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Veröffentlicht am 15.09.2016

Spannender Road Trip

Glücksdrachenzeit
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Klappentext:

Ihr älterer Bruder Kolja ist Nellies Ein und Alles. Gemeinsam trotzen sie der ganzen Welt – zumindest war das einmal so. Jetzt aber ist Kolja nach Frankreich abgehauen, und Nellie beschließt, ...

Klappentext:

Ihr älterer Bruder Kolja ist Nellies Ein und Alles. Gemeinsam trotzen sie der ganzen Welt – zumindest war das einmal so. Jetzt aber ist Kolja nach Frankreich abgehauen, und Nellie beschließt, dass sie was unternehmen muss. Sie macht sich auf, um ihren Bruder nach Hause zu holen. Unterwegs trifft sie die zauberhafte Miss Wedlock, die neben geheimnisvollen Plastiktüten auch noch eine traumatische Vergengenheit mit sich rumschleppt, und den ganz und gar hinreißenden Elias. In Miss Wedlocks pfefferminzgrünem Oldtimer düsen sie nach Avignon, wo sie nicht nur auf einen störrischen Kolja, sondern auch auf eine ganze Horde Drogendealer stoßen…

Meine Meinung:

Kolja ist alles was Nellie noch hat. Mama ist wieder in der Klinik, Papa geht lieber segeln – er braucht das, sagt er. Und dann verschwindet Kolja auf einmal und Nellie ist allein. Für ihn sei kein Platz mehr in der Familie, schreibt er. Wo ist er nur hin? Viktor! Viktor wird es wissen. Er muss es ihr sagen, wegen ihm ist Kolja doch von der Schule geflogen, musste Sozialdienst machen. Viktor sagt, Kolja ist in Avignon. Nellie macht sich auf den Weg, entkommt Perversen, Rockern und landet in den Armen der wundervollen Miss Wedlock und… hach, Elias. Aber was hat es mit Miss Wedlocks Tüten auf sich, die sie hütet wie einen Augapfel und was war nochmal der Grund weshalb sich Elias seinen Glücksdrachen tattowieren hat lassen? Nellie lernt schnell, dass nicht nur Kolja und sie dunkle Geheimnisse mit sich herumtragen.

Katrin Zipses Roman „Glücksdrachenzeit“ hat mir sehr gut gefallen. Nellie führt uns hier durch ihrer Abenteuer, erzählt uns viel über Kolja und ihre Familie, über sich und ihre Angstzustände. Aber man merkt schnell, dass sie dem Leser etwas verheimlicht. Für sie ist halt nur Kolja wichtig und das macht sie auch sofort klar. Das ist mir persönlich zunächst auf die Nerven gegangen, denn in ihrer teilweise naiven Art – irgendjemand wird’s schon regeln – gerät sie schnell mal in brenzlige Situationen und lässt sich retten. Wer dann glaubt sie wäre dankbar und würde ein Gespür für die Menschen um sich herum bekommen, der täuscht sich. Für sie zählt nur Kolja und dass sie ihn so schnell wie möglich zurück nach Hause holt. Denn SIE braucht ihn.

Daran ändert zunächst auch Miss Wedlock nichts. Die alte Dame rettet Nellie mit ihrem pfefferminzgrünen Oldtimer von einer Raststätte und bietet ihr an sie bis nach Avignon mitzunehmen. Miss Wedlock war mir von allen Figuren die liebste: Eine süße kleine alte Dame mit extravagantem Kleidungsstil und einem Herzen aus Gold. Trotz ihrer eigenen schwerwiegenden Probleme, welche man am Anfang der Geschichte erahnen aber noch nicht fassen kann, ist sie unglaublich hilfsbereit und uneigennützig. Einfach zum lieb haben.

Elias lesen Nellie und Miss Wedlock auf einer Raststätte in der Schweiz auf. Er will auch einfach nur Weg, nach Marokko oder noch weiter. So genau weiß es das noch nicht. Einfach nur frei sein. Aber die Narben auf seinem Körper sind Nellie unangenehm. Doch Elias geht offen mit seiner Vergangenheit um und ist ehrlich zu Nellie. Er steht zu ihr, obwohl er sie nicht mal kennt und reist mit ihr und Miss Wedlock Richtung Avignon.

