein vielschichtiges Buch, eines, das — komplett aus Graces Sicht in der Ich-Perspektive erzählt — besonders feinfühlig auf seine Charaktere eingeht. Das zeigt, wie schwierig das Erwachsenwerden sein kann, wenn man dazu gezwungen wird zu früh und zu viel Verantwortung zu übernehmen. Für Grace ist das Loslösen von der Mutter ist ein schmerzvoller Prozess, auf dem der Leser sie in vielen emotAshley Herring Blake - Eine Handvoll Lilaionalen Momenten begleiten darf. Einer ist besonders bezeichnend für das (zum Teil fast manische) Verhalten ihrer Mutter: “Es war kein Platz?” Meine Stimme wird zu einem Kreischen. “Ach du Scheiße”, murmelt Luca. “Wir mussten auch Petes und Jays Sachen unterbringen. Aber keine Sorge. Ich hab einen guten Preis dafür bekommen.” Ich muss beinahe kotzen. “Du hast es verkauft? Du hast mein Klavier verkauft? Ich muss in sechs Wochen vorspielen.” (Zitat S.57) Es ist eine Achterbahn der Gefühle für die Protagonistin; der ständige Eindruck, dass die nächste Katastrophe früher oder später über sie hereinbrechen wird. Dass sie bald wieder ihre Zelte abbrechen und zum nächsten Liebhaber ihrer Mutter ziehen werden. Dass Grace wieder enttäuscht und verletzt werden wird, so wie jedes Mal. “Früher hat sie oft ihre Handflächen an meine gepresst, jede unserer sich berührenden Fingerspitzen geküsst und bei jedem Kuss einen albernen Wunsch ausgesprochen. Ich habe immer die Größe unserer Hände verglichen und sehnsüchtig auf den Tag gewartet, an dem meine genauso groß sein würden wie ihre. Ich dachte, je älter ich werde, umso älter wird sie und umso weniger Sorgen müsste ich mir um sie machen.” (Zitat S.8) Sehr gut gewählt für die Beziehung von Grace und ihrer Mutter zueinander ist der Titel des Buches, der sich auf den lila farbigen Nagellack bezieht, den sie beide verwenden. “Es ist schon Jahre her, dass wir zusammen auf der Coach gekuschelt und unsere Nägel lackiert haben. […] Aber ungefäAshley Herring Blake - Eine Handvoll Lilahr, als ich zwölf wurde und Mom meinte, ich sei alt genug, um von ihren gelegentlichen One-Night-Stands zu hören, etwas, das ein Mädchen, das noch nicht mal seine erste Periode hatte, nun wirklich nicht zu wissen brauchte, hatte ich genug von diesem Ritual.” (Zitat S.62ff) Seitdem lackieren sie sich ihre Nägel nicht mehr gemeinsam, aber immer noch in lila. Auch wenn Grace ihre Nägel mittlerweile — als eine Art Akt der Rebellion — in unterschiedlichen Lilatönen bemalt. Sie hängt an ihrer Mutter, liebt sie, aber leidet gleichzeitig unter ihr. Durch das Zusammenkommen und die zarte Liebe, die sich zwischen Eva und ihr entwickelt, muss Grace erstmals ihr gesamtes Leben überdenken und sich die Frage stellen, ob sie auch bereit ist einen eigenen, einen neuen Weg zu gehen. Mir hat “Eine Handvoll Lila” nicht nur sprachlich, sondern vor allem inhaltlich sehr gut gefallen. Man kommt in die Geschichte unheimlich gut hinein und die Charaktere sind authentisch, greifbar und zugleich so komplex, dass sie eben manchmal auch nicht greifbar und in Kategorien zu pressen sind. Diese Tiefgründigkeit hat mir besonders gut gefallen. Das Ende des Buches: an Dramatik und Gefühl kaum zu überbieten!

Fazit: Eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund einer Familientragödie — schillernd schön und schmerzvoll echt.

Veröffentlicht am 26.03.2018

Potential leider nicht ganz ausgeschöpft

Vertrauen und Verrat (Kampf um Demora 1)
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“Vertrauen und Verrat” von der amerikanischen Autorin Erin Beaty ist der erste Teil einer neuen Fantasy-Trilogie namens “Kampf um Demora”. Es entführt seine Leser in ein fernes Reich, in dem es neben kriegerischen ...

