Habe ich gerne gelesen
Mein Sommer auf dem MondDas Buch mit dem coolen Titel “Mein Sommer auf dem Mond” ist das neueste Buch der Münchener Autorin Adriana Popescu. Ein Roman über vier Jugendliche, die ihren Sommer in einer psychiatrischen Klinik verbringen, ...
Das Buch mit dem coolen Titel “Mein Sommer auf dem Mond” ist das neueste Buch der Münchener Autorin Adriana Popescu. Ein Roman über vier Jugendliche, die ihren Sommer in einer psychiatrischen Klinik verbringen, um dort ihren Problemen auf den Grund zu gehen. Eine Geschichte über Freundschaft, Mut und die Chance gemeinsam stark zu sein. Für alle Fans von “Der Club der roten Bänder”. Mit einer gewissen Leichtigkeit erzählt trotz ernster Thematiken — gleichzeitig zutiefst ergreifend und emotional. Für Jugendliche ab 14 Jahren.
Für ihre Mutter sieht es aus wie ein Internat aus einem Enid Blyton-Roman, für ihren Vater wie Hogwarts. Doch für die 16-jährige Franziska, die von allen Fritzi genannt wird, ist es nur eine Einrichtung für psychisch Kranke auf der Insel Rügen, auf der sie nun ihren Sommer verbringen wird. Denn Fritzi wird immer wieder von Panikattacken überfallen — etwas, das ihr gar nicht gefällt: “Weil ich ständig Angst habe, dass es wieder passiert, und ich irgendwann gar nichts mehr kann. […] Ich will einfach nur normal sein. Ich will mich nicht in meinem Zimmer verstecken müssen, weil ich nur dort sicher bin.” (Zitat aus “Mein Sommer auf dem Mond” S.134ff) Nun ist sie hier und landet in einer Gruppe mit Adriana Popescu - Mein Sommer auf dem Monddrei anderen Patienten, die sich die “Astronauten” nennen. Darunter ist auch der 16-jährige Bastian, der immerzu versucht einzuschätzen, warum sie denn wohl hier ist. Hat sie eine Essstörung? Oder einen Zwang zum Lügen? Am Anfang ist Fritzi noch genervt von ihm. Doch dann kommen sich die beiden langsam näher. “Nicht, dass ich genau hingesehen hätte, als sie gedankenverloren mit ihren Fingern die Buchseiten gestreichelt oder bei manchen Passagen des Buches geschmunzelt hat. Auf gar keinen Fall habe ich sie so genau beobachtet. Irgendwas an ihr ist anders, spannender und aufregender als bei den anderen Mädchen hier. Ich will wissen, was es ist.” (Zitat S.43) Auch die anderen zwei Mitglieder ihrer Gruppe tauen allmählich auf: Tim, der Schönling, der glaubt bald nach Hause gehen zu dürfen und sich völlig fehl am Platz fühlt. Und Sarah, die kaum ein Wort sagt, aber überraschend gut segeln kann. Denn segeln lernen, das hat ihr Betreuer der Gruppe zur Aufgabe gemacht. Denn neben dem gemAdriana Popescu - Mein Sommer auf dem Mondeinsamen Bestehen in einem Klettergarten, Fahrradtouren und Gesprächen unternehmen die Vier bald alles zusammen. Öffnen sich und lassen einander in die Abgründe ihrer Seele blicken. Denn fast jeder von ihnen hat etwas zu verbergen. Vor allem Bastian…
“Mein Sommer auf dem Mond”, das mit einem hervorragenden Titel aufwartet, der perfekt zum Kontext der Geschichte passt, wird aus zwei Erzählperspektiven erzählt: aus Fritzis und aus Bastians Sicht. Die Kapitel beginnen mit dem jeweiligen Namen der Person und einer Überschrift, die zugleich der Titel eines Films oder ein Filmzitat ist. Dies bezieht sich auf Bastians Krankheit, der immer wieder eine Stimme hört und einen Film- oder Comicbösewicht auftauchen sieht, der mit ihm sein Leben ausdiskutiert und ihn zu den schlimmsten Dingen überreden will. Am Anfang wirken diese Gespräche etwas befremdlich, passen aber sehr gut zu seinem Krankheitsbild (nur das Ende fand ich in dieser Hinsicht etwas theatralisch mit den nebeneinander aufgestellten Figuren am Strand). Was zu Beginn auch richtig viel Spaß macht in dem Roman sind die feurigen, flotten Dialoge zAdriana Popescu - Mein Sommer auf dem Mondwischen Bastian und Fritzi, die sich bald näher kommen — Liebesgeschichte somit inklusive. Mitzuerleben wie sämtliche “Astronauten” (eine gelungene Bezeichnung) sich Stück für Stück öffnen und eine Wandlung durchmachen, liest sich sehr berührend. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und jeder versucht anfangs möglichst wenig von sich preiszugeben. Von Sarahs und Tims Krankengeschichte weiß man so gut wie gar nichts und auch wenn das Buch aus den Perspektiven von Fritzi und Bastian erzählt wird, so muss man sich ebenfalls an ihre Geschichten langsam herantasten (die Autorin leidet übrigens seit über 10 Jahren selbst an Panikattacken). Wenn dann Mauern allmählich fallen, Vertrauen gefasst wird, die richtigen Fragen gestellt werden, aber auch mal die falschen und es wieder einen großen Schritt zurückgeht, befindet man sich bereits mitten in einer Achterbahn der Gefühle und ist kaum in der Lage das Buch aus den Händen zu legen! “Die Angst hat sich um mein ganzes Leben gesponnen und ich […] habe Angst, dass etwas passiert, und probiere es vorsichtshalber gar nicht erst aus.” “So verpasst du dein Leben, das ist dir schon klar, oder?” Etwas in Tims Stimme lässt mich ahnen, dass er nur zu genau weiß, wovon ich spreche. Leidet er auch an solchen Attacken? […] “Du sprichst aus Erfahrung?” “IcAdriana Popescu - Mein Sommer auf dem Mondh denke nur, wenn man zu viel nachdenkt, verpasst man vielleicht die Chance, das Leben zu genießen.” (Zitat S.88) Wie zarte Pflanzen entblättern sich die Protagonisten Blatt für Blatt, Blüte für Blüte, und man dringt vor zu ihrem Kern, zu der Wahrheit, die sie vor den anderen verbergen, aber manchmal auch vor sich selbst. Der Erzählstil ist locker, am Anfang fast schon ein wenig zu sarkastisch, aber dann transportiert er einfach nur sehr gut die Empfindungen der Hauptfiguren. Das Ende macht Hoffnung und zeigt, dass man manchmal viel stärker ist, als man denkt, und dass gerade zusammen alles viel leichter ist!
Fazit: Eine Geschichte, die ich — trotz minimaler Kritikpunkte — wirklich sehr gerne gelesen habe!