Für mich waren Miss Wedlock und Elias die Gegenstücke zu Nellie und auch Kolja. Nellie begab sich in vollkommene Abhängigkeit von Kolja, weswegen dieser sich immer mehr von ihr abgekapselte – weil beide den Kontakt zum Rest der Welt verloren hatten. Miss Wedlock und Elias haben sich trotz ihrer Probleme ihre Empathie und ihr Gefühl für die Mitmenschen bewahrt. Durch ihre Hilfe geht Nellie ihrem wahren Problem auf den Grund und schafft es vielleicht sogar sich von Kolja zu lösen und ihr eigenens Leben zu leben.

„Glücksdrachenzeit“ ist ein unglaublich herzerwärmender, tiefgründiger und emotionaler Jugendroman, der mir wirklich wirklich gut gefallen hat. Zum Ende hin wurde es mir zwar ein wenig zu abenteuerlich, aber darüber kann ich bei diesen liebenswerten und sympathischen Charakteren im Buch locker hinwegsehen. Einen echte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Astrid Lindgren ganz Privat?

Deine Briefe lege ich unter die Matratze
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Der Klappentext:

Säckeweise bringt der Postbote über die Jahre Briefe von Kindern in Astrid Lindgrens Stockholmer Wohnung. Astrid Lindgren bemüht sich nach Kräften, alle Post zu beantworten, aber meist ...

Der Klappentext:

Säckeweise bringt der Postbote über die Jahre Briefe von Kindern in Astrid Lindgrens Stockholmer Wohnung. Astrid Lindgren bemüht sich nach Kräften, alle Post zu beantworten, aber meist bekommen die Kinder nur eine kurze Antwort. Umso erstaunlicher ist es, dass die große Schriftstellerin über Jahrzehnte einen Briefwechsel mit der jungen Sara Schwardt unterhält. Doch ein Gefühl der Verbundenheit lässt sie Anteil nehmen am Leben des einsamen, temperamentvollen Mädchens. So erzählt Sara davon, dass sie sich häßlich fühlt, von ihren Problemen in der Schule und den ständigen Streitereien mit ihren Eltern, von kleinen Kümmernissen und großem Schmerz. Und Astrid Lindgren hört zu, gibt Rat und öffnet sich ihrerseits: Sie schreibt ihre Ferienerlebnisse mit ihren Enkeln, über die Trauer nach dem Tod ihres Bruders und darüber, welch Kopfzerbrechen ihr die schwierigen zwei letzten Kapitel der „Brüder Löwenherz“ machen. Auch wenn die Briefe im Laufe der Zeit spärlicher werden, hört der Kontakt doch nie auf, und so ist dieser Briefwechsel das Zeugnis einer großen Freundschaft zwischen zwei außergewöhnlichen Menschen.

Meine Meinung:

Die kleine Sara schreibt einen Brief an Astrid Lindgren. Wie es scheint, ist das vollkommen normal, denn täglich schreiben hunderte Kinder Briefe an die Autorin. Doch Sara hat eine forsche Bitte: Sie möchte eine Rolle in einem Film – und Astrid Lindgren soll ihr dabei helfen! Sie würde doch bestimmt jemanden kennen, der ihr eine Rolle in dem Film besorgen könnte, sie sei ja schließlich berühmt. Und außerdem wäre Sara sowieso die beste für diese Rolle sie die Rolle nicht bekommen würde, würde sie ihres Lebens nicht mehr froh. Die Autorin antwortet, aber nicht mit ein paar Zeilen, in denen sie Sara vertröstet. Nein, sie liest ihr richtig die Leviten. Das lässt Saras nächster Brief jedenfalls vermuten, denn Sara war so wütend über Astrids Antwort, dass sie ihn einer späteren Aussage nach zerriss und das Klo hinunter spülte. Sara entschuldigt sich und so nimmt eine tiefe, über mehrere Jahrzehnte währende Freundschaft ihren Lauf.