“Vertrauen und Verrat” von der amerikanischen Autorin Erin Beaty ist der erste Teil einer neuen Fantasy-Trilogie namens “Kampf um Demora”. Es entführt seine Leser in ein fernes Reich, in dem es neben kriegerischen Kämpfen auch eine Verkupplungstradition gibt, durch welche adelige, junge Frauen ihre zukünftigen Partner finden sollen. Eine Geschichte über die Liebe, Spionage und Intrigen. Ein opulentes Werk mit einem faszinierenden Plot. Unterhaltsam, aber mit Schwächen. Für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

Im Reich Demora, in einer fernen Zeit. Die Eltern der 16-jährigen Sage leben nicht mehr. Jetzt wohnt das Mädchen bei ihrem Onkel und ihrer Tante. Und unterrichtet deren Kinder nebenbei, was ihr besonders viel Freude bereitet. Auch ihr Vater, der Falkner war, und mit dem Sage früher oft durchs Land gereist ist, hat ihr immer gerne etwas beigebracht. Doch jetzt will ihr Onkel — ein Adeliger — dass sie bei einer Kupplerin vorstellig wird, um sich verheiraten zu lassen. “Sage rang um Worte. Die Hohe Kupplerin nahm nur Kandidatinnen auf, die adlig, reich oder außergewöhnlich waren. Und Sage war nichts von alledem. “Aber warum sollte sie mich akzeptieren?” “Weil du Erin Beaty - Vertrauen und Verratunter meiner Obhut stehst.” Onkel William faltete lächelnd seine Hände auf dem Tisch.” (Zitat S.12) Ein stolzes Sümmchen hat er dafür gezahlt und ob Sage will oder nicht, sie muss zum Vorstellungsgespräch der Kupplerin. Doch mit einem Mann verheiratet zu werden, den sie nicht kennt und liebt, das kann sich das junge Mädchen überhaupt nicht vorstellen. Und trotz ersten Bemühungen jede Frage erwartungsgemäß zu beantworten, rückt Sage schließlich mit der Wahrheit heraus und macht alles zunichte. Die Kupplerin schickt sie weg. Umso überraschter ist Sage jedoch, dass diese ihr schließlich eine Lehre bei ihr anbietet: “Du bist intelligent und ehrgeizig, wenn auch noch nicht übermäßig geschickt. Dein Aussehen ist gefällig, aber du bist keine Schönheit, die Männern den Verstand raubt. Ich muss nächstes Jahr das Concordium bestücken, und für die Auswahl der besten Anwärterinnen könnte ich ein bisschen Hilfe gebrauchen. Und schließlich und endlich kannst du mir nicht in den Rücken fallen, weil du selbst nicht die Absicht hast zu heiraten.” (Zitat S.40ff) Das Mädchen willigt ein und beginnt auf ihrer Reise in die Hauptstadt, in die sämtliche Kandidatinnen überführt werden sollen auch die Soldaten, die sie eskortieren, auszuspionieren. Doch es herrschen Unruhen im Land und die Gefahr droht nicht nur von feindlichen Gegnern, die ihr verlorenes Land zurückzuerobern wollen, sondern auch an der eigenen Front. Denn Sage, die niemals heiraten wollte, verliebt sich…

Erin Beaty - Vertrauen und VerratBildhübsch ist es — das Cover von “Vertrauen und Verrat” und zieht wahrlich die Blicke auf sich. Der Einstieg gelingt mühelos und der Plot von dem Mädchen, das in die Lehre einer Kupplerin geht und alle anderen ausspionieren darf, ist wirklich gelungen. Auch mehr über die Hintergründe des Systems der Kupplerin zu erfahren, liest sich sehr interessant: “Häufig wussten die Paare nur sehr wenig übereinander, bevor sie heirateten. Ein unbelasteter Start ins Eheleben wurde als vorteilhaft angesehen. Sage verabscheute dieses Konzept, ebenso wie ihr Vater es getan hatte, aber angeblich wurden die Paare auf der Basis ihres Temperaments zusammengestellt, selbst dann, wenn es um hochpolitische Hochzeiten ging wie jene, die beim Concordium vereinbart wurden.” (Zitat S.26ff) Der Roman wird aus mehreren Perspektiven erzählt und man merkt dem Inhalt — den militärischen Einzelheiten, Strategien und Kämpfen — definitiv an, dass die Autorin Erin Beaty für die US-Marine gearbeitet hat. Jedoch muss ich gestehen, dass ich die Geschichte zwar unterhaltsam fand, aber leider nicht ganz so fesselnd, wie es das Cover suggeriert. Die Intrigen wirken manchmal etwas aufgesetzt und es gibt einen inhaltlichen Punkt, bei dem ich persönlich mit etwas ganz Anderem rechnete — dessen Einleitung eigentlich auch so funktioniert, dass man genau Erin Beaty - Vertrauen und Verratdas erwartet — und dieser Punkt dann gar nicht zutrifft. Eine enttäuschte Leseerwartung meinerseits mit anfangs einer eher etwas blässlichen, männlichen Hauptperson. Ich habe das Buch eigentlich nach circa 300 Seiten weglegen und nur noch so überblättern wollen, habe es dann aber doch weitergelesen, bis ich auf eine äußerst überraschende Wendung stieß, die das Ganze glücklicherweise doch noch in ein ganz anderes Licht taucht. Im letzten Teil der Geschichte spürt man dann wieder genau das, was am Anfang leider etwas fehlte: Dramatik, Spannung und Romantik. Und eine sympathische Heldin, die mit Intelligenz, Stärke und Mut zu überzeugen weiß.

Fazit: Ein vielversprechend klingendes Buch, das sein Potential für mich leider nicht ganz ausschöpft und erst auf den “zweiten Blick” gefällt.

Veröffentlicht am 26.03.2018

Mut haben, zu sich selbst zu stehen

DUMPLIN'
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Die amerikanische Autorin Julie Murphy hat mit “Dumlin’: Go big or go home” einen wahren Erfolgstitel gelandet. Der Platz 1 der New York Times Bestsellerliste wurde nun ins Deutsche übersetzt. Ein Roman ...

Die amerikanische Autorin Julie Murphy hat mit “Dumlin’: Go big or go home” einen wahren Erfolgstitel gelandet. Der Platz 1 der New York Times Bestsellerliste wurde nun ins Deutsche übersetzt. Ein Roman über ein übergewichtiges Mädchen, das neben der Liebe auch entdeckt zu sich selbst zu stehen. Eine wahre Wohlfühlgeschichte über Schönheit, Selbstbewusstsein und innere Stärke. Ein Buch, das Spaß macht zu lesen, angenehm unterhält und kluge Botschaften bereithält. Für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene.

Texas. Die 16-jährige Willowdean lebt mit ihrer Mutter in dem kleinen Städtchen Clover City, in dem so gut wie nichts los ist. Bis auf eine Sache: “Das Einzige, das unsere kleine Stadt interessant macht, ist der älteste Schönheitswettbewerb von ganz Texas. Seit den dreißiger Jahren gibt es den Miss Teen Blue Bonnet Schönheitswettbewerb, und im Laufe der Jahre ist er immer größer und lächerlicher geworden. Und ich muss es wissen — meine Mutter ist seit fünfzehn Jahren die Vorsitzende des Planungsausschusses.” (Zitat S.11) Willowdean hält von alledem nicht viel. Am liebsten wäre es ihr, es gäbe dieses Wettbewerb gar nicht. Das Mädchen hat auch nicht unbedingt die beste Figur für solch eine Veranstaltung, denn sie ist übergewichtig. Allerdings hat sie Julie Murphy - Dumplin': Go big or go home- im Gegensatz zu ihrer figurbewussten, schlanken Mutter — nicht wirklich ein Problem damit. “Ich weiß, dass alle erwarten, dass dicke Mädchen eigentlich allergisch auf Schwimmbäder reagieren, aber ich gehe gerne schwimmen. Ich meine, ich bin nicht blöd. Klar, die Leute glotzen, aber sie können mir nicht vorwerfen, dass ich eine Abkühlung brauche. Und wieso interessiert das überhaupt jemanden? Warum soll ich mich dafür entschuldigen, dass ich unförmige, dellige Oberschenkel habe?” (Zitat S.37) Das ändert sich jedoch, als Willowdean sich das erste Mal so richtig verliebt. In Bo, den Jungen, der ebenfalls in dem Restaurant arbeitet, in dem sie sich als Aushilfe ihr Taschengeld aufbessert. “Ich bin in meinem Leben schon oft angestarrt worden. Oft genug, um zu wissen, dass alle, die man beim Anstarren ertappt, instinktiv den Blick abwenden. Aber Bo schaut einfach weiter hin, so als gäbe es nichts, wofür er sich schämen müsste.” (Zitat S.52) Eines Abends küsst er sie ganz überraschend. Und Willowdean ist hin und weg. Und doch bleibt ihr allmähliches Zusammenkommen ein Geheimnis. Nicht mal ihrer besten Freundin Ellen erzählt sie von ihrem neuen Freund. Doch das heimliche Techtelmechtel hinterlässt Spuren: “Vor diesem Sommer habe ich mich immer wohl gefühlt inJulie Murphy - Dumplin': Go big or go home meiner Haut. Ja, ich war sogar stolz auf meinen Körper. Doch dann kam Bo. Seitdem wir zum ersten Mal im Führerhaus seines Pick-ups rumgeknutscht haben, kann ich sie spüren, die Risse in meinem Selbstbewusstsein.” (Zitat S.139) Immer öfter — wenn Bo sie mit seinen Händen berührt — hat Willowdean ein ganz seltsames Gefühl: “Als wäre ich nicht gut genug. Nicht hübsch genug. Nicht dünn genug.” (Zitat S.112). Sie will wieder sie selbst sein, sich in Ordnung fühlen, sich so fühlen, wie sie vorher war. Vor Bo. Und so tut Willowdean das Undenkbare — sie, die sich von Bo getrennt hat, meldet sich beim “Miss Teen Blue Bonnet Schönheitswettbewerb” an. Und nicht nur sie, auch drei andere Mädchen, die nicht unbedingt den klassischen Schönheitsidealen entsprechen, folgen ihr…