Schon aus ihrem ersten Brief lässt sich herauslesen, dass mit dem kleinen Mädchen Sara etwas nicht stimmt. Sie schreibt keine gewöhnliche Fanpost frei nach dem Motto: „Liebe Astrid, deine Bücher finde ich toll. Bitte schreib mir zurück. XY“. Nein, dieses Mädchen aus dem ersten Brief ist forsch, frech, eingebildet und laut. Doch schon bald wird klar, was für ein falsches Bild man von Sara bekommen hat. Hinter der Fassade kommt schnell das einsame und verletzliche Mädchen mit einer gewissen Tendenz zur Depression zum Vorschein. Jeder Brief kommt einem Hilferuf gleich. Trotz der Hilfe durch ihre lebenserfahrene Freundin Astrid findet Sara sich in der normalen Welt nicht zurecht. Erst in ihrem letzten Brief, den sie extra für dieses Buch verfasst hat, sieht man endlich die selbstbewusste Frau, die sie mit Astrid Lindgrens Hilfe geworden ist.

Zu Beginn des Buches fragt man sich wie dieser Briefwechsel entstehen konnte, denn jeden Tag versuchte Astrid Lindgren mehrere Hundert Briefe von Kinder zu beantworten. Woher rührt das Interesse an der kleinen Sara, an ihren wirren Ideen und ihrer erfolglos versteckten Unsicherheit? Vielleicht hat sich die erfolgreiche Autorin und alte Frau Astrid Lindgren in der kleinen Sara wiedererkannt. Die Autorin geht auf alles was Sara schreibt ein und versucht das Mädchen immer wieder in die richtige Richtung zu lenken. Sie bestärkt sie bei vielen Entscheidungen und macht ihr immer wieder auf neue Mut.

Das Buch gibt einen tollen, leider aber recht kurzen Einblick in die Personen Astrid Lindgren und Sara Schwardt. Trotz den wenigen Briefen die sich beide in den vielen Jahren geschrieben habe, merkt man wie lieb sich beide hatten und welch große Vertrauensbasis zwischen den beiden herrschte.

Im Vorwort erzählt Lena Törnqvist, die nach dem Tod Astrid Lindgrens, beim Sortieren ihres Archivs auf die Briefe gestoßen war, von der Arbeit an dem Buch und den Besonderheiten der Briefe. So schrieb Sara meistens per Hand und mit Bleistift, während Astrid Lindgren als gelernte Sekretärin alles mit ihrer Schreibmaschine tippte. Im Verlauf des Buches finden sich neben den Texten auch einige Fotos von Sara und Astrid, sowie drei Abdrucke der Briefe der beiden. Leider muss ich das zum Anlass nehmen um einen kleinen Wermutstropfen einzubringen. Die Briefe zeigen deutlich wie emotional der Austausch zwischen den beiden war. Saras noch stärker als Astrids, aber dieser Eindruck entsteht wohl auch dadurch, dass Sara in ihrer Handschrift erscheint. Vieles wird hervorgehoben, vieles gar mehrfach unterstrichen oder durchgestrichen und neu verfasst. Es finden sich auch Notizen und Anmerkungen der beiden in den Briefumschlägen, falls ihnen nicht genug Platz auf dem Papier blieb. Hier hätte ich mir gewünscht, dass man mehr oder sogar alle Briefe passend zu der Übersetzung abgedruckt hätte. Denn leider geht in der Übersetzung und im Druck einiges von der Intensität und Authentizität der Briefe verloren. Ja, ja, ich weiß. Jammern auf hohem Niveau. Aber schön wäre es doch gewesen. Gerade bei Saras Briefen.

Ansonsten war das Buch für mich das pure Vergnügen und mit seinen 204 Seiten eine großartige Lektüre für zwischendurch. Wer Astrid Lindgren mag (oder liebt ) kommt an diesem Buch nicht vorbei! Es gibt einem einen tollen und intimen Einblick in die Frau, Freundin und Mutter Astrid Lindgren.