“Dumplin’. Go big or go home” wird komplett aus Willowdeans Sicht in der Ich-Perspektive erzählt. Das Cover ist absolut gelungen, macht sofort neugierig und strahlt eine gewisse Eleganz und Stärke aus. Warum Dumplin? Dies erklärt sich mit bereits zu Beginn des Buches: “Seit ich denken kann, ist das Moms Spitzname für mich. Sie nennt mich Dumplin’. Knödel.” (Zitat S.20) Willowdean ist eine unheimlich sympathische Protagonistin, die man einfach sofort in sein Herz schließen mussJulie Murphy - Dumplin': Go big or go home. Es ist toll, wie sie mit ihrem Körper umgeht und welches Selbstbewusstsein sie entwickelt hat. Und umso berührender, wie dieses in die Brüche gerät, als sie sich verliebt. Die Zwiespältigkeit ihrer Gefühle zu beschreiben, das gelingt der Autorin Julie Murphy, die selbst auch übergewichtig ist, sehr gut: “Ganz egal, wie sehr ich mir einzureden versuche, dass das Fett und die Dehnungsstreifen mir egal sind — sie sind es eben nicht. Selbst wenn sie Bo, warum auch immer, egal wären, mir sind sie nicht egal. Und dann gibt es wieder diese Tage, an denen mir wirklich alles egal ist und ich vollkommen mit meinem Körper zufrieden bin. Wie kann es sein, dass diese Persönlichkeiten beide in mir stecken?” (Zitat S.190) In dem Roman mit eingeflochten sind neben der ersten großen Liebe und dem (Körper-)Selbstbewusstsein auch Themen wie Freundschaft und Tod. Willowdean und ihre beste Freundin Ellen, die sich immer mehr voneinander entfernen und durch einen Streit schließlich nicht mehr miteinander reden. Und der Verlust von Willowdeans Tante Lucy, die vor einiger Zeit verstorben ist und zu der das Mädchen eine ganz besonJulie Murphy - Dumplin': Go big or go homedere Beziehung hatte. “Lucy war 36, als sie starb, und sie wog 225 Kilo. Sie war alleine, als sie einen Herzinfarkt hatte. […] Keiner hat gesehen, wie sie gestorben ist. Aber eigentlich hat sie auch nie jemand außerhalb dieses Hauses gesehen, als sie gelebt hat.” (Zitat S.31) Für Willowdean war Lucy fast wie eine zweite Mutter, mit der sie auch ihre Begeisterung für die Sängerin und die Musik von Dolly Parton geteilt hat. Als ihre Mutter das Zimmer von Lucy, die bei ihnen im Haus lebte, allmählich leer räumen möchte, um mehr Platz für die Vorbereitungen zum Schönheitswettbewerb zu haben, sorgt das für ziemliche Spannungen zwischen Mutter und Tochter. Die Geschichte ist — auch wenn sie an manchen Stellen noch etwas mehr komprimierter erzählt hätte werden können — sehr flüssig geschrieben und mit einer teils angenehmen Ironie versehen: “Bo schließt übertrieben galant die Augen, während ich mich auf seinen Pick-up wuchte. Ich hoffe, seine Augen sind wirklich zu, denn das Wort wuchten und mein Polyester-Arbeitskleid sollten nicht in einem Satz erwähnt werden.” (Zitat S.56) Die Sprache ist einfach, überrascht jedoch immer wieder mit besonderen Metaphern wie dieser hier zum Beispiel: “Wenn es möglich wäre, meine Haut mit einem Reißverschluss zu öffnen und herauszusteigen, ich würde es tun.” (Zitat S.98) Das Ende berührt und Willowdeans spektakulärer Auftritt beim Wettbewerb bereitet wirklich Gänsehaut.

Fazit: Eine äußerst lesenswerte Geschichte, die jungen Heranwachsenden (und auch bereits Ausgewachsenen) Mut macht zu sich selbst zu stehen!